Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 28.03.2006

LSG Berlin und Brandenburg: anspruch auf bewilligung, leistungsbegehren, zivilprozessordnung, erlass

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 28.03.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 59 AS 11410/05 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 18 B 221/06 AS PKH
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2005
geändert. Der Antragstellerin wird für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem
Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten gewährt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin, die sich nur gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) in dem
angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts (SG) gerichtet hat, ist begründet.
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten
für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem SG (§ 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –
SGG – i.V. mit den §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -). Sie kann die Kosten der Verfahrensführung nicht – auch
nicht teilweise – aufbringen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot hinreichende Aussicht auf Erfolg und war auch
nicht mutwillig (§ 114 Satz 1 ZPO).
Die Antragstellerin hatte für den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren streitigen Zeitraum ab 1. Oktober 2005 einen
– zwischenzeitlich von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 5. Januar 2006 auch anerkannten – Anspruch auf
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende –
(SGB II), hinsichtlich dessen für die Zeit vom Eingang des Rechtsschutzantrages bei dem SG an (2. Dezember 2005)
im Hinblick auf die existenzsichernde Funktion dieser Leistungen auch ein Grund für den Erlass einer
Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG vorlag.
Der Zulässigkeit des Rechtsschutzantrages stand entgegen der Auffassung des SG insbesondere nicht entgegen,
dass die Antragsgegnerin mit dem zur gerichtlichen Prüfung gestellten Begehren zuvor nicht befasst gewesen wäre.
Zum einen folgt dies schon daraus, dass die Antragsgegnerin über den Fortzahlungsantrag, der nach Einschätzung
des SG gar nicht gestellt worden sein soll, bereits mit Bescheid vom 5. Januar 2006 und mithin vor der – ersten –
Abhilfeentscheidung des SG entschieden hat; das SG hätte dies spätestens bei seiner erneuten Abhilfeentscheidung
vom 22. März 2006 berücksichtigen müssen. Gerade neue Tatsachen sind im Rahmen der Abhilfeentscheidung zu
beachten, worauf das Beschwerdegericht in seinem Beschluss vom 3. Februar 2006 auch ausdrücklich hingewiesen
hat, ohne dass das SG dem entgegen seiner Verpflichtung aus § 159 Abs. 2 SGG nachgekommen wäre. Darüber
hinaus ergibt sich aus der Leistungsakte der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin diese bereits mit Schreiben
vom 4. Oktober 2005 unter Hinweis auf ihre Erkrankung um Fortzahlungsanträge für die Zeit ab 1. Oktober 2005
ersucht hatte. Selbst wenn nicht bereits diese Anfrage als Leistungsantrag im Sinne von § 37 SGB II anzusehen sein
sollte, wofür indes das darin hinreichend zum Ausdruck kommende Leistungsbegehren spricht, hätte es der
Antragsgegnerin oblegen, durch eine entsprechende Rückfrage klar zu stellen, ob eine Antragstellung beabsichtigt sei.
Von einer erneuten Zurückverweisung an das SG in entsprechender Anwendung von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG war aber
abzusehen, weil das einstweilige Rechtsschutzverfahren bereits erledigt ist.
Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).