Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 21.06.2002

LSG Berlin-Brandenburg: geldinstitut, tod, geldleistung, rückforderung, verrechnung, kreditinstitut, entreicherung, öffentlich, vermieter, rückzahlung

1
2
3
4
Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
22. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 22 R 324/05-17
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 118 Abs 3 S 2 SGB 6 vom
21.06.2002, § 118 Abs 3 S 3
SGB 6 vom 21.06.2002, § 118
Abs 3 S 4 SGB 6 vom
21.06.2002, § 118 Abs 3 S 1
SGB 6 vom 21.06.2002
Rückforderungsanspruch des Rentenversicherungsträgers
gegenüber einem Geldinstitut bei Rentenüberweisung nach dem
Tod des Rentenberechtigten bei einem durchgehend im Soll
befindlichem Konto - Entreicherungseinwand
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom
16. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 652,-Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte einen Betrag von 652,- Euro zu
erstatten hat.
Der bei der Klägerin Versicherte H V (Versicherter) bezog von der Klägerin eine
Altersrente mit einem Zahlbetrag von zuletzt 1.099,50 Euro. In dieser Höhe wurde die
Rente auch nach seinem Tod am 2004 noch für den Monat Juni 2004 auf sein Konto (mit
der Nummer: ) bei der Beklagten überwiesen. Ausweislich eines von der Beklagten im
Verwaltungsverfahren überreichten Kontoauszuges wies das Konto des Versicherten
zum Zeitpunkt des Eingangs der Rentenzahlung am 28. Mai 2004 einen Kontostand von
Minus 2.744,15 Euro aus. Am 01. Juni 2004 wurden 100,- Euro (Abhebung Geldautomat
am 28. Mai 2004), 137,41 Euro (Krankenversicherungsbeitrag an SI Gruppe) sowie 652,-
Euro (Miete und Nebenkosten an Vermieter) abgebucht. Am 15. Juni 2004, einen Tag vor
Eingang des Rückrufes des Renten Service K der D P AG (nachfolgend Renten Service
genannt) wies das Konto einen Kontostand von Minus 2.398,44 Euro aus. Die Mitteilung
über den Tod des Versicherten erhielt die Klägerin am 16. Juni 2004 vom Renten Service,
der sich mit gleichem Datum an die Beklagte wandte, um einen Rückforderungsbetrag
von 1.095,97 Euro (2,87 Euro und 0,66 Euro - Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung - wurden belassen) geltend zu machen. Die Beklagte überwies dann
zunächst 347,50 Euro und auf eine weitere Aufforderung - nunmehr durch die Klägerin
selbst (vgl. Schreiben vom 26. Juli 2004) - weitere 96,47 Euro. Die Beklagte verwies die
Klägerin hinsichtlich des nicht zurückgezahlten Betrages in Höhe von 652,- Euro an den
Vermieter (vgl. Kurzmitteilung vom 30. Juli 2004 und Schreiben vom 10. August 2004).
Nachdem auch eine weitere Zahlungsaufforderung vom 04. August 2004 erfolglos blieb,
erhob die Klägerin am 13. September 2004 Klage. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts - BSG - (Hinweis auf ein Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 42/03 R -)
sei die Beklagte nach § 118 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) -
zur Zahlung von 652,- Euro verpflichtet. Ein Geldinstitut sei - trotz der Zahlung an Dritte
- in Hinblick auf das Befriedigungsverbot aus § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI vorrangig
erstattungspflichtig, soweit die Rente auf ein im Soll stehendes Konto gezahlt werde.
Die Beklagte wandte ein, die Verpflichtung zur Rückzahlung bestehe nicht, weil über den
entsprechenden Betrag bei Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig
verfügt worden sei und die Rücküberweisung nicht aus einem Guthaben erfolgen könne.
Sie habe den Betrag auch nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet. Dies
entspreche auch der Rechtsprechung des 9. Senats des BSG (Hinweis auf ein Urteil vom
09. Dezember 1998 - B 9 V 48/97 R -). Sie erhebe daher den Einwand der Entreicherung
gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VI. Entgegen der Auffassung der Klägerin
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VI. Entgegen der Auffassung der Klägerin
„verrechne“ das Kreditinstitut bei einem im Soll - im Rahmen eines gewährten
Überziehungskredites - geführten Kontos eingehende Gutschriften nicht mit eigenen
Forderungen. Denn der Kunde könne sofort wieder über diese Gutschriftbeträge
verfügen. Eine Verrechnung im Sinne einer tatsächlichen Aufrechnung mit eigenen
Forderungen entstehe für das Kreditinstitut erst dann, wenn der Dispositionskredit durch
das Kreditinstitut gekündigt worden sei, der Kunde also keine Möglichkeit mehr habe,
über die eingehenden Gutschriften zu verfügen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2005
antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Es hat sich der Rechtsprechung des 4. Senats
(Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 53/01 R - und vom 09. April 2002 - B 4 RA 64/01
R -) angeschlossen und ausgeführt, der Rentenversicherungsträger sei gemäß § 118
Abs. 3 Satz 2 SGB VI berechtigt, Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des
Berechtigten auf dessen Konto bei einem Geldinstitut überwiesen werde, von diesem
zurückzufordern. Das Geldinstitut sei zur Rückzahlung verpflichtet, solange der Wert der
Rentenleistung noch nicht in das Vermögen des Kontoinhabers geflossen sei. Das sei
insbesondere auch dann der Fall, wenn der Wert der Rentenleistung auf ein im Soll
stehendes Konto übertragen werde. Denn in diesem Fall werde das Vermögen des
Kontoinhabers nur insofern vermehrt, als seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut
verringert würden. Aufgrund des relativen öffentlich-rechtlichen Befriedigungsverbotes,
das in § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI verankert sei, in Verbindung mit dem gesetzlichen
Vorbehalt in § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI, sei die Verrechnung im Verhältnis zum
Rentenversicherungsträger und zum Bankkunden unwirksam, denn danach dürfe das
Bankinstitut den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen
verwenden. Vorliegend habe sich das Konto des Versicherten vor Eingang der
Rentenzahlung durch die Klägerin im Soll befunden. Der Minussaldo habe sich nach
Eingang der Rentenzahlung verringert. Die Beklagte habe sämtliche geleisteten
Zahlungen nach dem Tod des Versicherten im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses
von einem Konto, das sich im Minus befunden habe, geleistet. Dabei habe sie die
Rentenzahlung ebenfalls im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses mit ihren
Forderungen gegen den Kontoinhaber verrechnet und so das Minussaldo
zwischenzeitlich gesenkt.
Gegen den der Beklagten am 03. März 2005 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich
ihre am 01. April 2005 eingelegte Berufung. Sie führt ergänzend zum Klagevorbringen
aus, die Argumentation der Klägerin zum Dispositionskredit beruhe auf einem falschen
Verständnis. Bei einem Dispositionskredit habe das Kreditinstitut zu Beginn der
Geschäftsverbindung oder später grundsätzlich die Entscheidung getroffen, dem Kunden
eine festgelegte Überziehung seines Kontos zu gestatten. Damit gehöre der Betrag, um
den der Kunde sein Konto überziehen dürfe, zum Vermögen des Kunden. Nach ständiger
Rechtsprechung der Zivilgerichte sei eine insoweit eingeräumte Kreditlinie für einen
Gläubiger auch pfändbar.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. Februar 2005 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Verwaltungsakte der Klägerin - - hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung gem. § 144
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, denn es handelt sich vorliegend nicht
um eine Erstattungsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG bedarf es der Zulassung, wenn der Wert des
Beschwerdegegenstandes bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen
Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 5000,- Euro nicht übersteigt. Zwar
handelt es sich sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten um juristische
Personen des öffentlichen Rechts. Der Begriff der Erstattungsstreitigkeit ist jedoch
15
16
17
18
19
20
21
Personen des öffentlichen Rechts. Der Begriff der Erstattungsstreitigkeit ist jedoch
einschränkend dahin auszulegen, dass nur solche Streitigkeiten darunter fallen, die ihrer
Art nach typischerweise zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder
Behörden entstehen. Es werden dabei keine Bereiche erfasst, in denen die öffentliche
Hand auch in privatrechtlichen Formen oder sogar gänzlich als privatwirtschaftliches
Unternehmen tätig ist. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Berufungsfähigkeit gleichartiger
Streitigkeiten nur deshalb unterschiedlich zu beurteilen, weil daran in dem einen Fall –
zufällig – nur juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden beteiligt sind
und in dem anderen Fall nicht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 6.5.1998-B13 RJ 69/97 R - in
SozR 3 - 1500 § 144 Nr. 14 ). Im vorliegenden Fall liegt keine typische
Erstattungsstreitigkeit in diesem Sinne vor, denn die Klägerin macht gegenüber der
Beklagten einen Rücküberweisungsanspruch wegen einer überzahlten Rente geltend. Bei
der überwiegenden Anzahl der Geldinstitute dürfte es sich um juristische Personen des
Privatrechts handeln, so dass - je nachdem, bei welchem Geldinstitut der
Rentenempfänger sein Konto hat - unterschiedliche Berufungsvoraussetzungen gelten
würden. Dass sich der Anspruch der Klägerin vorliegend gegen die Sparkasse als Anstalt
des öffentlichen Rechts richtet, ist insoweit eher Zufall. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist
daher nicht anwendbar.
Die auch insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die
Beklagte zu Recht verurteilt, den streitigen Betrag von 652,- Euro an die Klägerin zu
zahlen.
Der Anspruch auf Zurücküberweisung nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI in der ab 29. Juni
2002 geltenden Fassung (BGBl. I Seite 2167) wird zu Recht im Wege der allgemeinen
Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 - SGG -) geltend gemacht. Rentenversicherungsträger und
Geldinstitut stehen sich in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Deshalb darf der
Rentenversicherungsträger, anders als in den Fällen des § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI,
gegenüber dem Geldinstitut nicht hoheitlich handeln, dass heißt, seine Rückforderung
darf er nicht durch Verwaltungsakt festsetzen (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 1997 - 8
RKn 2/97 - in SozR 3-2600 § 118 Nr. 1; BSG, Urteil vom 04. August 1998 - B 4 RA 72/97 R
- in SozR 3-2600 § 118 Nr. 3; BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 4 RA 28/05 - in
juris; Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 54 Rdnr. 41; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr,
Handbuch der Rentenversicherung, Januar 2005, § 118 Rdnr. 24).
Der Anspruch ist begründet, denn der Rückzahlungsanspruch geht auch dann nicht
wegen Entreicherung des Geldinstitutes unter, wenn es im Rahmen eines
Girokontenvertrages mittels der fehlgegangenen Rentenüberweisung einen
Schuldenstand des Kontoinhabers durch Verrechnung gemindert und so jedenfalls
wirtschaftlich seinen Rückzahlungsanspruch gegen diesen erfüllt hat.
Nach § 118 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI hat das Geldinstitut Geldleistungen, die für die
Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf das Konto bei einem Geldinstitut im Inland
überwiesen wurden und insoweit nach Satz 1 der Vorschrift als unter Vorbehalt erbracht
gelten, der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung
zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern.
Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. z. B. Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA
53/01 - in SozR 3-2600 § 118 Nr. 9 und Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 4 RA 28/05 -
a.a.O.) muss der Rentenversicherungsträger gegenüber dem Geldinstitut den Zeitpunkt
der Überweisung der Geldleistung, das Konto, den Namen des Zahlungsadressaten,
dessen Todeszeitpunkt, die Art der Geldleistung, deren Höhe sowie deren
Bezugszeitraum benennen und das ernstliche Verlangen aussprechen, den Wert der
Geldleistung zu erstatten.
Mit den Schreiben des Renten Service als überweisende Stelle (vgl. § 119 SGB VI) vom
16. Juni 2004 sowie der Klägerin selbst vom 26. Juli 2004 sind die vom BSG aufgestellten
Anforderungen an ein substantiiertes Rückforderungsbegehren erfüllt. Mit diesen
Schreiben werden die Kontonummer (), der Name des Zahlungsadressaten (H V), der
Todeszeitpunkt ( 2004), die Höhe der Geldüberweisung (1.099,50 Euro), der
Bezugszeitraum (Juni 2004) und das ernstliche Verlangen auf Rücküberweisung unter
Hinweis auf § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI sowie der Vorrangigkeit der Inanspruchnahme
des Geldinstitutes unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 4. Senats zu einem im Soll
befindlichen Konto ausgesprochen. Der Zeitpunkt der Überweisung der Leistung wird
zwar nicht ausdrücklich genannt, ergibt sich jedoch ohne weiteres daraus, dass
ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Kontoauszuges die Rente am 28. Mai
2004 auf dem Konto des Versicherten gutgeschrieben wurde. Dies ist unstreitig.
Nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI besteht eine Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht,
soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits
22
23
24
25
26
27
soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits
anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben
erfolgen kann. Nach Satz 4 der Vorschrift darf das Geldinstitut den überwiesenen Betrag
nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.
Vorliegend war zwar bei Eingang der Rückforderung (am 16. Juni 2004) die Miete bereits
abgebucht (am 01. Juni 2004), das Konto des Versicherten befand sich jedoch
durchgehend im Minus (vor Eingang der Rentenzahlung Minus 2.744,15 Euro; vor
Eingang der Rückforderung am 15. Juni 2004 Minus 2.398,44 Euro, vgl. den von der
Beklagten vorgelegten Kontoauszug vom 15. Juni 2004 – Bl. 151/152 der
Verwaltungsakte).
In einer solchen Konstellation kann sich die Beklagte nicht auf den
anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI
berufen. Der Senat folgt damit der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des 4. Senats
(vgl. Urteile vom 04. August 1998 - B 4 RA 72/97 R -, a.a.O.; vom 09. April 2002 - B 4 RA
64/01 R - in SozR 3-2600 § 118 Nr. 10; vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 42/03 R - in juris; vom
13. Dezember 2005 - B 4 RA 28/05, a.a.O.; dieser Rechtsprechung ist auch der 5. Senat
gefolgt, vgl. Urteil vom 11. Dezember 2002 - B 5 RJ 42/01 R - in SozR 3-2600 § 118 Nr. 11
und auch in der Literatur wird dem gefolgt, vgl. z. B. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr,
a.a.O., § 118 Rdnr. 25 a; Terdenge in Hauck/Noftz, SGB VI, § 118 Rdnr. 13).
Danach setzt die Entreicherungseinwendung des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI voraus,
dass der Wert der überwiesenen Geldleistung nicht im Vermögen des Geldinstitutes
geblieben ist. Liegt dies aber daran, dass das Geldinstitut selbst - in welcher Rechtsform
und durch welche Rechtshandlung auch immer - den entsprechenden Betrag aus dem
Konto wieder in sein Vermögen zurückgeführt hatte, kommt es auf Verfügungen Dritter
nicht mehr an. Die Einwendungsvoraussetzungen liegen demzufolge aufgrund des
Befriedigungsverbotes des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI in Verbindung mit dem in Satz 1
genannten Vorbehalt von vornherein nicht vor, wenn die Übertragung des Wertes der
Geldleistung auf den Kontoinhaber dessen Vermögen bei wirtschaftlicher Betrachtung
nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut verringert
werden. Auf diese Weise befriedigt das Geldinstitut zugleich eine eigene Forderung
gegen den Kontoinhaber im Sinne des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI. Diese Verrechnung
ist gemäß dem relativen öffentlich-rechtlichen Befriedigungsverbotes des Abs. 3 Satz 4
im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger und zum Bankkunden entsprechend der
Vorschrift des § 134 Bürgerliches Gesetzbuch unwirksam (vgl. BSG - Urteil vom 04.
August 1998 - a.a.O.). Denn nur soweit durch die Gutschrift der Rente ein Guthaben
begründet wird, findet ein endgültiger Vermögensübergang zu Gunsten des
Kontoinhabers und nicht bloß eine Befriedigung des Geldinstitutes statt.
Der Senat folgt damit nicht der älteren Entscheidung des 9. Senats (Urteil vom 09.
Dezember 1998 - B 9 V 48/97 R - in SozR 3-2600 § 118 Nr. 4). Dieser hatte seine
entgegengesetzte Auffassung im Wesentlichen auf die vor Inkrafttreten der Regelung in
§ 118 Abs. 3 und 4 SGB VI bestehende Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden
der Rentenversicherungs- bzw. Unfallversicherungsträger und der Kreditinstitute gestützt
und dargelegt, dass eine andere Auslegung des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI mit dem
Charakter der Bestimmung als „Schutzvorschrift“ für die Bank nicht im Einklang stehe.
§ 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entbindet zwar das Geldinstitut von seiner Erstattungspflicht,
soweit über den Betrag bei Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig,
allerdings nicht zur Befriedigung eigener Ansprüche nach § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI,
verfügt wurde. Ob dies allerdings als Schutzvorschrift für die Bank anzusehen ist, mag
dahinstehen. Soweit das Konto des Versicherten ein Guthaben ausweist und nach
Ausführung einer Verfügung zu Gunsten eines Dritten und Eingang der Rückforderung
des Rentenversicherungsträgers kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist,
ist der Entreicherungseinwand weiterhin möglich. Damit kommt § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB
VI auch im Sinne der Rechtsprechung des 4. und 5. Senats des BSG ein ausreichender
Schutzcharakter zu.
Soweit die Beklagte vorträgt, nach zivilrechtlichen Grundsätzen gehöre der Betrag, um
den der Kunde sein Konto überziehen könne, zum Vermögen des Kunden, ist darauf zu
verweisen, dass die Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI als spezielles öffentlich-
rechtliches Sonderrecht des Staates die privatrechtlichen, bankrechtlichen Beziehungen
zwischen dem Geldinstitut und dem jeweiligen Kontoinhaber auf der Grundlage des in
Abs. 3 Satz 1 statuierten Vorbehalts verdrängend überlagert (vgl. BSG Urteil vom 04.
August 1998 - B 4 RA 72/97 R - a.a.O. und Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 4 RA 28/05
- a.a.O.). Zudem steht dem jeweils ein – auch zum Vermögen gehörender –
Ausgleichsanspruch der Bank gegenüber, unabhängig davon, wenn dieser fällig ist.
28
29
30
31
Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 SGG) nicht vorliegen. Der Senat hält die zugrunde liegende Rechtsfrage durch die
genannten Urteile des 4. und 5. Senats des BSG für geklärt. Diese Senate des BSG sind
auch nicht von der Rechtsprechung des 9. Senats abgewichen, weil sonst eine Vorlage
an den großen Senat erfolgt wäre (§ 41 Abs. 2 SGG), weshalb auch in der vorliegenden
Entscheidung keine Abweichung liegt.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum