Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.02.2010

LSG Berlin und Brandenburg: anspruch auf rechtliches gehör, bedürftigkeit, zugang, beschwerdeinstanz, drucksache, zivilprozessordnung, erfüllung, hauptsache

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 25.02.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 130 AS 17616/08
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 B 2170/08 AS PKH
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2008 wird als
unzulässig verworfen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.
Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung ist
die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die
persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Eine "Verneinung der
persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen" liegt nicht nur vor, wenn eine Prüfung die fehlende Bedürftigkeit
ergibt, sondern auch, wenn eine Prüfung "mangels geeigneter Prüfgrundlage" nicht möglich ist, weil nach Auffassung
des Sozialgerichts der nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 der
Zivilprozessordnung – ZPO – erforderliche Vordruck nicht vorgelegt oder fehlerhaft aufgefüllt worden ist.
§ 114 Abs. 1 ZPO verlangt für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Erfüllung zweier Voraussetzungen, nämlich
die Bedürftigkeit des Antragstellers nach dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie die
hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. In diesem zweigeteilten System gehören die Regelungen zu den
Formerfordernissen zu dem Teil, der die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betrifft. Nach der
Gesetzesbegründung zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG soll die Ablehnung von Prozesskostenhilfe jedoch nur mit der
Beschwerde angefochten werden können, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden
(vgl. BT-Drucksache 16/7716 S. 22 zu Nr. 29). Demgemäß betrifft der Beschwerdeausschluss auch den Fall, dass
das Sozialgericht meint, wegen einer fehlerhaften Erklärung die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht
prüfen zu können, zumal sich anderenfalls ein Antragsteller durch Nichteinreichen oder Vorlage unvollständiger
Unterlagen Zugang zur Beschwerdeinstanz eröffnen könnte (ebenso LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 22.
Januar 2009 – L 14 B 2171/08 AS PKH – m. w. N.; zu fehlendem Vordruck vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 13. Januar 2009 – L 18 B 2432/08 AS PKH – und Beschluss vom 24. März 2009 – L 5 B 2025/08 AS PKH -,
jeweils zitiert nach juris).
Zu Recht weist die Klägerin zwar darauf hin, dass das Sozialgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör mit dem
angegriffenen Beschluss verletzt hat, weil es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ohne
ihr nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO Gelegenheit zu geben, binnen einer von ihm zu
setzenden Frist vermeintliche Fehler in der Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu
berichtigen und ihre Angaben insoweit glaubhaft zu machen. Dies ändert jedoch an der fehlenden Statthaftigkeit der
Beschwerde nichts. Denn der Rechtsprechung ist es verwehrt, durch außerordentliche Rechtsbehelfe tatsächliche
oder vermeintliche Lücken im bestehenden Rechtsschutzsystem zu schließen (vgl. Bundesverfassungsgericht,
Beschluss vom 16. Januar 2007 – 1 BvR 2803/06). Ist wie hier ein Rechtsmittel nicht gegeben, sind die Betroffenen
demnach auf die Möglichkeit zu verweisen, bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs Anhörungsrüge nach § 178 a
SGG zu erheben oder eventuell auch eine Gegenvorstellung einzureichen. Auch die Stellung eines erneuten Antrages
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei dem Sozialgericht Berlin dürfte vorliegend in Betracht zu ziehen sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).