Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 22.08.2005

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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 22.08.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 56 AL 1629/03
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 16 AL 71/04
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2004 wird zurückgewiesen. Die
Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Be- rufungsverfahren. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01. Januar 2003 bis
zum 25. März 2003.
Die am Oktober 1968 geborene Klägerin war zuletzt seit dem 1. Mai 1990 als Angestellte
bei der GSW Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft B mbH (im Folgenden: GSW)
versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag vom 22. April 2002 zum 31.
Dezember 2002 "auf Veranlassung der Arbeitgeberin zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen ordentlichen
betriebsbedingten Kündigung zum gleichen Zeitpunkt" bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 EUR brutto;
auf den Inhalt des Aufhebungsvertrages wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.März 2003 setzte die
Beklagte eine Sperrzeit vom 1. Januar 2003 bis zum 25.März 2003 (12 Wochen) fest mit der Begründung, dass die
Klägerin ihr Arbeitsverhältnis bei der GSW durch Aufhebungsvertrag gelöst habe. Ein wichtiger Grund für das
Verhalten der Klägerin habe nicht vorgelegen. Während der Sperrzeit ruhe der Anspruch auf Alg, der sich im Übrigen
um 90 Tage mindere.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin eine Auskunft der GSW vom 26. Mai 2003 eingeholt, auf deren
Inhalt verwiesen wird. Ferner ist die Betriebsvereinbarung zwischen der GSW und dem Betriebsrat zum
sozialverträglichen Personalabbau vom 20.Dezember 2001 nebst Anlage beigezogen worden.
Mit Urteil vom 17. August 2004 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 01. Januar 2003 Alg zu gewähren.
Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf
Alg bereits ab 01. Januar 2003. Die Festsetzung der Sperrzeit von 12 Wochen für die Zeit vom 01. Januar 2003 bis
zum 25. März 2003 durch die Beklagte sei rechtswidrig. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für die
Festsetzung dieser Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) seien
nicht erfüllt. Die Klägerin sei zwar durch den Aufhebungsvertrag vom 22. April 2002 mit Ablauf des 31. Dezember
2002 zumindest grob fahrlässig arbeitslos geworden, weil sie kein Anschlussarbeitsverhältnis gehabt habe. Sie habe
aber für den Abschluss des Aufhebungsvertrages einen wichtigen Grund gehabt. Ein derartiger wichtiger Grund liege
dann vor, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles unter Abwägung seiner
Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden könne (Verweis
auf BSG, Urteil vom 20. Januar 2000 – 7 AL 20/99 R -). Der Arbeitsplatz der Klägerin sei zum Ende des Jahres 2002
ersatzlos weggefallen. Die GSW habe bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 32 Arbeitsverhältnisse beendet. Der
Stellenabbau sei auch danach fortgesetzt worden. In dieser betrieblichen Situation, die der Klägerin nur die Wahl
zwischen Aufhebungsvertrag und betriebsbedingter Kündigung gelassen habe, habe sich die Klägerin für den
Aufhebungsvertrag entschlossen, was verständlich gewesen sei. Denn eine Kündigungsschutzklage gegen die mit
Sicherheit zu erwartende betriebsbedingte Kündigung sei aussichtslos gewesen.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen diese Urteil. Sie trägt vor: Die Klägerin könne sich für ihr Verhalten
nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 SGB III berufen. Die Zahlung einer Abfindung stelle keinen
solchen wichtigen Grund dar. Auch das Erfordernis der Personalreduzierung für den Arbeitgeber könne bei der
Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Arbeitnehmerin im Rahmen eines betrieblichen Personalabbaus
keinen wichtigen Grund darstellen. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, dass bei Nichtabschluss eines
Auflösungsvertrages zwischen der GSW und der Klägerin tatsächlich kein Ersatzarbeitsplatz vorhanden gewesen sei
und der Klägerin daher tatsächlich gekündigt worden wäre. Etwas Anderes folge auch nicht aus der ergänzenden
Auskunft der GSW vom 15. Dezember 2004. Danach seien Arbeitnehmerinnen mit einer ähnlichen Punktzahl bei der
Sozialauswahl, wie sie die Klägerin erreicht habe (57 Punkte), erst im Jahr 2003 arbeitgeberseitig gekündigt worden.
Somit sei davon auszugehen, dass die Klägerin unter Beachtung der Sozialauswahl wohl nicht bereits zum 31.
Dezember 2002 hätte rechtmäßig gekündigt werden können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2004 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Landessozialgericht hat ergänzende Auskünfte der GSW vom 15. Dezember 2004, 26. Januar 2005, 3. August
2005 und 18. August 2005 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen
Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch für die Zeit vom 01. Januar
2003 bis 25. März 2003 – bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG –)
macht die Klägerin im Hinblick auf die Alg-Bewilligung für die Zeit ab 26. März 2003 nur die Gewährung von Alg für
den genannten Zeitraum geltend – einen Anspruch auf Alg. Die in dem angefochtenen Bescheid darüber hinaus
festgesetzte Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage soll hingegen nach der ausdrücklichen Erklärung der
Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht Gegenstand des Verfahrens sein.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe für den Zeitraum vom 01.
Januar 2003 bis zum 25. März 2003 liegen nicht vor. Rechtsgrundlage dafür kann vorliegend nur § 144 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung sein (im Folgenden
ohne Zusatz zitiert). Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder
durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und
er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe),
ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt 12
Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Die Klägerin hat durch den Aufhebungsvertrag vom 22. April 2002 ihr Beschäftigungsverhältnis mit der GSW zum 31.
Dezember 2002 gelöst und damit zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Entgegen der
Auffassung der Klägerin kommt es im Rahmen dieses Tatbestandserfordernisses nicht darauf an, ob das
Arbeitsverhältnis von der Arbeitgeberin ohne den Abschluss des Aufhebungsvertrages ohnehin zu demselben
Zeitpunkt gekündigt worden wäre. Denn maßgebend hierfür ist nur der tatsächliche Geschehensablauf (vgl. BSG,
Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8 mit weiteren Nachweisen). Aufgrund der
Feststellungen des Senats steht aber fest, dass die Klägerin für ihr Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist auch in Fällen
wie dem hier vorliegenden, in denen eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung gedroht hatte, dem Arbeitnehmer im
Interesse der Versichertengemeinschaft grundsätzlich zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere
Umstände vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2002 – B 7 AL 136/01 R = SozR 3-4300 § 144 Nr. 12; BSG,
Urteil vom 02. September 2004 – B 7 AL 18/04 R – nicht veröffentlicht). Solche besonderen Umstände können dann
gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen
Grund zu dem Zeitpunkt zumindest gedroht hat, zu dem er das Arbeitsverhältnis gelöst hat, und der Arbeitnehmer
durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile hat vermeiden können, die sich durch eine
Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ansonsten ergeben hätten (vgl. BSG a.a.O.).
Der Klägerin hat bei Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 22. April 2002 zum 31. Dezember 2002 eine objektiv
rechtmäßige betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung gedroht. Nach den Auskünften der GSW, insbesondere der
Auskunft vom 18. August 2005, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner
Sozialauswahl gegenüber der Klägerin zum 31. Dezember 2002 definitiv eine betriebsbedingte Kündigung
ausgesprochen hätte, sofern die Klägerin den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen hätte. Diese Kündigung wäre
auch objektiv rechtmäßig gewesen. Die tarifliche Kündigungsfrist belief sich im Hinblick auf die Betriebszugehörigkeit
der Klägerin seit 01. Mai 1990 auf sechs Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 30 Abs.2 des auf das
Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der GSW anwendbaren Tarifvertrages über die Arbeitsbedingungen der Angestellten
und Auszubildenden bei den städtischen Wohnungsgesellschaften vom 06. Juni 1980 in der Fassung vom 17.
September 1998). Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin fand das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung (vgl.
§ 23 KSchG). Die Kündigung wäre nach den demgemäß heranzuziehenden Vorschriften des KSchG auch sozial
gerechtfertigt gewesen (§ 1 Abs. 1 KSchG). Eine Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie z. B. durch dringende
betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, gerechtfertigt ist (betrieblich bedingte
Kündigung, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Eine betrieblich bedingte Kündigung ist gleichwohl sozial ungerechtfertigt,
wenn der Arbeitgeber nach näherer Maßgabe des § 1 Abs. 3 KschG bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale
Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Mit Ablauf des 31. Dezember 2002 standen dringende betrieblich Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung der Klägerin
im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG entgegen. Denn nach den Auskünften der GSW steht fest, dass der Bereich
Neubau, in dem die Klägerin beschäftigt war, zum 31. Dezember 2002 ersatzlos geschlossen wurde. Es steht
außerdem nach der Auskunft der GSW vom 18. August 2005 zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin in
jedem Falle, d.h. auch unter Berücksichtigung der Sozialauswahl, zum 31. Dezember 2002 gekündigt worden wäre.
Die Kündigung war daher wegen der betrieblichen Lage zum 31. Dezember 2002 unvermeidbar. Eine Kündigung der
Klägerin zum 31. Dezember 2002 wäre auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt gewesen, weil der Arbeitgeber bei
der Auswahl der Klägerin soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hätte (vgl. § 1 Abs. 3
Satz 1 KSchG). Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG hat der Arbeitgeber die sozialen Gesichtspunkte "ausreichend" zu
berücksichtigen. Hieraus ist zu folgern, dass dem Arbeitgeber bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein
Wertungsspielraum zukommt. Die Auswahlentscheidung muss nur vertretbar sein und nicht unbedingt der
Entscheidung entsprechen, die das Gericht im Kündigungsschutzprozess getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich
soziale Erwägungen hätte anstellen müssen (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 05. Dezember 2002 – 2 AZR 549/01 = NZA
2003, 791 bis 795). Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich
schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können, wobei sich die
Schutzwürdigkeit an den Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und einer etwaigen
Schwerbehinderung zu orientieren hat (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG). Diesbezüglich können dem Arbeitgeber keine
schematischen Wertungsgesichtspunkte vorgegeben werden (vgl. BAG a.a.O.). Unerheblich ist somit, ob der
Arbeitgeber die bestmögliche Sozialauswahl vorgenommen hat, soweit er sich nur im Rahmen seines
Wertungsspielraumes bewegt. Dies war vorliegend der Fall. Die Klägerin verfügte bei der von der GSW
vorgenommenen Sozialauswahl über 57 Sozialpunkte, die sich an den dargelegten Kriterien orientiert haben. Die
Arbeitgeberin war somit von Gesetzes wegen nicht zwingend gehalten, die Mitarbeiterinnen aus anderen
Unternehmensteilen, die 52 bzw. 54 Sozialpunkte hatten und erst im Jahr 2003 gekündigt wurden, vor der Klägerin zu
kündigen. Die GSW war vielmehr im Rahmen der von ihr zu treffenden Sozialauswahl befugt, die Klägerin, die
jedenfalls nicht deutlich schutzwürdiger war als die im Jahr 2003 gekündigten Arbeitnehmerinnen mit 52 und 54
Sozialpunkten, bereits zum 31. Dezember 2002 im Rahmen ihrer Sozialauswahl betriebsbedingt zu kündigen. Es sind
keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Auswahlentscheidung nicht vertretbar gewesen wäre, zumal bei
einer Abstufung von bis zu fünf Punkten im Rahmen des von der GSW verwendeten Punkteschemas noch von einer
annähernd gleichen sozialen Schutzwürdigkeit der betroffenen Arbeitnehmerinnen auszugehen ist. Hinzu kommt, dass
die Arbeitgeberin nicht verpflichtet war, ihre Kündigungsentscheidung nur an dem verwendeten Punkteschema
auszurichten. Vielmehr muss im Anschluss an die Vorauswahl aufgrund der Punktetabelle in jedem Fall eine
individuelle Abschlussprüfung der Auswahl stattfinden (vgl. BAG, Urteil vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 357/89 =
BAGE 64, 34). Im Rahmen ihres Wertungsspielraumes durfte die GSW die Mitarbeiterinnen mit 52 bzw. 54
Sozialpunkten als sozial schutzwürdiger ansehen, ohne dass hieraus gefolgert werden könnte, im Falle der Klägerin
wären soziale Gesichtspunkte bei einer zum 31. Dezember 2002 ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung nicht
ausreichend berücksichtigt worden.
Der Klägerin war auch die Hinnahme einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung zum 31. Dezember 2002 nicht
zumutbar, weil sie durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages Nachteile vermeiden konnte, die sich durch eine
Kündigung für ihr berufliches Fortkommen ergeben hätten. Zwar kann unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers nicht
immer unterstellt werden, dass ein Aufhebungsvertrag sich auf das berufliche Fortkommen stets besser auswirke als
eine Kündigung. Vielmehr sind immer die besonderen Umstände des Einzelfalles hierfür ausschlaggebend (vgl. BSG,
Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 100/01 R – nicht veröffentlicht). Im Falle der Klägerin ist dies jedoch zu bejahen.
Denn sie gehörte zum Zeitpunkt der Lösung von ihrem Beschäftigungsverhältnis im Jahre 2002 noch nicht zu der
Altersgruppe, für die der Gesetzgeber allgemein von Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben
ausgeht und deshalb von den Leistungsbeziehern nicht fordert, alle Möglichkeiten zu nutzen und nutzen zu wollen, um
die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (vgl. § 428 Abs. 1 SGB III). Die Voraussetzungen der Erstattungspflicht von
Arbeitgebern bei der Entlassung von Arbeitnehmern, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, weisen in die gleiche
Richtung (vgl. § 147a Abs. 1 SGB III). Um Übrigen sind keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die mit einer
Kündigung typischerweise einhergehende Nachteile im Falle der Klägerin nicht eingetreten wären (vgl. hierzu BSG,
Urteil vom 17. Oktober 2002 – B 7 AL 136/01 R –). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die einverständliche
Lösung des Beschäftigungsverhältnisses sich positiv auf die Eingliederungsmöglichkeiten ausgewirkt hätte und damit
der Solidargemeinschaft letztlich zugute gekommen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 11 AL 115/99 R
– nicht veröffentlicht).
Da die Klägerin einen wichtigen Grund zur Lösung ihres Beschäftigungsverhältnisses hatte, kommt es nicht darauf an,
ob auch die tatsächlichen Voraussetzungen einer Härte im Sinne des § 144 Abs. 3 SGB III vorgelegen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.