Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 22.10.2004

LSG Berlin und Brandenburg: somatoforme schmerzstörung, berufsunfähigkeit, rente, firma, wechsel, zustand, schlosser, erwerbsunfähigkeit, auskunft, arbeitsunfall

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 22.10.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 24 RJ 422/01
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 5 RJ 1/04
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1947 geborene Kläger hat 1966 eine Ausbildung zum Betriebsschlosser mit der Facharbeiterprüfung
abgeschlossen und anschließend stets im erlernten Beruf bzw. auch als Haushandwerker gearbeitet, wobei er zuletzt
von 1993 bis 26. März 2000 als Kranschlosser beschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis wurde beendet, nachdem der
Kläger im Februar 1998 einen Arbeitsunfall (Kniegelenksfraktur durch Sturz von einer Leiter) erlitten und anschließend
bis Juni 1998 sowie von August 1999 bis März 2000 arbeitsunfähig krank gewesen war. Er bezieht wegen der
Unfallfolgen (MdE 25 v.H.) sowie einer Berufskrankheit (Allergie auf berufsspezifische Stoffe, MdE 15 v.H.) eine
Rente von der Berufsgenossenschaft sowie Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Am 30. März 2000 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Rentenantrag und machte geltend, seit dem Arbeitsunfall
erwerbsgemindert zu sein. Die Beklagte ermittelte in seinem Versicherungskonto 421 Beitragsmonate, davon 61 in der
Zeit vom 30. März 1995 bis 29. März 2000, und ließ den Kläger nach Beiziehung medizinischer Unterlagen von der
Berufsgenossenschaft und der Arbeitsverwaltung durch die Ärztin für Chirurgie B untersuchen. Diese stellte in ihrem
am 1. August 2000 abgeschlossenen Gutachten beim Kläger belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden rechts
bei Zustand nach operativ versorgter Patellafraktur sowie belastungsabhängige LWS-Beschwerden fest und hielt ihn
für fähig, leichte bis zeitweise mittelschwere Arbeiten in gelegentlich wechselnder Haltung ohne häufiges Knien und
Hocken sowie Leiter- und Gerüstarbeit und allergieauslösenden Stoffen vollschichtig zu verrichten. Daraufhin lehnte
die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 10. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
30. Januar 2001 im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne
der §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - SGB - VI, weil er mit seinem medizinisch festgestellten Leistungsvermögen zwar
nicht mehr als Schlosser arbeiten könne, aber zumutbar z.B. auf eine Tätigkeit als Fertigungsprüfer/Güte-kontrolleur
in Metallbetrieben oder als Gerätezusammenbauer verweisbar sei.
Mit der am 19. Februar 2001 erhobenen Klage hat der Kläger sein Rentenbegehren weiterverfolgt und geltend
gemacht, dass er wegen der gesundheitlichen Folgen seines Arbeitsunfalles und der Hauterkrankung beider Hände
nicht mehr erwerbsfähig sei.
Das Sozialgericht hat Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers eingeholt, und zwar von der
Allgemeinmedizinerin Dr. L, den Dermatologen Dres. S und B sowie der Orthopäden Dres. H und G, ein
arbeitsamtsärztliches Gutachten nach Untersuchung vom 16. Mai 2000 sowie die auf Veranlassung der
Berufsgenossenschaft - zuletzt unter dem 20. Juni 2002 - erstellten Gutachten beigezogen und ein
fachorthopädisches Gutachten von Dr. E eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 23. Mai 2003,
auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, folgende Diagnosen genannt:
Fehlstatik der HWS bei deutlichen degenerativen Veränderungen, Schulter-Arm-Syndrom beiderseits, Zustand nach
Handwurzelfraktur 1967 ohne Funktionseinschränkungen, rezidivierendes LWS-Syndrom im Sinne von
belastungsabhängigen Lumbalgien auf dem Boden deutlicher degenerativer Wirbelveränderungen, deutlicher
Verschleißzustand am rechten Kniegelenk und Kniescheibengleitlager im Sinne einer posttraumatischen Arthrose
nach operiertem Kniescheibenbruch, Arthralgien beider Sprunggelenke, unkomplizierte Fußfehlform beiderseits, leicht
überreichlicher Ernährungszustand
Das Leistungsvermögen des Klägers hat der Gutachter dahingehend eingeschätzt, dass er noch acht Stunden täglich
leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen Räumen in wechselnder, überwiegend sitzender Körperhaltung
ausüben könne. Das Heben und Tragen von Lasten sei bis 10 kg, selten auch bis 15 kg möglich. Einseitige
körperliche Belastung, Arbeiten unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen sowie in
Wechsel- und Nachtschicht seien zumutbar, die Fingergeschicklichkeit sowie der kraftvolle Einsatz beider Hände sei
nicht eingeschränkt. Zu meiden seien klimatische Einflüsse und Zugluft, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie
häufigere Überkopfarbeiten. Die geistigen Fähigkeiten seien ausbildungsentsprechend. Die Wegefähigkeit des Klägers
sei zur Zeit noch erhalten, die üblichen Pausen reichten aus.
Der Kläger hat hierzu ein Attest seines neuerdings behandelnden Orthopäden Dr. H vom 23. Juli 2003 überreicht,
demzufolge er wegen einer schmerzhaften Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit nicht mehr als drei
Stunden täglich arbeiten könne.
Die Beklagte hat diverse Auskünfte des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. -
VME - zu Einsatzmöglichkeiten leistungsgeminderter Schlosser und Installateure übersandt und die Auffassung
vertreten, dass der Kläger danach noch als Fertigungsprüfer/Gütekontrolleur bzw. als Hochregallagerarbeiter tätig sein
könne.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. November 2003 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen, auf
die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, die zulässige Klage sei
nicht begründet. Das Gericht folge grundsätzlich der Begründung der angegriffenen Bescheide und den Ausführungen
im Gutachten des Dr. E. Das darin festgestellte vollschichtige Leistungsvermögen des Klägers schließe die Annahme
von Erwerbsunfähigkeit aus. Dies gelte auch für die Annahme von Berufsunfähigkeit, weil der Kläger, dem als
Facharbeiter Berufsschutz zustehe, zumutbar auf eine Tätigkeit als Fertigungsprüfer/Gütekontrolleur bzw. als
Hochregallagerarbeiter verwiesen werden könne.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Dezember 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Januar
2004 eingegangene Berufung des Klägers, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt und zur Begründung geltend
gemacht hat, das Gutachten des Dr. Ehrlich sei unzureichend. Die benannten Verweisungstätigkeiten kämen für ihn
nicht in Frage. Die Tätigkeit eines Fertigungsprüfers/Gütekontrolleurs sei nach den Auskünften in allen Haltungsarten
auszuüben. Er bestreite, dass es insoweit hinreichend viele Arbeitsplätze gebe, bei denen eine derartige Tätigkeit
überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel verrichtet werden könne. Es fehle auch an
nachvollziehbarem Datenmaterial über das Vorhandensein von Arbeitsplätzen im Hochregallager, die seinem
Leistungsvermögen zuträglich seien. Nach der Auskunft des VME vom 19. September 2000 sei es möglich, dass bei
der Ein- und Auslagerung mittels Gabelstapler während des Fahrens Belastungen auf die Bandscheiben auftreten
könnten, was ihm auch nach Auffassung von Dr. E nicht zuzumuten sei. Es sei auch bisher nicht hinreichend geklärt,
ob es die erforderliche Anzahl von Arbeitsplätzen in Hochregallagern gebe, bei denen überwiegendes Sitzen ohne die
Bewältigung von Lasten möglich sei. Er habe sich am 2. Juli 2004 bei der Firma Bergmann und Franz, einer Sanitär-
und Heizungsfirma, über das Anforderungsprofil einer Arbeit als Hochregallagerist persönlich informiert. Dort sei ihm
mitgeteilt worden, dass er sich ständig bewegen und auch viel tragen müsse. Zwar werde mit einem speziellen Gerät
an das Hochregallager gefahren, aus dem die Materialien rausgenommen würden. Die Umsetzungen auf einen
Hubwagen erfolgten dann aber per Hand. Dazu sei er nicht mehr in der Lage. Bei der Firma S, die Hochregallager
verkaufe, habe er die Auskunft erhalten, dass die Arbeit an diesen Lagern zu 80 % im Stehen ausgeübt werde, was
ihm nicht zuzumuten sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2000
in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 30. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm
aufgrund seines Antrages vom 27. März 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit
zu ge- währen, hilfsweise, ein berufskundliches Gutachten darüber einzuholen, ob es eine hinreichende Anzahl von
Arbeitsplätzen in Hochregallagern mit einem ihm zumutbaren Anforderungsprofil gebe.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hat der Senat ein weiteres orthopädisches
Gutachten von Dr. M eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 14. Mai 2004, auf das im
Einzelnen verwiesen wird, folgende Diagnosen aufgeführt:
- V.a. somatoforme Schmerzstörung - Chron. Rez. Zervikal-Syndrom mit brachialgieformer Ausstrahlung -
Degenerative Osteochondrose, Spondylarthrose C4 bis C 7 - Chron. rez. Lumbal-Syndrom mit pseudoradikulärer
Ausstrahlung - Degenerative Spondylarthrose, Baastrup-Syndrom L4 bis S1 - Adipositas, myostatische
Rumpfinsuffizienz - Posttraumatische Gonarthrose rechts - Z.n. Patellafraktur rechts 02/1998 - Venöse Insuffizienz
rechtes Bein - Senk- und Spreizfuß bds. - Lungenemphysem - Schlafapnoe - Chron. Hyperkeratotisches Handekzem,
allerg. Kontaktekzem - Fettstoffwechselstörung, Fettleber.
allerg. Kontaktekzem - Fettstoffwechselstörung, Fettleber.
Das Leistungsvermögen des Klägers hat der Gutachter dahingehend eingeschätzt, dass er noch täglich acht Stunden
leichte körperliche Arbeiten verrichten könne, bevorzugt in klimatisierten Räumen. Die Arbeit solle überwiegend im
Sitzen mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel zum Gehen oder Stehen durchgeführt werden. Arbeiten unter
Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus und an laufenden Maschinen könnten ausgeübt werden, Wechsel- und
Nachtschicht seien zumutbar. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen,
Überkopfarbeiten, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, häufige kniende Tätigkeiten und häufiges Treppensteigen
sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg. Die Belastbarkeit der Arme und Hände sowie die
Fingergeschicklichkeit seien altersentsprechend ausreichend vorhanden. Es bestehe Übereinstimmung mit der
sozialmedizinischen Beurteilung des Vorgutachters Dr. E, da grobe neurologische Defizite im Bereich der
Extremitäten nicht vorhanden seien und die Beweglichkeit der Wirbelsäule sowie der großen Gelenke
altersentsprechend ausreichend sei. Anhaltspunkte für ein rheumatisches Krankheitsgeschehen lägen nicht vor.
Durch Wirbelsäulengymnastik, konsequente Durchführung der Rückenschule sowie Gewichtsreduktion und vermehrte
sportliche Aktivität sei das Leistungsvermögen zu verbessern. Der Kniegelenksverschleiß werde allerdings im Laufe
der nächsten Jahre zunehmen. Auf Nachfrage des Senats hat der Sachverständige in seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 24. Mai 2004 klargestellt, dass der Kläger viermal täglich Fußwege von auch mehr als 500 m in
ca. 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit benutzen könne.
Der Senat hat das berufskundliche Sachverständigengutachten des Diplom-Verwaltungswirts G B vom 11. November
2002 im Verfahren des Sozialgerichts Berlin - S 20 RJ 1422/00 in das Verfahren eingeführt und den Beteiligten zur
Kenntnis gegeben. Es betrifft die Einsatzmöglichkeiten eines leistungsgeminderten Betriebsschlossers u.a. als
Hochregallagerarbeiter und Gerätezusammensetzer. Zur Herstellung und Montage elektromechanischer und
mechanischer Kleinteile als Verweisungstätigkeit für einen bandscheibengeschädigten Schlosser hat sich auch der
VME in seinen Stellungnahmen vom 7. und 21. Februar 2000 im Verfahren L 5 RJ 7/98 des erkennenden Senats
geäußert. Diese Unterlagen sind ebenfalls in das vorliegende Verfahren eingeführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge
der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das erstinstanzliche Urteil ist nicht mit Erfolg zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2000 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten. Ihm steht eine Rente wegen Erwerbsminderung derzeit nicht zu.
Maßgebend für die im März 2000 vom Kläger beantragte Rente wegen Erwerbsminderung sind gemäß § 300 Abs. 2
SGB VI noch die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung. Die Beklagte
hat im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 den jeweiligen Abs. 2 dieser Vorschriften zutreffend im Wortlaut
zitiert, so dass darauf Bezug genommen werden kann. Danach liegt beim Kläger schon nicht Berufsunfähigkeit im
Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. vor.
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach dieser Vorschrift der "bisherige Beruf" des Klägers. Das
ist seine mit erfolgreicher Facharbeiterprüfung erlernte und anschließend überwiegend ausgeübte Tätigkeit als
Betriebsschlosser, zuletzt von 1993 bis März 2000 als Kranschlosser. Diesen Beruf kann der Kläger unstreitig nicht
mehr ausüben, weil damit auch die Bewältigung schwerer Lasten, häufige Arbeiten auf Leitern sowie die Verwendung
berufsspezifischer Stoffe, gegen die der Kläger allergisch ist, verbunden ist. Dass dem Kläger wegen seiner vor allem
orthopädischen Leiden und den Folgen seines Arbeitsunfalles eine weitere Tätigkeit in seinem bisherigen Beruf nicht
mehr möglich ist, hat bereits das Rentengutachten der Chirurgin B ergeben. Dieser Umstand begründet jedoch noch
keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Eine solche steht einem Versicherten nämlich erst dann zu,
wenn es anstelle seines bisherigen Berufes keine andere Tätigkeit mehr gibt, auf die er gesundheitlich und sozial
zumutbar verwiesen werden kann.
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und das Leistungsvermögen des Klägers waren bereits durch das vom
Sozialgericht eingeholte, sorgfältig begründete Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. E vom 23. Mai 2003
umfassend dargestellt und gewürdigt worden. Nach seiner wohlbegründeten Einschätzung, die auch den erkennenden
Senat überzeugt, kann der Kläger noch acht Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen
Räumen in wechselnder, überwiegend sitzender Körperhaltung ausüben. Das Heben und Tragen von Lasten bis
jedenfalls 10 kg ist ihm möglich. Einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten und Zeitdruck, in festgelegtem
Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen sowie in Wechsel- und Nachtschicht sind dem Kläger zumutbar, seine
Fingergeschicklichkeit sowie der kraftvolle Einsatz beider Hände sind nicht eingeschränkt. Zu vermeiden sind
ungünstige klimatische Einflüsse und Zugluft, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie häufigere Überkopfarbeiten.
Die Wegefähigkeit ist erhalten, die üblichen Pausen reichen aus. Dass diese von dem Attest des behandelnden
Orthopäden Dr. H abweichende Einschätzung eines vollschichtigen - und auch qualitativ nicht sehr schwerwiegend
eingeschränkten - Leistungsvermögens zutreffend ist, hat die weitere Beweiserhebung im Berufungsverfahren
bestätigt, die auf Antrag des Klägers unter Heranziehung des von ihm benannten Orthopäden Dr. M durchgeführt
worden ist. Dieser Sachverständige hat nach umfassender Untersuchung des Klägers und unter Einbeziehung auch
fachfremder, aktenkundiger Diagnosen das Leistungsvermögen des Klägers im Mai 2004 ebenfalls als für täglich acht
Stunden leichte körperliche Arbeiten ausreichend beurteilt. Das von ihm im Einzelnen herausgearbeitete positive und
negative Leistungsprofil des Klägers stimmt mit der Beurteilung des Vorgutachters Dr. E überein, wie Dr. M
zusammenfassend hervorgehoben hat. Aus der Sicht beider Orthopäden ist der Zustand des Stütz- und
Bewegungsapparates des Klägers im Wesentlichen altersentsprechend. Durch Wirbelsäulengymnastik,
Gewichtsreduktion und vermehrte sportliche Aktivität kann sein Leistungsvermögen sogar noch verbessert werden.
Nach Einschätzung von Dr. M wird allerdings der Kniegelenksverschleiß im Laufe der nächsten Jahre zunehmen.
Derzeit ist die Wegefähigkeit des Klägers allerdings auch seiner Auffassung nach noch gegeben, denn in seiner
ergänzenden Stellungnahme hat Dr. Me ausdrücklich klargestellt, dass der Kläger viermal täglich Fußwegen von auch
mehr als 500 m in ca. 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit benutzen kann.
Mit diesem Leistungsvermögen kann der Kläger zwar nicht mehr als Betriebsschlosser arbeiten, für ihn kommen
jedoch noch andere leichtere berufsverwandte Tätigkeiten in Betracht, die ihm als Facharbeiter zumutbar sind.
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass der Kläger in dem vom Bundessozialgericht entwickelten
Mehr-Stufen-Schema als gelernter Betriebsschlosser in der zweithöchsten von vier Gruppen einzustufen ist. Da er
Berufsschutz als Facharbeiter genießt und in seinem bisherigen Beruf nicht mehr einsetzbar ist, kann er nur auf
andere Facharbeitertätigkeiten oder auf qualifizierte Anlerntätigkeiten verwiesen werden, die konkret zu benennen
sind. Dabei ist hinsichtlich der Verweisungstätigkeit zu berücksichtigen, dass einerseits der Versicherte aufgrund
seiner Vorkenntnisse und Fähigkeiten in der Lage sein muss, diese mit einer maximalen Anlern- bzw.
Einarbeitungszeit von drei Monaten vollwertig zu verrichten, andererseits die Tätigkeit für jemanden ohne Vorbildung
aber eine betriebliche Ausbildung von mehr als drei Monaten erfordert (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B.
Urteil vom 30. September 1987 - SozR 2200 § 1246 Nr. 147 sowie Urteil vom 14. Mai 1996 - SozR 3-2600 § 43 Nr.
13).
Als dem Kläger gesundheitlich und fachlich zumutbare Verweisungstätigkeit kommt zunächst die eines Arbeiters im
Hochregallager mit warenkundlichen Kenntnissen des üblichen Metallsortiments in Betracht. Nach den Auskünften
des VME, die die Beklagte erstinstanzlich überreicht hat und die mit ähnlich lautenden Auskünften übereinstimmen,
die der erkennende Senat von diesem Verband eingeholt hat, steuert ein Arbeiter im Hochregallager mittels Computer
und automatischer Regaltechnik die Ein- und Auslagerung von metallischen Rohstoffen, Halbzeugen und
Fertigerzeugnissen. Eine körperliche Anstrengung erfolgt hierbei nicht, da ausschließlich automatische
Transporttechnik zur Anwendung gelangt und ein Umpacken der Gegenstände nicht erforderlich ist. Die Tätigkeit wird
überwiegend im Sitzen ausgeübt. Arbeiten in Zwangshaltungen oder auf Leitern und Gerüsten fallen nicht an. Häufiges
Arbeiten in hockender Stellung oder häufiges Bücken ist mit dieser Tätigkeit nicht verbunden, so dass sie insgesamt
als leichte körperliche Arbeit anzusehen ist. Die tarifliche Eingruppierung dieser qualifizierten Anlerntätigkeit erfolgt in
Tarifgruppe 4. Die für eine derartige Tätigkeit erforderlichen Fachkenntnisse kann sich ein Betriebsschlosser ohne
weiteres innerhalb einer Einarbeitungszeit von nicht mehr als drei Monaten aneignen. Der Kläger ist diesen
berufskundlichen Auskünften mit der Behauptung entgegengetreten, dass nach dem Ergebnis seiner eigenen
Recherchen die körperlichen Anforderungen einer Tätigkeit im Hochregallager in entscheidungserheblicher Weise
höher und ihm nicht zumutbar seien. Die auf umfassenden Kenntnissen der industriellen Fertigung in dem für den
Kläger vorrangig relevanten Bereich der Metallindustrie betreffenden Auskünfte zum Anforderungsprofil eines
Hochregallagerarbeiters mit warenkundlichen Kenntnissen des üblichen Metallsortiments werden durch die vom Kläger
eingeholte Arbeitsplatzbeschreibung bei nur einer konkreten Firma nicht entkräftet, zumal es sich dabei um einen
Sanitär- und Heizungsbetrieb gehandelt hat. Soweit er von einer in Berlin ansässigen Firma S die Auskunft erhalten
haben will, dass die Arbeit an den von ihr verkauften Hochregallagern zu 80 % in stehender Haltung ausgeübt würden,
steht dies in völligem Widerspruch zu den Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen B in seinem den
Beteiligten zur Kenntnis gegebenen Gutachten vom 11. November 2002. Dort hatte er für einen Betriebsschlosser mit
sogar deutlich weitergehenden Leistungseinschränkungen als beim Kläger u.a. eine Tätigkeit als
Hochregallagerarbeiter als zumutbar angesehen und hierzu u.a. ausgeführt, dass Hochregalstapler unterschiedlicher
Art von verschiedenen Herstellern produziert würden, z.B. von der Firma S in Hamburg. Die neuen Modelle würden mit
einem elektrisch drehbaren Fahrerplatzmodul ausgestattet, so dass der Bediener in jeder Situation optimal und
ermüdungsfrei sitzen könne.
Es bestand jedoch kein Anlass, diesen unterschiedlichen Auskünften durch Nachfrage oder die vom Kläger
beantragte Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens nachzugehen, da er jedenfalls
gesundheitlich und sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Gerätezusammensetzer bzw. Montierer von Kleinteilen
verwiesen werden kann. Eine solche Tätigkeit hatte die Beklagte schon in ihrem Widerspruchsbescheid vom 30.
Januar 2001 genannt. Die Anforderungen einer solchen Tätigkeit sind sowohl in dem bereits genannten Gutachten des
Sachverständigen B als auch in den vom Senat noch in das Verfahren eingeführten Auskünften des VME vom 7. und
21. Februar 2000 aufgeführt, die jeweils Verweisungstätigkeiten für leistungsgeminderte Schlosser betrafen, wobei das
Leistungsvermögen der dortigen Kläger eher geringer war als das des Klägers im vorliegenden Verfahren. Die
Montagetätigkeit wird jeweils dahingehend beschrieben, dass es sich um eine leichte körperliche Arbeit in
wechselnder, vorwiegend sitzender Haltung handelt. Die nach den oben genannten medizinischen Gutachten beim
Kläger zu berücksichtigenden wenigen qualitativen Einschränkungen werden bei diesen Montagetätigkeiten
berücksichtigt. Soweit der Kläger anführt, dass die bei ihm bestehende Kontaktallergie gegen Öle und Schmierstoffe
einer Tätigkeit als Gerätezusammensetzer entgegenstehe, ist darauf hinzuweisen, dass er sich, sofern bei dieser
feinmechanischen Tätigkeit überhaupt direkter körperlicher Kontakt mit derartigen Schmierstoffen gegeben ist, mit
Schutzhandschuhen versehen kann. Die angeführte Montagetätigkeiten erfordern nach den berufskundlichen
Auskünften eine reguläre Ausbildungszeit von mindestens 1 1/2 Jahren und werden jedenfalls nach der Lohngruppe 4
entlohnt. Sie stehen im Tarifgebiet auch in ausreichender Anzahl zur Verfügung.
Da nach alledem die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Annahme von Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs. 2
SGB VI a.F. nicht vorliegen, kommt die Annahme von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. erst
recht nicht in Betracht. Bei noch vollschichtigem Leistungsvermögen und mangelnder Berufsunfähigkeit besteht auch
kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
nach §§ 43, 240 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.