Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 15.05.2009

LSG Berlin und Brandenburg: erwerbsfähigkeit, rücknahme, erlass, grundrecht, altersrente, begriff, rentenanspruch, versicherungsprinzip, gestaltungsspielraum, eigentumsgarantie

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 15.05.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 31 R 5157/07
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 8 R 1614/07
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger ist im April 1953 geboren worden.
Die Beklagte bewilligte ihm durch Bescheid vom 11. Juli 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem
1. September 2003 bis zum 28. Februar 2005 auf Grund eines am 28. Februar 2003 eingetretenen Leistungsfalls. Den
monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Rentenbeginns, indem sie die
Summe der Entgeltpunkte (Ost) unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (36,8721 x 0,901 = 33,2218) mit dem
Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert (Ost) vervielfältigte. Den Zugangsfaktor von 0,901 errechnete sie,
indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 31. Juli 2013 bis zum
Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (April 2016), somit insgesamt um 0,099 minderte.
Der Bescheid wurde bestandskräftig. Durch Bescheid vom 28. Juni 2006 bewilligte die Beklagte die Rente wegen
voller Erwerbsminderung ab dem 1. März 2005 als Dauerrente weiter. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf
Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Beginns der Weiterbewilligung, indem sie die sich für diesen Zeitpunkt
ergebende Summe der Entgeltpunkte (Ost) von 37,0781 zunächst um die Entgeltpunkte (Ost) minderte, die bereits
Grundlage der ab 1. September 2003 gezahlten Rente waren (36,8721). Diese Entgeltpunkte vervielfältigte sie mit
dem im Bescheid 11. Juli 2003 ausgewiesenen Zugangsfaktor von 0,901, entsprechend 33,2218 Entgeltpunkten (Ost).
Die bis dahin nicht berücksichtigten 0,2060 Entgeltpunkte (Ost) vervielfältigte sie mit einem Zugangsfaktor von 0,892,
entsprechend 0,1838 Entgeltpunkten (Ost). Die Summe der beiden Rechenoperationen (33,4056) vervielfältigte sie
dann wiederum mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert (Ost). Den Zugangsfaktor von 0,892
errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 30. April
2013 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (April 2016), somit insgesamt um
0,108 minderte. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Im März 2007 beantragte der Kläger die Neuberechnung
der Renten. Es gehe ihm hauptsächlich um den Zugangsfaktor. Zur Begründung verwies er auf das Urteil des
Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05 R. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 10. April
2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2007 die Rücknahme der Bescheide vom 11. Juli 2003
und 28. Juni 2006 ab. Es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen
worden, der sich als unrichtig erweise. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des BSG entspreche nicht der
Auffassung der Rentenversicherungsträger. Mit der Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterhin auf das Urteil des
BSG gestützt. Dessen Auslegung entspreche dem Wortlaut des Gesetzes und auch dem Willen des Gesetzgebers.
Durch Urteil vom 26. September 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die
teilweise Rücknahme der Bescheide vom 11. Juli 2003 und 28. Juni 2006 seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe das
Recht bei deren Erlass nicht unrichtig angewendet. Bei der Berechnung des Monatsbetrages der Rente sei allein
streitig, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, den Zugangsfaktor mit einem Abschlag von 0,003 für "31" (richtig:
33) Monate zu versehen. Entgegen der Auffassung, die der 4. Senat in der vom Kläger für sich in Anspruch
genommenen Entscheidung vertreten habe, ergebe sich diese Berechtigung aus dem Gesetz. Die Auffassung des 4.
Senats des BSG sei bei Würdigung der Gesetzgebungsgeschichte und der Gesetzessystematik nicht tragfähig. Eine
andere Auslegung sei auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. Die Vorschriften über die
Minderung des Zugangsfaktors verstießen mit dem Inhalt, wie er sich für die Kammer darstelle, weder gegen das
Grundrecht auf Eigentum noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Zwar löse der vom Gesetzgeber
vorgenommene Eingriff eine verfassungsrechtliche Rechtfertigungslast aus. Gemessen an den vom Gesetzgeber
formulierten Zielen – Ausweichreaktionen in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verhindern und die
längere Rentenlaufzeit teilweise zu kompensieren – sei die getroffene Regelung aber noch verhältnismäßig. Soweit
der 4. Senat auf das Prinzip der Vorleistungsbezogenheit abstelle, müsse berücksichtigt werden, dass der Rangwert
im Fall des Klägers zu einem Drittel auf beitragsfreien Zeiten, Zuschlägen oder beitragsgeminderten Zeiten beruhe. In
im Fall des Klägers zu einem Drittel auf beitragsfreien Zeiten, Zuschlägen oder beitragsgeminderten Zeiten beruhe. In
diesem Bereich habe der Gesetzgeber eine höhere Gestaltungsfreiheit, weil keine Entwertung der eigenen
Beitragsleistung drohe. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Die vom 4. Senat des
Bundessozialgerichts gefundene Auslegung des Gesetzes entspreche dessen Wortlaut und dem Willen des
Gesetzgebers. Der Kläger beantragt der Sache nach, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2007
und den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2007
aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 11. Juli 2003 und 28. Juni 2006 teilweise
zurückzunehmen und den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung auf der Grundlage
eines Zugangsfaktors von 1,0 zu errechnen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die
angefochtene Entscheidung und die von ihr erlassenen Bescheide für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die
Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts
wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der
entscheidungserhebliche Sachverhalt steht fest und die Auslegung der Vorschriften des einfachen Rechts ist durch
aktuelle Rechtsprechung des BSG geklärt. Die Berufung ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist
nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme der vom Kläger nicht angefochtenen und
daher bestandskräftig gewordenen Bescheide der Beklagten vom 11. Juli 2003 und 28. Juni 2008 sind nicht erfüllt. Als
Rechtsgrundlage für die Rücknahme kommt nur § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch in Betracht.
Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die
Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht
unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit
deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Beklagte hat bei Erlass der Bescheide vom 11.
Juli 2003 und 28. Juni 2008 das Recht nicht unrichtig angewandt. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente
auf Grund von rentenrechtlichen Zeiten, die im Beitrittsgebiet zurückgelegt worden sind, berechnet sich, indem für den
Zeitpunkt des Rentenbeginns die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch
[SGB VI]) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte Ost (§ 254 d SGB VI), der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der
aktuelle Rentenwert (Ost) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§§ 254 b, 63 Abs. 6, 64
SGB VI). Die Beklagte hat diese sogenannte Rentenformel zutreffend angewendet, auch soweit sie den
Zugangsfaktor betrifft. Für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in
der vorliegend anwendbaren, ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Reform der Renten wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827; im folgenden ohne Zusatz zitiert), dass der
Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, für
jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in
Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0 ist. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist bei einer Rente
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors
maßgebend, wenn die Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Beginnt eine Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 2004, ist gemäß § 264 c SGB VI bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle
der Vollendung des 60. Lebensjahrs die Vollendung des in Anlage 23 zum SGB VI angegebenen Lebensalters
maßgeblich. Die Anwendung dieser Vorschriften führt zu dem von der Beklagten gefundenen Ergebnis eines
Zugangsfaktors von 0,901 für die Entgeltpunkte (Ost), die für den ab 1. September 2003 zahlbaren Rentenanspruch
maßgeblich waren. § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI würde ohne ergänzende Regelungen dazu führen, dass der
Zugangsfaktor bis auf Null sinken könnte und Versicherte praktisch erst ab der zweiten Hälfte des dritten
Lebensjahrzehnts Zugang zu einer zahlbaren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hätten. Sinn des § 77 Abs. 2
Satz 2 SGB VI (ggf. i. V. mit § 264 c SGB VI und Anlage 23 zum SGB VI) ist es, diese Wirkung zu begrenzen, indem
für die Berechnung des Zugangsfaktors ein fiktiver Rentenbeginn angesetzt wird (BSG, Urteile vom 25. November
2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R, letzteres zur Veröffentlichung vorgesehen).
Der anderslautenden, bereits vor den Entscheidungen des BSG vom 14. August 2008 von den Instanzgerichten der
Sozialgerichtsbarkeit überwiegend abgelehnten Auffassung des ehemaligen 4. Senats des BSG, auf die sich der
Kläger beruft, folgt auch der Senat nicht, da sie sich mit dem Sinn des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ebenso wenig
vereinbaren lässt wie mit der Gesetzessystematik (dazu ausführlich BSG a.a.O. sowie BSG, Beschluss vom 26. Juni
2008 – B 13 R 9/08 S; aus der Rechtsprechung des Senats etwa die Urteile vom 29. Januar 2009 – L 8 R 600/08 –
und vom 23. April 2009 – L 8 R 592/08). Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte die Zugangsfaktoren für
Rentenbewilligungen ab dem 1. September 2003 und 1. März 2005 zutreffend berechnet. Für die erste Bewilligung
betrug das für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebliche Lebensalter nach Anlage 23 zum SGB VI 60 Jahre
und 3 Monate, weil die Rente im September 2003 begann. Der Begriff "Rentenbeginn" bezeichnet dabei den Beginn
der Rentenzahlung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGB VI und nicht den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs (BSG,
Urteile vom 25. November 2008 – B 5 RJ 15/04 R und B 5 R 112/08 R). Der Betrag, um den sich der Zugangsfaktor
von 1,0 erniedrigt, ergibt sich aus der Anzahl der Monate, die nach dem Monat des zu unterstellenden Lebensalters
liegen bis (einschließlich) zum Monat der Vollendung des 63. Lebensjahres (August 2013 bis April 2016). Eine
Minderung um 0,003 für jeden dieser 33 Kalendermonate ergibt einen Wert von 0,099. Wird er von 1,0 abgezogen,
ergibt sich der angewendete Zugangsfaktor von 0,901. Ob für die ab 1. März 2005 gezahlte Rente überhaupt der
monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente neu zu berechnen war (so BSG SozR 3-2600 § 300 Nr. 8; ausdrücklich
anders seit 1. Mai 2007 § 102 Abs. 2 Sätze 3 und 6 SGB VI in der Fassung des Rentenversicherungs-
Altersanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I S. 554), kann offen bleiben. Jedenfalls hat die Beklagte auch
für einen Rentenbeginn am 1. März 2005 die maßgeblichen Zugangsfaktoren richtig berechnet. In Bezug auf die
Entgeltpunkte (Ost), die bereits Grundlage der Rentenbewilligung ab dem 1. September 2003 waren, blieb es bei dem
bisherigen Zugangsfaktor (Umkehrschluss aus § 77 Abs. 2 Satz 1 Einleitungssatz SGB VI). Soweit die Entgeltpunkte
(Ost), die sich auf Grund der Neufeststellung und –bewertung der rentenrechtlichen Zeiten ergaben, bisher nicht
Grundlage einer Rente waren, war der Zugangsfaktor dagegen nach Maßgabe des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2
Satz 2 SGB VI zu berechnen. § 264 c SGB VI war nicht mehr anwendbar, weil der Rentenbeginn nicht vor dem 1.
Januar 2004 lag. Da der Kläger am 1. März 2005 erst im 51. Lebensjahr stand, minderte sich der Zugangsfaktor von
1,0 nun für die höchstmögliche Dauer von 36 Monaten um den Betrag von 0,003, also um 0,108. Daraus ergab sich
der Zugangsfaktor von 0,892. Der Senat sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der hier
vorgenommenen Auslegung nicht als verfassungswidrig an. Zwar ist der Rentenanspruch ebenso wie die
Rentenanwartschaft aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung institutionell durch das
Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) geschützt. Die Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt
sich aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
Sache des Gesetzgebers ist. Solange er die zum Begriff des Eigentums gehörende grundsätzliche Privatnützigkeit
und Verfügungsbefugnis und die Grenze der Verhältnismäßigkeit beachtet, hat er dabei einen grundsätzlich weiten
Gestaltungsspielraum (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, s. – auch zum folgenden – etwa
den Beschluss vom 24. November 2008 – 1 BvL 3/05 u. a. mit zahlreichen Nachweisen; außerdem im besonderen
BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R). In
bestehenden Rentenanwartschaften ist von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Denn das
Rentenversicherungsverhältnis beruht stets nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem
Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs. Die hier anzuwendenden Vorschriften über den
Zugangsfaktor bestimmen das Grundrecht des Klägers auf Eigentum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise. Sie
dienen einem Gemeinwohlzweck und sind zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich. Er hat mit
ihnen (unter anderem) das Ziel verfolgt, das Versicherungsrisiko der unterschiedlich langen Rentenbezugsdauer mit
Hilfe versicherungsmathematischer Abschläge zu neutralisieren. Die Vorschriften sind angesichts dessen schon
deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie ersichtlich dazu dienen, die Funktions- und
Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den unter anderem durch die
demografische Entwicklung veränderten Bedingungen für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung
anzupassen. Die Verminderung der "Rentenhöhe", die auf der Verringerung des Zugangsfaktors beruht, wird zudem
teilweise neutralisiert und damit umso mehr zumutbar. Denn zeitgleich mit den geänderten Vorschriften über den
Zugangsfaktor wurde die Grenze für die Bestimmung der Länge der (rentensteigernd wirkenden) Zurechnungszeiten
von der Vollendung des 55. auf die Vollendung des 60. Lebensjahres heraufgesetzt (§§ 59, 253 a SGB VI in der ab 1.
Januar 2001 geltenden Fassung). Dies kommt gerade Personen wie dem Kläger zugute, die relativ lange vor dem
Erreichen der Altersgrenze für die Altersrente erwerbsgemindert geworden sind. Die hier anzuwendenden Vorschriften
verletzten auch nicht das Differenzierungsgebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), indem
Versicherte den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung im Gegensatz zu Versicherten, die eine
vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen wollen, nicht willentlich selbst bestimmen können. Der Gesetzgeber hat
diesem Umstand ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass er den "Rentenabschlag" auf maximal 10,8 %
begrenzt und – wie bereits erwähnt – die rentensteigernd wirkenden Zurechnungszeiten erhöht hat. Versicherte, die
erwerbsgemindert sind, werden folglich bereits "ungleich" im Verhältnis zu den Altersrentnern behandelt. Gründe, die
eine noch weitergehendere Ungleichbehandlung erfordern würden, sind nicht zu erkennen. Dies im besonderen
deshalb, weil der Gesetzgeber auf diese Weise vermeidet, dass – dann möglicherweise gerade sachwidrig – die von
ihm angestrebte Abwendung von Finanzierungsschwierigkeiten für die gesetzliche Rentenversicherung durch längere
Rentenlaufzeiten allein zu Lasten der Altersrentner geht. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.