Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.07.2010

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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 29.07.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 104 AS 17538/10 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 AS 1343/10 B ER
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Juni 2010 wird
zurückgewiesen. Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen,
wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu
erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Juni 2010 ist gemäß §§
172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den
dort am 2. Juni 2010 eingegangenen Antrag der Antragstellerin abgelehnt, der bei sachgerechter Auslegung ihres
Vorbringens dahin geht, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Mietschulden in
Höhe von 2000,00 EUR, die aus dem Mietvertrag für die in BOStraße , gelegene Wohnung resultieren, vorläufig
darlehensweise zu übernehmen.
Wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, hat die Antragstellerin nicht mit der für die Vorwegnahme der
Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch auf die von ihr
begehrte Leistung zustehen könnte (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung –
ZPO –). Denn unabhängig von der Frage, ob tatsächlich kein Vermieter dazu bereit sein sollte, ihr wegen ihrer
Eintragung im Schuldnerverzeichnis des zuständigen Vollstreckungsgerichts und im Verzeichnis der SCHUFA Holding
AG in B bzw. auch nur in ihrem aktuellen Wohnbezirk eine den Vorgaben des § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches
des Sozialgesetzbuches (SGB II) entsprechende angemessene Wohnung zu vermieten, lässt sich der von ihr geltend
gemachte Anspruch mit Erfolg auf keine der insoweit allein denkbaren Anspruchsgrundlagen stützen.
Wie bereits das Sozialgericht in diesem Zusammenhang mit Recht dargelegt hat, greift zunächst die Vorschrift des §
22 Abs. 5 SGB II nicht ein. Soweit danach eine Übernahme von Schulden dann in Betracht kommt, wenn dies zur
Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist bzw. dies gerechtfertigt
und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht, sind diese Voraussetzungen im Fall der
Antragstellerin nicht erfüllt. Denn die genannte Bestimmung ist nach einer an ihrem Sinn und Zweck orientierten
Auslegung nur dann einschlägig, wenn Schulden in Rede stehen, die im Kontext der Belastungen für Unterkunft und
Heizung entstanden sind (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 RdNr. 101 f. unter Bezugnahme
auf BT-Drucks 16/688, S. 14 zu Nr. 6) und zudem – soweit wie hier Wohnungslosigkeit vermieden werden soll – der
Sicherung der tatsächlich innegehaltenen Unterkunft dienen, für die Leistungen der Unterkunft und Heizung erbracht
werden. Um die Sicherung dieser Unterkunft, d. h. um die Sicherung der von der Antragstellerin derzeit bewohnten, in
B, Dstraße , gelegenen Wohnung geht es hier jedoch nicht, weil die Antragstellerin mit der begehrten Leistung letztlich
die Löschung aus dem Schuldnerverzeichnis des zuständigen Vollstreckungsgerichts und des Verzeichnisses der
SCHUFA Holding AG erreichen will, die nach ihrem Vorbringen von der Tilgung von Mietschulden in Höhe von 2000,00
EUR abhängig ist, die wiederum aus dem Mietvertrag für die von ihr zu keiner Zeit bewohnte und für sie auch nicht
mehr zur Verfügung stehende Wohnung in B, O Straße , resultieren. Davon abgesehen ließe sich die von ihr derzeit
bewohnte Wohnung, für die nach Lage der Akten ohnehin keine Rückstände aufgelaufen sind, durch eine wie auch
immer geartete Leistung des Antragsgegners auch nicht mehr sichern, weil die Antragstellerin diese Wohnung nach
ihrem weiteren Vorbringen bereits zum Ende des Monats Juli 2010 gekündigt hat und der Vermieter dieser Wohnung
nicht bereit ist, mit ihr für die sich anschließende Zeit ein neues Mietverhältnis zu begründen.
Der geltend gemachte Anspruch lässt sich des Weiteren auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 22 Abs. 3 Satz
1 SGB II stützen. Soweit danach bei vorheriger Zusicherung Wohnungsbeschaffungskosten übernommen werden
können, liegen auch diese Voraussetzungen nicht vor. Denn wie sich aus dem Erfordernis der vorherigen Zusicherung
schließen lässt, ist für eine Anwendung dieser Vorschrift nur dann Raum, wenn Kosten in Rede stehen, die im
Zusammenhang mit der Beschaffung einer konkreten Zielwohnung anfallen und nicht nur deshalb übernommen werden
sollen, um – wie hier – die Chancen auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Mangels konkreter Zielwohnung fehlt es
hier im Übrigen auch an dem Tatbestandsmerkmal der vorherigen Zusicherung, die sich stets auf eine konkrete
Wohnung beziehen muss.
Weitere Anspruchsgrundlagen, auf die die Antragstellerin ihr Begehren mit Erfolg stützen könnte, sind nicht
ersichtlich.
Abzulehnen war auch der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu
bewilligen. Denn dieses Verfahren bot aus den für die Zurückweisung der Beschwerde maßgeblichen Gründen zu
keiner Zeit hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden § 177 SGG).