Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 20.12.2000

LSG Berlin-Brandenburg: innere medizin, ambulante behandlung, verschlechterung des gesundheitszustandes, rente, degenerative veränderung, zumutbare tätigkeit, angina pectoris, arbeitsmarkt, neurologie

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 3.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 3 R 1282/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 43 Abs 1 S 2 SGB 6 vom
20.12.2000, § 43 Abs 2 SGB 6
vom 20.12.2000, § 240 Abs 1
SGB 6 vom 20.12.2000, § 240
Abs 2 SGB 6 vom 20.12.2000
Rente wegen Erwerbsminderung - Krankenpflegerhelferin -
Berufsschutz - Verweisung auf zumutbare Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24.
August 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller
Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweise Erwerbsminderung, hilfsweise wegen
teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01. Februar 2006.
Die 1949 geborene Klägerin war vom 01. April 1965 bis zum 30. September 1967 als
Vorschülerin für die Kranken– oder Kinderkrankenpflege und von Oktober 1967 bis
einschließlich Januar 1969 als Schwesternschülerin im Städtischen Krankenhaus M
beschäftigt und absolvierte dort vom 01. Februar 1969 bis zum 14. Januar 1970
erfolgreich die Ausbildung als Krankenpflegehelferin. Seit dem 01. Februar 1970
arbeitete sie im städtischen Krankenhaus M und war laut Arbeitsvertrag mit dem
Bezirksamt Tiergarten von Berlin vom 05. Februar 1970 tariflich in die Vergütungsgruppe
Kr II des Bundesangestelltentarifvertrages – BAT – (Anlage I b zum BAT) eingestuft
worden.
Die Klägerin beantragte am 01. Februar 2006 bei der Beklagten die Zahlung einer Rente
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und gab an, seit dem 01. März 2005 arbeitsunfähig
erkrankt zu sein.
Die Beklagte lehnte den Antrag nach Beiziehung des ärztlichen Entlassungsberichts der
Reha-Tagesklinik im Forum P vom 13. Oktober 2005 über eine ambulante Behandlung
der Klägerin vom 23. August bis zum 12. September 2005 (Diagnosen: Impingement-
Syndrom der Schulter, zervikozephales Syndrom, psychologische (Verhaltens-)Faktoren
bei chronischen Schmerzen, Gonalgie bei Gonarthrose, Lumbalsyndrom, Hyptertonus
bei arthromuskulären Dysfunktionen) und nach Einholung einer Stellungnahme des
beratenden Arztes S vom 17. Februar 2006 mit Bescheid vom 03. März 2006 ab, da die
Klägerin zwar für ihre bisherige Tätigkeit als Krankenpflegehelferin nur noch eine
Leistungsfähigkeit von unter drei Stunden habe, aber für leichte Arbeiten auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr einsetzbar sei.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch rügte die Klägerin eine unzureichende
Würdigung ihrer Erkrankungen und trug vor, ein positives Leistungsvermögen könne
allenfalls noch für leichte, absolute stressfreie Halbtagsbeschäftigungen angenommen
werden, wobei der Teilzeitarbeitsmarkt aber derzeit verschlossen sei. Sie sei daher voll
erwerbsgemindert, so dass zumindest die Gewährung einer Rente auf Zeit in Betracht
komme. Zur näheren Begründung legte die Klägerin ärztliche Bescheinigungen des
Internisten Dr. M und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. M vom 30. Mai 2006, der
Augenärztin Dr. K vom 22. Mai 2006, der Fachärztin für Orthopädie H-B vom 23. Mai
2006 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M vom 29. Mai 2006 vor.
Die Beklagte beauftragte daraufhin den Facharzt für Orthopädie Dr. M mit der Erstellung
eines medizinischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 22. August 2006
(Untersuchung der Klägerin am selben Tag) kam der Sachverständige zu folgenden
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(Untersuchung der Klägerin am selben Tag) kam der Sachverständige zu folgenden
Diagnosen:
1. Orthopädische Leiden
Chronisches Halswirbelsäulen (HWS)-Syndrom,
Osteochondrose, Bandscheibendegeneration C 4-C7,
chronisches Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung,
Bandscheibenvorfall L5/S1 median,
sekundäre Arthrose linkes Knie und im Bereich beider Großzehen,
Senk-, Spreizfuß beidseits,
Hallux rigidus beidseits,
Verkalkung in der rechten Schulter,
2. Nicht orthopädische Leiden
Anpassungs- und Somatisierungsstörung,
Adipositas,
Bluthochdruck,
Fettstoffwechselstörung,
Zustand nach 3 x TIA.
Der Sachverständige führte aus, im Vordergrund des Beschwerdebildes stünden die
Anpassungs- und Somatisierungsstörung bzw. ein depressives Syndrom, des Weiteren
seien Gesundheitsstörungen im Bereich der inneren Medizin festzustellen, wie z. B. der
Bluthochdruck. In orthopädischer Hinsicht lägen die genannten Erkrankungen vor, jedoch
ohne Hinweis auf das Vorliegen einer rheumatischen oder entzündlichen
Gelenkerkrankung. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule (WS) und der großen Gelenke sei
altersentsprechend ausreichend, motorische Defizite seien nicht vorhanden.
Empfehlenswert seien ambulante konservativ-physikalische Therapiemaßnahmen. Die
bisherige medikamentöse Schmerzmitteldosierung sei unzureichend, es sei auch bisher
keine spezielle Schmerztherapie nach WHO-Stufenplan erfolgt. Insgesamt könne die
Klägerin leichte körperliche Arbeit regelmäßig täglich vollschichtig bei der Möglichkeit
zum gelegentlichen Wechsel der Haltungsarten und unter Vermeidung von körperlichen
Belastungen und Zwangshaltungen verrichten.
Die Beklagte holte des Weiteren ein nervenärztliches Gutachten bei der Ärztin für
Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. W-G ein. In ihrem Gutachten vom 13.
September 2006 kam die Gutachterin zu der Feststellung, die Klägerin befinde sich in
eher subdepressiver als depressiver Stimmungslage, offensichtlich verursacht durch ihre
derzeit ungeklärte soziale Situation und ihre mangelnde Bewegungsfähigkeit. Eine
wesentliche Affektlabilität sei nicht feststellbar, die Modulationsfähigkeit sei ungestört
affektiv, der gezielte Antrieb ausreichend. Die Klägerin leide unter
Somatisierungsstörungen (multiple) und anamnestisch rezidivierendem Schwindel. Es
bestehe der Verdacht auf Spannungskopfschmerz. Die Konzentrationsfähigkeit sei
gelegentlich diskret herabgesetzt. Eine wesentliche Einschränkung des beruflichen
Leistungsvermögens ergebe sich durch diese Störungen im Moment noch nicht, die
Klägerin nehme auch keine ambulante Behandlung in Anspruch wie z. B. ambulante
Psychotherapie oder Einnahme von Psychopharmaka. Das ihr vom behandelnden
Nervenarzt M verordnete Trimipramin habe sie wegen der im Beipackzettel
beschriebenen Nebenwirkungen noch nicht genommen, stattdessen nehme sie
mehrmals die Woche Lormetazepam zum Schlafen. Es liege zudem eine unklare
Schwindelsymptomatik vor, die allerdings noch nicht sicher auf TIAS (transitorische
ischämische Attacken in Folge von zerebralen Durchblutungsstörungen) schließen lasse,
denn der erhobene neurologische Befund sei unauffällig. Aufgrund der angegebenen
Schwindelsymptomatik und der erhobenen Magnetresonanztherapie-Befunde sei der
Klägerin indes die schwere körperliche Arbeit einer Krankenpflegehelferin nicht mehr
zumutbar. Aus nervenärztlicher Sicht seien jedoch noch alle leichten körperlichen
Arbeiten vorwiegend im Sitzen, auch Verwaltungsarbeiten, vollschichtig möglich, wobei
wegen der Schlafstörungen Nachtarbeit vermieden werden solle.
Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 10.
November 2006 als unbegründet zurück und führte ergänzend aus, eine
Verweisungstätigkeit sei der Klägerin, die lediglich eine Berufsausbildung von einem Jahr
habe, nicht zu benennen.
Mit ihrer hiergegen bei dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin
ihr Begehren auf Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt und vorgetragen, die
Beklagte habe nicht alle bei ihr bestehenden Krankheiten gewürdigt. So leide sie
insbesondere auch an massiven internistisch-kardiologisch bedingten Funktionsdefiziten
und erheblichen Bewegungseinschränkungen der WS und der Gelenke. Schließlich
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und erheblichen Bewegungseinschränkungen der WS und der Gelenke. Schließlich
bestehe eine zumindest mittelgradige Depression und - aus dem psychosomatischen
Beschwerdekomplex folgende - deutlich verstärkte Schmerzempfindungen (schwere
chronifizierte Somatisierungsstörung). Die im Jahr 2005 durchgeführte medizinische
Reha-Maßnahme habe nicht zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden geführt.
Abklärungsbedürftig sei auch, ob eine Beeinträchtigung der Wegefähigkeit vorliege,
zumal für sie seit Februar 2003 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 festgestellt und
das Merkzeichen „G“ zuerkannt worden. Aufgrund ihrer multiplen Beschwerden liege bei
ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die zur vollen
Erwerbsminderung führe (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11. März 1999, AZ B 13
RJ 71/97R). Schließlich sei sie als Angelernte im oberen Bereich zu beurteilen, sodass von
der Beklagten zumindest eine körperlich zumutbare Verweisungstätigkeit konkret
bezeichnet werden müsse.
Das SG hat Befundberichte (BB) des Internisten Dr. G vom 07. März 2007, der
Fachärztin für Augenheilkunde Dr. Kunde vom 09. März 2007, der Fachärzte für
Allgemeinmedizin bzw. Innere Medizin Dres. M vom 12. März 2007, des Orthopäden Dr. K
vom 07. März 2007 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M vom 27. März 2007
sowie eine Arbeitgeberauskunft eingeholt. Nach der Auskunft der V Netzwerk für
Gesundheit GmbH vom 03. April 2007 war die Klägerin zuletzt als Angestellte im
Pflegedienst in die Vergütungsgruppe Kr IV mit einem Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von
2.325,81 € eingruppiert.
Des Weiteren hat das SG den Arzt für Orthopädie Dr. E mit der Erstellung eines
Gutachtens beauftragt. In seinem Sachverständigengutachten vom 03. Juni 2007 hat der
Sachverständige folgende Erkrankungen festgestellt:
I. HWS-Syndrom mit belastungsabhängigen Hinterkopf-Nacken-Schulterschmerzen
und deutlicher Funktionseinschränkung wegen deutlicher degenerativer
Wirbelveränderungen,
II. Schulterarmsyndrom beidseits = verkalkendes Rotatorenmanschettensyndrom,
III. Zustand nach Infraktion des 3. und 4. Mittelhandknochens links mit geringen
Funktionsstörungen,
IV. LWS-Syndrom mit Lumbalgien und Lumboischialgien mit pseudoradiculärem
Schmerzsyndrom bei mäßiger Bandscheibenvorwölbung und insgesamt nur geringer
degenerative Veränderung,
V. geringe Minderanlage beider Hüftgelenke ohne klinische Relevanz,
VI. erheblicher Verschleißzustand des rechten Kniescheibengleitlagers und
mittelgradiger Verschleißzustand des Kniegelenkes,
VII. erheblicher Verschleißzustand des linken Kniegelenkes und des
Kniescheibengleitlagers,
VIII.Schwellneigung der Sprunggelenke mit Umknickneigung,
IX. Fußfehlform (Senk- Spreizfuß mit deutlicher Ballenbildung und Arthrose des
Großzehengrundgelenkes) und
X. leicht überreichlicher Ernährungszustand.
Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin als
Krankenpflegehelferin ein auf Dauer aufgehobenes Leistungsvermögen bestehe.
Allerdings könne sie – trotz der eingeschränkten Belastbarkeit der WS und der
Extremitäten - ohne auf Kosten ihrer Gesundheit zu arbeiten, täglich regelmäßig leichte
körperliche Tätigkeiten, auch Schichtarbeiten, in geschlossenen Räumen unter
Vermeidung von klimatischen Einflüssen überwiegend sitzend mit der Möglichkeit einer
gelegentlich wechselnden Körperhaltung ausüben. Das Heben und Tragen von Lasten bis
zu 5 Kilo sei möglich. Die Klägerin sei nicht in der Ausübung geistiger Tätigkeiten
beschränkt, ihre Leiden wirkten sich insbesondere nicht auf die Sinnesorgane und die
allgemeine Intelligenz aus. Arbeiten am Computer seien jedoch wegen der damit
verbundenen Zwangshaltung nur eingeschränkt zumutbar, einseitige körperliche
Belastungen, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten an
laufenden Maschinen, Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit sowie den kraftvollen Einsatz
beider Hände voraussetzten, seien nur sehr eingeschränkt, Überkopfarbeiten und
Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht zumutbar. Die von der Klägerin
mitgeteilte Therapie lasse nicht auf ein außergewöhnliches chronisches
Schmerzsyndrom mit einer durch Medikamente auch quantitativ geminderten
Leistungsfähigkeit schließen. Sie könne übliche Wegstrecken (viermal täglich 500 Meter
in jeweils 20 Minuten) zurücklegen und auch zweimal täglich mit öffentlichen
Verkehrsmitteln fahren. Zur Untersuchung sei die Klägerin bei einer Fahrzeit von 60
Minuten mit U-Bahn und Bus gekommen. Das Leistungsvermögen reiche bei
Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen noch für die volle übliche
Arbeitszeit von acht Stunden täglich aus, eine quantitative Einschränkung der
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Arbeitszeit von acht Stunden täglich aus, eine quantitative Einschränkung der
Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege nicht vor.
Das SG Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24. August 2007 unter
Bezugnahme auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. E und der von der
Beklagten beauftragten Nervenärztin Dr. W-G abgewiesen. Die vorliegenden BB der die
Klägerin behandelnden Ärzte gäben keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in
medizinischer Hinsicht, zumal sich diese nicht einschränkend zur Leistungsfähigkeit der
Klägerin geäußert hätten. Die Klägerin sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Gegen den ihr am 01. September 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin
am 12. September 2007 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf Gewährung
einer Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt. Sie trägt vor, das SG habe den
Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt, insbesondere keine genügenden
medizinischen Ermittlungen im Bereich der kardiologischen und seelischen
Erkrankungen getätigt und die massive Schmerzsymptomatik nur gestreift. Es hätte
eine umfassende neurologisch-psychiatrische Fachbegutachtung aufgrund der
vorhandenen psychovegetativen Beschwerden (z. B. Schwindel, Kopfschmerzsyndrom,
Herzrasen und -stiche bei psychischer Anspannung) erfolgen müssen. Die bei ihr bereits
jetzt festgestellten qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit gingen über das
hinaus, was vom Begriff der leichten Tätigkeit mit umfasst sei. Eine Verweisung auf
Tätigkeiten einer Pförtnerin komme angesichts ihrer depressiv-ängstlichen
Persönlichkeitsstruktur, die den Umgang mit Besuchern, Kunden und Lieferanten sowie
die Erteilung von Auskünften erschwere, nicht in Betracht. Eine Verweisung auf den
allgemeinen Arbeitsmarkt sei nur dort zulässig, wo es offensichtlich für den Versicherten
geeignete Tätigkeiten gebe. Das SG habe auch nicht geprüft, ob eine Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege, die zur Benennung mindestens
einer zumutbaren Verweisungstätigkeit zwinge (vgl. Urteil des BSG vom 27. März 2007,
B 13 R 63/06 R).
Das LSG hat BB des Facharztes für Hals- Nasen- Ohrenheilkunde Dr. M vom 30.
November 2007, der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. K vom 29. November 2007, des
Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 29. November 2007 mit Anlagen
(Bericht der kardiologischen Praxis im Spreebogen über durchgeführte
Farbduplexsonographien am 30. Oktober und 04. November 2002 und 27. Juli 2005,
Kernspintomographie des Kopfes vom 29. Oktober 2002), der Fachärztin für
Allgemeinmedizin K vom 02. Dezember 2007 nebst Anlage (Laborbefund), der
Fachärztin für Allgemeinmedizin und des Facharztes für Innere Medizin Dres. M vom 10.
Dezember 2007 nebst Anlagen (Laborblatt vom 10. Dezember 2007, Bericht des
Krankenhauses M über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 16. bis 21.
Oktober 1995, ärztlicher Entlassungsbericht betreffend einen Aufenthalt der Klägerin im
Reha-Zentrum Bad S vom 03. September bis zum 01. Oktober 1996, Entlassungsbericht
der Reha-Klinik Bad D/Innere Medizin, Schwerpunkt Kardiologie, über einen Aufenthalt
der Klägerin vom 21. Mai bis zum 11. Juni 2003) und einen Bericht des medizinischen
Versorgungszentrums O vom 10. Dezember 2007 eingeholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2007 und den
Bescheid der Beklagten vom 03. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen
voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise
wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01. Februar 2006 zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Auffassung, dass die Klägerin mit gewissen Einschränkungen auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leistungsfähig sei und trägt ergänzend vor,
es falle die geringe Konsultationshäufigkeit der Klägerin bei ihren behandelnden Ärzten
auf. Bei gravierenden Beschwerden wäre das nicht der Fall. Die in der Berufungsschrift
beklagten Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Herzrasen und Herzstiche seien
zunächst intensiver zu behandeln. Solange die Behandlung nicht ausreichend von der
Klägerin in Anspruch genommen werde, sei keine Leistungsminderung für den
allgemeinen Arbeitsmarkt anzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Schwerbehindertenakte des
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Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Schwerbehindertenakte des
Versorgungsamtes Berlin verwiesen, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen
haben.
Entscheidungsgründe
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin (§§ 144, 151
Sozialgerichtsgerichts [SGG]) ist unbegründet, denn sie hat keinen Anspruch auf
Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. wegen
teilweiser Erwerbsminderung bei Berufungsunfähigkeit nach dem ab dem 01. Januar
2001 geltenden Recht.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung
haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen
Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Teilweise
erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht
absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 240 Abs.
1 SGB VI haben auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und
berufsunfähig sind, bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des
65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Berufsunfähig
sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder
Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch
gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und
Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach
denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten,
die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der
Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der
besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist
nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte voll
erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit
außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nach Auswertung der im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren eingeholten
Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. M vom 22. August 2006, der Ärztin für
Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. W-G vom 13. September 2006 und des
Facharztes für Orthopädie Dr. E vom 04. Mai 2007 sowie des Reha-Entlassungsberichtes
der Tagesklinik im Forum P steht zwar fest, dass die Klägerin an degenerativen
Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates (WS, besonders im Bereich der HWS
und LWS, Bandscheibenerkrankung, Arthrose in den Knien und an den Großzehen,
Ablagerungen an den Schultern) sowie an Somatisierungsstörungen,
Schwindelerscheinungen, Spannungskopfschmerz, Schlafstörungen, Bluthochdruck und
Sehminderung rechts leidet. In dem aktuellen orthopädischen Gutachten von Dr. E vom
03. Juni 2007 ließen sich anhand der Röntgen- und Tomographie-Aufnahmen deutliche
Verschleißerscheinungen an den Knien feststellen, die zu mehreren arthroskopischen
Operationen geführt hatten (u. a. Menikusentfernung links, Knorpelglättung), und eine im
Bereich der HWS, BWS und LWS gering über die Altersnorm hinausgehende
Funktionsminderung bei der Beweglichkeitsprüfung. Die Bewegungen waren
schmerzbedingt langsam und eingeengt, starke Verspannungen der
Rückenstreckmuskulatur lagen vor. Aufgrund der Bandscheibenvorwölbungen besteht
die Möglichkeit einer Irritation der die Oberschenkelmuskulatur versorgenden Nerven,
Nervenwurzelreizerscheinungen waren allerdings nicht nachweisbar. Im Übrigen ergab
sich ein altersentsprechender muskulärer Zustand, eine im Wesentlichen
altersentsprechende Beweglichkeit der großen Gelenke ohne Hinweis auf das Vorliegen
einer rheumatischen oder entzündlichen Gelenkerkrankung. Außerdem war eine
Verkalkung der Rotatorenmanschette rechts anhand eines Kernspintomogramms aus
März 2005 ersichtlich.
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, ihre seelischen Erkrankungen und die massive
Schmerzsymptomatik seien nicht ausreichend gewürdigt worden, insbesondere hätte
eine neurologisch-psychiatrische Fachbegutachtung erfolgen müssen, ist zunächst auf
die Feststellungen in dem nervenärztlichen Gutachten der Ärztin für Neurologie,
Psychiatrie, Psychotherapie Dr. W-G vom 13. September 2006 hinzuweisen. Die
Sachverständige diagnostizierte multiple Somatisierungsstörungen, einen
wiederkehrenden Schwindel und Verdacht auf Spannungskopfschmerz, vermochte
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wiederkehrenden Schwindel und Verdacht auf Spannungskopfschmerz, vermochte
jedoch die von der Klägerin angegebenen Depressionen nicht festzustellen, sondern
nahm eine subdepressive, das berufliche Leistungsvermögen jedoch nicht wesentlich
einschränkende Stimmungslage an. Im Gespräch sei die Klägerin freundlich, zugewandt
und offen und in ausgeglichener Stimmungslage gewesen. Ebenfalls nicht durch
objektive Befunde untermauert werden konnte die unklare Schwindelsymptomatik, die
nach Angaben von Dr. W-G bei unauffälligem neurologischem Befund nicht sicher auf
TIAS (transitorische ischämische Attacken in Folge von zerebralen
Durchblutungsstörungen) habe schließen lassen.
Anhaltspunkte für das Vorliegen der behaupteten mindestens mittelgradigen Depression
ergeben sich auch nicht aus den vorliegenden BB und Krankenhausberichten. So wurde
die Reha-Maßnahme im Forum P vorwiegend wegen orthopädischer Leiden durchgeführt,
die Stimmungslage war ansonsten unauffällig. Der behandelnde Neurologe und
Psychiater M hat zwar in seinem BB vom 29. November 2007 eine depressive Störung
mit Somatisierung und teils mit herzphobischer Angstsymptomatik, chronisch
rezidivierenden und stark fluktuierendem Verlauf mit Verschlechterungs- und
Chronifizierungstendenz festgestellt und angegeben, die Klägerin sei in ihrer Handlungs-,
Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vermindert belastbar, es sei trotz regelmäßiger
gesprächstherapeutischer und nervenärztlicher Interventionen und teilstationärer
Rehabilitation im Herbst 2005 nicht zu einer signifikanten Stabilisierung im psychischen
und physischen Befinden gekommen. Insoweit handelt es sich jedoch – unter
Wiederholung der Angaben aus den vorangegangenen BB - um Wiedergaben der Klagen
der Klägerin über innere Unruhezustände, Schlafstörungen, Sturzanfälle etc. ohne eine
eigene – neue - Befunderhebung. Hiernach ist davon auszugehen, dass im Vordergrund
der psychischen Beschwerden die jahrelange Überforderungssituation im Beruf mit der
Unmöglichkeit, der Klägerin einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen, gestanden
hat. Die depressive Verstimmung scheint bei der Klägerin auch nicht durchgängig zu
bestehen, sondern situationsabhängig zu sein. So gibt die Klägerin an, einen
Lebensgefährten zu haben, mit dem sie allerdings in getrennten Wohnungen wohnt, ihre
Freizeit zum Teil in seinem Garten zu verbringen, mit ihm auch Auslandsreisen zu
machen, einen Freundeskreis zu haben und zeitweise gerne zu basteln (Grußkarten).
Gegen das Vorliegen der behaupteten mindestens mittelgradigen Depression spricht
auch, dass die Klägerin – nach Abbruch einer Psychotherapie nach wenigen Sitzungen –
weder ambulante Behandlungen oder Therapien durchgeführt noch die von ihrem
behandelnden Nervenarzt M verordneten Antidepressiva eingenommen hat. Sie ist im
Jahr 2006 insgesamt nur dreimal bei Herrn M in der Sprechstunde erschienen, wobei
zwischen der letzten Berichterstattung am 29. November 2007 und der letzten
Konsultation am 07. September 2006 mehr als ein Jahr gelegen hat.
Eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin lässt sich aus
den im Berufungsverfahren eingeholten BB der behandelnden Ärzte nicht entnehmen.
Die Fachärztin für Augenheilkunde Dr. K hat in ihrem BB vom 29. November 2007 eine
endgradige Schwachsichtigkeit des rechten Auges diagnostiziert, verbunden mit der
Unfähigkeit zum Stereosehen, wobei die Krankheitsentwicklung aber gleichbleibend sei.
Die Klägerin sei hierdurch bedingt für Computerarbeit nicht geeignet. Die Ärzte für
Allgemeinmedizin und Inneres Dres. M haben in ihrem BB vom 10. Dezember 2007
angegeben, die Klägerin leide internistisch unter Hypertonie und
Fettstoffwechselstörungen, die allerdings unter Medikamentation stabil seien, vorrangig
sei das orthopädische Beschwerdebild. Der HNO-Arzt Dr. M hat in seinem BB vom 30.
November 2007 keine Verschlechterung festgestellt. Die Fachärztin für
Allgemeinmedizin K hat in ihrem BB vom 02. Dezember 2007 ausgeführt, sie habe die
Klägerin nur einmal wegen eines Angina Pectoris-Anfalls am 01. August 2006 behandelt,
wobei ein Myokardinfarkt habe ausgeschlossen werden können.
Unter Berücksichtigung dieser Leiden und Gesundheitsstörungen ist die Klägerin für
ihren Beruf als Krankenpflegehelferin auf Dauer nicht mehr leistungsfähig. Der Senat
schließt sich im Übrigen den - übereinstimmenden - Auffassungen der Sachverständigen
Dr. M, Dr. E und Dr. W-G an, die überzeugend und nachvollziehbar das
Restleistungsvermögen der Klägerin abgeleitet und ausgeführt haben, sie sei - ohne auf
Kosten ihrer Gesundheit zu arbeiten - nach wie vor in der Lage, täglich regelmäßig und
vollschichtig körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erbringen.
Der eingeschränkten Belastbarkeit von WS und Extremitäten, der schmerzbedingten
Funktionseinschränkung der Schultern und den bestehenden Verschleißerscheinungen
an WS und Gelenken wird dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin nur
überwiegend sitzende Arbeiten in geschlossenen Räumen mit der Möglichkeit einer
gelegentlich wechselnden Körperhaltung und unter Vermeidung von einseitigen
körperlichen Belastungen verrichten kann. Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit sowie den
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körperlichen Belastungen verrichten kann. Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit sowie den
kraftvollen Einsatz beider Hände voraussetzen und WS und Extremitäten übermäßig
belasten, ferner das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Überkopfarbeiten und
Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sind ihr nicht zumutbar. Wenig geeignet sind auch
Arbeiten am Computer wegen der damit verbundenen Zwangshaltung und wegen der
Sehschwäche. Wegen der verringerten psychischen Belastbarkeit sind Arbeiten unter
Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeiten, Nachtarbeit, Arbeiten an laufenden
Maschinen nur eingeschränkt möglich. Demgegenüber vermag die Klägerin Arbeiten mit
geistigen Anforderungen und Anforderungen an die allgemeine Intelligenz und an die
Sinnesorgane – unter Berücksichtigung des eingeschränkten Sehvermögens rechts -,
auch Verwaltungsarbeiten vollschichtig durchzuführen. Einschränkungen beim
Zurücklegen eines Weges sind nicht gegeben, die Klägerin kann übliche Wegstrecken
(viermal täglich 500 Meter in jeweils 20 Minuten) zurücklegen und kann auch zweimal
täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. So ist die Klägerin zur Untersuchung bei
dem Gutachter Dr. E mit der U-Bahn und dem Bus bei einer Fahrzeit von 60 Minuten
gekommen.
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch berücksichtigt, dass die Klägerin in
Anbetracht der vielfach geklagten Beschwerden ihre behandelnden Ärzte relativ selten
aufgesucht hat. So hat der behandelnde Orthopäde Dr. K in seinem BB vom 07. März
2007 mitgeteilt, die letzte Vorstellung der Klägerin sei am 14. November 2005 gewesen.
Nach dem BB der behandelnden Internisten Dres. M vom 07. März 2007 war die letzte
Vorstellung der Klägerin dort am 09. August 2006. Auch lässt die von der Klägerin
mitgeteilte Therapie nicht auf ein außergewöhnliches chronisches Schmerzsyndrom
schließen. Die vorgeschlagenen physikalischen und medikamentösen
Therapiemaßnahmen sind von der Klägerin bisher nicht ausreichend genutzt worden.
Die Klägerin ist hiernach nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 Satz 2,
Abs. 2 SGB VI).
Eine über die genannten Beeinträchtigungen hinausgehende Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische
Leistungsbehinderung kann nicht angenommen werden. Abgesehen davon, dass auch
die Klägerin nicht angibt, welche konkreten Leiden hierbei berücksichtigt werden
müssten, könnte eine über die genannten qualitativen Einschränkungen der
Leistungsfähigkeit hinausgehende ungewöhnliche Leistungseinschränkung allenfalls in
der bei der Klägerin neben ihren orthopädischen Leiden zu berücksichtigende
Sehschwäche des rechten Auges gesehen werden (Schielen rechts mit typischer
funktioneller Sehminderung). Insoweit handelt es sich indes um ein eingebrachtes, d.h.
bereits bei Beginn der Berufstätigkeit vorliegendes Leiden, welches die Klägerin nicht an
ihrer über 35 Jahre andauernde Berufstätigkeit als Krankenpflegehelferin gehindert hat.
Ausweislich der wenigen vorliegenden augenärztlichen Befunde scheint die
Sehbehinderung nie im Vordergrund des Beschwerdebildes gestanden zu haben. Auch
ist der Zustand ausweislich der BB der Augenärztin Dr. K, zuletzt BB vom 29. November
2007, stabil; hier fallen die relativ seltenen Arztbesuche der Klägerin ebenfalls auf. Die
Sehminderung rechts wird zudem aufgrund eines ausreichenden Sehvermögens des
anderen Auges mit Brillenkorrektur ausgeglichen. Dem Leiden ist zudem mit dem
Ausschluss von Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen und
binokulares Sehen ausreichend Rechnung getragen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs.
2 SGB VI). Zwar ist die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf einer Krankenpflegerhelferin
nur noch unter drei Stunden einsetzbar. Ein Anspruch auf Rente wegen BU steht dem
Versicherten aber nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr,
dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit i. S. d. § 240
Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen
noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich
dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Beurteilung der Wertigkeit des
bisherigen Berufs ist das vom BSG entwickelte Mehr-Stufen-Schema heranzuziehen (vgl.
Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29.03.1994, Az: 13 RJ 35/93, Sozialrecht 3–2200 §
1246 Nr. 45). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema
erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen
Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h.
der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb. Es
kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. am
Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen
Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG
SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 Randnrn. 6-7 m. w. N.).
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Ausgangspunkt für die Einstufung in das Mehrstufenschema ist nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der bisherige Beruf, den der Versicherte
ausgeübt hat. Bei der Gruppe der Angestellten erfolgt – abgesehen von den besonders
hoch qualifizierten Angestellten – eine Einteilung in „Gelernte“ bzw. Fachangestellte mit
einer Ausbildung von mehr als zwei, regelmäßig drei Jahren, in „Angelernte“ mit einer
beruflichen Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren und in „Ungelernte“.
Hiernach hat die Klägerin ihr berufliches Qualifikationsniveau durch die erfolgreiche
Absolvierung ihrer Ausbildung zur Krankenpflegehelferin am 14. Januar 1970 erlangt.
Nicht einzubeziehen ist in diesem Zusammenhang die zuvor absolvierte zweijährige
Vorschule am Krankenhaus M, denn die Klägerin war zunächst als ungelernte
Krankenhelferin eingestellt worden und wurde mit den Anforderungen in
hauswirtschaftlicher Hinsicht vertraut gemacht, ohne dass sie diese Ausbildung mit einer
Prüfung abgeschlossen hat. Maßgebend ist vielmehr die von der Klägerin erfolgreich
absolvierte Ausbildung als Krankenpflegehelferin, womit sie eine Qualifikation erworben
hat, wie sie bereits nach einem Jahr der Ausbildung in dieser konkreten Berufstätigkeit
erlangt werden kann. Die Klägerin ist daher in den Bereich der „Angelernten“ im unteren
Bereich (Ausbildung von drei bis zwölf Monaten) einzuordnen.
Allerdings erfolgt die Einordnung eines bestimmten Berufs in das Mehrstufenschema
nicht ausschließlich nach der absolvierten förmlichen Berufsausbildung.
Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer
Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb (Dauer und Umfang
der Ausbildung, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit; vgl. BSG SozR
4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 6 bis 7 m. w. N.). Dass die Klägerin indes – über ihre Ausbildung
hinausgehend - im Rahmen des maßgeblichen letzten beruflichen Tätigkeitsfeldes
Tätigkeiten, die üblicherweise von Krankenschwestern verrichtet werden, ausgeübt hätte,
hat sie nicht vorgetragen und ist auch nicht feststellbar, selbst wenn sich einige
Tätigkeiten der Krankenpflegehilfe mit denjenigen der Krankenschwestern und –pfleger
überschneiden dürften.
Dementsprechend wurde die Klägerin als Krankenpflegehelferin entlohnt. Ausweislich des
vorliegenden Arbeitsvertrages vom 05. Februar 1970 wurde sie zunächst in der
Tarifgruppe Kr II der Anlage I b zum Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) - der
üblichen Einstiegsstufe im Bereich der Krankenpflegehilfe - für Personen mit einjähriger
Ausbildung eingeordnet. Nach der Arbeitgeberauskunft der V. Klinik vom 03. April 2007
stieg die Klägerin dann bis zur Gehaltsgruppe Kr IV/Fallgruppe 2 Abschnitt A der Anlage I
b zum BAT auf, der Endstufe im Bereich der Krankenpflegehilfe. Auch wenn dies zugleich
die Einstiegsgehaltsgruppe für Krankenschwestern/Krankenpfleger mit einer
Ausbildungszeit von drei Jahren für ca. zwei Jahre darstellt, bevor diese dann höher
gruppiert werden, kann sie diesen nicht gleichgestellt werden. Bei der Tarifgruppe Kr IV
BAT handelt es sich nämlich nicht um eine für Fachangestellte typische Lohngruppe, sie
beinhaltet vielmehr gemischt die Endstufe für Angelernte, die infolge Bewährung bzw.
nach längerer Tätigkeit mit entsprechender Berufserfahrung aufsteigen sowie die
Eingangsstufe für Fachangestellte. Im Fall der Klägerin liegt ein derartiger
Bewährungsaufstieg vor, der nicht vom Erwerb höherwertiger Kenntnisse, Fähigkeiten
und Qualifikationen abhängig ist und auch keine höherwertige Qualifikation verleiht (BSG,
Urteil vom 28. November 1980, 5 RJ 50/80 in SozR 2200 § 246 Nr. 71; Urteil des
Bayrischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 2003, L 14 RA 251/00, juris).
Die Klägerin ist somit – wie von der Beklagten und vom SG angenommen – auf alle
zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass ihre
eine konkrete Berufstätigkeit benannt werden müsste. Die Berufung ist daher
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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