Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 19.08.2003

LSG Berlin und Brandenburg: innere medizin, rente, erwerbsunfähigkeit, verschlechterung des gesundheitszustandes, toilette, befund, nacht, neurologie, behandlung, berufsunfähigkeit

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 19.08.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Cottbus S 13 RA 699/99
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 2 RA 130/01
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Juni 2001 geändert. Die Beklagte
wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.
September 1999 verurteilt, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit nach einem am
07. Oktober 1998 eingetretenen Leistungsfall ab 01. November 1998 zu gewähren und die Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit zu leisten. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu
erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die im ... 1945 geborene Klägerin, die von September 1959 bis August 1962 eine abgeschlossene Ausbildung zur
Friseurin absolvierte (Zeugnis vom 20. August 1962), war in diesem Beruf, den sie nach eigenen Angaben wegen
Krankheit aufgab, mit Unterbrechungen bis August 1978 tätig. Danach arbeitete sie als Sachbearbeiterin für Statistik
(September 1978 bis August 1979), Gehaltssachbearbeiterin (September 1979 bis Mai 1980), Sachbearbeiterin
(September 1980 bis Dezember 1980), Verwaltungsleiterin einer Kreisvolkshochschule (März 1981 bis August 1985,
mit Unterbrechung von Januar bis Februar 1981 durch eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin) und von Januar 1986 bis
1992 erneut als Sachbearbeiterin. Nach einer durch das Arbeitsamt geförderten Qualifizierung zur kaufmännischen
PC-Sachbearbeiterin (August 1992 bis April 1993) war sie zunächst mit Büroarbeit befasst (1993), bevor sie von
November 1994 bis März 1996 als kaufmännische PC-Sachbearbeiterin tätig war. Danach war sie arbeitslos. Zum 07.
Oktober 1998 erkrankte sie arbeitsunfähig.
Am 10. November 1998 beantragte die Klägerin wegen seit April 1996 bestehenden Verdauungsstörungen, Durchfall,
Krämpfen und Koliken Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog den Befundbericht des
Praktischen Arztes G. vom 15. Dezember 1998 bei und veranlasste die Gutachten des Augenarztes Dr. D. vom 30.
Januar 1999 und der Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom 17. März 1999.
Mit Bescheid vom 08. April 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
ab: Die Klägerin könne bei korrigiertem Sehvermögen für nah und fern sowie behandelbaren Verdauungsstörungen
noch vollschichtig in ihrem bisherigen Berufsbereich tätig sein.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, seit 1990 bereits krank zu sein. Ein
durchgreifender therapeutischer Erfolg habe sich bisher bei der Behandlung der Dickdarmentzündung nicht eingestellt.
Vielmehr sei eine kontinuierliche Verschlechterung eingetreten. Bei der letzten Computertomografie seien
Veränderungen an der Darmwand festgestellt worden. Sie müsse jede Nacht vier- bis fünfmal zur Toilette. Tagsüber
könne sie sich wegen einer viel zu hohen Stuhlfrequenz öffentlich nicht frei bewegen.
Nachdem die Beklagte das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 30. Juni 1999 und den
Befundbericht des Praktischen Arztes G. vom 28. Juli 1999 eingeholt hatte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom
29. September 1999 den Widerspruch zurück: Die Klägerin sei in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als
kaufmännische PC-Sachbearbeiterin vollschichtig tätig zu sein. Auch die zusätzlich noch durchgeführte
psychiatrische Begutachtung und der vom behandelnden Arzt eingeholte Befundbericht hätten keine weitere
Einschränkung des Leistungsvermögens ergeben.
Dagegen hat die Klägerin am 28. Oktober 1999 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und ihr Begehren
weiterverfolgt. Sie sei von November bis Dezember 1999 stationär in der C. behandelt worden. Sie hat verschiedene
ärztliche Unterlagen beigefügt.
Das Sozialgericht hat die Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin G. vom 22. Februar 2000 und des
Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 07. März 2000 sowie den Anstellungsvertrag mit der A. Sicherheitsdienste S.
GbR vom 26. Oktober 1994 eingeholt und, nachdem es einen Auszug aus den Berufsinformationskarten (BIK) zu
Bürofachkräften in Industrie und privaten Institutionen (BO 781/II) beigezogen hatte, Beweis erhoben durch das
schriftliche Sachverständigengutachten des Arztes für Innere Medizin, Gastroenterologie und Rheumatologie Prof. Dr.
P. vom 13. November 2000.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Klägerin könne vollschichtig leichte Arbeiten ausführen. Eine
Wegebeschränkung bestehe nicht. Während der Arbeitszeit notwendige Toilettengänge könnten in der persönlichen
Verteilzeit absolviert werden. Dafür spreche, dass es während der eineinhalbstündigen Untersuchung zu keiner
Verschmutzung der Wäsche gekommen sei. Selbst wenn bei einem unwillkürlichen Abgang von Stuhl auch nur kleine
Mengen abgesetzt würden, sei eine Vorlage wesentlich leichter und unproblematischer zu entfernen als verschmutzte
Unterwäsche. Auch die nur geringen Stuhlreste in der Ampulla recti bestätigten, dass die unwillkürlichen Stuhlabgänge
für die Klägerin nicht so gravierend sein könnten. Da einige Zeit benötigt werde, bevor Verdauungsreste im Enddarm
angekommen seien, sei die Angabe der Klägerin, am Morgen vor der Untersuchung wenig gegessen zu haben,
unerheblich. Die Klägerin nehme im Übrigen auch am gesellschaftlichen Leben (Besuch der Tochter in D., Flug nach
Mallorca., gelegentliche Konzertbesuche) teil, so dass keine Wegebeschränkung ersichtlich sei.
Die Klägerin hat gegen das Gutachten eingewandt, es sei insoweit widersprüchlich, als einerseits ein vollschichtiges
Leistungsvermögen angenommen, andererseits aber eine eher untervollschichtige Arbeitsleistung für angemessen
erachtet worden sei. Zudem seien ein berufskundliches und ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem
Fachgebiet erforderlich.
Das Sozialgericht hat daraufhin weiter Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des
Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 15. März 2001.
Die Klägerin hat zu diesem Gutachten vorgetragen, es nehme nur zu der leichten depressiven Störung Stellung,
spreche also nicht gegen die Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. P ... Sie habe nie bestritten, dass sie in guten
Phasen vier Stunden täglich mit üblichen Pausen arbeiten könne. In schlechten Phasen sei sie dazu jedoch nicht in
der Lage. Sie könne ihren Stuhlgang nicht steuern. Wenn sie in der Öffentlichkeit sei, leide sie unter ständiger Angst,
ihren Darm plötzlich entleeren zu müssen. Sie hat die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Praktischen Arztes G.
vom 07. Juni 2001 vorgelegt.
Mit Urteil vom 26. Juni 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Klägerin sei noch in der Lage, als
kaufmännische PC-Sachbearbeiterin vollschichtig tätig zu sein. Nach der medizinischen Beweiserhebung könne sie
leichte körperliche Arbeiten mit weiteren Einschränkungen verrichten. Soweit der Sachverständige Prof. Dr. P.
ausgeführt habe, er halte es unter Berücksichtigung der verkürzten Nachtruhe der Klägerin durch die Notwendigkeit
der Stuhlentleerung am ehesten für angemessen, das Leistungsvermögen auf weniger als vollschichtig, mindestens
ab halbschichtig einzuschätzen, überzeuge dies das Gericht nicht. Veranlassung, ein berufskundliches
Sachverständigengutachten einzuholen, bestehe nicht. Zum einen habe der Sachverständige Dr. C. ausgeführt, dass
die Klägerin nach Besserung der Durchfallneigung nur noch ungefähr 10 mal täglich die Toilette aufsuchen müsse.
Zum anderen stütze das Gericht seine berufskundlichen Kenntnisse auf die Tätigkeit zahlreicher PC-
Sachbearbeiterinnen im Gericht selbst. Die Notwendigkeit der häufigeren Darmentleerung bedinge keine
Einschränkung der Leistungsfähigkeit in rentenberechtigendem Umfang.
Gegen das ihr am 13. Juli 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. August 2001 eingelegte Berufung der
Klägerin, mit der sie vorträgt:
Sie könne weder als PC-Sachbearbeiterin noch in einer sonstigen Tätigkeit arbeiten, da unkontrollierte Stuhlgänge
aufträten, die plötzliche Toilettengänge nötig machten. Deswegen habe sie ständig Angst, so dass bei ihr auch
psychische Probleme vorlägen, die nicht genügend gewürdigt worden seien. Der Einsatz von Kortison führe nur für
einen kurzen Zeitraum zu einer Reduzierung der Durchfälle und der ständigen Bauchschmerzen. Wegen der
Nebenwirkungen wie Ermüdbarkeit, Konzentrationsmangel, Kopfschmerzen könne Kortison nicht über einen längeren
Zeitraum eingenommen werden. Entgegen der Anregung des Sachverständigen Prof. Dr. P. sei auch kein
berufskundliches Gutachten eingeholt worden. Zur Beurteilung ihrer orthopädischen Leiden sei zudem ein
entsprechendes Gutachten nötig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Juni 2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides
vom 08. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 zu verurteilen, der Klägerin
Rente wegen Berufsunfähigkeit und wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung ab 01.
Januar 2001, zu gewähren und die höhere Rente zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Entgegen der Ansicht der Klägerin führten kortisonhaltige Präparate
eher zu einer Antriebssteigerung. Bei 10 Stuhlentleerungen pro Tag entfielen nur ca. 3 bis 4 auf die Arbeitszeit, so
dass in dem Zwang zum Aufsuchen der Toilette keine arbeitsmarktunübliche Bedingung zu erkennen sei.
Der Senat hat die Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 27. November 2001, des Praktischen
Arztes G. vom 04. Dezember 2001, des Arztes für Innere Medizin Dr. K. vom 15. Dezember 2001, des Facharztes für
Chirurgie und Gefäßchirurgie G. vom 20. Dezember 2001, der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren (HNO) D. vom 28.
Dezember 2001 und 19. März 2002 und der Ärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. M. vom 15. Januar 2002
eingeholt. Nachdem er Auszüge aus den BIK zum Pförtner (BO 793) und zu Bürohilfskräften (BO 784) sowie die
berufskundliche Stellungnahme des M. L. vom 14. Februar 2000 zum Pförtner und die Auskunft des Arbeitsamtes
Frankfurt (Oder) vom 01. November 1999 zu Bürohilfskräften beigezogen hatte, hat er den Sachverständigen Prof. Dr.
P. ergänzend gehört (Stellungnahme vom 01. Juli 2002).
Die Klägerin sieht in der ergänzenden Stellungnahme ihre Ansicht bestätigt. Im Übrigen werde darauf hingewiesen,
dass das Ödem auf den Stimmbändern weiterhin vorhanden sei. Es bestehe der Verdacht, dass dies durch eine akute
Austrocknung des Halsraumes bedingt durch den hohen Flüssigkeitsverlust durch die permanente Darmentleerung
entstanden sei und unterhalten werde. Richtigzustellen sei, dass die Klägerin in der Nacht jede eineinhalb Stunde die
Toilette aufsuchen müsse. Sie habe daher tagsüber das permanente Gefühl der Erschöpfung.
Die Beklagte verweist darauf, dass der Sachverständige von den subjektiven Angaben der Klägerin ausgehe. Bisher
seien keine wesentlichen Entzündungen festzustellen gewesen. Die Kolitis sei nur histologisch gesichert und nur in
begrenzter Lokalisation und in wechselnd starker Ausprägung. Die vom Sachverständigen zugrunde gelegte 6malige
notwendige Darmentleerung während des Arbeitstages (bei 15maliger Darmentleerung innerhalb von 24 Stunden)
müsse hinterfragt werden. Der behandelnde praktische Arzt G. habe im Dezember 1998 eine ca. 10 mal tägliche
Stuhlfrequenz und im Januar 2000 eine leichte Reduktion der Stuhlfrequenz unter Therapie angegeben. Es bestünden
nach wie vor keine Zeichen eines größeren Flüssigkeitsverlustes; das Gewicht habe insgesamt gering zugenommen.
Selbst der Sachverständige bezweifele, dass die Klägerin in der Nacht für eineinhalb Stunden die Toilette aufsuchen
müsse. Trotz angegebener 10maliger Stuhlentleerung am Tage sei diese noch von keinem Gutachter beobachtet
worden. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. C. habe die Klägerin eine Besserung der Durchfallfrequenz und der
Konsistenz angegeben. Sie habe auch zugestanden, in guten Phasen 4 Stunden mit den üblichen Pausen arbeiten zu
können. Ein weicher Stuhlgang sei nicht beweisend für eine erhöhte Stuhlfrequenz. Das Freizeitverhalten der Klägerin
spreche gegen die angegebene Stuhlfrequenz. Die Notwendigkeit, alle 2 Stunden, gelegentlich auch jede Stunde die
Toilette aufsuchen zu müssen, falle in die übliche Pausenregelung. Die Toilettengänge seien mit einer Tätigkeit zum
Beispiel in einer Registratur vereinbar. Lediglich Akkordarbeit oder eine Außendiensttätigkeit könne nicht zugemutet
werden. Die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen sei daher nicht ausreichend objektiviert. Somit seien auch die
Stimmbandbeschwerden nicht auf die nichtbelegten hohen Flüssigkeitsverluste zurückzuführen. Nach Angabe der
behandelnden HNO-Ärztin sei das beschriebene Stimmlippenödem auch nur geringfügig, so dass damit eine Tätigkeit
zum Beispiel in einer Registratur zumutbar sei. Zur Objektivierung der subjektiven Beschwerdeschilderung sei ein
mehrtägiges stationäres Gutachten mit genauer Beobachtung der Klägerin erforderlich.
Der Senat hat die weitere ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. P. vom 27. November 2002
eingeholt.
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest und verweist nochmals auf die Freizeitaktivitäten der Klägerin. Es sei
absolut nicht vorstellbar, dass die Klägerin bei diesen Aktivitäten grundsätzlich einen Tag hungere. Der Hinweis des
Sachverständigen, eine vermehrte Flüssigkeitszufuhr sei ausreichend, um eine Austrocknung zu vermeiden, sei nicht
nachvollziehbar. Wenn der Dickdarm kein Wasser resorbieren könne, wäre eine Austrocknung festzustellen.
Die Klägerin verweist darauf, dass die letzte Darmspiegelung von Dezember 2002 belege, dass die Krankheit nicht
durch Kortison zu bessern gewesen sei. Sie leide seit über 10 Jahren an Durchfall, Bauchschmerzen, Müdigkeit und
Erschöpfung. Jeder, der schon einmal eine Darmgrippe gehabt habe, könne dies nachempfinden. Ihre drei- bis
viermaligen Besuche bei der Tochter mit jeweils einer Fahrzeit von eineinhalb Stunden stünden der Einschätzung des
Sachverständigen nicht entgegen, da sie sich darauf durch entsprechende Nahrungsaufnahme einstellen könne.
Neuerdings sei auch bedingt durch Austrocknungserscheinungen ein Ödem auf dem rechten Stimmband aufgetreten.
Dies führe zu starker Heiserkeit und teilweise zu gänzlichem Verlust der Stimme. Die Klägerin hat den Bericht des
Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 22. Januar 2003 beigefügt.
Der Senat hat außerdem Beweis erhoben durch das berufskundliche Gutachten des M. L. vom 15. März 2003.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf Blatt 70 bis 106, 121 bis 143, 251 bis 269, 279 bis 285
und 299 bis 302 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie
des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen
Verwaltungsakte der Beklagen ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 08. April 1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Es
besteht Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- und wegen Berufsunfähigkeit.
Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der
Fassung vor dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, 1827) in Betracht. Nach § 300 Abs. 2
SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den
bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der
Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im
November 1998 gestellt.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie
1. erwerbsunfähig sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte
Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind,
eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen,
das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Die Klägerin ist hiernach erwerbsunfähig, denn ihr ist eine wettbewerbsfähige Teilnahme am Erwerbsleben aufgrund
erforderlicher betriebsunüblicher Pausen nicht möglich.
Dies folgt aus dem medizinischen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P. nebst ergänzender Stellungnahmen
und dem berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen L ...
Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. P. bestehen eine kollagene Colitis (Erkrankung des Dickdarmes mit vermehrter
Einlagerung von Bindegewebsplatten unter die Schleimhaut), ein chronisches Lumbalsyndrom
(Lendenwirbelsäulensyndrom) auf dem Boden degenerativer (verschleißbedingter) Veränderungen, eine leichte S-
förmige, im Bereich der Brustwirbelsäule linkskonvexe Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung), eine Coxarthrose
beidseits (Verschleißerscheinungen im Bereich beider Hüftgelenke), ein Zustand nach Gonarthritis
(Kniegelenksentzündung) unklarer Ursache, ein Verdacht auf Gallenblasenpolypen, ein Zustand nach Neuritis nervi
optici (Sehnervenentzündung) und eine Stammvarikosis der V. saphena magna rechts (Krampfaderbildung eines
großen Venenstammes am rechten Bein). Dies ist unzweifelhaft, denn die sonstigen vorliegenden Berichte stimmen
hiermit im Wesentlichen überein. Es handelt sich um dieselben Gesundheitsstörungen, auch wenn diese dort teilweise
anders bezeichnet werden.
Eine exogene Pankreasinsuffizienz hat der Sachverständige Prof. Dr. P. nachvollziehbar ausgeschlossen. Dieses
Leiden findet zwar in den Befundberichten des Praktischen Arztes G. vom 15. Dezember 1998 und vom 22. Februar
2000 Erwähnung. Die Diagnose fußt, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 13. November 2000
ausgeführt hat, offensichtlich auf der Messung der Konzentration der Pankreaselastase (vgl. Laborbericht vom 23.
Februar 1996), die gegenüber dem Normwert eine Verminderung auf etwa 20 v. H. nachweist. Der Sachverständige
hat dazu jedoch dargelegt, dass bei einem stark wasserhaltigen Stuhl es sicherlich zu einer Verfälschung dieses
Wertes kommen müsse, denn der Gehalt dieses Fermentes werde jeweils auf Gramm Stuhlgewicht bezogen. Im
Übrigen entspreche die von der Klägerin angegebene Symptomatik auch nicht einer exogenen Pankreasinsuffizienz.
Hierbei stehe nämlich eine Störung der Fettverdauung ganz im Vordergrund, wodurch die Fette vermehrt
ausgeschieden würden. Infolge dessen komme es einerseits zu einem fortschreitenden Gewichtsverlust, andererseits
sei der Stuhl nicht wässrig, sondern großvolumig, stechend riechend und fettig glänzend. Außerdem liege ein
unauffälliger Ultraschallbefund der Bauchspeicheldrüse vor (vgl. Epikrise der Charité des Prof. Dr. Lochs vom 29.
Dezember 1999). Eine Pankreasinsuffizienz wurde im Übrigen im Hinblick auf die fehlende Gewichtsabnahme und das
glaubhafte Stuhlverhalten bereits im Bericht des Achenbach-Kreiskrankenhauses vom 27. Oktober 1998 für nicht sehr
wahrscheinlich angesehen.
Für das Vorliegen einer Colitis ulcerosa, wie im Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 27.
November 2001 einmalig erwähnt, finden sich schließlich überhaupt keinerlei Anhaltspunkte. Offensichtlich hat dieser
Arzt die vorliegende kollagene Colitis lediglich falsch bezeichnet (vgl. dazu auch Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 01. Juli 2002).
Wesentlich für die Beurteilung des Leistungsvermögens ist nach dem Sachverständigen Prof. Dr. P. die kollagene
Colitis. Diese sei zweifelsfrei gesichert. Es handele sich hierbei um eine im Vergleich zu anderen chronischen
Entzündungen des Dickdarms, wie etwa der Colitis ulcerosa oder dem Morbus Crohn, um eine deutlich seltenere
Erkrankung. Diese zeichne sich dadurch aus, dass sich bei der Betrachtung durch das Endoskop ein völlig normaler
Befund darstelle; die mikroskopische Analyse von bei einer Endoskopie entnommenen Gewebeproben zeige jedoch
charakteristischerweise eine verstärkte Ansammlung von Bindegewebsfasern (Kollagenen), deren Schichtdicke bis
zum 15fachen des normalerweise an dieser Stelle anzutreffenden schmalen Bindegewebssaumes betragen könne.
Diese Erkrankung betreffe ausschließlich den Dickdarm (das Kolon).
Der bei der Klägerin erhobene Befund im Rahmen durchgeführter Koloskopien und nachfolgender histologischer
Untersuchungen bestätigen die vom Sachverständigen angenommene kollagene Colitis. Nach dem Bericht des A.-
Kreiskrankenhauses vom 27. Oktober 1998 zeigte eine Koloskopie keinen pathologischen Befund; lediglich im
Rektum fiel eine etwas wulstige Schleimhaut mit kleinsten polypösen Veränderungen auf. Histologisch ergab sich
jedoch eine kollagene Proktitis. Aus dem seinerzeitigen Befund im Rektum, dem Vorbefund aus dem Kolon und dem
klinischen Bild wurde die Diagnose einer kollagenen Proktocolitis bzw. kollagenen Colitis gestellt. Auch im Rahmen
einer stationären Behandlung vom 04. bis 12. Januar 1999 erbrachte eine durchgeführte Koloskopie keinen
pathologischen Befund, während die Histologie eine kollagene Proktocolitis sichtbar werden ließ (vgl. Epikrise des
Achenbach-Kreiskrankenhauses vom 12. Februar 1999 und Bericht des Pathologen Prof. Dr. Kretschmar vom 12.
Januar 1999). Dasselbe Ergebnis findet sich im Bericht der Charité des Prof. Dr. Lochs vom 29. Dezember 1999 über
einen stationären Aufenthalt vom 26. November bis 01. Dezember 1999 wiedergegeben. Im Rahmen einer
durchgeführten Koloskopie fanden sich zwar drei Polypen (einer im proximalen Colon ascendens, zwei im Rektum),
die abgetragen wurden und histologisch unauffällig waren. Im Übrigen erbrachte die Koloskopie jedoch keinen
wesentlich auffälligen Befund, während histologisch wiederum eine kollagene Colitis mit wechselnd starker
Ausprägung festzustellen war. Im Bericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 03. Oktober 2001 wird
ebenfalls von einer klinisch unauffälligen Untersuchung berichtet, während trotz (scheinbar guter) Behandlung durch
Budesonid histologisch die kollagene Colitis "unerwartet unverändert" nachweisbar gewesen sei. Dieser Arzt nimmt
damit offensichtlich Bezug auf die von ihm durchgeführte unauffällige Koloskopie vom 14. Juni 2001 (vgl. seinen
entsprechenden Bericht vom selben Tag) und den histologischen Befund des Arztes für Pathologie Dr. P. vom 14.
Juni 2001. Nach dem weiteren Bericht dieses Arztes vom 22. Januar 2002 ergab eine weitere Koloskopie vom 05.
Dezember 2002 einen Normalbefund, während sich histologisch erneut eine Kollagencolitis bestätigte. In diesem
Bericht wird betont, es sei bemerkenswert, dass unter den verschiedenen genannten Behandlungen keinerlei
Änderung im histologischen Bild zu beobachten sei.
Der Sachverständige Prof. Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 13. November 2000 weiter ausgeführt, dass es infolge
der verstärkten Bindegewebsablagerung, aber auch einer mit dieser einhergehenden, ebenfalls ausschließlich
histologisch (unter dem Mikroskop) nachweisbaren Entzündung zu einer Beeinträchtigung der normalen Funktion des
Dickdarms komme. Die wesentliche Funktion des Dickdarms liege darin, dem aus dem Dünndarm in den Dickdarm
eintretenden Darminhalt Wasser und Salze zu entziehen. Bei einer Störung dieser Funktion sei eine wässrige Diarrhoe
(Durchfälle) die Folge. Das Ausmaß dieser Durchfälle sei bei verschiedenen von der Erkrankung betroffenen Patienten
durchaus unterschiedlich. Die Ursache des Krankheitsbildes sei bisher nicht eindeutig geklärt. In einzelnen Fällen
könnten Medikamente als Auslöser wirksam sein, wofür sich im Fall der Klägerin keine Anhaltspunkte ergäben; im
Übrigen werde die Erkrankung in erster Linie als Autoimmunkrankheit verstanden. Zur Therapie lägen bisher keine
kontrollierten Studien vor, so dass Therapieversuche im Einzelfall einen sehr unterschiedlichen, teilweise auch völlig
fehlenden Effekt aufwiesen. Prinzipiell heilbar wäre die Erkrankung nur durch eine operative Entfernung des gesamten
Dickdarms ggf. mit Anlage eines künstlichen Darmausganges. Insoweit sei jedoch Zurückhaltung geboten, da eine
Besserung der Symptome nach Ablauf von Jahren durchaus bei einem Teil der Patienten noch eintreten könne.
Führendes Symptom der kollagenen Colitis seien wässrige Durchfälle. Einschränkungen der Leistungsfähigkeit
resultierten nicht aus der Schwere von entzündlichen Veränderungen, sondern vielmehr aus der von dem Betroffenen
selbst erlebten Symptomatik, also dem Ausmaß und dem Umfang der Durchfälle.
Wenn der Sachverständige Prof. Dr. P. infolge dieser Gesundheitsstörung körperlich schwere und mittelschwere
Arbeiten, das Heben und Tragen schwerer und mittelschwerer Lasten, Arbeiten mit einseitigen körperlichen
Belastungen und Zwangshaltungen, Arbeiten auf Gerüsten und Leitern, unter der Einwirkung von Hitze, Akkord- und
Fließbandarbeiten und Arbeiten mit wesentlichem Publikumsverkehr ausgeschlossen hat, ist dies nachvollziehbar.
Nach der von ihm gegebenen Begründung führen die erstgenannten Arbeitsanforderungen zu einer erhöhten
Anspannung der Bauchmuskulatur, die zu einem nichtkontrollierbaren Austritt flüssigen Stuhls aus dem Darm führen
kann. Hitze hat Flüssigkeitsverlust durch Schweißsekretion zur Folge, so dass der durch die kollagene Colitis bereits
bedingte Flüssigkeitsverlust verstärkt wird. Über den reinen Wasserverlust hinaus kommt es auch über den Schweiß
zur Verringerung der benötigten Salze, woraus entsprechende Störungen, beispielsweise Herzrhythmusstörungen,
resultieren können. Die anderen genannten Arbeitsbedingungen kommen nicht in Betracht, weil die Klägerin dann nicht
in der Lage wäre, kurzfristig ihren Arbeitsplatz zum Aufsuchen einer Toilette zu verlassen.
Soweit der Sachverständige Prof. Dr. P. im Übrigen noch den Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft
ausgeschlossen hat, rührt dies aus den degenerativen Gelenkveränderungen. Durch derartige Einflüsse wird die
Beschwerdeintensität ungünstig beeinflusst.
Soweit der Sachverständige wegen der Stammvarikosis rechts in seinem Gutachten vom 13. November 2000
angemerkt hat, dass durch Tätigkeiten, die mit langem Stehen verbunden seien, ein eventuelles Wiederauftreten von
Krampfadern begünstigt werden könnte, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass Arbeiten im Stehen auszuschließen
sind. Wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01. Juli 2002 klargestellt hat, seien Arbeitsleistungen ohne
langes Stehen im Sinne einer Prophylaxe günstig, aber nicht zwingend. Demzufolge kann die Klägerin in allen
Haltungsarten arbeiten.
Die vom Sachverständigen Prof. Dr. P. neben der kollagenen Colitis genannten weiteren Leiden bedingen entweder
schon keine Funktionsstörungen oder, soweit solche vorliegen, resultieren daraus jedenfalls keine weitergehenden
Einschränkungen.
Wegen der Wirbelsäulenverkrümmung im Bereich der Brustwirbelsäule hat die Klägerin schon keine Beschwerden
vorgetragen. Aus dem Bericht des Radiologen Dr. N. vom 20. August 1998 über eine Röntgenuntersuchung des
Thorax ergibt sich lediglich eine leichte Skoliose. Diese wird auch im Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin Dr.
K. vom 17. März 1999 erwähnt, ohne dass irgendwelche Auswirkungen deswegen beschrieben werden. Für das
ebenfalls in diesem Gutachten genannte chronische Lendenwirbelsäulensyndrom werden ausdrücklich relevante
Funktionseinschränkungen verneint. Der Facharzt für Orthopädie Dr. K. definiert die Coxarthrose beidseits in seinem
Befundbericht vom 27. November 2001 lediglich als initial und teilt im Übrigen mit, dass eine Veränderung im
Behandlungszeitraum von März 1998 bis September 2000 nicht eingetreten sei. Der Sachverständige Prof. Dr. P. hat
bei seiner Untersuchung in den genannten Bereichen lediglich eine leichte Druckdolenz bei der paravertebralen
Muskulatur im unteren Brust- und gesamten Lendenwirbelsäulenbereich bei mäßiger Tonuserhöhung vorgefunden. Es
ist daher nachvollziehbar, dass aus diesen Gesundheitsstörungen keine zusätzlichen Einschränkungen des
Leistungsvermögens folgen.
Dies gilt auch bezüglich des Zustandes nach Gonarthritis. Eine entsprechende Entzündung lag nach den vorliegenden
ärztlichen Berichten (vgl. Bericht der Ärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. M. vom 09. Oktober 2000 und
Befundbericht derselben Ärztin vom 15. Januar 2002 überhaupt nur im September 2000 bzw. im September 2001 vor.
Wie der Sachverständige Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 13. November 2000 zutreffend dargelegt hat, kann
aus dieser somit nur vorübergehenden Erkrankung keine dauerhafte und somit rechtlich erhebliche Einschränkung des
Leistungsvermögens resultieren. Dieser Sachverständige hat bei seiner Untersuchung des rechten Kniegelenks
lediglich minimale auf Psoriasis vulgaris hindeutende Hauteffloreszenzen und einen Endphasenschmerz bei normaler
Beweglichkeit befundet.
Keinerlei Funktionsstörungen resultieren schließlich aus möglichen Gallenblasenpolypen, dem Zustand nach
Sehnervenentzündung mit verbliebender Pupillenstarre und der Stammvarikosis rechts.
Dies gilt letztlich auch für das Stimmlippenödem rechts mit Stimmstörung. Wie die HNO-Ärztin D. in ihrem
Befundberichten vom 28. Dezember 2001 bzw. 19. März 2002 mitteilte, stellt die danach zurückgebliebene heisere
Stimme keine Behinderung im alltäglichen Leben dar. Allenfalls besondere Anforderungen an das Sprechen (im Sinne
von ständig bzw. laut) mögen insoweit auszuschließen sein.
Mit den o. g. qualitativen Leistungseinschränkungen wäre die Klägerin allerdings durchaus in der Lage, als
kaufmännische PC-Sachbearbeiterin tätig zu sein. Wie der beigezogenen BIK BO 781/II zu entnehmen ist, handelt es
sich bei der Tätigkeit von Bürofachkräften in Industrie und privaten Institutionen um körperlich leichte Arbeit in
geschlossenen Räumen, überwiegend sitzend, zum Teil an Bildschirmarbeitsplätzen, zum Teil im Außendienst, wobei
Verantwortungsbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit und Kontaktfähigkeit nötig sind. Die Einschränkung "zum Teil"
zeigt, dass eine solche Tätigkeit nicht notwendiger Weise im Außendienst (mit einem möglichen Einfluss von Kälte,
Feuchtigkeit und Zugluft) verrichtet wird.
Auch die vom Sachverständigen Dr. C. in seinem Gutachten vom 15. März 2001 aufgeführten
Leistungseinschränkungen stehen einer solchen Tätigkeit nicht entgegen. Danach leidet die Klägerin an der schon o.
g. Pupillenstörung links und einer mäßiggradigen depressiven Reaktion im Sinne einer gestörten Erlebnisverarbeitung.
Bei seiner Untersuchung hat der Sachverständige neben einer leichten Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit
eine stecknadelkopfgroße Pupille links vorgefunden, die nur ganz schwach auf Licht reagiere. Funktionell hat er der
engen Pupille keine besondere Bedeutung zugemessen und sich hierbei auch auf das Gutachten des Augenarztes Dr.
D. vom 30. Januar 1999 bezogen. Dr. D. fand deswegen eine mäßige Gesichtsfeldeinschränkung außen rechts, die er
als kaum praxisrelevante temporale Gesichtsfeldeinschränkung bezeichnete. Die Klägerin könne sämtliche Lese- und
Schreibarbeiten sowie sämtliche Bürotätigkeiten inklusive PC-Arbeit ausführen. Die Klägerin selbst hat keine
Schwierigkeiten im alltäglichen Verhalten gegenüber Dr. C. angegeben. In psychischer Hinsicht hat Dr. C. eine
gewisse Antriebsschwäche und eine raschere Ermüdbarkeit mit Neigung zu Stimmungsschwankungen festgestellt.
Die Klägerin sei sich ihrer seelischen Beschwerden bewusst und insbesondere in der Lage, diese Beschwerden
willensmäßig zu überwinden. Wenn er demzufolge mittelschwierige geistige Arbeiten für möglich gehalten hat, ist dies
schlüssig. Neben den bereits von dem Sachverständigen Prof. Dr. P. genannten Leistungseinschränkungen hat er
darüber hinaus lediglich noch Arbeiten in Nachtschicht ausgeschlossen. Diese Leistungsanforderungen sind mit dem
Belastungsprofil, wie sie an Bürofachkräfte gestellt werden, ersichtlich vereinbar.
Wenn Dr. C. zudem von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen ist, ist auch dies nachvollziehbar,
denn zusätzliche Befunde oder Gesichtspunkte, die eine zeitliche Reduzierung der Arbeitsleistung erfordern könnten,
sind nicht ersichtlich.
Der Sachverständige Prof. Dr. P. hat im Ergebnis ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen.
Seine Ausführungen im Gutachten vom 13. November 2000 mögen zwar diesbezüglich etwas widersprüchlich sein.
So hat er einerseits gemeint, aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen verbiete sich eine vollschichtige
Berufstätigkeit prinzipiell nicht. Andererseits hat er ausgeführt, es erscheine aus gutachterlicher Sicht am ehesten
angemessen, das Leistungsvermögen als weniger als vollschichtig, mindestens aber halbschichtig einzuschätzen.
Wie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01. Juli 2002 jedoch zu entnehmen ist, hat er damit lediglich zum
Ausdruck bringen wollen, dass die Klägerin wegen der erforderlichen zusätzlichen Pausen nicht in der Lage ist, die
üblicherweise von einem Arbeitgeber erwartete Arbeitsleistung innerhalb einer vollen Schicht zu erbringen. Dies wird
insbesondere daran deutlich, dass er aus medizinischer Sicht gegen eine eventuelle Verlängerung der
Regelarbeitszeit auf 9 ½ Stunden im individuellen Fall der Klägerin nichts einzuwenden hat. Ob ihr dies (aus
rechtlichen Gründen) zumutbar sei und ob dies im Rahmen der üblichen Arbeitsabläufe und betrieblichen Regelungen
auch realisierbar sei, hat er hierbei offengelassen.
Im Fall der Klägerin begründen die vom Sachverständigen Prof. Dr. P. für erforderlich angesehenen
betriebsunüblichen Pausen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Nach § 4 Sätze 1 und 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von
mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 bis zu 9 Stunden zu unterbrechen, wobei die Ruhepausen
in Zeitabschnitten von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden können. Insoweit begründen zusätzliche, also
betriebsunübliche, Pausen eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die nach der Rechtsprechung des BSG
grundsätzlich dazu führt, dass eine konkrete Verweisungstätigkeit, die einer solchen unüblichen Pausenregelung
gerecht wird, zu benennen ist (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 136).
Der Sachverständige Prof. Dr. P. hat beurteilt, dass die Klägerin zu nicht vorhersehbaren Zeitpunkten voraussichtlich
wenigstens 6 mal innerhalb einer vollen Arbeitsschicht für jeweils etwa 12 ½ Minuten die Arbeit unterbrechen müsse.
Dies lässt sich innerhalb der dargestellten üblichen Pausenregelungen nicht verwirklichen.
Prof. Dr. P. ist hierbei von den Angaben der Klägerin ausgegangen, wonach sie ihren Darm etwa 15 mal innerhalb von
24 Stunden entleeren müsse. Dies hat er als durchaus glaubhaft eingeschätzt. Die maßgebliche wissenschaftliche
Literatur nehme Stuhlentleerungen mit einer mittleren Frequenz von 8 mal täglich an, wobei bei manchen Patienten
jedoch auch eine Frequenz von bis zu 30 mal täglich genannt werde. Durch die von der Beklagten angeregte
stationäre Begutachtung ließe sich zwar die angegebene Stuhlfrequenz dadurch objektivieren, dass der Klägerin
aufgegeben werde, für jede Stuhlentleerung eine Bettpfanne oder einen Nachtstuhl zu benutzen und die Exkremente
anschließend jeweils einem Arzt oder einer Schwester vorzuweisen. Im Rahmen einer solchen Begutachtung ließen
sich auch Rückschlüsse über die Stuhlfrequenz vor und nach einem solchen stationären Aufenthalt gewinnen, denn,
obwohl sich Häufigkeit und Schwere der durchfälligen Stuhlentleerungen im Laufe der Zeit ändern könnten, sei dies
eher im Verlauf von mehreren Wochen oder eher Monaten anzunehmen. Die Angaben der Klägerin zur Stuhlfrequenz
seien aber ohnehin mit der histologisch mehrfach nachgewiesenen kollagenen Colitis absolut zwanglos in Einklang zu
bringen.
Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe hinsichtlich des Umfangs ihrer Darmentleerungen widersprüchliche
Angaben gemacht, ist nicht zutreffend. Die oben genannte Frequenz der Stuhlentleerungen findet sich durchweg so in
vorliegenden ärztlichen Berichten. Im Bericht des Achenbach-Kreiskrankenhauses vom 27. Oktober 1998 sind
durchfällige Stühle, mindestens nach jedem Essen angegeben. Im Bericht des Praktischen Arztes G. vom 15.
Dezember 1998 sind ca. 10 Stuhlentleerungen täglich mitgeteilt. Nach dem Gutachten der Fachärztin für Innere
Medizin Dr. K. vom 17. März 1999 hat die Klägerin von ca. 10 Durchfällen pro Tag und 5 mal pro Nacht berichtet. Das
Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 30. Juni 1999 weist die Angabe von 10
Toilettenaufenthalten am Tag und weiteren in der Nacht aus. Nach dem Befundbericht des Praktischen Arztes G. vom
28. Juli 1999 liegen die durchfälligen Stühle bei ca. 10 mal täglich, nach dem Bericht desselben Arztes vom 24.
Januar 2000 bei bis ca. 10 mal täglich. Im Bericht der Charité des Prof. Dr. Lochs vom 29. Dezember 1999 sind 10
bis 15 wässrige Stühle pro Tag vermerkt. Der weitere Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin G. vom 22.
Februar 2000 benennt wiederum ca. 10 durchfällige Stühle täglich. Lediglich im Bericht des Facharztes für Innere
Medizin Dr. K. vom 29. März 2001 wird davon berichtet, dass seit der im Oktober 2000 erfolgten Behandlung mit
Budesonid eine Reduzierung der Stühle auf 5 bis 6 täglich eingetreten sei. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. C.
hat die Klägerin bei der Untersuchung am 14. März 2001 zwar angegeben, dass die Durchfälle infolge einer Kortison-
Behandlung jetzt breiiger geworden seien und sie keine Krämpfe mehr habe. Sie müsse aber immer noch ungefähr 10
mal zur Toilette rennen, nachts auch, aber da nicht so häufig. Im Befundbericht des Praktischen Arztes G. vom 04.
Dezember 2001 findet sich schließlich wiederum die Angabe einer unbeherrschbaren Stuhlfrequenz von bis zu 10 mal
täglich. Schließlich wird im weiteren Bericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 22. Januar 2003 erneut
angegeben, dass über 24 Stunden 10 bis 20 Stühle abgesetzt würden. Trotz intensiver Therapie mit Budesonid,
Wismut-Präparaten und zuletzt auch Opiumtropfen hätten sich die Durchfälle nicht bessern lassen (vgl. dazu auch
seine Berichte vom 30. Juni 2000 und 03. Oktober 2001).
Angesichts dessen hält auch der Senat die von der Klägerin gemachten Angaben über die Anzahl der Durchfälle für
glaubhaft und eine stationäre Begutachtung daher für unangemessen.
Im Hinblick darauf, dass die Häufigkeit der Darmentleerungen in den Nachtstunden im Allgemeinen niedriger als
während des Tages ist, ist der Sachverständige Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01. Juli 2002
zu der Beurteilung gelangt, dass von den 15 Darmentleerungen 3 Darmentleerungen während der Nachtperiode
stattfinden. Der Senat zweifelt nicht daran, dass es sich bei dem ursprünglichen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz
vom 11. Juni 2002, wonach sie in der Nacht für eineinhalb Stunden die Toilette aufsuchen müsse, um ein, wie im
Schriftsatz vom 06. August 2002 klargestellt, Missverständnis zwischen ihr und ihrem Prozessbevollmächtigten
gehandelt hat. Ihre Glaubwürdigkeit sieht der Senat dadurch nicht beeinträchtigt. Für die Tageszeit verbleiben damit
noch etwa 12 Stuhlentleerungen. Wenn der Sachverständige Prof. Dr. P. ausgehend von einer Arbeitszeit von 8
Stunden, verlängert durch eine arbeitsübliche Unterbrechung von 30 Minuten, es daher als naheliegend bezeichnet
hat, dass innerhalb der vollen Arbeitsschicht wenigstens 6 mal der Darm entleert werden muss, leuchtet dies ein.
Auch die von ihm angenommene Abwesenheit vom Arbeitsplatz von etwa 12 ½ Minuten ist nachvollziehbar. Er hat
hierbei zugrunde gelegt, dass die Wegezeit vom Arbeitsplatz bis zu einer Toilette möglichst nicht mehr als zwei
Minuten betragen sollte. Außerdem hat er berücksichtigt, dass die Körperreinigung aufgrund der durchfälligen
Beschaffenheit des Stuhles etwas länger in Anspruch nehmen dürfte als nach Absetzen eines normal geformten
Stuhles. Es ist auch nicht zu verkennen, dass wegen der durchfälligen Beschaffenheit des Stuhles ohnehin ein
längerer Aufenthalt auf der Toilette zu erwarten ist. Wenn der Sachverständige Prof. Dr. P. zudem beurteilt hat, dass
die Klägerin sicher nicht in der Lage sein werde, auch nur eine ihrer Darmentleerungen während der Arbeitszeit
regelmäßig in die arbeitsübliche Pause hineinzuverlegen, erscheint dies wegen des nicht vorhersehbaren Zeitpunkts
der Darmentleerung ebenfalls schlüssig.
Auch die weiteren während des Verfahrens, insbesondere von der Beklagten, vorgebrachten Einwände, die letztlich
auf die Glaubwürdigkeit der Angaben der Klägerin abzielen, vermögen den Senat nicht zu überzeugen.
Das Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom 17. März 1999 steht nicht entgegen. Obwohl in diesem
Gutachten als Diagnose eine kollagene Colitis genannt ist, wird dort ausgeführt, dass die Ursache der Diarrhoe
anhand der bisherigen Untersuchungen unklar sei. Wie demgegenüber der Sachverständige Prof. Dr. P. jedoch
ausgeführt hat, sind wässrige Durchfälle gerade führendes Symptom dieses Leidens. Wenn Dr. K. dies nicht erkannt
und stattdessen differenzialdiagnostisch eine Sprue oder eine Pankreasinsuffizienz erwogen hat, lässt dies auch
keine zutreffende Beurteilung des Leistungsvermögens erwarten.
Eine Gewichtszunahme bzw. der Nichteintritt eines Gewichtsverlustes, wie im Gutachten der Ärztin für Neurologie und
Psychiatrie Dr. P. vom 30. Juni 1999 bereits erörtert, spricht nicht gegen das Vorliegen von erheblichen Durchfällen.
Wie Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 13. November 2000 ausgeführt hat, vollzieht sich die Resorption der
Nahrungsbestandteile in den Körper im Wesentlichen im Dünndarm. Demgegenüber besteht die wesentliche Funktion
des Dickdarms darin, Wasser und Salze zu entziehen. Da somit ein relevanter Verlust von kalorientragenden
Nährstoffen nicht stattfindet, ist auch nicht mit einer Gewichtsabnahme bei dieser Erkrankung zu rechnen.
Allerdings sind demzufolge Zeichen eines Flüssigkeitsverlustes mit der Gefahr einer Austrocknung möglich. Ein
solcher Zustand ist jedoch nicht zwingend, worauf der Sachverständige Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 27. November 2002 hinweist. Die Funktion des Dickdarms ist zwar beeinträchtigt, jedoch nicht
aufgehoben. Ein starker Flüssigkeitsmangel wäre daher nur dann zu erwarten, wenn es der Klägerin nicht gelänge,
ihren zusätzlichen Wasserbedarf zum Ausgleich der mit dem Stuhl krankhaft in vermehrtem Umfang
verlorengehenden Flüssigkeitsmenge zu decken. Wie die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen mitgeteilt hat,
trinkt sie täglich mindestens 3 Liter Tee und wenigstens 0,75 ml Mineralwasser. Um nicht in einen
Flüssigkeitsmangelzustand hinein zu geraten, müsste die Klägerin, so der Sachverständige, die normale
Flüssigkeitsaufnahme um eine Menge von ca. 500 bis 1000 ml pro 24 Stunden erhöhen. Dem kommt die Klägerin
offensichtlich nach.
Der nur zeitweilige Gebrauch von Spasmo Cibalgin belegt entgegen der Einschätzung der Ärztin für Neurologie und
Psychiatrie Dr. P. ebenfalls nicht das Fehlen einer ausgeprägten Colitis-Symptomatik. Nach Prof. Dr. P. handelt es
sich dabei um ein krampflösendes Medikament. Es findet bei entzündlichen Darmerkrankungen Anwendung, bei
denen es durch entzündliche Schwellung oder Vernarbung zu einer Einengung der Darmlichtung kommt und die weiter
höher gelegenen Darmabschnitte dann nur unter erhöhtem Druck den Darminhalt über derartig eingeengte Segmente
hinweg weiter befördern können. In solchen Situationen werde häufig ein krampfartiger Schmerz empfunden, der durch
ein solches Medikament gelindert werden könne. Bei der kollagenen Colitis ist jedoch die Verschiebeschicht zwischen
der Schleimhaut und den wesentlich dickeren Muskelschichten des Darmes betroffen, die nicht mit schmerzleitenden
Nervenfasern versehen ist. Infolge dessen können dort auch Gewebeproben ohne Weiteres entnommen werden, ohne
dass die untersuchte Person irgendeinen Schmerz empfindet. Das Medikament Spasmo Cibalgin ist daher zur
Behandlung der kollagenen Colitis grundsätzlich nicht indiziert. Wenn die Klägerin dennoch darauf zurückgreift, dürfte
dies, so der Sachverständige, dadurch erklärbar sein, dass es gelegentlich bei allzu hoher Durchfallfrequenz zu einer
vereinfachend vielleicht als Muskelkater ähnlich einzuschätzenden Problematik im Bereich des Darmes kommt.
Es ist außerdem vorgebracht worden, die Klägerin benutze keine Vorlagen (so bereits die Ärztin für Neurologie und
Psychiatrie Dr. P. im Gutachten vom 30. Juni 1999). Bereits im Gutachten vom 13. November 2000 hat der
Sachverständige Prof. Dr. P. darauf hingewiesen, dass Vorlagen zwar bei einer - bei der Klägerin nicht vorliegenden -
Inkontinenzproblematik sinnvoll sind. Es liege in diesen Fällen eine Schädigung des Schließmuskels am
Darmausgang vor, durch den die Patientin eine Kontrolle über die Stuhlausscheidung teilweise oder vollständig
einbüßen könnte. Demgegenüber sei der hier vorhandene imperative Stuhldrang dadurch gekennzeichnet, dass infolge
der kollagenen Colitis gegenüber dem normalen Zustand wesentlich größere Stuhlmengen von überdies wässriger
Beschaffenheit in den Enddarm gelangten und dort auch bei normaler Funktion des Schließmuskels nur kurze Zeit
gehalten werden könnten, bis die gesamte im Enddarm befindliche Stuhlmenge entleert werde. Es leuchtet ein, wie in
der weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 01. Juli 2002 dargelegt, dass eine wirksame Kontrolle einer solchen
Stuhlmenge durch Vorlagen nicht aussichtsreich ist. In Frage käme allein der Gebrauch von Windelhosen, der jedoch
für die Lebensqualität tiefgreifende Auswirkungen haben dürfte. Prof. Dr. P. hat die innerhalb von 24 Stunden
abzusetzende Stuhlmenge mit 500 bis 1000 g beziffert, wobei bei einer Stuhlentleerungsfrequenz von etwa 15 mal pro
Entleerung mit einer Menge zwischen 33 und 66 g zu rechnen sein dürfte. Auch wenn es sich dabei um kleine
Mengen handele, seien Vorlagen hierfür nicht ausreichend. Es ist im Übrigen auch keineswegs so, dass die Klägerin
keinerlei Vorsorge trifft. Wie sie gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. P. angegeben hat, trägt sie immer dann,
wenn sie das Haus nicht nur ganz kurzfristig verlässt, immer eine zweite Bekleidungsgarnitur bei sich.
Die Beklagte hat aus der Tatsache, dass es während der eineinhalbstündigen Untersuchung durch Prof. Dr. P. nicht
zu einer Verschmutzung der Wäsche gekommen ist, offensichtlich geschlossen, es handele sich um den
gewöhnlichen, bei der Klägerin bestehenden Zustand. Die Angabe der Klägerin, am Morgen vor der Untersuchung
wenig gegessen zu haben, hat sie als unerheblich angesehen. Richtig daran ist, was auch der Sachverständige Prof.
Dr. P. bestätigt hat, dass nach Aufnahme von Nahrungsmitteln diese im Normalfall wenigstens etliche Stunden
benötigen, bis sie bzw. ihre nichtverdaulichen Reste den Verdauungstrakt wieder verlassen. Der Sachverständige hat
jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Beklagte offensichtlich nicht berücksichtigt, dass der Darm zwischen
zwei Mahlzeiten nicht leer ist. Für den Transport von Darminhalt in Richtung Enddarm seien so genannte propulsive
(nach vorn treibende) Massenbewegungen der Darmmuskulatur von besonderer Wichtigkeit, die insbesondere durch
Mahlzeiten regelhaft ausgelöst würden. Liege im Bereich des Dickdarms eine Erkrankung wie die kollagene Colitis
vor, in Folge derer der in den Enddarm hinein beförderte Darminhalt von durchfälliger Beschaffenheit sei, sei das
Auftreten eines imperativen Stuhldranges nach Nahrungsaufnahme ein durchaus plausibles Phänomen. Durch den
kompletten Verzicht auf Nahrungsaufnahme oder Beschränkung derselben auf geringste Nahrungsmittelmengen
könne der o. g. Reflex unterbunden werden, so dass nicht nur die fehlende Darmentleerung während der
Untersuchung, sondern auch die von der Klägerin unter denselben Bedingungen unternommenen Freizeitaktivitäten
bzw. Reisen zu erklären seien. Es muss daher nicht verwundern, dass flüssige Stuhlentleerungen bisher noch nicht
während einer Begutachtung beobachtet wurden. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Klägerin solche
Stuhlentleerungen unangenehm sind und sie sich daher bei entsprechenden Arztbesuchen durch Verzicht auf eine
Nahrungsaufnahme darauf einstellt. Ein solches Verhalten ist der Klägerin jedoch keineswegs dauerhaft insbesondere
vor und während eines Arbeitstages zumutbar.
Auffällige Laborbefunde, deren Fehlen die Beklagte ebenfalls bemängelt, hat der Sachverständige Prof. Dr. P. in
seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. November 2002 ebenfalls nachvollziehbar als nicht zwingend beurteilt.
Das Wesen der kollagenen Colitis bestehe praktisch im erhöhten Flüssigkeitsverlust mit der Notwendigkeit, diesen
durch vermehrtes Trinken wieder auszugleichen. Wenn dies geschieht, leuchtet ein, dass sich reguläre Laborbefunde
zeigen.
Entgegen der Meinung der Beklagten ist auch das Vorhandensein von nur geringen Stuhlresten bei der Austastung
des Enddarmes nicht beweisend dafür, dass die angenommenen Stuhlentleerungen nicht stattfinden. Stuhlreste seien
häufig tastbar, so der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01. Juli 2002, da sich die Lichtung
des Darmes beim Entleerungsvorgang nicht auf einen Durchmesser von 0 verkleinern lasse. Insoweit sei nicht etwa
bemerkenswert, dass nur sehr wenig Stuhl im Enddarm angetroffen worden sei, wobei größere Mengen sicher zu
einem imperativen Stuhldrang geführt hätten, sondern die sehr weiche Konsistenz des Stuhles sei erwähnenswert.
Dieses Phänomen sei im Normalfall, dem Absetzen eines geformten Stuhls, nicht zu erwarten und stelle daher einen
weiteren objektiven Anhalt für die beschriebene Durchfallproblematik dar. Es mag der Beklagten durchaus
zuzugestehen sein, dass weiche Stuhlreste bei der rektalen Untersuchung des Enddarmes auch bei Gesunden in
Abhängigkeit von der Ernährung auftreten können. Angesichts des Vorliegens einer kollagenen Colitis mit den dadurch
typischerweise, letztendlich auch von der Beklagten nicht bestrittenen Durchfällen, passt das Vorhandensein von
weichen Stuhlresten aber ohne Weiteres zu dem Krankheitsbild und macht letztlich die Angaben der Klägerin auch
glaubhaft.
Ist die Klägerin nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. P. während eines üblichen Arbeitstages auf ein
sechsmaliges Aufsuchen der Toilette für jeweils etwa 12 ½ Minuten angewiesen, ist ihr eine wettbewerbsfähige
Teilnahme am Erwerbsleben nicht mehr möglich.
Dies folgt aus dem berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen L. vom 15. März 2003. Dieser
Sachverständige hat zwar bestätigt, dass so genannte persönliche Verteilzeiten (persönlich bedingter Arbeitsausfall)
wie z. B. Frühstückspause, Toilettenbesuche, Besprechungen und Rücksprachen in persönlichen Angelegenheiten
sowie Erholungs- und Entspannungszeiten, ggf. Rauchzeiten, bei der Ermittlung des Personalbedarfs, der Kapazität
und des Auslastungsgrades in der Arbeitswelt berücksichtigt würden. Erfahrungsgemäß würden die persönlichen
Verteilzeiten mit ca. 10 v. H. der Arbeitszeit veranschlagt. Durch die bei der Klägerin jedoch vorliegende Häufigkeit
und Dauer der jeweiligen Arbeitsunterbrechungen ergäbe sich eine Abwesenheit vom Arbeitsplatz, die deutlich über
der gewöhnlichen persönlichen Verteilzeit liege und üblicherweise im Erwerbsleben nicht mehr toleriert werde. Dies
leuchtet ein, denn allein die erforderlichen Toilettengänge machen bereits ca. 15 v. H. der Arbeitszeit aus. Da dies
nach dem Sachverständigen L. generell eine wettbewerbsfähige Teilnahme am Erwerbsleben ausschließt und nicht
von der Art der zu verrichtenden Arbeiten abhängig ist, liegt ein absolutes Erwerbshindernis vor, so dass
Erwerbsunfähigkeit besteht.
Für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sind auch die weiteren Voraussetzungen bei einem
Leistungsfall vom 07.Oktober 1998 erfüllt.
Der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit ist am 07. Oktober 1998 eingetreten. Seit diesem Zeitpunkt besteht, wie
aus der Bescheinigung des Praktischen Arztes G. vom 07. Juni 2001 hervorgeht, dauerhaft Arbeitsunfähigkeit. Im
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hat sich die insbesondere auch von der Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren
vorgetragene kontinuierliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes niedergeschlagen. Es kommt hinzu, dass
die kollagene Colitis, worauf der Sachverständige Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 13. November 2000 hinweist,
erstmals im Oktober 1998 histologisch gesichert wurde (vgl. Bericht des A.-Kreiskrankenhauses K. W. vom 27.
Oktober 1998). Prof. Dr. P. hat daher angenommen, dass diese Gesundheitsstörung und die durch sie gegebene
Minderung der Leistungsfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung am 10. November 1998 vorhanden
gewesen sei. Zwischen dem 07. Oktober 1998 und dem Zeitpunkt der Antragstellung sind ersichtlich jedoch keine
Veränderungen eingetreten, so dass das Vorliegen der genannten Leistungsminderung bereits am 07. Oktober 1998
als in der gleichen Weise gesichert gelten kann.
Die Klägerin hat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit am 07. Oktober 1998 wenigstens 5 Jahre Pflichtbeitragszeiten
zurückgelegt, somit die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs.
1 SGB VI). Im maßgebenden Fünfjahreszeitraum vom 07. Oktober 1993 bis 06. Oktober 1998 sind ebenfalls
wenigstens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Dies ergibt sich
aus dem in der Verwaltungsakte vorhandenen Versicherungsverlauf vom 24. September 1998.
Nach § 99 Abs. 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen
Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten
Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei
späterer Antragstellung wird die Rente von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
Die Anspruchsvoraussetzungen lagen am 07. Oktober 1998 vor, so dass ausgehend von dem am 10. November 1998
gestellten Rentenantrag die Rente ab 01. November 1998 zu gewähren ist.
Eine Befristung der Rente kommt nicht in Betracht. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden Renten wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wenn begründete Aussicht besteht, dass die Minderung der
Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit (worunter ein Zeitraum von bis zu drei Jahren zu verstehen ist) behoben sein
kann.
Die von der Beklagten geäußerte Vermutung, durch den Einsatz von kortisonhaltigen Präparaten sei in der Regel eine
Besserung zu erwarten, hat sich, wie aus dem Bericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 22. Januar 2003
hervorgeht, nicht bestätigt. Bei der Klägerin wurden bereits verschiedene Substanzen zum Einsatz gebracht, ohne
dass sich eine dauerhafte Wirkung gezeigt hat (vgl. die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. P. vom 01. Juli
2002).
Im Hinblick auf die o. g. verschiedenen Therapieversuche kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine
Behebung der Leistungseinbuße innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren wahrscheinlich ist (vgl. dazu die
Beurteilung des Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 13. November 2000).
Der Klägerin steht daher Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach einem am 07. Oktober 1998 eingetretenen
Leistungsfall ab 01. November 1998 zu.
Damit hat sie zugleich ab dem genannten Zeitpunkt auch Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, denn wer
erwerbsunfähig ist, ist zugleich auch berufsunfähig. Die sonstigen beitragsbezogenen Voraussetzungen entsprechen
denen einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 43 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI).
Der Klägerin ist allerdings lediglich die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu leisten.
Besteht für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird nach § 89 Abs. 1 Satz
1 SGB VI nur die höchste Rente geleistet. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist gegenüber der Rente wegen
Berufsunfähigkeit die höhere Rente, denn der Rentenartfaktor ist mit 1,0 gegenüber 0,6667 (§ 67 Nrn. 2 und 3 SGB VI)
höher, woraus sich nach der Rentenformel des § 64 SGB VI eine höhere Rente ermittelt.
Die Berufung der Klägerin ist somit erfolgreich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des
Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.