Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24.05.2007

LSG Berlin-Brandenburg: ddr, ingenieurbüro, gleichbehandlung im unrecht, zugehörigkeit, produktion, systematische auslegung, ausarbeitung, rationalisierung, verordnung, abgrenzung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
31. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 31 R 38/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 1 S 1 AAÜG, § 1 Abs 1 S
2 AAÜG, § 5 Abs 2 AAÜG, § 8
Abs 1 AAÜG, Anl 1 Nr 1 AAÜG
Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft - Abgrenzung des
Ingenieurbüros zum Konstruktionsbüro und zum
Projektierungsbüro
Leitsatz
Ein Ingenieurbüro ist weder ein Konstrucktions- noch ein Projektierungsbüro, sondern von
beiden abzugrenzen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2007
wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 1. September
1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem
Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
(Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetzes -AVItech-) und die in diesem Zeitraum
tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.
Der 1947 geborene Kläger ist gelernter Elektromechaniker. Nach Besuch der
Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik B vom 2. September 1968 bis zum
15. August 1971 war er vom 1. September 1971 bis zum 31. Dezember 1987 im VEB
Elektronik Handel B beziehungsweise dem VEB Applikationszentrum Elektronik B und
vom 1. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 im Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft
beschäftigt.
Eine Versorgungszusage wurde dem Kläger nicht erteilt; er hatte auch keinen
einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage. Der freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR) trat er zum 1. Januar 1987 bei.
Am 17. Juni 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von
Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit vom 1. September 1971 bis zum 30. Juni
1990. Mit Bescheid vom 15. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21. November 2003 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zeiten der
Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz ab. Zur
Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger sei am 30. Juni 1990 im VEB
Ingenieurbüro der Geflügelwirtschaft beschäftigt gewesen. Der genannte Betrieb sei
weder ein volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch einem solchen im
Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die
zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24. Mai 1951
gleichgestellt.
Die dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage hat das Sozialgericht durch
Urteil vom 24. Mai 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt,
es fehle an der betrieblichen Voraussetzung, da der Kläger weder in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch in einem diesen
gleichgestellten Betrieb tätig gewesen sei. Der Personenkreis der
Versorgungsberechtigten aus dem Kreis der technischen Intelligenz im Sinne der
Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 17.
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Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 17.
August 1950 (GBl. DDR Nr. 93, Seite 844) werde in § 1 der dazu ergangenen 2.
Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR Nr. 62, Seite 487) näher
definiert. Die Überschrift des Absatzes 2, in dem die gleichgestellten Betriebe definiert
würden, laute wie folgt: „Den volkseigenen Produktionsbetrieben werden gleichgestellt.“
Das Bundessozialgericht (BSG) habe daraus die inzwischen ständige höchstrichterliche
Rechtsprechung dahin entwickelt, dass es sich bei den volkseigenen Betrieben im Sinne
von § 1 Abs. 1 2. Durchführungsbestimmung um solche gehandelt haben müsse, deren
Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise
Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sei (vergleiche Urteil des
Bundessozialgerichts vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 41/01 R, Seite 12 ff.). Kein
volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens in diesem
Sinne sei nach der Rechtsprechung des BSG, die sich inzwischen auch zu einzelnen
Produktionsbetrieben weiterentwickelt habe, ein Dienstleistungsbetrieb (Urteil des BSG
vom 10. April 2002, Az. B 4 RA 5/02 R). Eindeutig in einem solchen Betrieb sei der Kläger
beschäftigt gewesen. Auch nach der Darstellung des Klägers habe es sich um einen
Servicebetrieb für die Geflügelwirtschaft gehandelt. Damit sei ein VEB zu verzeichnen,
der den Charakter einer Dienstleistungseinrichtung gehabt habe und deshalb nicht ein
Produktionsbetrieb im Sinne des § 1 2. Durchführungsbestimmung unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG gewesen sei. Der Kläger habe deshalb
am 30. Juni 1990 als Ingenieur beim Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft keinen
Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz gehabt. Falls die Beklagte entsprechend dem Vortrag des Klägers in anderen
Fällen dieser Art positiv entschieden habe, sei dies nicht entsprechend der
Rechtsprechung des BSG. Vorliegend sei eine derartige Einzelfallentscheidung im
Übrigen unerheblich, denn in der Rechtsprechung gelte der Grundsatz, dass es eine
Gleichbehandlung im Unrecht nicht gebe.
Zur Begründung seiner dagegen eingelegten fristgemäßen Berufung führt der Kläger
unter anderem aus, es habe sich beim VEB Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft (VEB
IBG) nicht nur um einen Servicebetrieb für die Geflügelwirtschaft gehandelt, vielmehr sei
auch eine industrielle Herstellung von Maschinen für den Einsatz in den verarbeitenden
Betrieben vorgenommen worden. Es sei zwar richtig, dass es sich um einen Forschungs-
und Entwicklungsbetrieb des VEB Kombinat Industrielle Mast gehandelt habe, jedoch
seien die entwickelten Maschinen für die Geflügelhaltung und -verarbeitung in dem
Betrieb, in dem er beschäftigt gewesen sei, aufgebaut und in dem Produktionsbetrieb
getestet worden. Die Anlagen seien dann von den Produktionsbetrieben übernommen
worden. Demgemäß sei der VEB IBG im Hauptzweck auf die industrielle Fertigung,
Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion von Sachgütern ausgerichtet
gewesen, wie es dem Urteil des BSG vom 9. April 2002 (Az. B 4 RA 10/02 R) entspreche.
Zumindest sei er in einem Betrieb beschäftigt gewesen, der den volkseigenen Betrieben
gleichgestellt gewesen sei. Hierzu hätten die wissenschaftlichen Institute,
Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien und Konstruktionsbüros gehört. Es
habe sich bei seinem Beschäftigungsbetrieb um einen Industriebetrieb und nicht um
einen landwirtschaftlichen Betrieb gehandelt. Gegenstand der betrieblichen Aufgaben
des VEB IBG sei die Herstellung industrieller Anlagen und nicht landwirtschaftliche
Produktionen gewesen. Es habe sich daher um die Produktion von Sachgütern und nicht
um die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte gehandelt. Im Übrigen berufe er sich
darauf, dass seinen ehemaligen Arbeitskollegen die Beschäftigung als Zeit der
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz anerkannt
worden sei. Die Argumentation der Beklagten, dass alle „F&E-Bereiche“ der VEB nur mit
„Serviceaufgaben“ betraut gewesen sein müssten und nicht integraler Bestandteil eines
produzierenden Betriebes gewesen seien, könne er nicht nachvollziehen.
„Serviceaufgaben“ seien Bereiche der innerbetrieblichen EDV oder der Kantine, jedoch
keinesfalls die „F&E-Bereiche“ gewesen. Bei dem VEB, bei dem er beschäftigt gewesen
sei, habe es sich um ein Kombinat Industrielle Mast, demgemäß offenbar um einen
Industrie betrieb gehandelt. Der VEB IBG sei mit der Entwicklung und dem
Versuchsbetrieb von Produktionsanlagen für das Kombinat Industrielle Mast (KIM)
befasst gewesen, also sowohl Konstruktionsbüro als auch Versuchsstation gewesen. In
dem VEB IBG seien die maschinentechnischen Ausrüstungen für die Geflügelwirtschaft
entwickelt und konstruiert, Fertigungsmuster erstellt und die Systeme bis zur Serienreife
erprobt worden. Er habe zusammen mit den anderen Konstrukteuren die
Automatisierungstechnik für die mechanischen Komponenten der Anlagentechnik
entwickelt. Er gehe nicht davon aus, dass die prägende Betriebstätigkeit des VEB IBG die
industrielle Massenproduktion gewesen sei. Vielmehr sei der VEB IBG eine
ingenieurtechnische Entwicklungs- und Produktionseinrichtung für Anlagen der
industriellen Tierproduktion gewesen. In welcher Anzahl solche Anlagen für die
Geflügelhaltung entwickelt und produziert worden seien, könne er nicht mehr in
Erfahrung bringen. Er weise nochmals darauf hin, dass es sich bei dem VEB IBG aus
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Erfahrung bringen. Er weise nochmals darauf hin, dass es sich bei dem VEB IBG aus
seiner Sicht um ein den volkseigenen Betrieben gleichgestelltes Konstruktionsbüro
gehandelt habe. Diese Annahme habe auch der 22. Senat des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 13. November 2006 (Az- L 22 R 808/06)
bestätigt. Bis 1986 habe der Aufgabenbereich des VEB IBG maschinentechnische
Entwicklungen von Ausrüstungen und Anlagen zur Haltung von Geflügel, Projektierung
zur Errichtung von Betrieben, Anlagen und Einrichtungen für die Geflügelhaltung sowie
Projekte zur Rekonstruktion und Erhaltung von Geflügelanlagen umfasst. Ab 1986 sei der
VEB IBG zum ingenieurtechnischen Zentrum der industriellen Tierproduktion erweitert
worden, wodurch unter Einsatz von neuen Maschinentechniken das Niveau und die
Effektivität der Anlage noch einmal erhöht werden sollte. Nach erfolgreicher Erprobung
seien die neuen Erzeugnisse für eine Serienfertigung in eigener Verantwortung
freigegeben worden, was unter Einbeziehung einer Reihe von Kooperationsbetrieben
erfolgt sei. Während bis 1986 schwerpunktmäßig die Aufgabenstellung lediglich in der
Projektierung von Neu- und zu modernisierenden Anlagen bestanden habe, hätten nun
Niveau und Effektivität durch eigene Entwicklungsarbeiten im Rahmen von
Neukonstruktionen der Anlagen wesentlich erhöht werden sollen. In Ergänzung zu dem
Konstruktionsbüro für Ausrüstungsentwicklung und Anlagenprojektierung sei deshalb
eine Abteilung Mikroelektronik-Automatisierungstechnik eingerichtet worden. Diese habe
für die komplexen Verflechtungsbeziehungen zwischen bautechnischen Anlagen und der
Maschinentechnik unter Überwachung durch eine zentrale Verwaltung entsprechende
Instrumentarien der Automatisierungstechnik produktionsreif entwickeln und
konstruieren sollen. Ein Versuchsmusterbau sei eingerichtet worden, in dem die im VEB
IBG entwickelten Ausrüstungen und Anlagen als Prototypen gefertigt worden seien, sowie
eine Struktureinheit Haltungstechnologie gebildet worden, die die im Musterbau
hergestellten Ausrüstungen in entsprechenden Anlagen mit Tieren erprobt hätten und
Hinweise für deren Weiterentwicklung gegeben hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2007 und den Bescheid der
Beklagten vom 15. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.
November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. August
1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung
der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten
Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und führt zur
Begründung unter anderem aus, dass es sich bei dem VEB IBG nicht um einen
Produktionsbetrieb gehandelt habe, sondern um ein Institut der Landwirtschaft. Dies
bestätige auch die Zuordnung zu Wirtschaftsgruppe 62231. Auch daraus, dass sie bei
ehemaligen Arbeitskollegen des Klägers Zusatzversorgungszeiten festgestellt habe,
folge kein Anspruch auf entsprechende Gleichbehandlung des Klägers. Ein Verstoß
gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes liege nicht vor, weil durch eine willkürfreie
Änderung der Rechtsprechung beziehungsweise der Verwaltungspraxis das Recht auf
Gleichheit nicht verletzt werde (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4.
August 2004, Az. 1 BvR 1557/01, [zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in
Bezug auf Zusatzversorgungszeiten] und Beschluss vom 7. August 1985, Az. 1 BvR
707/85, [zur Änderung einer gesetzwidrigen Verwaltungspraxis]). Der VEB IBG sei auch
kein Konstruktionsbüro gewesen. Konstruktionsbüros seien Einrichtungen mit der
Aufgabe im Prozess der technischen Vorbereitung der Produktion die konstruktive
Gestaltung der Erzeugnisse auszuarbeiten und die Konstruktionszeichnungen
anzufertigen, die Materialstücklisten aufzustellen und die Funktion der Neukonstruktion
zu erproben, gewesen. In der DDR habe es neben den betrieblichen Konstruktionsbüros
juristisch und ökonomisch selbstständige zentrale Entwicklungs- und Konstruktionsbüros
gegeben. Diese seien auch als solche errichtet und grundsätzlich auch so bezeichnet
worden. Ingenieurbüros seien wissenschaftlich-technische Betriebe gewesen, die für ihre
Auftraggeber technische Anlagen, Fertigungsmittel und Bauobjekte projektiert,
konstruiert und berechnet hätten. Ingenieurbüros hätten des Weiteren technische
Berechnungen und Gutachten gefertigt. Ingenieurbüros seien auf der Grundlage von
Wirtschaftsverträgen ihrer Auftraggeber tätig geworden. Juristisch und ökonomisch
selbstständige volkseigene Ingenieurbüros (VEB Ingenieurbüro für …) würden nicht zu
den volkseigenen Produktionsbetrieben zählen, weil sie nicht mit dem Hauptzweck der
Produktion (industrielle Herstellung, Verarbeitung oder Bearbeitung industrieller
Sachgüter) errichtet worden seien. Aufgrund des Beschlusses des Ministerrats vom 3.
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Sachgüter) errichtet worden seien. Aufgrund des Beschlusses des Ministerrats vom 3.
März 1967 über die Bildung von Ingenieurbüros für Rationalisierung seien in den
Bereichen der Vereinigungen volkseigener Betriebe Ingenieurbüros für Rationalisierung
zu bilden gewesen. Nach den Grundsätzen zur Bildung dieser Ingenieurbüros hätten
diese folgende Aufgaben gehabt:
Darüber hinaus hätten die Ingenieurbüros die Aufgabe gehabt, die Betriebsdirektoren bei
der sozialistischen Rationalisierung zu beraten und zu unterstützen. Das Ingenieurbüro
für Geflügelwirtschaft sei als solches und nicht als Konstruktionsbüro errichtet worden.
Die vom Kläger beschriebene Umprofilierung gebe allenfalls zu erkennen, dass das
Ingenieurbüro zu einem Projektierungsbetrieb umgestaltet worden sei. Projektierung im
weitesten Sinne seien alle Leistungen, die von Projektierungsbetrieben und -
einrichtungen für die Investitionstätigkeit erbracht worden seien (Ausarbeitung von
Aufgabenstellungen und Projekten, Koordinierung von kooperierenden Projektleistungen,
Ausarbeitung von Studien und Varianten bei der Planung, Vorbereitung und
Durchführung von Investitionen). Nach der wirtschaftlichen Rechnungsführung
arbeitende Projektierungsbetriebe, hätten auf der Grundlage abgeschlossener
Wirtschaftsverträge die ausgearbeiteten Aufgabenstellungen und Projekte an ihre
Auftraggeber zu einheitlichen Preisen verkauft. Der VEB IBG hätte auch unter dem
Aspekt der Umgestaltung nicht zu den in der 2. Durchführungsbestimmung den
volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieben gehört. Die dort genannte
Auflistung sei vollständig. Es seien lediglich die Konstruktionsbüros den volkseigenen
Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen, nicht jedoch die Projektierungsbetriebe
oder Ingenieurbüros.
Beigezogen worden sind Kopien aus der Registerakte des VEB Ingenieurbüro für
Geflügelwirtschaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten
(Versicherungsnummer ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form-
und fristgerecht erhoben (§§ 143 und 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist jedoch
unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin eine Verpflichtung der Beklagten
abgelehnt, den streitbefangenen Zeitraum als solchen der Zugehörigkeit des Klägers zu
einem Zusatzversorgungssystem und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten
Arbeitsentgelte festzustellen, denn der Kläger hat keinen dahingehenden Anspruch; der
angegriffene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist
rechtmäßig.
Das Begehren des Klägers ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet.
Da er im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen
Rentenversicherungssystem nicht zurückgelegt hat, der bundesdeutsche
Rentenversicherungs-träger aber grundsätzlich nur seinen Versicherten zur (höheren)
Leistung verpflichtet ist, bedarf es zur Begründung und Ausgestaltung von Rechten und
Anwartschaften im Rahmen des insoweit maßgeblichen Sechsten Buches des
Sozialgesetzbuches (SGB VI) sowie zur Wertbestimmung derartiger Berechtigungen
nach dessen Grundsätzen jeweils besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der
Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren
gegliedert. Während das eine Verfahren mit dem Erlass eines sogenannten
Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente feststellenden Bescheid zum
Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, -
dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich - gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG
die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der
Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die
Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu
diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem
Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) die in diesen tatsächlich
erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der
Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt
zu geben (vgl. zu diesem Verfahren im Einzelnen das Urteil des Bundessozialgerichts
[BSG] vom 20. Dezember 2001, Az.: B 4 RA 6/01 R m. w. N., SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), so
dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen
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dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen
solchen Verwaltungsakt besteht. Dies ist hier nicht der Fall.
Der Kläger hat keinen dahingehenden Anspruch, denn er fällt nicht in den persönlichen
Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG. Eine Prüfung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG
genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG
auf ihn keine Anwendung finden. Die Regelungen des AAÜG gelten für Ansprüche und
Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte
der Kläger noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der
Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war er noch nicht versorgungsberechtigt. Er
hatte auch keine Versorgungsanwartschaft. Solche Anwartschaften hatten Personen, die
am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher
gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), für die sich dies aus einer
einzelvertraglichen Regelung ergab, oder die nach den abstrakt-generellen Regelungen
der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die
tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten
und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der
DDR abhängig war (vgl. das Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03
R, D-spezial 2004, Nr. 8 S. 8 [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Dass das AAÜG auch
auf dem letztgenannten Personenkreis Zugehörige Anwendung findet, es also nicht
allein darauf ankommt, ob zum 1. Juli 1990 in der DDR ein Versorgungsanspruch oder
eine entsprechende Anwartschaft bestand, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten
der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines
Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei
Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers
unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem
Versorgungssystem ist unter diesen Umständen rechtlich grundsätzlich und faktisch in
aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte
Beschäftigung ihrer Art nach, das heißt abstrakt-generell, zu denjenigen gehört,
derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts
zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen
generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein
Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie
Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können,
sollen - wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere
der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben - nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur
potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren
einbezogen werden.
Ausgehend von dieser Basis bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der
Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen
Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind
dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit
als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese
gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene
abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen
insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die
Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des
Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1
des Grundgesetzes -GG-) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der
Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 9. April 2002,
Az.: B 4 RA 42/01 R, zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die
Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden,
muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer
normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (vgl. die Entscheidungen des
BSG vom 24. März 1998, Az.: B 4 RA 27/97 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3, und vom 30. Juni
1998, B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f. [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Ob nämlich
außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen
Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht
auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten,
lässt sich heute mangels einer gesicherten faktischen Beurteilungsgrundlage gerade
nicht willkürfrei entscheiden (vgl. das Urteil des BSG vom 12. Juni 2001, Az.: B 4 RA
117/00 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6).
Am 30. Juni 1990 gehörte der Kläger nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der
zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen
waren. Ob jemand aufgrund seiner Qualifikation und der ausgeübten Beschäftigung zum
Kreis der durch die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen
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Kreis der durch die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz Begünstigten zu zählen ist, lässt sich durch die Heranziehung der Verordnung
über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) allein
nicht klären. Dort heißt es in § 1 nur, für die Angehörigen der technischen Intelligenz in
den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben werde über den Rahmen der
Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Dass es -
unter anderem - zur Konkretisierung des nur vage umrissenen Begriffs der Angehörigen
der technischen Intelligenz und damit des Kreises der Begünstigten noch näherer
Bestimmungen bedurfte, war dem Verordnungsgeber offenbar bewusst, denn § 5
zufolge waren durch das Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem
Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen
Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Die Ausfüllung des Begriffs „Angehörige der
technischen Intelligenz“, das heißt die Definition des von der Verordnung erfassten
Personenkreises, dem die zusätzliche Versorgungsversicherung zugute kommen sollte,
findet sich in der hier ebenfalls heranzuziehenden zweiten Durchführungsbestimmung
zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487),
durch welche die vom 26. September 1950 datierende erste Durchführungsbestimmung
(GBl. DDR S. 1043) außer Kraft gesetzt wurde.
Danach war das Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die
Bei dem Kläger lag im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme jedenfalls die
dritte, das heißt die betriebsbezogene Voraussetzung nicht vor, denn er war am 30. Juni
1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des
Bauwesens, sondern im VEB Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft beschäftigt, dem nicht
die Produktion das überwiegende Gepräge gab.
Wie das Bundessozialgericht jedoch bereits in seinen Urteilen vom 09. und 10. April 2002
(Az. B 4 RA 41/01 R und B 4 RA 10/02 R, zitiert nach Juris) ausgeführt hat, war der
versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale
gekennzeichnet. Er erfasst nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR
nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, war also nicht nur
auf den Ausschluss privater Betriebe gerichtet.
Vorliegend fehlt es unter Beachtung dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze jedenfalls
an der dritten Voraussetzung, dem Produktions betrieb, denn Voraussetzung ist, dass
der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung
bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen
sein muss. Der Kläger war im streitigen Zeitraum bei keinem Betrieb beschäftigt, der
nach dem versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch (und der Staatspraxis) der DDR am
30. Juni 1990 als „Produktionsbetrieb“ bezeichnet wurde, weil der Hauptzweck des VEB
IBG - auch nach Aussage des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20. August 2009 - nicht
die industrielle Massenproduktion war, sondern es sich um die ingenieurtechnische
Entwicklungs- und Produktionseinrichtung für Anlagen der industriellen Tierproduktion
gehandelt hat, der Hauptzweck also nicht in der industriellen, das heißt massenhaften,
Fertigung von Sachgütern bestand.
Es handelt sich bei dem VEB IBG auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb. Nach § 1
Abs. 2 2. Durchführungsbestimmung werden den volkseigenen Betrieben
wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchstationen, Laboratorien,
Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademie und
Bauschulen, Bergakademie und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der
Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-
Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie),
Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien gleichgestellt.
Projektierungs- und Ingenieurbüros werden in dieser Vorschrift nicht genannt. Der VEB
Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft stellt auch kein Konstruktionsbüro im Sinne dieser
Vorschrift dar.
Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 7. September 2006 (Az. B 4 RA
41/05 R, zitiert nach Juris) festgestellt, es sei nach dem Sprachverständnis der DDR
zwischen Projektierung und Konstruktion und demzufolge zwischen Konstruktions- und
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zwischen Projektierung und Konstruktion und demzufolge zwischen Konstruktions- und
Projektierungsbüros zu unterscheiden. Dazu hat es weiter ausgeführt:
„aa) Nach dem Sprachverständnis der DDR wurde (seit 1949 und damit auch noch)
am Stichtag des 30. Juni 1990 entsprechend den unterschiedlichen Aufgabenbereichen
zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros unterschieden.
Einer der Ausgangspunkte für die Feststellung des am 30. Juni 1990 maßgeblichen
Sprachverständnisses der DDR ist der - kurz vor Gründung der DDR ergangene –
'Beschluss über die Errichtung eines technischen Projektierungs- und Konstruktionsbüros
der Energiewirtschaft' vom 29. Juni 1949 (ZVOBl. 1949 Teil I Nr. 59 ). Danach
wurde für die Aufgabenbereiche der Projektierung und Konstruktion zwar nur ein Büro
errichtet, dennoch deutlich zwischen den beiden Funktionen unterschieden. Die
Projektierungsaufgabe bestand darin, in allen Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und
Anlagen zu 'bearbeiten', also die 'Projektierung der Verteilung, der Erweiterungen und
der Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge' vorzunehmen, dagegen
betraf die Konstruktion 'die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und
Anlagen'. Schon diese Ausführungen verdeutlichten, dass Konstruktionsarbeiten Fragen
der technischen Herstellung (Produktion) von Einzelteilen oder auch ganzer Anlagen und
ihres betrieblichen Einsatzes (bzw. Einsetzbarkeit) zu beantworten hatten; Projektierung
befasste sich dagegen nicht mit der Lösung derartiger Probleme, sondern setzte sie
voraus, um ein technisches (Gesamt-)Konzept zu erstellen, das die optimale
Realisierung des Unternehmenszweckes gewährleistete; dies zeigt die Formulierung
'Projektierung der Verteilungen, der Erweiterungen und der Neuanlagen' in jenem
Beschluss.
Diese im Vergleich zur Konstruktion 'übergeordnete Funktion' der Projektierung
spiegelt sich auch in der Begriffsbestimmung der Projektierungsleistung in der
'Verordnung über das Projektierungswesen – Projektierungsverordnung' vom 20.
November 1964 (GBl. der DDR Teil II Nr. 115 ) wider. Danach gehörten zu den
Projektierungsleistungen u. a. die Ausarbeitung von Aufgabenstellungen, von Projekten,
Teilprojekten und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten
Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen.
Entscheidend ist, dass auch die 'Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für
die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens' vom 10.
Dezember 1974 (GBl. der DDR 1975 Teil I Nr. 1 < S 1>), die noch am 30. Juni 1990 galt,
zwischen Konstruktion und Projektierung (vgl. Nr. 32 und 33 a. a. O.) unterschied.
An dieses sich aus den genannten abstrakt-generellen Regelungen der DDR
ergebende staatliche Sprachverständnis knüpfen die Definitionen im 'Ökonomischen
Lexikon' der DDR (3. Auflage, 1979) an. Danach waren Gegenstand von
Konstruktionsarbeiten die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der
Produktion, die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von
Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses (siehe Stichwort:
Konstruktionsbüro). Projektierungen im weiteren Sinn waren alle Leistungen, die von
Projektierungseinrichtungen insbesondere für die Lösung von Investitionsaufgaben
erbracht wurden. Ihr Ergebnis waren Dokumentationen unterschiedlicher Art. Die
Leistungen der Projektierung waren Bestandteil der materiellen Produktionssphäre der
Volkswirtschaft. Sie umfassten im Wesentlichen die Mitwirkung an
'grundfondswirtschaftlichen' Untersuchungen (Studien, Variantenuntersuchungen),
Aufgabenstellungen für die Vorbereitung von Investitionen, die Ausarbeitung von
Dokumentationen zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen, die Erarbeitung der
Ausführungsprojekte, die Lösung von Aufgaben des 'Planes Wissenschaft und Technik',
die Vorbereitung von Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten
Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn wurde unter Projektierungen die
Ausarbeitung des Investitionsprojekts (Ausführungsobjekts) verstanden (siehe Stichwort:
Projektierungseinrichtung). Beide Definitionen zeigen deutlich die abgegrenzten
Funktionsbereiche auf.
Darüber hinaus verdeutlichen die Definitionen im 'Ökonomischen Lexikon', dass die
Aufgaben von unterschiedlichen 'Stellen' wahrzunehmen waren. Konstruktionsbüros
werden als Abteilung oder Einrichtung eines Betriebs oder Kombinats beschrieben (siehe
Stichwort: Konstruktionsbüro). Danach hätte es sich (jedenfalls zum Zeitpunkt der
Ausgabe der 3. Auflage des Lexikons im Jahre 1979) nur um unselbstständige Teile eines
Betriebs oder Kombinats gehandelt, die als solche keine Arbeitgeber und damit auch
keine versorgungsrechtlich gleichgestellten Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2.
Durchführungsbestimmung hätten sein können. Demgegenüber gab es
Projektierungsbüros nicht nur als (unselbstständige) Abteilungen volkseigener
Produktionsbetriebe, genossenschaftlicher Betriebe, staatlicher oder wirtschaftsleitender
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Produktionsbetriebe, genossenschaftlicher Betriebe, staatlicher oder wirtschaftsleitender
Organe oder Einrichtungen, sondern auch als (selbstständige) volkseigene
Projektierungsbetriebe im Bauwesen und Anlagenbau. Sie wurden im 'Register der
Projektierungseinrichtungen' geführt. Auch zugelassene private Projektierungsbüros,
Ingenieure, Architekten, Universitäten, Hoch- und Fachschulen sowie wissenschaftliche
Institute konnten auf vertraglicher Grundlage mit der Durchführung von
Projektierungsaufgaben betraut werden (vgl. Stichwort: Projektierungseinrichtung).
Ob es am hier maßgeblichen Stichtag überhaupt noch Konstruktionsbüros in der
DDR als selbstständige Betriebe gegeben hat, hat das LSG zu Recht nicht aufgeklärt.
Dies könnte mit Blick auf die genannten Erläuterungen im 'Ökonomischen Lexikon'
zweifelhaft sein. Hiergegen spricht auch die Auflistung in der 'Systematik der
Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik' (Ausgabe 1985); diese
benennt zwar Projektierungsbetriebe (Nr. 6 300 0 und 6 331 0), jedoch keine
Konstruktionsbüros. Sollten daher in der DDR Konstruktionsbüros ab einem gewissen
Zeitpunkt nicht mehr in Form selbstständiger Betriebe geführt worden sein, würde dies
nicht dazu führen, dass an ihrer Stelle nach dem am 1. August 1991 gültigen
Bundesrecht nunmehr Projektierungsbüros als am 30. Juni 1990 gleichgestellte Betriebe
im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung einzusetzen wären; vielmehr
wäre dann in Bezug auf Konstruktionsbüros die Gleichstellungsnorm bereits am 30. Juni
1990 objektiv gegenstandslos gewesen und insoweit schon deshalb kein Bundesrecht
geworden.“
Neben den Konstruktions- und den Projektierungsbüros unterschied der Sprachgebrauch
der DDR auch zwischen diesen und den Ingenieurbüros. Nach dem „Ökonomischen
Lexikon“ (Stichwort: Ingenieurbüro) war das Ingenieurbüro ein Organ bei den Kombinaten
und Bezirkswirtschaftsräten mit der Aufgabe, auf der Grundlage der Fünfjahrespläne und
der Jahrespläne sowie der Rationalisierungskonzeptionen die Leitungen bei der Planung,
der Vorbereitung und Durchführung der Intensivierung der Produktion durch Maßnahmen
der sozialistischen Rationalisierung zu beraten und zu unterstützen. Die Ingenieurbüros
hatten Projekte und Lösungen zur rationellsten Gestaltung aller Phasen des
Reproduktionsprozesses sowie der Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstände und
Arbeitsbedingungen der Werktätigen zu erarbeiten. Eine wichtige Aufgabe war es, zweig-
bzw. betriebstypische Rationalisierungsmittel zu entwickeln. Die Verantwortung des
Ingenieurbüros erstreckte sich bis hin zur produktionswirksamen Anwendung der von
ihnen erarbeiteten Projekte und Lösungen. Durch sozialistische Gemeinschaftsarbeit, die
Anwendung von EDVA, die einheitliche Leitung und Verantwortung für die Vorbereitung,
Projektierung und Realisierung der Vorhaben usw. war zu sichern, dass die
Überleitungsphase generell verkürzt wurde. Die Mitarbeiter der Ingenieurbüros hatten
bei der Durchführung ihrer Aufgaben eng mit den Werktätigen der Betriebe und den
Rationalisierungsorganen (Gruppen für Erzeugnisrationalisierung, Neuererkollektive usw.)
zusammenzuarbeiten.
Unter Zugrundelegung dieser aufgezeigten allgemeinen Differenzierungskriterien nach
der Rechtsprechung des BSG und der weiteren notwendigen Abgrenzung der
Ingenieurbüros von den Konstruktionsbüros und den Projektierungsbüros steht nach
Würdigung der Einzelfalltatsachen für den Senat fest, dass der Kläger nicht in einem
Konstruktionsbüro, sondern – wie es auch der Bezeichnung des Beschäftigungsbetriebes
des Klägers, dem VEB Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft entspricht, - in einem
Ingenieurbüro beschäftigt war. Der Senat schließt sich damit nicht dem Urteil des 22.
Senates des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. November 2006 (Az. L
22 R 808/06) an. Für den erkennenden Senat wenig überzeugend hat das Sozialgericht
Berlin im Verfahren S 13 RA 2820/04 und ihm folgend der 22. Senat in dem
anschließenden Berufungsverfahren zwar das Projektierungsbüro von dem
Konstruktionsbüro abgegrenzt und festgestellt, dass der Kläger nicht in einem
Projektierungsbüro beschäftigt gewesen sei. Eine Abgrenzung des VEB Ingenieurbüros
für Geflügelwirtschaft von einem Konstruktionsbüro haben jedoch beide nicht
vorgenommen. Gerade diese wäre jedoch notwendig gewesen, da der Kläger nicht in
einem Projektierungsbüro, sondern in einem Ingenieurbüro beschäftigt gewesen ist.
Dieses war auch nach der in der beigezogenen Registerakte enthaltenen Weisung vom
21. Dezember 1972 gerade als Rationalisierungsbetrieb konzipiert, denn dort heißt es
unter Ziffer 2: „Ausgehend von der bisherigen Aufgabenstellung des Ingenieurbüros sind
auch nach Veränderung des Unterstellungsverhältnisses weiterhin alle Aufgaben der
Forschung und Rationalisierung auf dem Gebiet der Geflügelwirtschaft wahrzunehmen,
die im Verantwortungsbereich der VVB Industrielle Tierproduktion liegen.“ Das
Ingenieurbüro für die Geflügelwirtschaft war damit ein typisches Ingenieurbüro für
Rationalisierung und gerade kein Konstruktionsbüro.
Da der Kläger in der Zeit vom 1. August 1971 bis zum 30. Juni 1990 einen Anspruch auf
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Da der Kläger in der Zeit vom 1. August 1971 bis zum 30. Juni 1990 einen Anspruch auf
die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem
gegen die Beklagte nicht hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen
Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte, denn die letztgenannte Feststellung bedingt
die erstgenannte.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des
Verfahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da das Bundessozialgericht zwar bereits über die
Abgrenzung eines Projektierungsbüros von einem Konstruktionsbüros entschieden hat,
eine entsprechende Entscheidung zur Abgrenzung des Ingenieurbüros von einem
Konstruktionsbüro jedoch - soweit ersichtlich - noch nicht vorliegt.
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