Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.04.2006

LSG Berlin und Brandenburg: arbeitgeber in der schweiz, anrechenbares einkommen, vorläufiger rechtsschutz, beratungspflicht, arbeitslosenhilfe, nachzahlung, kündigung, lebenshaltungskosten, deckung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 12.04.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 91 AS 921/06 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 10 B 134/06 AS ER
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2006
aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende in Höhe von 38,38 Euro für die Zeit vom 29. bis 30. September 2005, 575,74 Euro monatlich jeweils
für Oktober und November 2005 sowie 195,92 Euro für die Zeit vom 01. bis 11. Dezember 2005 zu zahlen. Die
Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller entstandenen notwendigen außergerichtliche Kosten des Verfahrens zu
erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller (Ast) bezog im Anschluss an Arbeitslosengeld ab dem 13. April 2003 Arbeitslosenhilfe bis Ende
Dezember 2004 sowie Wohngeld, unterbrochen durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sommer 2004.
Die Antragsgegnerin (Ageg) gewährte ihm vom 01. Januar 2005 bis zur erneuten Aufnahme einer
versicherungspflichtigen Tätigkeit in der Schweiz am 18. April 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch des
Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), d.h. Arbeitlosengeld II (ALG II) in Höhe von
631,90 Euro monatlich (Regelleistung 345,00 Euro, Unterkunftskosten 249,90 Euro und Arbeitslosengeldzuschlag
37,00 Euro). Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses meldete sich der Ast am 29. September 2005
persönlich bei der Agentur für Arbeit Lichtenberg (JobCenter Lichtenberg) arbeitslos und beantragte formlos die
Gewährung von Arbeitslosengeld. Dort wurden ihm die Formanträge (Arbeitslosengeld und ALG II) sowie weitere
Unterlagen (Arbeitgeberbescheinigung etc.) zur Ausfüllung und erneuten Vorsprache übergeben. Bei Abgabe der
ausgefüllten Unterlagen am 12. Dezember 2005 wurde ihm mitgeteilt, dass Arbeitslosengeld mangels Erfüllung der
Anwartschaftszeit bzw. der Ausnahmevorschrift für Saisonarbeiter nicht gewährt werden könne (Bescheid vom 12.
Dezember 2005). Daraufhin stellte der Ast noch am gleichen Tage bei der Ageg einen Antrag auf ALG II. Mit Bescheid
vom 27. Dezember 2005 bewilligte die Ageg ALG II in Höhe von 383,82 Euro für die Zeit vom 12. Dezember 2005 bis
zum 31. Dezember 2005 und von 575,74 Euro monatlich für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2006.
Hiergegen erhob der Ast vertreten durch die Bewährungshelferin bei den Sozialen Diensten der Justiz (Gerichtshilfe
und Bewährungshilfe, Schuldnerberatung) U. R am 11. Januar 2006 Widerspruch und begehrte Leistungen für die Zeit
ab dem 29. September 2005. Ihm sei bei Beantragung des Arbeitslosengeldes Ende September 2005 mitgeteilt
worden, dass er für ca. 3 Monate einen Anspruch haben werde. Einen Hinweis, dass er auch sofort ALG II beantragen
müsse, habe er nicht erhalten. Zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten und zur Vermeidung von Verschuldung sei
er dringend auf die Leistungen angewiesen. Am 26. Januar 2006 hat er – auf Anraten seiner Bewährungshelferin -
beim Sozialgericht (SG) Berlin beantragt, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ALG Il
für die Zeit vom 29. September 2005 bis zum 11. Dezember 2005 zu zahlen. Eile sei geboten, da er neben den
laufenden Verpflichtungen auch Schulden habe, die er in Raten zurückzahle. Diesen Verpflichtungen könne er nicht
mehr nachkommen. Er hat sich auf ein – in Kopie vorgelegtes - Urteil des Sozialgericht Augsburg vom 06. September
2005 (S 1 AS 228/05) gestützt.
Das SG hat mit Beschluss vom 26. Januar 2006 den Antrag abgelehnt. Da nur Leistungen für die Vergangenheit
begehrt würden, liege eine Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund nicht vor. Darüber hinaus sei ein
Anordnungsanspruch nicht ersichtlich, da gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II Leistungen für die Zeit vor Antragstellung
nicht zu erbringen seien.
Mit seiner Beschwerde hat der Ast zunächst ausgeführt, er sei mit der Miete und den Energiezahlungen im Rückstand
und müsse mit einer Kündigung rechnen. Zur Deckung weiterer Lebenshaltungskosten habe er sich Geld im
Bekanntenkreis leihen müssen. Man habe ihn bei Beantragung des Arbeitslosengeldes nicht darauf hingewiesen, dass
er parallel einen Antrag auf ALG II stellen müsse.
Das SG hat der Beschwerde des Ast nicht abgeholfen, sondern sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Senat hat Ausdrucke der BEWA-Vermerke der Agentur für Arbeit für den Zeitraum von April 2004 bis März 2006
sowie die Leistungsakte der Agentur für Arbeit betreffend den Zeitraum ab Arbeitslosmeldung am 29. September 2005
angefordert. Auf Nachfrage des Senats hat die Bewährungshelferin des Ast, Frau R, mit Schreiben vom 29. März
2006 und 03. April 2006 weiter vorgetragen, der Ast werde wegen seiner Schulden seit April 2004 von ihr betreut. Er
habe mit seinen Gläubigern Vergleiche geschlossen, die er aus dem unpfändbaren Teil seiner Leistungsansprüche
bediene. Wegen der fehlenden ALG II-Zahlungen habe der Ast die Vergleichsraten nicht fristgerecht tilgen können, so
dass die – berechtigte – Kündigung der Vergleiche durch die Gläubiger drohe. Auch die Freunde und Verwandten, die
ihm für die Fortsetzung der Mietzahlungen Geld geliehen hätten, würden die Rückzahlung erwarten. Dies könne der
Ast aus den laufenden ALG II – Zahlungen jedoch nicht finanzieren. Zudem habe der frühere Arbeitgeber ihm eine
erneute Beschäftigung in April/Mai in Aussicht gestellt. Für die Anreise und die Mietkaution benötige der Ast dringend
das Geld, so dass er den Ausgang des bereits 3 Monate andauernden Widerspruchsverfahren nicht abwarten könne.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei
Entscheidungsfindung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
Das Passivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen, da die Arbeitsgemeinschaft des Landes Berlin und der
Bundesagentur für Arbeit für den örtlichen Bereich des Verwaltungsbezirks Lichtenberg, bezeichnet als JobCenter
Berlin-Lichtenberg, vertreten durch den Geschäftsführer, nach Auffassung des Senats im Sinne des § 70 Nr. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig ist (Beschluss des Senats vom 14. Juni 2005, als vormals 10. Senat des
Landessozialgerichts Berlin, L 10 B 44/05 AS ER).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im
Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen
Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
in der jeweiligen Instanz; im Beschwerdeverfahren kommt es hiernach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung
an.
Vorliegend ist bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage auch für den Zeitraum vom 29. September 2005
bis zum 11. Dezember 2005 ein Leistungsanspruch des Ast im tenorierten Umfang nach §§ 7, 9 Abs. 1, 19 Satz 1 Zif.
1, 20 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1 SGB II zu bejahen. Unstreitig war der Ast in diesem Zeitraum hilfebedürftig, da er weder
über anrechenbares Einkommen noch über Vermögen verfügte. Bei im Vergleich zum Vorbezug (bis zur
Arbeitsaufnahme im April 2005) und zur erneuten Leistungsgewährung ab dem 29. Dezember 2005 unveränderten
Verhältnissen, ist von einem monatlichen Bedarf von 230,74 Euro für Unterkunftskosten zuzüglich der Regelleistung
von 345,00 Euro auszugehen. Die Ageg kann sich im vorliegenden Fall auch nicht auf die Sperrwirkung des § 37 Abs.
2 Satz 1 SGB II berufen. Nach dieser Regelung werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht für
Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Zwar hat der Ast hier erst nach Ablehnung seines zunächst formlos am 29.
September 2005 gestellten Arbeitslosengeldantrages durch die Agentur für Arbeit Lichtenberg am 12. Dezember 2005
bei der Ageg persönlich einen Antrag auf ALG II gestellt. Diese "verspätete" Antragstellung ist jedoch unschädlich. So
wird zum Teil in der Literatur die Ansicht vertreten, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) zum Verhältnis von Arbeitslosengeld zu Arbeitslosenhilfe (vgl. BSG in SozR 4100 § 134 Nrn. 3 und 5) umfasse
ein bei der Agentur für Arbeit gestellter Antrag auf Arbeitslosengeld auch den Antrag auf ALG II, sofern der Ast zu
erkennen gebe, dass er Leistungen wegen Erwerbslosigkeit begehre, und er den Antrag nicht eindeutig auf eine
bestimmte Leistung beschränkt habe (siehe Link in Eicher/Spellbrink, SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende,
2005, § 37 Rz. 21). Zudem kommt neben § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II als weitere Ausnahme vom Verbot der
rückwirkenden Leistungserbringung hier § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 28 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches
(SGB X) in Betracht. Gemäß dieser Regelung wirkt ein nachgeholter Antrag (hier: auf ALG II) bis zu einem Jahr
zurück, wenn ein Leistungsberechtigter (hier: der Ast) von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung (hier:
ALG II) abgesehen hat, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung (hier: Arbeitslosengeld) geltend gemacht
worden und diese Leistung versagt worden ist, sofern der Antrag innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf des Monats
gestellt worden ist, in dem die Ablehnung der anderen Leistung (hier: Arbeitslosengeld) bindend geworden ist (so
Schoch in Münder, Sozialgesetzbuch II Grundsicherung für Arbeitsuchende Lehr- und Praxiskommentar, 2004, § 37
SGB II Rz.18; Löschau in Estelmann (Hrsg.), Kommentar zum Sozialgesetzbuch II, Stand Februar 2006, § 37 SGB II,
Rz. 13). Letztlich ist für den Senat entscheidend, dass im vorliegenden Fall (auch) die Voraussetzungen des
sozialrechtlichen Herstellungsanspruches, der auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung
findet (vgl. Müller in Hauck/Noftz, SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende, Stand März 2006, § 37 SGB II Rz.
16,17; Link in Eicher/Spellbrink a.a.O. Rz. 12, 29), erfüllt sind. Dieser von der Rechtsprechung (vgl. BSG in SozR 3-
4100 § 150 SGB III Nr. 1, § 110 AFG Nr. 2, SozR 3-1200 § 14 SGB I Nr. 29, jeweils m.w.N.) entwickelte Anspruch
setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses
obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Erstes Sozialgesetzbuch –SGB I-) verletzt
hat, wobei er sich auch das Verhalten einer anderen Behörde zurechnen lassen muss, wenn zwischen beiden eine Art
Funktionseinheit besteht. Aus dieser Verletzung einer Beratungspflicht muss dem Betroffenen ein Nachteil entstanden
sein, wobei zwischen Pflichtverletzung und Nachteil ein sog. Schutzzweckzusammenhang bestehen muss. Des
Weiteren muss der Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine
vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden können. Der Ast ist im
Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches durch die Ageg so zu behandeln, als hätte er den Antrag auf ALG
II bereits am 29. September 2005 bei ihr gestellt. Denn wie dem glaubhaften Vortrag des Ast und den vorgelegten
BEWA-Vermerken der Agentur für Arbeit Lichtenberg eindeutig zu entnehmen ist, war der Ast bei Arbeitslosmeldung
und Arbeitslosengeldbeantragung am 29. September 2005 nicht auf die Notwendigkeit der sofortigen Stellung eines
Antrages auf ALG II zur Sicherung seiner Ansprüche nach dem SGB II für den Fall der Ablehnung des
Arbeitslosengeldantrages hingewiesen worden. Damit hat die Agentur für Arbeit Lichtenberg eine ihr obliegende
Beratungspflicht verletzt. Denn aus dem Nachrangverhältnis von ALG II zu dem vom Ast beantragten – regelmäßig
höherem - Arbeitslosengeld in Verbindung mit der gesetzlichen Regelung des § 37 Abs. 2 SGB II resultierte die
Notwendigkeit, vorsorglich und gleichzeitig einen Antrag auf ALG II für den Fall zu stellen, dass die Voraussetzungen
für einen Arbeitslosengeldanspruch nicht erfüllt sein sollten. Die Agentur für Arbeit als erster Ansprechpartner des
Arbeit suchenden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die auch die Anträge auf ALG II gemäß § 16 Abs. 2 SGB I
entgegen zu nehmen hat, hatte daher die Pflicht, den Ast auf die Notwendigkeit der sofortigen Beantragung von ALG
II zur Vermeidung von Nachteilen hin zu weisen. Diese Pflichtverletzung ist der Ageg im Hinblick auf das
Zusammenwirken der Ageg und der Agentur für Arbeit bei der Betreuung der Arbeit suchenden erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen auch zuzurechnen (vgl. zur Beratungspflicht der Agentur für Arbeit, wenn bei Ablehnung von
Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe die Gefahr des Verlustes der Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit droht: BSG in SozR 3-1200 § 14 SGB I Nr. 9). Durch die verspätete Antragstellung hat der Ast einen
Nachteil in Form der Nichtzahlung des dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf ALG II für die Zeit vor
Antragstellung erlitten. Gerade der Vermeidung diesen, aus der Reglung in § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II resultierenden
Nachteils dient die Hinweispflicht der Ageg und der Agentur für Arbeit. Der Nachteil kann auch durch
verwaltungskonformes Handeln ausgeglichen werden, nämlich durch die nachträgliche Gewährung von ALG II unter
Rückbeziehung des ALG II –Antrages auf den Zeitpunkt der Beantragung von Arbeitslosengeld am 29. September
2005.
Entgegen der vom SG vertretenen Auffassung fehlt es vorliegend auch nicht an einem Anordnungsgrund, weil der Ast
ausschließlich Leistungen für bereits abgelaufene Zeiträume geltend macht. Zwar ist es Aufgabe des einstweiligen
Rechtsschutzes in Fällen der vorliegenden Art, eine akute Notlage zu beseitigen, denn nur dann kann von einem
wesentlichen Nachteil gesprochen werden, den es abzuwenden gilt und bei dem ein Abwarten bis zur Entscheidung in
der Hauptsache nicht zuzumuten wäre. Unter diesem Gesichtspunkt können regelmäßig nur laufende Zahlungen
erstritten werde; ausnahmsweise kann aber eine Fallgestaltung gegeben sein, in der die sofortige Verfügbarkeit einer
für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Geldleistung zur Abwendung eines gegenwärtigen drohenden Nachteils
erforderlich ist (vgl. Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 4. Aufl., 1998, Rdnr. 355
m.w.N.). Der Ast ist durch das Ausbleiben der ALG-II-Zahlungen in besonderer Weise gegenwärtig betroffen. Eine
Vorenthaltung der "Nachzahlung" führt ihn nicht nur zu einer (typischen) Belastung mit Schulden und daraus
resultierenden, nach Zeitpunkt und Ratenhöhe mehr oder weniger konkreten Rückzahlungsverpflichtungen sowie zu
der Konsequenz, die allgemeinen Einschränkungen hinnehmen zu müssen, die fehlende Zahlungen für die
Vergangenheit auch gegenwärtig vermutlich noch bewirken. Vielmehr bedingt das Ausbleiben der Zahlungen hier
unmittelbar erhebliche aktuelle Nachteile auf Feldern – nachhaltiges Schuldenmanagement, Erwerbstätigkeit - , in
denen der Ast ein mit den Zielvorstellungen des SGB II übereinstimmendes, wenn nicht sogar gefordertes, jedenfalls
aber förderungswürdiges Verhalten an den Tag legt. Insoweit sieht es der Senat auch aufgrund der Darlegungen der
Bewährungshelferin des Ast, die hier sowohl Vortrag als auch objektivierende Bestätigung sind, als glaubhaft an, dass
dem Ast nicht nur die Aufkündigung der Vergleiche droht, die er im Rahmen der Schuldnerberatung mit seinen
Gläubigern geschlossen hatte und deren fristgerechten Bedienung ohne die für die Vergangenheit zustehenden
Leistungen nach dem SGB II unmöglich gemacht würde. Letzteres kann er nur durch eine alsbaldige Bereinigung des
Tilgungsrückstandes vermeiden. Zudem benötigt er die Nachzahlung der Leistungen zur Finanzierung der alsbaldigen
erneuten Arbeitsaufnahme bei seinem letzten Arbeitgeber in der Schweiz, d.h. zur Finanzierung der Anreise und der
Kaution für die Unterkunft am Arbeitsort, die anderenfalls ebenfalls unmöglich oder erschwert würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).