Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2008

LSG Berlin-Brandenburg: einkommen aus erwerbstätigkeit, berechtigte person, geburt, schutz der familie, erwerbseinkommen, eltern, haushalt, mindestbetrag, betrug, schwangerschaft

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 12 EG 8/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 7 BEEG, Art 3 Abs 1 GG,
Art 6 Abs 2 GG
Verfassungsmäßigkeit der Berechnung des Elterngeldes
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2008
wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Elterngeldes.
Die 1978 geborene verheiratete Klägerin stand seit dem 1. September 2002 in einem
Beschäftigungsverhältnis bei einem Rechtsanwaltsbüro, die durchschnittliche
wöchentliche Arbeitszeit betrug 39,5 Stunden. Bis zum 6. November 2005 hatte sie
Einkünfte aus diesem Beschäftigungsverhältnis, das letzte (volle) Monatsgehalt im
Oktober 2005 betrug 1.863,00 Euro brutto. Anschließend befand sie sich im
Mutterschutz, der vom 7. November 2005 bis zum 13. Februar 2006 andauerte, 2005
gebar sie ihr erstes Kind N. Vom 14. Februar 2006 bis zum 13. Februar 2007 war sie in
Elternzeit, sie erhielt Erziehungsgeld für den dritten Lebensmonat ihres Kindes N (6.
Februar 2006 bis 5. März 2006) in Höhe von 220,00 Euro und für den vierten bis
sechsten Lebensmonat (6. März 2006 bis 5. Juni 2006) in Höhe von jeweils 300,00 Euro.
Ab 14. Februar 2007 nahm die Klägerin ihre bisherige Beschäftigung wieder auf, sie
erzielte im Februar 2007 ein Bruttogehalt von 998,04 Euro und im März 2007 ein solches
von 1.863,00 Euro.
Am 2007 gebar die Klägerin ihr zweites Kind L, mit dem sie – ebenso wie mit ihrem
ersten Kind – in einem gemeinsamen Haushalt lebt und das sie seit der Geburt erzieht
und betreut. Vor der Geburt bestand für die Klägerin seit dem 1. März 2007 ein
Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz. Seit dem 18. April 2007 war
Mutterschaftsgeld (13,00 Euro kalendertäglich) gewährt und ein Arbeitgeberzuschuss
(von insgesamt 1.165,50 Euro) zum Mutterschaftsgeld gezahlt worden, die beide am 25.
Juli 2007 endeten. Sie befand sich in Elternzeit auch vom 26. Juli 2007 bis 30. September
2008.
Bereits am 4. Juni 2007 beantragte die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann die
Gewährung von Elterngeld an sich für den ersten bis zwölften Lebensmonats ihres
Kindes L.
Durch Bescheid vom 2. Juli 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für das
Kind L in der Zeit vom 24. Mai 2007 bis zum 23. Mai 2008 und zwar für die ersten beiden
Lebensmonate des Kindes in Höhe von 0,00 Euro, für die Zeit vom 24. Juli 2007 bis 23.
August 2007 in Höhe von 350,81 Euro und für die verbleibenden neun Lebensmonate in
Höhe von jeweils 375,00 Euro. Bei der Berechnung des Elterngeldes legte der Beklagte
den Zeitraum von April 2006 bis März 2007 zugrunde und errechnete aus den
Einkünften für die Monate Februar und März 2007 ein durchschnittliches
Nettoeinkommen von 115,68 Euro monatlich, wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21-24
der Verwaltungsakten verwiesen.
Gegen den Bescheid vom 2. Juli 2007 erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus,
dass nach dem Gesetz Zeiträume bei der Berechnung außer Betracht bleiben sollten, in
denen Frauen aufgrund des Bezugs von Elterngeld nicht die Möglichkeit hatten,
Erwerbseinkommen zu erzielen. Eine Schlechterstellung von Frauen mit schneller
Geburtenfolge solle verhindert werden. Gleiches müsse in den Fällen gelten, in denen
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Geburtenfolge solle verhindert werden. Gleiches müsse in den Fällen gelten, in denen
Frauen Anspruch auf Erziehungsgeld hatten und ihnen lediglich deshalb kein Anspruch
auf Elterngeld zustand, weil das entsprechende Gesetz erst am 1. Januar 2007 in Kraft
trat. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden gleich gelagerten Fälle würde die
Familien ungerechtfertig benachteiligen, die bereits kurz vor Inkrafttreten des
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ein Kind bekommen hätten. Danach sei das
Elterngeld neu zu berechnen.
Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. August
2007). Zur Begründung führte er aus, dass nach dem Gesetz Elterngeld in Höhe von 67
Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt durchschnittlich
erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit gewährt werde.
Unberücksichtigt blieben Monate, in denen Mutterschaftsgeld oder Elterngeld bezogen
wurden. Da das Kind L im Mai 2007 geboren worden sei und sie im Monat April 2007
Mutterschaftsgeld bezogen habe, seien die Monate April 2006 bis März 2007 zugrunde
zu legen. Das Einkommen aus den letzten zwölf Monaten vor der Geburt werde
herangezogen, weil dieser Zeitraum die durchschnittlichen Verhältnisse vor der Geburt
am besten abbilde. Einen anderen Zeitraum zur Grundlage der Berechnung zu nehmen,
sei nicht möglich. Der Argumentation, dass Monate mit Bezug von Erziehungsgeld nicht
herangezogen werden dürften, könne nicht gefolgt werden. Das Gesetz schließe nur
Monate mit Elterngeld, nicht jedoch mit dem Bezug von Erziehungsgeld aus. Die
Situation von Familien, in denen nach kurzer Zeit ein Geschwisterkind geboren wurde,
werde schon dadurch besonders berücksichtigt, dass für den Fall, dass innerhalb von
drei Jahren und weiteres Kind geboren werde, ein Zuschlag zum Elterngeld in Höhe von
10 Prozent (mindestens 75 Euro) gewährt werde. Die Klägerin erhalte einen
entsprechenden Zuschlag für ihr am 6. Dezember 2005 geborenes Kind bis zur
Vollendung dessen 3. Lebensjahres.
Dagegen hat sich die am 17. September 2007 bei dem Sozialgericht Berlin
eingegangene Klage gerichtet, mit der insbesondere geltend gemacht worden ist, dass
es der erklärte Wille des Gesetzgebers sei, Elterngeld nach dem letzten
Erwerbseinkommen zu bemessen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. März 2008). Zur Begründung
hat es ausgeführt, dass die Bescheide des Beklagten rechtmäßig seien, die Klägerin
habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Zu Recht habe der Beklagte der
Berechnung des Elterngeldes die Einkommensverhältnisse der Monate April 2006 bis
März 2007 zugrunde gelegt. Der Monat April 2007 habe – im Gegensatz zu März 2007, in
dem es keine Einkommensausfälle gegeben habe – wegen des Bezugs von
Mutterschaftsgeld nicht berücksichtigt werden können. Kalendermonate, in denen die
Klägerin Erziehungsgeld für ihr erstes Kind bezogen bzw. Elternzeit ohne den Bezug von
Erziehungsgeld in Anspruch genommen habe, veränderten den maßgeblichen 12-
Monats-Zeitraum nicht. Zwar knüpfe die gesetzliche Regelung grundsätzlich an ein
erzieltes Erwerbseinkommen an. Der Zeitraum solle die durchschnittlichen
Einkommensverhältnisse im Jahr vor der Geburt abbilden, der Gesetzgeber wolle dabei
aber auch Zeiten ohne Erwerbseinkommen berücksichtigt wissen. Dass die Klägerin im
Jahr vor der Geburt ihres zweiten Kindes ein deutlich geringeres Einkommen erzielt habe
als etwa im Kalenderjahr 2005, sei Folge ihrer Entscheidung, für das erste Kind Elternzeit
in Anspruch zu nehmen. Die Ausnahmevorschrift, wonach Kalendermonate
unberücksichtigt blieben, in denen die berechtigte Person für ein älteres Kind Elterngeld
bezogen habe, sei nicht entsprechend auf Kalendermonate anzuwenden, in denen
Erziehungsgeld bezogen worden sei. Das ergebe sich auch aus den Richtlinien des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das neu eingeführte
Elterngeld verfolge gegenüber dem alten Erziehungsgeld eine gänzlich andere
Zielsetzung. Erziehungsgeld sei nur bei geringen Einkommen gewährt worden, das
Elterngeld stehe dagegen grundsätzlich allen Eltern zu. Eine Übertragung der für den
(Vor-)Bezug von Elterngeld geltenden Regelungen auf den Bezug von Erziehungsgeld
bevorzuge einseitig die Eltern, die wegen niedrigen Einkommens Erziehungsgeld
bezogen hätten und scheide schon deswegen aus, weil die finanzielle Förderung jeweils
an gänzlich unterschiedliche Voraussetzungen anknüpfe. Die Ungleichbehandlung von
Elterngeld- und Erziehungsgeldbezug begegne auch keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken. Die Regelung stehe im engen Zusammenhang mit der Stichtagsregelung,
wonach Elterngeld nur für ab Januar 2007 geborene Kinder zu gewähren sei. Der
Gesetzgeber habe sich für eine klare Trennung der Systeme entschieden, dass es dabei
zu Ungerechtigkeiten im Einzelfall kommen könne, sei hinzunehmen. Im Bereich der
gewährenden Verwaltung komme dem Gesetzgeber traditionell ein weiter Spielraum zu.
Ausgehend von diesen Grundsätzen habe der Beklagte das Elterngeld rechnerisch
zutreffend ermittelt.
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Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 27. März 2008 zugestellte Urteil richtet sich die
am 18. April 2008 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene
Berufung der Klägerin. Es werde daran festgehalten, dass das für das zweitgeborene
Kind zustehende Elterngeld falsch berechnet worden sei. Insbesondere hätten Beklagter
und Sozialgericht nicht berücksichtigt, dass nach der Gesetzesbegründung das
durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit zugrunde zulegen
sei. Auch könnten die Richtlinien des Bundesministeriums nicht über die Auslegung der
gesetzlichen Vorschriften entscheiden. Dass das Sozialgericht den Sinn des
Elterngeldgesetzes nicht verstanden habe, zeige sich auch daran, dass es die Geburt
eines Kindes anderen Ereignissen gleichsetze, die ebenfalls zum Wegfall von
Erwerbseinkommen führten, wie nichtschwangerschaftsbedingten Erkrankungen oder
den Entwicklungen der Arbeitsmarktlage.
Die Klägerin beantragt (nach dem Sinn ihres Vorbringens),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2008 aufzuheben sowie den
Bescheid des Beklagten vom 2. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. August 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr ein höheres
Elterngeld unter Zugrundelegung ihrer Einkommensverhältnisse in den Monaten Februar
2005 bis Oktober 2005 und von Januar 2007 bis März 2007 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Das Gesetz stelle
den Bezug von Erziehungsgeld nicht mit dem Bezug von Elterngeld gleich. Es regele
abschließend die Tatbestände, bei denen Zeiten für die Einkommensermittlung außer
Betracht blieben; der Bezug von Erziehungsgeld für ein älteres Kind gehöre nicht dazu.
Die Beteiligten haben sich beide mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
die Gerichtsakte und die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte verwiesen, die
vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Nach § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – konnte der
Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser
Verfahrensweise zugestimmt haben.
Die Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin steht höheres Elterngeld nicht zu.
Anspruch auf Elterngeld hat nach dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen § 1 Abs. 1
des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG –, wer seinen Wohnsitz in
Deutschland hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut
oder erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Diese Voraussetzungen
erfüllt die Klägerin seit der Geburt ihrer Tochter L am 2007.
Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem
Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus
Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate
gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt (§
2 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Der Berechnungszeitraum für die Einkommensermittlung
bestimmt sich danach grundsätzlich nach den zwölf Monaten, die dem Monat
vorangegangen sind, in dem das Kind geboren wurde. Ausnahmen sind bereits in § 2
Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG (in der hier im Jahr 2007 geltenden, anzuwenden Fassung)
vorgesehen worden und weiterhin bis heute in Kraft. Danach bleiben Kalendermonate bei
der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes
zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte
Person vor der Geburt ihres Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung nach § 6
Satz 2 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat oder in denen sie
Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die
Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat. Unberücksichtigt bleiben auch
Kalendermonate, in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf
die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit
ganz oder teilweise weggefallen ist. Das gleiche gilt nach Satz 7 der Vorschrift (seit der
nach der ab 24. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung) für Kalendermonate, in denen
die berechtigte Person Wehrdienst nach Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes oder des
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die berechtigte Person Wehrdienst nach Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes oder des
Vierten Abschnitts des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach Maßgabe des
Zivildienstgesetzes geleistet hat, wenn dadurch Erwerbseinkommen ganz oder teilweise
weggefallen ist. Diese Regelungen zeigen allesamt, dass allein der Ausfall von
Erwerbseinkommen noch nicht dazu führt, dass der betroffene Monat bei der
Bestimmung des Berücksichtigungszeitraumes nicht zu berücksichtigen ist. Der
Gesetzgeber hat dafür vielmehr besondere zusätzliche Voraussetzungen aufgestellt,
woraus sich ergibt, dass diese Regelungen abschließend gemeint und keiner Erweiterung
zugänglich sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 30. Januar 2009 – L 13 EG 48/08 –,
BSG, Urt. v. 19. Februar 2009 – B 10 EG 2/08 R –, Urt. v. 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R –;
sämtlich zitiert nach juris). Demnach kann die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG
keinesfalls in dem Sinne verstanden werden, dass für die Berechnung der Höhe des
Elterngeldes die letzten zwölf Monaten vor der Geburt maßgeblich sind, in denen
tatsächlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wurde (Urteil des erkennenden Senat
vom 4. September 2008 – L 12 EG 5/08 R –).
Der maßgebende Berechnungsrahmen für die Ermittlung des von der Klägerin
durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit sind vorliegend
die Monate April 2006 bis März 2007, wie sie auch der Beklagte der Berechnung
zugrunde gelegt hat. Der Zeitraum von zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt des
am 2007 geborenen Kindes L fällt zwar kalendarisch auf die Monate von Mai 2006 bis
April 2007. Nach § 2 Abs. 7 Satz 6 Alt. 1 BEEG verschiebt er sich aber um einen Monat
nach vorne, weil die Klägerin im April 2007 Mutterschaftsgeld bezogen hat, so dass
dieser Monat nicht berücksichtigt wird. Andere Tatbestände, welche zu einer weiteren
Vorverlegung des Berechnungszeitraumes führen würden, liegen nicht vor. Die Klägerin
erfüllt trotz des ab dem 1. März 2007 bestanden habenden Beschäftigungsverbots nach
dem Mutterschutzgesetz mit diesem Monat nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 7
Satz 6 Alt. 2 BEEG, weil bei ihr nicht schwangerschaftsbedingt Einkommen weggefallen
ist. Ausweislich der in den Akten befindlichen Gehaltsabrechnung ihres Arbeitgebers
betreffend März 2007 hat die Klägerin für diesen Monat ihr volles Gehalt erhalten.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin führt auch der Umstand, dass sie sich nach
ihrem am 2005 geborenen Sohn N noch bis zum 13. Februar 2007 in Elternzeit befunden
und vom 6. Februar 2006 bis zum 5. Juni 2006 Erziehungsgeld bezogen hatte, nicht zu
einer weiteren Verschiebung des von April 2006 bis März 2007 reichenden
Berechnungszeitraumes nach vorne. Nach § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG bleiben (nur)
Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Elterngeld für ein älteres Kind bezogen
hat, bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des
Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Der von Februar 2006
bis Juni 2006 dauernde Bezug von Erziehungsgeld für den älteren Sohn N überschneidet
sich zwar in den Monaten April 2006 bis Juni 2006 mit dem für das Elterngeld
maßgeblichen Berechnungszeitraum von April 2006 bis März 2007. Die Klägerin hat
während dieser Monate aber kein Elterngeld, sondern Erziehungsgeld bezogen. Da
Erziehungsgeld eine andere Sozialleistung als Elterngeld und sein Bezug in § 2 Abs. 7
Satz 5 bis 6 BEEG schon der im Jahr 2007 geltenden Fassung nicht erwähnt – und später
(ab 24. Januar 2009) durch S. 7 der Vorschrift auch nichts (rückwirkend) anderes
geregelt – worden ist, spricht gegen die Rechtsauffassung der Klägerin schon, dass die in
§ 2 Abs. 7 Satz 5 bis 7 zu findenden Regelungen abschließend gemeint sind (vgl. dazu
nochmals LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 30. Januar 2009 – L 13 EG 48/08 –, BSG,
Urt. v. 19. Februar 2009 – B 10 EG 2/08 R –, Urt. v. 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R –;
sämtlich zitiert nach juris).
Im Übrigen sprechen auch nach Sinn und Zweck des BEEG gegen eine Gleichstellung
des Bezugs von Erziehungsgeld mit dem von Elterngeld. Auch wenn das Erziehungsgeld
mit Wirkung vom 1. Januar 2007 insoweit durch das Elterngeld abgelöst worden ist, als
mit dem Inkrafttreten des BEEG das Bundeserziehungsgeldgesetz außer Kraft getreten
ist, handelt es sich doch nicht um eine nur umbenannte, aber inhaltlich identische
Leistung. Gegen die Gleichstellung des Bezugs von Erziehungsgeld mit dem von
Elterngeld gerade im Rahmen des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG spricht entscheidend – worauf
schon das Sozialgericht hingewiesen hat –, dass das Erziehungsgeld anders berechnet
worden ist und auch ein anderes Ziel verfolgt hat als nunmehr das Elterngeld. Während
das Elterngeld – was auch die Klägerin nicht verkennt – einen erziehungsbedingten
Einkommensausfall ausgleichen will, war das einkommensabhängig gewährte – und
damit von der Bedürftigkeit abhängige – Erziehungsgeld eher zur Unterstützung
einkommensschwacher Eltern gedacht (BSG, Urt. v. 19. Februar 2009 – B 10 EG 2/08 R –
zitiert nach juris, Rdnr. 29; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Erziehungsgeld, 2007, Rdnr. 33).
Wenn im Rahmen der Berechnung von Elterngeld der frühere Bezug von Erziehungsgeld
nun dem Bezug von Elterngeld gleichstehen und entsprechend zu einem Rückgriff auf
ein (eventuell) höheres Einkommen des Berechtigten aus der Zeit vor der Geburt eines
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ein (eventuell) höheres Einkommen des Berechtigten aus der Zeit vor der Geburt eines
vor dem Inkrafttreten des BEEG geborenen älteren Kindes führen würde, wäre diese
rechnerische Vergünstigung auf diejenigen beschränkt, die in der Vergangenheit wegen
ihres niedrigeren Einkommens Erziehungsgeld erhalten haben. Derjenige Personenkreis
bliebe außen vor, der schon nach altem Recht keinen Anspruch auf Erziehungsgeld
hatte, weil die Einkommensgrenzen überschritten wurden. Eine solche Differenzierung
stimmt aber nicht mit den Prinzipien überein, welche das neu eingeführte BEEG für die
Berechnung des Elterngeldes aufgestellt hat. Da das Elterngeld einen
Einkommensausfall ausgleichen will (vgl. Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Erziehungsgeld,
2007, Rdnr. 191), muss es – unter Beachtung der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG
festgeschriebenen Obergrenze von 1.800,00 Euro – umso höher ausfallen, je höher das
Einkommen vor der Geburt gewesen ist. Eine Berechnungsmodalität, welche die
Möglichkeit einer höheren Leistung daran knüpft, dass in der Vergangenheit ein eher
geringeres Einkommen erzielt worden ist, erscheint folglich systemwidrig. Dem früheren
Bezug von Erziehungsgeld für ein älteres Kind kann deswegen keine Bedeutung für die
Bestimmung der Höhe des Elterngeldes zukommen (so auch Fuchsloch/Scheiwe,
Leitfaden Erziehungsgeld, 2007, Rdnr. 135).
Systemgerecht innerhalb des BEEG wäre nicht eine Anknüpfung an das frühere
Erziehungsgeld, sondern nur ein Vergleich mit solchen Berechtigten möglich, deren
beide Kinder nach dem Inkrafttreten des BEEG geboren wurden. Insoweit hat das
Bundessozialgericht aber bereits mehrfach entschieden, dass angesichts der vom
Gesetzgeber gewollten Lückenlosigkeit der Ausnahmeregelungen das Vorliegen von
Elternzeit vor Inkrafttreten des BEEG nicht zu einer Verschiebung des für die Höhe des
Elterngeldes maßgebenden Berechnungszeitraums führt (Urt. v. 19. Februar 2009 – B 10
EG 2/08 R – und v. 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R –). Die von der Klägerin offenbar
empfundene Gerechtigkeitslücke hätte – aus rechtspolitischer Sicht – etwa durch eine
(Übergangs-) Regelung geschlossen werden können, welche für alle nach dem BEEG
Berechtigten vorsehen würde, dass bei der Bildung des für die Bestimmung der Höhe
des Elterngeldes maßgebenden Berücksichtigungszeitraums Monate unberücksichtigt
blieben, die auf die ersten vierzehn Monate (höchstmögliche Dauer des Bezugs von
Elterngeld) nach der bis zum 31. Dezember 2006 erfolgten Geburt eines älteren Kindes
entfallen, wenn die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Erziehungsgeld dem
Grunde nach vorgelegen hätten. Möglich wäre auch, bei der Berechnung des
Elterngeldes einen (weiteren) pauschalen Zuschlag für ein in den Jahren 2007 und 2008
geborenes Kind zu gewähren, das bereits ein älteres Geschwister hat (vgl.
Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Erziehungsgeld, 2007, Rdnr. 135). Für solche Regelungen
fehlt indessen jeglicher Anhaltspunkt im Gesetz, sie können demnach nicht in das BEEG
hineingelesen werden, ohne dass die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschritten
würden.
Dass der Klägerin gewährte Elterngeld ist auch der Höhe nach zutreffend von dem
Beklagten berechnet worden.
Während des von April 2006 bis März 2007 reichenden Berechnungszeitraums erzielte
die Klägerin Einkommen aus Erwerbstätigkeit nur in den Monaten Februar und März
2007. Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG waren davon – da es sich um Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit handelt – die darauf entfallenden Steuern, die geleisteten
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung sowie je Monat ein Zwölftel des
Werbungskostenpauschbetrages nach § 9 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des
Einkommensteuergesetzes (entsprechend 76,67 Euro) abzuziehen. Es verbleibt für den
gesamten Berechnungszeitraum ein Betrag von 1.388,18 Euro (519,87 Euro plus 868,31
Euro), woraus sich ein durchschnittliches monatliches Einkommen in Höhe von 115,68
Euro (1.388,18 Euro geteilt durch 12 Monate) ergibt.
Dieses durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist geringer
als 1.000,00 Euro, so dass der Prozentsatz von 67 vom Hundert, nach dem gemäß § 2
Abs. 1 Satz 1 BEEG grundsätzlich das Elterngeld zu berechnen wäre, entsprechend § 2
Abs. 2 BEEG auf bis zu 100 vom Hundert zu erhöhen wäre. Auch ein Elterngeld in Höhe
von 115,68 Euro monatlich würde indessen hinter dem in § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG
bestimmten Mindestbetrag von 300,00 Euro monatlich zurückbleiben, so dass Anspruch
auf Elterngeld in Höhe dieses Mindestbetrages besteht. Nach § 2 Abs. 4 Satz 4 BEEG
war das Elterngeld um 10 vom Hundert, mindestens 75,00 Euro zu erhöhen, da die
Klägerin ein weiters Kind (N) hat, mit dem sie in einem Haushalt zusammenlebt und das
erst am 6. Dezember 2008 sein drittes Lebensjahr vollendet hat. Auf das sich so
ergebenden Elterngeld von 375,00 Euro anzurechnen war nach § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 3
BEEG das der Klägerin vom 24. Mai 2007 bis zum 25. Juli 2007 gewährte
Mutterschaftsgeld sowie der von ihrem Arbeitgeber nach § 14 des Mutterschutzgesetzes
gezahlte Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Mit Recht hat der Beklagte daher das zu
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gezahlte Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Mit Recht hat der Beklagte daher das zu
gewährende Elterngeld für den ersten und zweiten Lebensmonat der Tochter Lina (24.
Mai 2007 bis 23. Juli 2007) mit 0,00 Euro berechnet und den für den dritten
Lebensmonat (24. Juli 2007 bis 23. August 2007) gewährten Betrag um den auf den 24.
und 25. Juli 2007 entfallenden Teil des Elterngeldes gekürzt und mit 350,81 Euro
berechnet. Auch hinsichtlich des Bezugszeitraums ist nicht erkennbar, dass die Beklagte
Rechte der Klägerin verletzt haben könnte. Die Bewilligung von Elterngeld für die Dauer
der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes entspricht dem von der Klägerin bei der
Beklagten gestellten Antrag und der gesetzlichen Regelung des Bezugszeitraumes in § 4
Abs. 1 und 3 BEEG.
Der Senat hat schließlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das aus dem
BEEG gefundene Ergebnis. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der
Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG –) liegt nicht vor. Der
Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich
zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, wenn zwischen beiden Gruppen
keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine ungleiche
Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 101, 239, 270). Die Klägerin wird zwar
hinsichtlich der Berechnung des Elterngeldes anders behandelt als eine Mutter, die ihr
erstes Kind erst nach Inkrafttreten des BEEG geboren hat und der folglich bereits für
dieses Kind Anspruch auf Elterngeld zustand. Diese Ungleichbehandlung bestimmt sich
aber nach dem Tag der Geburt des älteren Kindes und ist damit abhängig von dem
Datum der Einführung des BEEG. Dem Gesetzgeber ist nicht verwehrt, die Regelung
bestimmter Lebenssachverhalte von bestimmten Stichtagen abhängig zu machen.
Ebenso, wie es nicht gleichheitswidrig ist, dass der Anspruch auf Elterngeld nur für nach
dem 31. Dezember 2006 geborene Kinder entstehen kann (BSG, Urt. v. 23. Januar 2008
– B 10 EG 5/07 R –), ist auch nicht zu beanstanden, dass bestimmte Möglichkeiten der
Berechnung des Elterngeldes sich erst im Verlauf der Geltung des BEEG eröffnen. Die
Nichtgleichstellung von vor Inkrafttreten des BEEG zurückgelegten Elternzeiten mit dem
Bezug von Elterngeld, wie er erst nach Inkrafttreten des BEEG möglich geworden ist,
steht im Zusammenhang mit dem vorgenommenen Systemwechsel, der einen
zureichenden sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung abgibt, die in
unterschiedlichen Geburtszeitpunkten wurzelt (BSG, Urt. v. 19. Februar 2009 – B 10 EG
2/08 R –; Urt. v. 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R –).
Auch das natürliche Recht der Klägerin, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen (Artikel 6
Abs. 2 GG), wird von der vom Gesetzgeber gewählten Art der Berechnung des
Elterngeldes nicht beeinträchtigt. Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, wie er
den ihm aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will (BSG, a.a.O.). Da den nach
dem BEEG Berechtigten jedenfalls ein Mindestbetrag von 300,- Euro monatlich zusteht,
der sich bei Betreuung eines weiteren bis zu drei Jahre alten Kindes um 75,00 Euro
erhöht, ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Grenzen des ihm zustehenden
Gestaltungsermessens überschritten haben könnte, indem er die Höhe des Elterngeldes
im Übrigen fast ausschließlich von dem in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes
tatsächlich erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit abhängig gemacht hat (vgl.
Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Erziehungsgeld, 2007, Rdnr. 53).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die auf § 193 Abs. 1 SGG beruhende Entscheidung über die Kosten berücksichtigt, dass
Klage und Berufung keinen Erfolg hatten.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich,
nachdem das Bundessozialgericht bereits mehrfach zum abschließenden Inhalt von § 2
Abs. 7 Satz 5 bis 7 BEEG und zur verfassungsrechtlichen und europarechtlichen
Zulässigkeit dieser Regelung im Hinblick auf vor Inkrafttreten des BEEG liegende
Geburten Stellung genommen hat (Urt. v. 19. Februar 2009 – B 10 EG 2/08 R –; Urt. v.
25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R –).
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