Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 08.05.2008

LSG Berlin-Brandenburg: rente, medizinisches gutachten, arbeitsunfähigkeit, wohlfahrt, erwerbsfähigkeit, persönlichkeitsstörung, damenschneiderin, gerichtsakte, form, nummer

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
31. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 31 R 1441/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 43 Abs 4 Nr 1 SGB 6
besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen;
Verlängerung des Fünfjahreszeitraums; spanische
Rentenleistung; "Pensión de Invalidez No Contributiva"
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2008
wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen
Erwerbsminderung ab 1. März 2002.
Die 1952 geborene Klägerin hat von 1967 bis 1970 eine Ausbildung zur
Damenschneiderin absolviert und von Oktober 1980 bis März 1982 an einer Umschulung
zur Bürogehilfin teilgenommen. Den Beruf der Damenschneiderin hat sie nicht ausgeübt,
sondern sich anderen Tätigkeiten zugewandt. So hat sie als Kellnerin, Näherin,
Angestellte, zuletzt als Angestellte/Verkäuferin in einer apothekenähnlichen Einrichtung
gearbeitet. Seit Dezember 2001 bezieht sie eine „Pensión de Invalidez No Contributiva“
(ohne Beitragszahlung gewährte Invaliditätsrente) von der kanarischen Regionalbehörde
für soziale Wohlfahrt, Jugend und Wohnraum, Generaldirektion für soziale Wohlfahrt. Seit
Anfang 2002 arbeitet sie nicht mehr.
Am 21. März 2002 stellte die Klägerin bei dem Ministerio de Trabajo y Asuntos Sociales,
Instituto Nacional de Seguridad Social, Dirección Provincial de S C einen Antrag auf
Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab unter anderem an, sie sei
seit circa einem Jahr in Behandlung wegen Depressionen und Magen-Darmbeschwerden.
Dem Antrag war unter anderem ein medizinisches Gutachten des Arztes Dr. F (Formular
E 213) vom 24. April 2002 und ein vom spanischen Versicherungsträger ausgefüllter
Versicherungsverlauf (Formular E 205) beigefügt. Dr. F führte u. a. aus, es hätten
gegenwärtig keine dauerhaften Einschränkungen festgestellt werden können. Eine
dauerhafte Arbeitsunfähigkeit könne nicht bestätigt werden.
Mit Bescheid vom 1. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.
August 2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente ab und führte
zur Begründung unter anderem aus, die Klägerin sei noch in der Lage, Tätigkeiten ihres
bisherigen Berufsbereichs sowie auch eine eventuelle Verweisungstätigkeit als
Telefonistin oder auch als Bürohilfskraft täglich mindestens sechs Stunden zu verrichten.
Sie sei daher nicht erwerbsgemindert.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin nach Beiziehung
medizinischer Unterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte den Facharzt für
Allgemeinmedizin Dr. K in LC zum Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem
Gutachten vom 19. September 2006 unter anderem ausgeführt, die Klägerin leide unter
einer hysterisch-depressiven Persönlichkeitsstörung, einer neurotischen Störung mit
Angstneurose, Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, einem Zustand nach
Mesenterialinfarkt mit Hemikolektomie rechts 1997, Bridenilius 1998 und 2001, COPD,
degenerativen Wirbelsäulenveränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule und einer
Discusprotrusion L5/S1 mit rezidivierenden Lumboischialgien. Die Leistungsfähigkeit der
Klägerin sei schwer eingeschränkt, es sei aufgrund der hysterisch-depressiven
Persönlichkeitsstörung schwer vorstellbar, dass die Klägerin einer geregelten Tätigkeit
nachgehen könne. Es sei aus der Aktenlage nicht klar zu erkennen, seit wann die
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nachgehen könne. Es sei aus der Aktenlage nicht klar zu erkennen, seit wann die
festgestellte qualitative und quantitative Einschränkung bestehe. Nach den Angaben der
Klägerin bestehe sie seit der Folgeoperation nach dem Mesenterialinfarkt, also seit
Februar 1998.
Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, sie gehe von einem Leistungsfall im September
2003 aus, dies folgere sie aus einer ärztlichen Bescheinigung des Dr. M aus September
2003, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien jedoch bei
einem Leistungsfall im September 2003 nicht erfüllt, da in dem maßgeblichen Fünf-
Jahres-Zeitraum vom 15. September 1998 bis zum 14. September 2003 lediglich 24
Monate an Pflichtbeiträgen in Spanien vorhanden seien, was sich aus dem
Versicherungsverlauf vom 10. Januar 2007 ergebe, wies das Sozialgericht Berlin die
Klage mit Urteil vom 8. Mai 2008 ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus,
unstreitig erfülle die Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung
einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab September 2003. Zu diesem Zeitpunkt
seien jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da
die Klägerin im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum nicht wenigstens 36
Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt habe. Der Fünf-Jahres-Zeitraum lasse sich
auch nicht durch so genannte Streckungstatbestände derart erweitern, dass eine
ausreichende Anzahl von Pflichtbeitragsmonaten umfasst würden. Der Eintritt eines
Versicherungsfalls vor September 2003 lasse sich nicht nachweisen. Die
Nichterweislichkeit des Eintritts eines früheren Leistungsfalles gehe zulasten der
Klägerin. Es liege weder eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit noch wegen des
Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor, da weder eine
durchgehende Arbeitsunfähigkeit vor September 2003 nachgewiesen sei, noch die von
der Klägerin seit Dezember 2001 bezogene „Pensión de Invalidez No Contributiva“
(ohne Beitragszahlung gewährte Invaliditätsrente) eine Rente im Sinne des § 43 Abs. 4
Nummer 1 2. Halbsatz des SGB VI darstelle. Dies gelte auch unter Beachtung
europarechtlicher Vorschriften.
Gegen das Urteil hat die Klägerin am 10. Juli 2008 Berufung eingelegt und ihr Begehren
weiter verfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2008 und den Bescheid der Beklagten
vom 1. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. März 2002 Rente wegen voller,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Argumente in dem angefochtenen
Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat, und hält
das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Im Übrigen teilt sie mit, die besonderen
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien letztmalig bei Eintritt eines
Versicherungsfalles bis zum 30. September 2002 erfüllt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf
den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten
(Versicherungsnummer ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft sowie
form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die
Beklagte hat den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit im Ergebnis zu Recht abgelehnt; der Bescheid der Beklagten in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch
auf Gewährung einer solchen Rente. Zwar ist sie seit September 2003
erwerbsgemindert, zu diesem Zeitpunkt liegen jedoch die besonderen
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor. Diese lägen nur bei Eintritt eines
Versicherungsfalls bis zum 30. September 2002 vor. Der Eintritt eines Versicherungsfalls
bis zu diesem Zeitpunkt lässt sich jedoch nicht nachweisen. Hierfür spricht insbesondere
das medizinische Gutachten des Arztes Dr. F vom 24. April 2002, der u. a. ausgeführt
hat, es hätten zum Untersuchungszeitpunkt keine dauerhaften Einschränkungen
festgestellt werden können. Auch eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit konnte er nicht
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festgestellt werden können. Auch eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit konnte er nicht
bestätigen. Gegen einen solchen Versicherungsfall spricht auch der Entlassungsbericht
des H S vom 04. November 2002. Danach wurde die Klägerin vom 11. bis zum 23.
Oktober 2002 stationär in der neurologischen Abteilung behandelt. Berücksichtigt der
Senat, dass die Klägerin nach dem eingeholten Gutachten des Dr. K unter
Berücksichtigung des übrigen Akteninhaltes wegen Leiden des psychiatrischen
Formenkreises als erwerbsunfähig angesehen werden muss, ist es nicht mit der
notwendigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellbar, dass derartige
Leiden bereits bei der Entlassung aus der Neurologischen Abteilung des H S vorgelegen
haben. Denn es findet sich in diesem Befund kein Hinweis auf Leiden des psychiatrischen
Formenkreises, obwohl diese dort aufgefallen sein müssten, wenn sie bereits so stark
ausgeprägt gewesen wären, dass sie Erwerbsunfähigkeit bedingt hätten.
Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, denn er
weist die Berufung aus den sehr ausführlich dargestellten und alle rechtlichen Aspekte
diskutierenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem
Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen.
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