Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 06.01.2009

LSG Berlin-Brandenburg: ablauf der frist, rahmenfrist, erfüllung, verordnung, aufenthalt, begriff, arbeitsmarkt, lebensmittelpunkt, versicherungspflicht, verfügung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 5 AL 17/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 24 S 1 SGB 3, § 25 Abs 1 S 1
SGB 3, § 118 Abs 1 SGB 3, § 119
Abs 1 SGB 3, § 124 Abs 1 SGB 3
Arbeitslosengeld; Beschäftigungsverhältnis im Ausland; Begriff
des Versicherungspflichtverhältnisses; zuständiger Träger im
Sinne des Art. 67 Abs. 1 EWGV Nr. 1408/7; Mitnahme eines
Leistungsanspruchs; Grenzgänger
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6.
Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu
erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 14. Januar 2008.
Die 1952 geborene Klägerin, eine Diplomgermanistin, bezog von Juni bis September
2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II). Vom Herbst 2005 bis zum Ende des Jahres 2007 lebte die
Klägerin in Großbritannien. Vom 23. September 2005 bis zum 14. Juni 2007 war sie als
Dozentin am The B & als Dozentin teilzeitbeschäftigt. Weil ihre Einnahmen aus dieser
Tätigkeit nicht ausreichten, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, nahm die Klägerin
weitere Teilzeitbeschäftigungen im Bereich der Altenpflege an. Vom 20. Oktober 2005
bis zum 20. Mai 2007 war sie in St. in B tätig, vom 22. Mai 2007 bis zum 1. Januar 2008
bei C in D.
Da sie in Großbritannien keine berufliche Perspektive mehr für sich sah, kehrte die
Klägerin zum Jahreswechsel 2007/2008 nach Deutschland zurück, meldete sich am 14.
Januar 2008 bei der Beklagten arbeitsuchend und beantragte Leistungen. Bei der
Antragstellung gab sie an, ihren Lebensmittelpunkt weiterhin in Deutschland gehabt zu
haben. Zwar habe sie keine eigene Wohnung gehabt, sie sei aber bei ihren Eltern
polizeilich gemeldet gewesen. Etwa einmal im Jahr sei sie nach Deutschland gekommen,
um hier ihren Urlaub zu verbringen. Gesellschaftliche und berufliche Kontakte habe sie in
Deutschland nicht aufrechterhalten. In Großbritannien habe sie in einem möblierten
Zimmer gewohnt. Ihre Kontakte dort seien auf einen dauerhaften Aufenthalt angelegt
gewesen, die Beschäftigung sei nicht von vornherein befristet gewesen und habe auch
nicht vornehmlich ihrer beruflichen Weiterbildung oder der Verbesserung von
Sprachkenntnissen gedient.
Für die Zeit ab dem 5. Februar 2008 wurden der Klägerin von der ARGE C Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt.
Mit Bescheid vom 26. März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf
Gewährung von Arbeitslosengeld ab und führte zur Begründung aus, die
Anwartschaftszeit, eine der Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld, sei
nicht erfüllt. Die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 14.
Januar 2008 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis
gestanden. Bei dieser Entscheidung seien alle nachgewiesenen Versicherungszeiten
berücksichtigt worden. Die Versicherungszeiten im Ausland, die mit dem Vordruck E 301
bescheinigt worden seien, könnten nicht zur Erfüllung einer Anwartschaft herangezogen
werden, da die Klägerin nicht unmittelbar vor der Arbeitslosmeldung in der
Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 8. April 2008 Widerspruch ein und trug vor,
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 8. April 2008 Widerspruch ein und trug vor,
es sei nicht richtig, dass sie nicht mindestens 12 Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe, denn sie sei in Großbritannien vom 26.
September 2005 bis zum 1. Januar 2008 nachweislich versicherungspflichtig tätig
gewesen. Über ihren Antrag habe die Beklagte zunächst nicht entschieden, weil der
Vordruck E 301 gefehlt habe. In dem Ablehnungsbescheid habe sie dann mitgeteilt, die
Angaben aus dem Vordruck hätten zur Erfüllung einer Anwartschaft nicht herangezogen
werden können. Erstaunlicherweise habe sich die Beklagte ausschließlich auf
Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) bezogen und nicht auf das
betreffende internationale Recht der Arbeitslosenversicherung. Nach Europäischem
Recht seien die in Nr. 3.1 der Bescheinigung E 301 bescheinigten Versicherungszeiten
immer wie Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 24 Abs. 1
SGB III zu behandeln. Schließlich weise sie darauf hin, dass sie durch Aufrechterhaltung
der polizeilichen Meldung, Zurücklassen beweglichen Besitzes und regelmäßige Besuche
den Mittelpunkt ihres Lebens in Deutschland beibehalten habe. Die instabile berufliche
Situation in Großbritannien habe ihr keine Basis für einen dauerhaften Aufenthalt
geboten.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück
und führte ergänzend aus, Anspruch auf Arbeitslosengeld habe nur, wer die
Anwartschaftszeit erfülle. Dafür sei es erforderlich, in der Rahmenfrist mindestens 12
Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden zu haben. Die Rahmenfrist
betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen
Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Im Falle der Klägerin umfasse
die Rahmenfrist die Zeit vom 14. Januar 2006 bis zum 13. Januar 2008. Innerhalb dieser
Rahmenfrist sei die Klägerin bis zum 1. Januar 2008 in Großbritannien versichert und
beschäftigt gewesen. Allerdings sei die Berücksichtigung ausländischer Versicherungs-
oder Beschäftigzeiten für die Erfüllung der Anwartschaftszeit nach Art. 67 Abs. 3 EWGV
Nr. 1408/71 grundsätzlich nur zulässig, wenn unmittelbar vor der Geltendmachung des
Anspruchs in Deutschland eine Beschäftigung nachgewiesen sei, die der Beitragspflicht
zur Bundesagentur unterlegen habe. Keine vorherige Inlandsbeschäftigung werde nach
Art. 67 Abs. 3 der Verordnung von echten bzw. unechten Grenzgängern gefordert.
Grenzgängerin aber sei die Klägerin nicht gewesen, denn während ihrer Beschäftigung in
Großbritannien habe sie ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland gehabt. Dies sei
nur dann zu bejahen, wenn der Arbeitslose vor seiner Ausreise längere Zeit am
bisherigen Wohnort gelebt habe und voll integriert gewesen sei sowie trotz
Auslandsbeschäftigung den Mittelpunkt seiner Interessen im Wohnsitzstaat beibehalten
habe; hinzukommen müsse ein entsprechend geringes Maß der Beziehungen zum
Beschäftigungsstaat. Die Vorschrift solle nur solche Arbeitnehmer begünstigen, die trotz
Beschäftigung und vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat sehr
enge Beziehungen zu Deutschland beibehalten hätten. Dies sei bei der Klägerin nicht
der Fall gewesen. Auch sei ihr Aufenthalt in Großbritannien auf Dauer angelegt gewesen.
Am 21. Juli 2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben, das die
Sache an das Sozialgericht Berlin verwiesen hat. Zur Begründung hat sie ausgeführt, vor
ihrer Arbeitsaufnahme in Großbritannien sei sie in C vier Monate lang arbeitslos
gewesen. Die beruflichen Chancen für Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache seien auf
dem deutschen Arbeitsmarkt sehr schlecht. Obwohl sie ihren Lebensmittelpunkt in
Deutschland gehabt habe, habe sie gehofft, sich in Großbritannien beruflich etablieren
zu können. Es verwundere sie, dass ihre Beziehung zu Deutschland allein an der Anzahl
der eigenen Besuche gemessen werde, nicht aber an Gegenbesuchen, Telefonaten,
Schriftwechsel und anderem. Schließlich sei es nicht zwingend, dass die erforderliche
Versicherungszeit unmittelbar vor Antragstellung in Deutschland zurückgelegt worden
sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Berlin die Klage mit
Gerichtsbescheid vom 6. Januar 2009 abgewiesen und dabei die Auffassung der
Beklagten bestätigt, dass die Klägerin die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Auch nach
Europäischem Recht könne eine Zusammenrechnung von in unterschiedlichen
Mitgliedsstaaten zurückgelegten Versicherungs- und Beschäftigungszeiten nur erfolgen,
wenn die betreffende Person unmittelbar zuvor die fraglichen Zeiten nach den
Rechtsvorschriften zurückgelegt habe, nach denen die Leistungen beantragt würden.
Soweit also zur Begründung der anwartschaftsbezogenen Voraussetzungen für den
Erwerb eines Leistungsanspruchs auf Art. 67 EWGV Nr. 1408/71 zurückgegriffen werde,
sei der Leistungsanspruch gegen den Träger des Mitgliedsstaats zu richten, in dem der
Versicherte arbeitslos geworden sei, das heißt, wo er seine letzte Beschäftigung
ausgeübt habe. Die Formulierung, dass die Versicherungs- bzw. Beschäftigungszeiten
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ausgeübt habe. Die Formulierung, dass die Versicherungs- bzw. Beschäftigungszeiten
unmittelbar zuvor im Staat in der Antragstellung zurückgelegt worden sein müssten,
bringe zum Ausdruck, dass bei Geltendmachung eines Anspruchs gegen die Beklagte
zwischen anspruchsbegründender Beschäftigung im Inland und
Arbeitslosmeldung/Antragstellung keine Auslandsbeschäftigung ausgeübt worden sein
dürfe. Sei hingegen - wie vorliegend - die letzte Beschäftigung im Ausland ausgeübt
worden, so könnten nur die davor liegenden Zeiten einer Inlandsbeschäftigung nach
Maßgabe des Leistungsrechts des SGB III berücksichtigt werden. Auch die
Voraussetzungen für die Mitnahme des Leistungsanspruchs für einen Zeitraum von
höchstens drei Monaten lägen hier nicht vor, da sich die Klägerin nicht für einen
Zeitraum von mindestens vier Wochen bei der Arbeitsverwaltung Großbritanniens
arbeitslos gemeldet und dieser auch nicht zur Verfügung gestanden habe. Auch könne
sie nicht die in Art. 71 EWGV Nr. 1408/71 beschriebenen Rechte der echten bzw.
unechten Grenzgänger in Anspruch nehmen, da sie diesem Personenkreis nicht
angehöre. Art. 71 Abs. 1 EWGV Nr. 1408/71 sehe Sonderbestimmungen vor für die
Gewährung von Leistungen an arbeitslose Arbeitnehmer, die während ihrer letzten
Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaates als des zuständigen Staates
gewohnt hätten. Unter „zuständigem Staat“ verstehe diese Vorschrift den
Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet der Arbeitslose zuletzt beschäftigt gewesen sei und der
dementsprechend grundsätzlich für die Gewährung von Arbeitslosengeld zuständig sei,
vorliegend mithin Großbritannien. Für die Bestimmung des Wohnorts im Sinne von Art.
71 EWGV Nr. 1408/71 könne nicht auf den Begriff des Wohnsitzes im Sinne des
deutschen Rechts zurückgegriffen werden, weil nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Begriffe des zwischenstaatlichen EU-Rechts
eigenständig unter Berücksichtigung ihrer Zwecke im Rahmen der Gemeinschaftsbildung
interpretiert werden müssten. Ob ein Arbeitsloser während seiner Auslandstätigkeit im
Sinne von Art. 71 EWGV Nr. 1408/71 weiterhin im Inland gewohnt habe, richte sich daher
vornehmlich nach der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts und dem Umfang
der beibehaltenen Bindungen. Eine Höchstdauer sei nicht festgelegt worden und auch
nicht durch Analogien zu begründen. Mithin sei eine Gesamtwürdigung, bei der die Dauer
und Kontinuität des Wohnorts bis zur Abwanderung des Arbeitnehmers, die Dauer und
der Zweck seiner Abwesenheit, die Art der in dem anderen Mitgliedsstaat
aufgenommenen Beschäftigung sowie die Absicht des Arbeitnehmers, wie sie sich aus
den gesamten Umständen ergebe, vorzunehmen. Im Rahmen der danach erfolgten
Einzelfallbetrachtung stehe fest, dass die Klägerin die Absicht gehabt habe, auf
unbestimmte Zeit oder Dauer auf dem englischen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Ihre
unbefristeten Beschäftigungen hätten nicht von vornherein nur einen begrenzten Zweck
gehabt, sondern seien darauf ausgerichtet gewesen, auf dem Arbeitsmarkt in
Großbritannien Fuß zu fassen. Insoweit könne ergänzend auf die Ausführungen in dem
Widerspruchsbescheid Bezug genommen werden.
Gegen den ihr am 10. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20.
Januar 2009 Berufung eingelegt, um ihr Begehren weiterzuverfolgen. Sie trägt vor, die
Aufenthaltsdauer sei bei ihrer Abreise nicht einschätzbar gewesen. Auch sie gehe davon
aus, dass sie keine Grenzgängerin im Sinne der Vorschriften gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2009 sowie den
Bescheid vom 26. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni
2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 14. Januar 2008
Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf
den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten
(Kundennummer ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist zwar statthaft ( § 143
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht
eingelegt ( § 151 SGG). Sie ist aber nicht begründet, denn das Sozialgericht Berlin hat
die Klage zu Recht abgewiesen. Einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr ab dem 14.
Januar 2008 Arbeitslosengeld gewährt, hat die Klägerin nicht. Zutreffend hat die Beklagte
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Januar 2008 Arbeitslosengeld gewährt, hat die Klägerin nicht. Zutreffend hat die Beklagte
ihren darauf gerichteten Antrag abgelehnt und den Widerspruch zurückgewiesen.
Nach § 118 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die
arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit
erfüllt haben. Die Klägerin ist zwar arbeitslos, weil sie vorübergehend nicht in einem
Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden
und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (§ 119
Abs. 1 SGB III). Sie hat sich bei der Beklagten auch arbeitslos bzw. arbeitsuchend
gemeldet. Sie hat aber, worauf sowohl die Beklagte als auch das erstinstanzliche Gericht
zu Recht hingewiesen haben, die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Gemäß § 123 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist
mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach §
124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der
Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die
Rahmenfrist ist danach hier der Zeitraum vom 14. Januar 2006 bis zum 13. Januar 2008.
In dieser Zeit stand die Klägerin nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis im Sinne
des § 123 Satz 1 SGB III.
Der Begriff des Versicherungspflichtverhältnisses ist in § 24 Satz 1 SGB III definiert.
Danach stehen in einem solchen Verhältnis Personen, die als Beschäftigte oder aus
sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Die Klägerin war zwar in der Zeit vom 14.
Januar 2006 bis zum 13. Januar 2008 in Großbritannien beschäftigt, sie war jedoch nicht
versicherungspflichtig im Sinne dieser Vorschrift.
Versicherungspflichtig sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen
Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Da nach § 1 Abs. 1
Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) das SGB IV grundsätzlich auch für das Recht der
Arbeitsförderung direkt gilt, finden auch die Bestimmungen über den persönlichen und
räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften über die Versicherungspflicht (§ 3 SGB IV)
sowie über die Aus- und Einstrahlung (§§ 4 f. SGB IV) Anwendung. Gemäß § 3 SGB IV
gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht - soweit sie eine Beschäftigung oder
selbständige Tätigkeit voraussetzen - für alle Personen, die im Bundesgebiet beschäftigt
oder selbständig tätig sind. Die Vorschrift soll § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch
SGB I ergänzen, wonach - von den Ausnahmen nach §§ 4 f. SGB IV abgesehen - nur
solche Personen der Versicherung angehören, die im Inland beschäftigt oder selbständig
sind; Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz spielen keine Rolle. Im Inland, das heißt im
Bundesgebiet, war die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist nicht beschäftigt. Es liegt auch
kein Fall der Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV vor. Danach gelten die Vorschriften
über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für
Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich des SGB IV bestehenden
Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt
werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im
Voraus zeitlich begrenzt ist. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Klägerin ist
schon nicht im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Arbeitsverhältnisses nach
Großbritannien entsandt worden.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Gemeinschaftsrecht berufen.
Nach Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971
über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und
Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und
abwandern (ABl. Nr. L 149 vom 5. Juli 1971, in der konsolidierten Fassung der
Verordnung [EG] Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, ABl. Nr. L 28 vom
30.1.1997, Anhang A, zuletzt geändert durch die Verordnung [EG] 592/2008 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008, ABl. Nr. L 177 vom 4. Juli
2008; im Folgenden: EWGV Nr. 1408/71) berücksichtigt zwar der zuständige Träger eines
Mitgliedsstaates, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb des Leistungsanspruchs
von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, soweit erforderlich
grundsätzlich die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die als Arbeitnehmer nach
den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaates zurückgelegt wurden, als
handelte es sich um Versicherungszeiten, die nach den eigenen Rechtsvorschriften
zurückgelegt worden sind. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist jedoch der
zuständige Träger nach dieser Vorschrift nicht die Beklagte, sondern der Träger der
Arbeitsverwaltung in Großbritannien. Dies ergibt sich zum einen aus Art. 1 lit. o EWGV Nr.
1408/71, demzufolge zuständiger Träger der Träger ist, bei dem die in Betracht
kommende Person im Zeitpunkt des Antrags auf Leistungen versichert ist oder gegen
den sie Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie im Gebiet des
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den sie Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie im Gebiet des
Mitgliedsstaates wohnte, in dem dieser Träger seinen Sitz hat. Zum anderen ergibt es
sich aus Art. 67 Abs. 3 EWGV Nr. 1408/71, der vorsieht, dass der erste Absatz der
Vorschrift grundsätzlich nur unter der Voraussetzung gilt, dass die betreffende Person
unmittelbar zuvor Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt hat,
nach denen die Leistungen beantragt werden. Dies hat das erstinstanzliche Gericht
bereits zutreffend ausgeführt.
Nach Art. 69 Abs. 1 EWGV Nr. 1408/71 ist es grundsätzlich möglich, dass ein
vollarbeitsloser Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch
nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates - hier Großbritannien - erfüllt und
sich in einen oder mehrere andere Mitgliedsstaaten - hier die Bundesrepublik - begibt,
um dort eine Beschäftigung zu suchen, den Anspruch auf diese Leistungen behält.
Voraussetzung dafür ist jedoch unter anderem, dass er vor seiner Abreise während
mindestens vier Wochen nach Beginn der Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsverwaltung des
zuständigen Staates als Arbeitsuchender gemeldet gewesen ist und dieser zur
Verfügung gestanden hat, wobei die zuständige Arbeitsverwaltung oder der zuständige
Träger die Abreise vor Ablauf der Frist genehmigen kann. Es ist weder vorgetragen noch
ersichtlich, dass diese Voraussetzung hier vorliegt.
Dass die Klägerin sich schließlich auch nicht auf Art. 71 EWGV Nr. 1408/71 berufen kann,
der spezielle Regelungen für echte und unechte Grenzgänger trifft, ist inzwischen
insoweit unstreitig, als die Klägerin selbst vorträgt, diesem Personenkreis nicht zugehörig
gewesen zu sein. Im Übrigen kann auf die auch insoweit zutreffenden Ausführungen des
Sozialgerichts verwiesen werden, denen der Senat nichts hinzuzufügen vermag (§ 153
Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG
genannten Gründe vorliegt.
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