Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.03.2008

LSG Berlin und Brandenburg: gutachter, pause, arthrose, behinderung, widerspruchsverfahren, mensch, anerkennung, fettsucht, klinik, verschluss

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 18.03.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 9 SB 38/04
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 13 SB 85/06
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Mai 2006 und der Bescheid vom
25. Juni 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 geändert. Auf die Klage wird der
Bescheid vom 17. Januar 2008 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, die gesundheitlichen Voraussetzungen des
Merkzeichens "G" ab Juli 2005 festzustellen. Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage
abgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der Kosten des Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Anerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von 60 ab 8. April 2003 sowie die Feststellung der
gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G".
Dem 1944 geborenen Kläger hatte der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 12. Juli 1993 einen GdB von 40 wegen
einer Funktionsbehinderung der linken unteren Gliedmaße zuerkannt. Die Köperbehinderung habe zu einer äußerlich
erkennbaren dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt.
Seinen Neufeststellungsantrag vom 8. April 2003, mit dem der Kläger auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G"
und "aG" begehrte, lehnte der Beklagte nach Einholung von Befundberichten des Facharztes für
Dermatologie/Venerologie Dipl.-Med. P (vom 16. April 2003) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S (vom 29.
April 2003) durch Bescheid vom 25. Juni 2003 ebenso wie die Feststellung gesundheitlicher Merkmale für die
Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen ab.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte der Beklagte einen Befundbericht des Durchgangsarztes Dr. M
(Eingang beim Beklagten am 21. Juli 2003) ein, der die Behandlung einer Kniekontusion links (Arbeitsunfall) mitteilte,
und wies den Widerspruch durch Widerspruchs-bescheid vom 17. Februar 2004 zurück. Art und Ausmaß der
festgestellten Behinderung seien mit einem GdB von 40 weiterhin zutreffend bewertet.
Mit der hiergegen vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger – wie auch schon im
Widerspruchsverfahren - geltend gemacht, dass die Spätschäden durch die Dauerbehandlung seines offenen Beines
mit Salben ebensowenig berücksichtigt worden seien wie die permanenten Schmerzen und Krämpfe. Das
Sozialgericht hat u.a. Befundberichte von Dipl.Med. P vom 18. August 2004, dem Allgemeinmediziner Dr. T vom 22.
August 2004, Dr. S vom 8. Juli 2004 und dem Orthopäden Dipl.-Med. K vom 20. Dezember 2004 eingeholt und ein für
die Landesversicherungsanstalt Brandenburg erstattetes orthopädisches Gutachten vom 24. Mai 2004 sowie einen
Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik der R Kliniken vom 20. Januar 2005 beigezogen.
Anschließend hat es ein orthopädisches Gutachten von Dr. E vom 3. Dezember 2005 eingeholt. Der Gutachter ist zu
dem Ergebnis gelangt, dass die Schädigung am linken Kniegelenk nach den Anhaltspunkten für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Anhaltspunkte) unter
Zugrundelegung der Bewegungsausmaße mit einem GdB von 20 zu bewerten sei. Da aber ausgeprägte
Knorpelschäden bzw. eine sehr schmerzhafte Arthrose vorliege, könne ein höherer GdB vergeben werden. In
Verbindung mit den ausgeprägteren trophischen Störungen am linken Unterschenkel nach Ablederungstrauma mit
rezidivierenden Ulcera und ständiger Verbandspflichtigkeit könne deshalb mit der Einschränkung am oberen
Sprunggelenk links für die Funktionsstörung der linken unteren Extremität ein GdB von 40 angenommen werden. Die
Schmerzsymptomatik und Funktionseinschränkung der rechten Schulter sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Der
Gesamt-GdB betrage seit der Verschlimmerung der Schulterproblematik "Mitte 2005" 50. Der Kläger sei nicht mehr
fähig, eine Wegstrecke von 2000 m ohne größere Pausen zurückzulegen, sondern benötige alle 400 bis 500 m eine
Pause von 10 Minuten. Grund hierfür sei die Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenkes in Kombination mit der
eingeschränkten Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes links. Auf Grund der erheblichen Arthrose des linken
Kniegelenkes baue sich eine Schmerzhaftigkeit auf, die trotz Bandage und Medikation nicht wesentlich verringert
werden könne. Die Behinderungen seien einer arteriellen Verschlusskrankheit mit ei-nem GdB von 40 gleichzusetzen.
Der Beklagte hat daraufhin ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass ab Juli 2005 ein GdB von 50 anerkannt
werde. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" seien jedoch nicht erfüllt, weil die Beschwerden durch eine
alimentäre Fettsucht und einen deutlich mangelhaften Trainingszustand bedingt würden. Nachdem der Kläger dieses
Teilanerkenntnis nicht angenommen hat, hat das Sozialgericht durch Urteil vom 29. Mai 2006 die Klage abgewiesen.
Die Kammer folge den Bewertungen des Sachverständigen nur hinsichtlich der Einzel-GdB, nicht aber zum Gesamt-
GdB. Demzufolge seien auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" nicht erfüllt.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, das Sozialgericht habe das Teilanerkenntnis des Beklagten nicht
berücksichtigt. Dem Sachverständigengutachten sei auch hinsichtlich der Feststellung der gesundheitlichen
Voraussetzungen des Merkzeichens "G" zu folgen. Nach einer zwischenzeitlich durchgeführten
Anschlussheilbehandlung in der Reha-Klinik Märkische Schweiz vom 8. bis 29. Januar 2008 im Rahmen einer
Tumornachsorge sei nur kurzzeitig eine Besserung der Probleme im Bewegungsapparat eingetreten. Es seien keine
Spaziergänge über 500 m ohne längere Pause möglich.
Der Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 26. Februar 2007 einen GdB von 50 ab Juli 2005 zuerkannt. Nachdem
der Kläger seit Juni 2007 wegen eines hochmalignen Magen-lymphoms behandelt wird, hat der Beklagte mit Bescheid
vom 17. Januar 2008 ab 1. Juni 2007 bis Januar 2009 einen GdB von 100 zuerkannt und in einem weiteren Bescheid
vom 17. Januar 2008 die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der zwischenzeitlich geltend gemachten
Merkzeichen "aG", "B" und "RF" abgelehnt und ausgeführt, dass der Bescheid vom 25. Juni 2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 nicht aufge-hoben werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Mai 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni
2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 und der Bescheide vom 26. Februar 2007
und 17. Januar 2008 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 60 ab April 2003 sowie die
gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen die Bescheide vom 26. Februar 2007 und 17. Januar 2008
abzuweisen.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. E vom 7. Juni 2007 eingeholt, der darauf hingewiesen hat,
dass es bei fortschreitender Arthrose nach dem Zurücklegen einer gewissen Wegstrecke zu erheblichen
Schmerzzuständen komme, die Durchblutungsschmerzen bei arteriellen Verschlusskrankheiten vergleichbar seien.
Wenn der Betroffene eine entsprechende Pause einlege, könne wieder eine Beruhigung eintreten, die
Schmerzausstrahlung sich verringern und wieder eine gewisse Gehstrecke zurückgelegt werden. Die benötigten
Pausen seien in der Regel länger als bei arteriellen Verschlusskrankheiten.
Der Beklagte ist dem auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. J vom 20. Juli 2007 nicht
gefolgt. Zwar sei der Vergleich des Sachverständigen mit den Funktionseinbußen bei peripheren arteriellen
Verschlusskrankheiten zutreffend. Ein Einzel-GdB von 40 wäre aber nur zu empfehlen, wenn beiderseits eine
schmerzfreie Gehstrecke in der Ebene von unwesentlich mehr als 100 m vorliegen würde. Dies sei bei dem Kläger
nicht der Fall.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird
außerdem auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Schwerbehindertenakte des Beklagten, die vorlagen und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung wa-ren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung und die Klage gegen die Bescheide vom 26. Februar 2007 und 17. Januar 2008 sind begründet, soweit
der Kläger die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab Juli 2005 begehrt. Im
Übrigen sind sie unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens sind, nachdem der Beklagte sein Teilanerkenntnis vom 6. Februar 2006 im Bescheid vom
26. Februar 2007 umgesetzt hat, ein GdB von 60 für den Zeitraum von April 2003 bis Juni 2005 sowie die Feststellung
der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Insoweit ist auch der Bescheid vom 17. Januar 2008,
mit dem der Beklagte diese Feststellung für die zwischenzeitlich geltend gemachten Merkzeichen "aG", "B" und "RF"
abgelehnt hat, Gegenstand des Rechtsstreits geworden, soweit er zugleich ausgeführt hat, dass der Bescheid vom
25. Juni 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 nicht aufgehoben werde. Denn
hierdurch ist zugleich hinsichtlich des Merkzeichens "G" eine begünstigende Regelung wegen einer Änderung der
Verhältnisse abgelehnt worden.
Die bei dem Kläger vorliegenden Funktionseinschränkungen sind auf der Grundlage der zur Akte gelangten Befunde
und Untersuchungsergebnisse erst ab Juli 2005 mit einem GdB von 50 zu bewerten.
Nach §§ 2 Abs.1, 69 Abs.1 Sätze 3,4 des ab 1. Juli 2001 geltenden Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), sind
die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Gesundheitsstörungen nach Zehnergraden abgestuft
entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz und der vom Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte in der Fassung des Jahres 2005, die ab 1. Juni 2005
anzuwenden sind und deren Vorgänger die Anhaltspunkte 1996 und 2004 waren, zu bewerten. Sie gelten als an-
tizipierte Sachverständigengutachten mit normähnlicher Qualität.
Hinsichtlich der Funktionseinschränkungen im Bereich der unteren Extremitäten und der Schulter sowie ihrer
Bewertung folgt der Senat dem Gutachten von Dr. E, der in Übereinstimmung mit den Vorgaben von Nr. 26.18, S. 126
der Anhaltspunkte 2004 bzw. 2005 bzw. Nr. 26.18, S. 152 der Anhaltspunkte 1996 von Funktionsbeeinträchtigungen
im Bereich des linken Kniegelenkes ausgeht, die in Verbindung mit den ausgeprägten trophischen Störungen und der
eingeschränkten Beweglichkeit des Sprunggelenkes mit einem GdB von 40 zu bewerten sind.
Als weitere, sich auf die Bildung des Gesamt-GdB auswirkende Funktionsbeeinträchtigungen sind auf orthopädischem
Fachgebiet die Schmerzsymptomatik im Bereich der rechten Schulter zu berücksichtigen, die Dr. E für die Zeit ab
"Mitte 2005" mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet hat. Auch insoweit stimmt seine Einschätzung der
Bewegungseinschränkungen mit den Vorgaben der Nr. 26.18, S. 119 der Anhaltspunkte 2004 bzw. 2005 (S. 144 der
Anhaltspunkte 1996) überein. Diese Beschwerden sind erst im Laufe des Gerichtsverfahrens aufgetreten, da sie
weder im für die Rentenversicherung erstatteten Gutachten noch in den Befundberichten der behandelnden Ärzte, die
den Zeitraum bis zum 9. Dezember 2004 (Befundbericht des Dipl.-Med. K) erfassen, benannt werden. Vielmehr
beschreibt Dipl.-Med. K noch im Dezember 2004 keine Beschwerden im Bereich der rechten Schulter, sondern eine
Besserung des zwischenzeitlich bestehenden Schulterschmerzes links im August 2004. Danach berücksichtigt der
Gutachter die Vorgaben der Anhaltspunkte Nr. 18 Abs. 5, S. 23 der Anhaltspunkte 2004 bzw. 2005, gleichlautend S.
31 der Anhaltpunkte 1996, nach denen ein GdB eine nicht nur vorübergehende und damit eine über einen Zeitraum
von mehr als sechs Monaten sich erstreckende Gesundheitsstörung voraussetzt.
Weitere Funktionseinschränkungen, insbesondere auf internistischem Fachgebiet, hat der Gutachter nicht feststellen
können und sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. So hat er insbesondere das vom Kläger angegebene
Schwindelgefühl nach kurzzeitiger Ganganalyse auf den mangelhaften Ausdauer- und Trainingszustand zurückgeführt
und darauf verwiesen, dass der Blutdruck sogar ohne Medikation gut eingestellt sei. Die transitorisch-ischämische
Attacke bei Verschluss der rechten Vertebralarterie sei ohne funktionelle Auswirkung geblieben.
Der Kläger hat aber ab Juli 2005 einen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des
Merkzeichens "G".
Gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner
Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens,
auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit, nicht ohne erhebliche
Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag,
die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ist es allerdings
nicht ausreichend, dass eine Wegstrecke von 2000 m nicht in einem bestimmten Zeitraum zurückgelegt werden kann.
Denn die Anhaltspunkte geben als antizipierte Sachverständigengutachten auch an, welche Funktionsstörungen in
welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein behinderter Mensch infolge einer
Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist".
Damit tragen die Anhaltspunkte dem Umstand Rechnung, dass das Gehvermögen des Menschen von verschiedenen
Faktoren geprägt und variiert wird, zu denen neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau
und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens
sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, gehören. Von all diesen Faktoren filtern die Anhaltspunkte
all jene heraus, die außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Be-wegungsfähigkeit des behinderten Menschen
nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge
von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich
beeinträchtigen. Die Anhaltspunkte beschreiben dabei Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind, und die bei
dort nicht erwähnten Behinderungen als Ver-gleichsmaßstab dienen können (BSG, Urteil vom 13. August 1997, Az. 9
RVs 1/96, SozR 3-3870 § 60 Nr. 2). Die Voraussetzungen für eine erhebliche Gehbehinderung sind nach Nr. 30 Abs. 3
der An-haltspunkte 2004/2005 (Seite 137 f.) erfüllt, wenn Funktionsstörungen der unteren Gliedma-ßen und/oder der
Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 be-dingen oder bei Behinderungen der unteren
Gliedmaßen mit einem GdB von unter 50, die sich besonders ungünstig auf die Gehfähigkeit auswirken, z.B. bei
Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen
Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Der Sachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 7. Juni 2007
seine Ansicht, dass die Schmerz-Situation des Klägers mit den Durchblutungsschmerzen bei einer arteriellen
Verschlusskrankheit mit einem GdB von 40 vergleichbar sei, dahingehend erläutert, dass es durch das Zurücklegen
einer gewissen Wegstrecke zu vergleichbaren, erheblichen Schmerzzuständen komme, die sogar eine längere
Erholungsphase erforderlich machten, als dies bei einer arteriellen Verschlusskrankheit der Fall sei. Soweit der
Beklagte hiergegen einwendet, daraus folge noch keine Vergleichbarkeit, weil die arterielle Verschlusskrankheit nur
dann einen GdB von 40 bedinge, wenn "beidseitig eine schmerzfreie Gehstrecke in der Ebene über unwesentlich mehr
als 100" m vorliege, kann der Senat dem nicht folgen. Denn nach den Anhaltspunkten wird eine arterielle
Verschlusskrankheit mit einer schmerzfreien Gehstrecke über 100 bis 500 m ein- oder beidseitig mit einem GdB von
30 bis 40 bewertet, während eine schmerzfreie Gehstrecke in der Ebene über 50 bis 100 m ein- oder beidseitig einen
GdB von 50 bis 60 be-dingt. Ein GdB von 40 setzt also entgegen der Auffassung des Beklagten weder eine
schmerzfreie Gehstrecke von "unwesentlich mehr als 100 m" noch voraus, dass diese beidseitig vorlie-gen muss.
Ausgehend von einem schmerzfreien Gehvermögen von 400 bis 500 m hat der Sachverständige dargelegt, dass die
Vergleichbarkeit der Einschränkung des Gehvermögens insbesondere deshalb gegeben sei, weil die
Rückbildungsphase des akuten Schmerzes länger dauere als die Er-holungsphase bei einer Durchblutungsstörung.
Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Beeinträchtigung bestehen daher keine Bedenken, einen GdB von 40 als
zutreffend anzusehen, da jedenfalls die nach den Anhaltspunkten maßgebliche Gehstrecke von 500 m nicht
überschritten wird. Dieser Bewertung steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte des weiteren auf eine alimentäre
Fettsucht sowie darauf verweist, dass der Kläger einen mangelhaften Trainingszustand aufweise. Denn diese
Besonderheiten hat der Sachverständige bei der Begründung, warum er die medizinischen Voraussetzungen des
Merkzeichens "G" als gegeben ansehe, nicht in die Bewertung einfließen lassen. Dies wird daran deutlich, dass der
Kläger bei der Ganganalyse nur 46 Meter bzw. 76 Meter zurücklegte, der Gutachter also bei dem von ihm geschätzten
Weg von 400 bis 500 Meter die sonstigen Hindernisse nicht berücksichtigt hat. Ein früherer Zeitpunkt für die
Anerkennung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" kam nicht in Betracht, weil Voraussetzung hierfür gemäß §
145 SGB IX das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Berufung teilweise erfolgreich war.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.