Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.06.2002

LSG Berlin und Brandenburg: verkäuferin, berufsunfähigkeit, zumutbare tätigkeit, psychiatrisches gutachten, erwerbsfähigkeit, ausbildung, chirurgie, arbeitsmarkt, orthopädie, erwerbsunfähigkeit

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 18.06.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 14 RA 841/98
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 2 RA 132/01
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Mai 2001 wird zurückgewiesen. Die
Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision
wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die im ... 1964 geborene Klägerin, die von September 1980 bis Juli 1984 eine Ausbildung zur Gartenbaufacharbeiterin
nach dem Facharbeiterzeugnis vom 15. Juni 1990 erfolgreich absolvierte, war anschließend als Gärtnerin im
Gemüsebau bis Dezember 1984 tätig. Von Januar 1987 bis Juli 1990 übte sie eine Beschäftigung als
Produktionsarbeiterin in der Apfellagerung aus, bevor sie arbeitslos wurde (August 1990 bis Juli 1991). Nach einer
Tätigkeit als Imbiss-Verkäuferin (August 1991 bis Februar 1992) bzw. als Verkäuferin (April 1992 bis Dezember 1992)
war sie nach einer erneuten Zeit der Arbeitslosigkeit (Dezember 1992 bis Juli 1993) zuletzt von August 1993 bis zum
Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 11. März 1997 als Verkäuferin bzw. Imbiss-Verkäuferin tätig.
Im Februar 1998 beantragte die Klägerin wegen eines am 24. Mai 1996 erlittenen Sturzes Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog den Befundbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 06. März 1998,
verschiedene ärztliche Unterlagen vom St. J. Krankenhaus P. und das für den Medizinischen Dienst der
Krankenversicherung (MDK) erstattete Gutachten des Dr. J. vom 03. Juli 1997 bei und veranlasste das Gutachten
des Facharztes für Chirurgie und Orthopädie Dr. Dr. A. vom 15. April 1998.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
ab: Trotz eines Zustandes nach posttraumatischen Folgen im rechten Sprunggelenk sei die Klägerin noch in der Lage,
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin unter Hinweis auf das Arbeitsamtsgutachten der
Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 19. Mai 1998 geltend machte, weder als Verkäuferin noch eine andere Tätigkeit
vollschichtig ausüben zu können, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 1998 zurück: Mit
der festgestellten Gesundheitsstörung könne die Klägerin noch vollschichtig leichte Arbeiten ohne überwiegendes
Stehen und Gehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Sie habe sich von ihrem erlernten Beruf gelöst. Das
Gutachten des Arbeitsamtes bestätige die Leistungsbeurteilung.
Dagegen hat die Klägerin am 07. Dezember 1998 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und vorgetragen, als
Verkäuferin in der Gastronomie auf keinen Fall mehr tätig sein zu können, da sie den ganzen Tag auf den Beinen sein
müsse. Es sei jetzt auch eine Erkrankung der Speiseröhre hinzugekommen.
Das Sozialgericht hat die Auskünfte des Inhabers von M. Imbiss, M. Sch., vom 30. Januar 1999 und 14. Dezember
1999 sowie den Befundbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 30. Juli 1999 eingeholt und Beweis erhoben
durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 24. September 1999.
Dagegen hat die Klägerin vorgebracht, das Gutachten sei unvollständig, weil es den Gesamtorganismus in der
gegenseitigen Determination der einzelnen Organe und Organsysteme und deren Funktionalität nicht berücksichtige.
Die Unterarmfraktur sei ebenso wenig gewürdigt worden wie die Auswirkungen für die Kommunikation nach Operation
wegen einer chronischen Stimmbandentzündung. Bedenken ergäben sich auch hinsichtlich der Objektivität und der
Unvoreingenommenheit des Gutachters, weil dieser mehrfach, teilweise sogar noch ausdrücklich mit
Ausrufungszeichen versehen, vermerkt habe, dass die Klägerin kein orthopädisches Schuhwerk trage, und dies
offensichtlich negativ bewertet habe, ohne sich insoweit über Auswirkungen und Gründe zu äußern. Es sei ein
ergänzendes fachübergreifendes komplexes Gutachten, welches die Gesamtheit der zu berücksichtigenden
gesundheitlichen Aspekte in die Beurteilung einbeziehe, erforderlich.
Der Sachverständige Dr. K. hat dazu unter dem 05. Januar 2000 ergänzend Stellung genommen.
Die Klägerin hat mit dieser ergänzenden Stellungnahme ihre vorgetragene Auffassung weitestgehend bestätigt
gesehen.
Das Sozialgericht hat außerdem den Befundbericht der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren (HNO) H. vom 08. Februar
2000 eingeholt.
Nachdem die Klägerin zunächst wegen einer vorgesehenen weiteren Stimmbandoperation ihr Unverständnis zu
diesem Befundbericht zum Ausdruck gebracht hatte, hat sie daran später nicht mehr festgehalten, weil es zu einer
überraschenden Besserung der Erkrankung der Stimmbänder gekommen sei, so dass die anfangs befürchteten
Auswirkungen weitestgehend unberücksichtigt bleiben könnten. Sie hat nunmehr noch auf eine bestehende Allergie
hingewiesen.
Mit Urteil vom 17. Mai 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
könne die Klägerin die Tätigkeit einer Imbiss-Verkäuferin, die der Gruppe der Ungelernten zuzuordnen sei, nicht mehr
ausüben. Dies sei ihr maßgeblicher Beruf, denn von dem erlernten Beruf einer Gartenbaufacharbeiterin habe sie sich
gelöst. Mithin könne sie auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes verwiesen werden, ohne dass es einer
konkreten Benennung einer bestimmten Tätigkeit bedürfe. Dort bestehe vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte
Arbeiten überwiegend im Sitzen, so dass weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 16. Juli 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. August 2001
eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie vorträgt:
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe sie sich nicht 1991 vom erlernten Beruf gelöst. Wegen wirtschaftlicher
Schwierigkeiten in der Obstproduktion habe sie ihren Arbeitsplatz verloren. Zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit habe
sie eine andere Beschäftigung aufgenommen, so dass zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Härte vom erlernten
Beruf auszugehen sei. Das Sozialgericht habe zudem über die von ihr monierte Befangenheit des Sachverständigen
nicht entschieden und dessen Feststellungen kritiklos hingenommen. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass sie
selbst zu Hause die Beine in relativ kurzen Abständen hochlegen müsse. Wegen häufiger Depressionen mit
zusätzlichen Auswirkungen sei zudem ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erforderlich. Da sie auf dem Land
wohne, könne sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Arbeitsweg nicht absolvieren.
Unterlagen über erfolglose Bewerbungen für den Beruf einer Gärtnerin könne sie nicht vorlegen. Es werde jedoch als
gerichtsbekannt vorausgesetzt, dass nach der Wiedervereinigung der havelländische Obstbau massiv reduziert
worden sei, weshalb nur noch eine verschwindend geringe Zahl an Arbeitsplätzen im Obstbau vorhanden sei. Solche
Arbeitsplätze würden am Arbeitsmarkt faktisch nicht mehr angeboten. Nicht ihr freier Wille, sondern äußere Zwänge
hätten sie veranlasst, im erlernten Beruf nicht weiter tätig zu werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Mai 2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 13. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 1998 zu verurteilen,
der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit zu gewähren und die höhere Rente zu leisten,
hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Nachdem der Senat auf Bedenken bezüglich eines Befangenheitsantrages hingewiesen hatte, hat die Klägerin erklärt,
eine formelle Entscheidung über die Befangenheit des Sachverständigen werde nicht mehr für erforderlich gehalten.
Der Senat hat eingeholt die Berichte des St. J.-Krankenhauses vom 23. September 1998 und des Klinikums E. v. B.
vom 16. Juli 1999, die Befundberichte der Fachärztin für HNO H. vom 11. Dezember 2001, des Facharztes für
Chirurgie Dr. K. vom 12. Dezember 2001 und der Fachärztin für Dermatologie L. vom 23. November 2001 und 29.
Januar 2002 sowie verschiedene Unterlagen aus der Schwerbehindertenakte. Nachdem er Auszüge aus dem
Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen (gabi) und den Berufsinformationskarten (BIK) zur
Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk (Nr. 682 b), zu Bürohilfskräften (BO 784) und zum Pförtner (BO 793)
sowie die Auskünfte des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 01. November 1999 zur Bürohilfskraft und die
berufskundliche Stellungnahme des M. L. vom 14. Februar 2000 zum Pförtner beigezogen hatte, hat er den
Sachverständigen Dr. K. ergänzend gehört (Stellungnahme vom 10. April 2002).
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf Blatt 33 bis 42, 52 bis 54 und 174 und 176 der
Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (
...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid vom 13. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 1998 ist rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder Anspruch auf Rente wegen Berufs- noch wegen
Erwerbsunfähigkeit. Ihr ist auch keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der
Fassung vor dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, 1827) in Betracht. Nach § 300 Abs. 2
SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den
bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der
Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im Februar
1998 gestellt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
berufsunfähig sind und weitere - beitragsbezogene - Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren
Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und
seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken
ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle
Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des
Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen
Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Die Klägerin ist hiernach nicht berufsunfähig. Sie kann zwar nicht mehr als Imbiss-Verkäuferin arbeiten. Sie ist jedoch
noch in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie gesundheitlich und sozial zumutbar
verweisbar ist, vollschichtig auszuüben, insbesondere als Bürohilfskraft tätig zu sein.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur
vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese
zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130).
Die Tätigkeit einer Imbiss-Verkäuferin ist hiernach maßgeblicher Beruf der Klägerin. Es handelt sich dabei zwar nicht
um die qualitativ höchste Beschäftigung, denn nach der Auskunft des Inhabers von M. Imbiss, M. Sch., vom 30.
Januar 1999 erforderte sie weder eine Ausbildung noch eine Anlernung. Dies ist nach der ergänzenden Auskunft
dieses früheren Arbeitgebers vom 14. Dezember 1999 nachvollziehbar, denn die von der Klägerin auszuführenden
Arbeiten können auch von Ungelernten verrichtet werden. Danach hatte die Klägerin Rühr- oder Spiegeleier, Suppen
oder Eintöpfe herzustellen und andere Essensgerichte wie Schnitzel und Buletten anzubraten und zu verkaufen.
Die Klägerin besitzt demgegenüber den Abschluss eines Gartenbaufacharbeiters (Zeugnis vom 15. Juni 1990).
Zugunsten der Klägerin unterstellt der Senat, dass sie in diesem Beruf als Produktionsarbeiterin in der Apfellagerung
von Januar 1987 bis Juli 1990 auch eingesetzt war. Der Beruf einer Gartenbaufacharbeiterin kommt aber als
maßgeblicher Beruf im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI nicht in Betracht, denn die Klägerin hatte nach dem Verlust
ihres Arbeitsplatzes schon nach ihrem eigenen Vorbringen keine reelle Chance mehr, zu dieser Beschäftigung
zurückzukehren.
Nach der Rechtsprechung des BSG verliert ein Versicherter seinen Versicherungsschutz für eine früher ausgeübte
Tätigkeit, wenn er sich von ihr löst. Dabei bedeutet jede Aufgabe einer Tätigkeit mit dem im Zeitpunkt eines
Arbeitsplatzwechsels oder später entstehenden Willen, die alte Tätigkeit nicht mehr auszuüben, grundsätzlich eine
Lösung. Eine Lösung vom bisherigen Hauptberuf ist immer dann zu bejahen, wenn der Berufswechsel freiwillig erfolgte
(BSGE 46, 121, 122; BSGE 15, 212, 214; BSG Urteil vom 08. Oktober 1992 - 13 RJ 41/91). Die bloße Aufgabe einer
Tätigkeit - unabhängig von den dazu führenden Gründen - führt noch nicht zur Unbeachtlichkeit der aufgegebenen
Tätigkeit, solange der Versicherte noch keinen anderen auf Dauer ausgerichteten Beruf aufgenommen hat. Deshalb ist
die nur vorübergehende Aufnahme einer anderen Tätigkeit unschädlich. Eine Lösung vom bisherigen Beruf ist nur
gegeben, wenn der Versicherte erkennbar der Berufstätigkeit nicht weiter nachgehen will und sich endgültig einer
anderen Berufstätigkeit zuwendet. Ist hingegen anzunehmen, dass der Versicherte seine frühere Berufstätigkeit bei
sich bietender Gelegenheit wieder ausüben will, ist diese weiterhin seine eigentliche Berufstätigkeit (BSG SozR 2200
§ 1246 Nr. 158; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSGE 46, 121, 122; BSGE 41, 129, 130; BSG SozR RVO § 1246
Nr. 33; BSGE 2, 182, 186). Wurde die Arbeit gezwungenermaßen aufgegeben, so ist zu unterscheiden, ob dafür
gesundheitliche Gründe oder andere, insbesondere betriebliche, Gründe maßgeblich waren (BSG Urteil vom 08.
Oktober 1992 - 13 RJ 41/91). Waren gesundheitliche Gründe dafür verantwortlich, so bleibt der Berufsschutz
grundsätzlich erhalten, da sich insofern gerade das versicherte Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung
verwirklicht hat (BSGE 2, 281, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).
Anhaltspunkte dafür, dass der Beruf der Gartenbaufacharbeiterin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden
musste, liegen nicht vor. Die Klägerin selbst trägt vor, dass betriebliche Gründe für den Wechsel der Tätigkeit
verantwortlich waren.
Auch in diesem Fall gilt grundsätzlich, dass eine Lösung von dem bisherigen Beruf nur dann vorliegt, wenn sich der
Versicherte sofort oder im Laufe der Zeit mit dem Wechsel abgefunden hat (BSGE 46, 121, 123; BSGE 15, 212, 214).
Eine Lösung vom maßgeblichen Beruf ist insbesondere nicht anzunehmen, wenn der Versicherte die neue Tätigkeit
nur aufnimmt, um Zeiten der Arbeitslosigkeit zu überbrücken; denn in diesem Fall handelt es sich um eine nur
vorläufige, nicht auf Dauer ausgerichtete Berufsausübung. Ein Versicherter, der sich sozial adäquat verhält und
versucht, seiner Arbeitslosigkeit zu begegnen, indem er eine Beschäftigung aufnimmt und so den
Unterstützungsbetrag senken hilft, darf dadurch nicht schlechter gestellt sein als eine Vergleichsperson, die "nur"
arbeitslos ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 158 und 130). Dafür, ob sich der Versicherte mit dem Wechsel
abgefunden hat, ist die subjektive Einstellung des Versicherten zu ermitteln, wie sie sich aus seiner Verhaltensweise
ablesen lässt. Insbesondere ist zu fragen, inwiefern der Versicherte Versuche unternommen hat, eine entsprechende
Stelle wieder zu erlangen, oder ob er sich bietende Gelegenheiten ungenutzt gelassen hat. Dabei werden
grundsätzlich auch Bemühungen außerhalb seines Wohngebietes verlangt (BSG Urteil vom 08. Oktober 1992 - 13 RJ
41/91; BSGE 2, 182, 186). Hat sich der Versicherte damit abgefunden, dass eine Rückkehr zum früheren Beruf nicht
möglich ist, ist die Ausübung des neuen Berufes zwangsläufig auf Dauer ausgerichtet (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.
158). Unabhängig davon ist allerdings der Wille, zur früheren Tätigkeit zurückzukehren nur dann beachtlich, wenn er
auch realisierbar ist. Hatte der Versicherte von vornherein oder von einem späteren Zeitpunkt an keine reelle Chance
(mehr), zur früheren Beschäftigung zurückzukehren, so ist allein aufgrund dieser tatsächlichen Gegebenheit der
Berufsschutz entfallen; auf die Willensrichtung des Versicherten kommt es dann nicht an. In diesem Fall kann
insbesondere die Dauer der neuen Tätigkeit als objektiver Umstand gegenüber den subjektiven, nicht verwirklichten
Momenten in den Vordergrund treten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158; BSG Urteil vom 08. Oktober 1992 - 13 RJ
41/91).
Vorliegend ist schon nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin um Rückkehr in ihren erlernten Beruf bemüht hat.
Entsprechende Unterlagen über Bewerbungen hat sie nicht vorlegen können. Unabhängig davon ist aber auch nicht
ersichtlich, dass die Klägerin eine objektive realistische Möglichkeit hatte, in ihren erlernten Beruf zurückzukehren.
Sie selbst geht davon aus, dass nach der Wiedervereinigung der havelländische Obstbau massiv zurückgefahren
wurde, es danach nur noch eine verschwindend geringe Anzahl an Arbeitsplätzen im Obstbau gab und solche am
Arbeitsmarkt faktisch nicht mehr angeboten wurden. Ob mit diesem Vortrag zugleich eingeräumt wird, sich außerhalb
des havelländischen Obstbaugebietes nicht um Arbeit bemüht zu haben, kann hierbei dahinstehen. Jedenfalls
bestätigt dieser Vortrag, wie auch die Tatsache, dass die Klägerin seit Juli 1990 bis zum am 24. Mai 1996 erlittenen
Sturz nicht mehr als Gartenbaufacharbeiterin, sondern als Verkäuferin bzw. Imbiss-Verkäuferin (August 1991 bis
Februar 1992, April 1992 bis Dezember 1992 und seit August 1993) tätig war, dass sie keine reelle Chance auf
Rückkehr in den erlernten Beruf hatte. Auf eine möglicherweise darauf gerichtete Willensrichtung der Klägerin kommt
es mithin nicht an. Damit ist die zuletzt ausgeübte Tätigkeit maßgeblicher Beruf für die Beurteilung der
Berufsunfähigkeit.
Als Imbiss-Verkäuferin kann die Klägerin allerdings nicht mehr arbeiten. Dies folgt aus dem Gutachten des
Sachverständigen Dr. K ...
Danach besteht eine erhebliche Belastungs- und Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenkes durch
fortgeschrittene Verschleißerkrankung im oberen, mäßiggradige Verschleißerkrankung im unteren Sprunggelenk nach
stattgehabter Sprunggelenksfraktur rechts. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Befundbericht
des Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 12. Dezember 2001, bestätigen diese Gesundheitsstörung. Sie liegt nach wie
vor unverändert vor, wie der Sachverständige Dr. K. unter Berücksichtigung letztgenannten Befundberichts, in dem für
August 1999 bis November 2001 keine Änderung der Befunde ausdrücklich mitgeteilt wird, dargelegt hat.
Wenn der Sachverständige aufgrund der vorliegenden Gesundheitsstörung zu der Auffassung gelangt ist, die Klägerin
könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen mit allenfalls kurzen Stehphasen und wegen
einer Allergie ohne Belastung durch erhebliche Hitze, Dämpfe und ähnliches verrichten, ist dies nachvollziehbar. Bei
der körperlichen Untersuchung hat er einen rechts hinkenden Gang unter Außenrotation des rechten Beines, am
rechten Unterschenkel einen Klopf-/Druckschmerz über dem gesamten Narbenbereich des medialen und lateralen
Malleolus, eine deutliche Schwellung, Schmerzen bei allen Bewegungsprüfungen des rechten oberen Sprunggelenkes
mit Klopfschmerz über dem Kalkaneus und Fersenfallschmerz rechts bei nur noch durchführbaren
Wackelbewegungen sowie eine Muskelverschmälerung in der Unterschenkelmitte und im Bereich der Kniegelenke in
Höhe der Knöchelgabel rechts festgestellt. In Auswertung der von der Klägerin vorgelegten Röntgenaufnahme hat er
im oberen rechten Sprunggelenk einen aufgehobenen Gelenkspalt mit erheblichen arthrotischen Veränderungen und
im rechten unteren Sprunggelenk geringgradige ähnliche arthrotische Veränderungen diagnostiziert. Unabhängig davon
hat er zwei gut beschwielte Hände, die von körperlicher Arbeit zeugten, vorgefunden. Angesichts dieser Befunde ist
schlüssig, dass, wie vom Sachverständigen ausgeführt, jede Belastung und Bewegung im rechten Sprunggelenk
nachvollziehbare Schmerzen verursacht und längere Gehstrecken nicht mehr möglich sind. In der ergänzenden
Stellungnahme vom 10. April 2002 hat der Sachverständige allerdings auf Nachfrage des Senats klargestellt, dass die
Klägerin - neben der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (vgl. sein Gutachten vom 24. September 1999) - jedenfalls
Fußwege von mehr als 500 m zusammenhängend in einer Zeit von wenigstens 20 Minuten zurücklegen kann, und
zwar viermal arbeitstäglich. Er hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass eine weitere Verbesserung der
Gehfähigkeit durch die - von der Klägerin bisher nicht wahrgenommene - Nutzung von Geherleichterungen
(orthopädische Schuhe, Abrollhilfen am Schuh) möglich erscheine. Die vom Sachverständigen bezeichneten
Einschränkungen der Arbeitsleistung tragen dem Gesundheitszustand hinreichend Rechnung und sind für den Senat
nachvollziehbar. Dies gilt auch hinsichtlich des Ausschlusses einer Belastung durch erhebliche Hitze, Dämpfe und
ähnliches bzw. des Kontakts mit den genannten Stoffen, denn die Klägerin leidet, wie insbesondere dem
Befundbericht der Ärztin für Dermatologie L. vom 23. November 2001 zu entnehmen ist, an einem allergischen
Kontaktekzem bei Allergie auf Nickelsulfat und Kobaltchlorid (seinerzeit durch das Brillengestell der Klägerin
ausgelöst).
Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand, orthopädisches Schuhwerk könne ihr
wegen des Zustandes des rechten Sprunggelenkes nicht angepasst werden, ist nicht wesentlich. Der
Sachverständige Dr. K. hat das Leistungsvermögen, insbesondere auch die Gehfähigkeit, im Zustand ohne der von
ihm für angezeigt gehaltenen Geherleichterungen beurteilt. Er hat lediglich eine weitere Verbesserung der Gehfähigkeit
durch solche Geherleichterungen für möglich gehalten. Kann medizinisches Schuhwerk nicht getragen werden, folgt
daraus lediglich, dass eine weitere Verbesserung der Gehfähigkeit nicht zu erzielen ist. Die vorhandene Gehfähigkeit
ist jedoch zur Zurücklegung der erforderlichen Fußwege noch ausreichend.
Wesentliche Behinderungen folgen nicht aus der bei der Klägerin in mäßigem Umfang noch bestehenden chronischen
Laryngitis (vgl. Befundbericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde H. vom 11. Dezember 2001). Die Klägerin selbst hat
bei der Untersuchung durch den Sachverständigen entsprechende Beschwerden nicht vorgetragen. Eine zunächst als
erforderlich behauptete weitere Stimmbandoperation hat sich wegen überraschender Besserung der Erkrankung der
Stimmbänder als entbehrlich erwiesen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 01. August 2000). Eine mäßige Laryngitis
mag zwar nach dem vorliegenden Befundbericht der o.g. Ärztin noch bestehen. Dies zwingt jedoch nicht dazu, ein
weiteres Gutachten auf HNO-Fachgebiet einzuholen. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin, dass sie jedenfalls
nicht für einen Beruf mit erheblicher Stimmbelastung in Betracht kommt, wie dies der Sachverständige Dr. K. in seiner
ergänzenden Stellungnahme vom 10. April 2002 eingeschätzt hat. Eine Einschränkung der täglichen normalen
Umgangssprache hat dieser Sachverständige bei seiner Untersuchung nicht feststellen können.
Weitere Gesundheitsstörungen mit darüber hinausgehenden Leistungseinschränkungen liegen nicht vor.
Folgen einer Unterarmfraktur sind nicht zurückgeblieben. Beide Arme sind bei der Untersuchung durch den
Sachverständigen voll funktionsfähig gewesen. Weder hat die Klägerin seinerzeit Beschwerden vorgetragen, noch
lassen die vorliegenden ärztlichen Unterlagen insoweit verbliebene Funktionsbeeinträchtigungen ersichtlich werden.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unter häufigen Depressionen mit Auswirkungen auf das Leistungsvermögen
leidet, bestehen nicht. In keinem der vorliegenden ärztlichen Berichte finden sich entsprechende Befunde oder eine
entsprechende Diagnose. Für die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens besteht mithin kein Anlass.
Soweit die Klägerin geltend macht, der Sachverständige habe nicht berücksichtigt, dass sie die Beine in relativ kurzen
Abständen hochlegen müsse, bleibt sie bereits eine nachvollziehbare Begründung für ein solches Erfordernis
schuldig. Kein Arzt hat eine solche Verhaltensweise als nötig bescheinigt. Wenn die Klägerin dies tut, um der
Schwellneigung im rechten Bein vorzubeugen, verkennt sie, dass diese auch durch das Tragen eines Stützstrumpfes
vermieden bzw. gemindert werden kann, wie dies der Sachverständige in seinem Gutachten sogar gefordert hat.
Wenn eine Tätigkeit den dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen gerecht wird, ist, ohne dass zusätzliche
Befunde und Gesichtspunkte hinzutreten, aber zugleich auch ein vollschichtiges Leistungsvermögen, wie dies der
Sachverständige Dr. K. insoweit in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Orthopädie
Dr. Dr. Anke vom 14. April 1998 und dem Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 19. Mai
1998 annimmt, folgerichtig.
Die Klägerin ist allerdings nicht mehr in der Lage, als Imbiss-Verkäuferin tätig zu sein. Nach der beigezogenen
berufskundlichen Literatur zur Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk (gabi Nr. 682 b) handelt es sich dabei u. a.
um überwiegend im Stehen mit kurzen Gehstrecken auszuführende Arbeiten. Diesem Belastungsprofil ist die Klägerin
nicht mehr gewachsen.
Die Unfähigkeit, als Imbiss-Verkäuferin zu arbeiten, begründet jedoch noch keine Berufsunfähigkeit. Ausgehend von
diesem Beruf muss sich die Klägerin auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer
Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.). Nach dem vom
BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Angestelltenberufe in
fünf Gruppen eingeteilt, nämlich die mit dem Leitberuf der unausgebildeten Angestellten, der Angestellten mit einer
Ausbildung bis zu zwei Jahren, der Angestellten mit einer längeren Ausbildung, der Angestellten, für die über eine
längere, durchschnittlich dreijährige Ausbildung hinaus zusätzliche Zugangsvoraussetzungen wie etwa die Ablegung
einer Meisterprüfung, der erfolgreiche Besuch einer Fachschule oder das abgeschlossene Studium an einer
Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erforderlich sind, sowie der Angestellten, die mit ihrem
Bruttoarbeitsentgelt oberhalb oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen (BSG SozR 3 2200 §
1246 Nr. 1). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte ausgehend von einer hiernach erfolgten
Einstufung ihres bisherigen Berufes nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden.
Wie bereits dargelegt, ist der Beruf der Imbiss-Verkäuferin der Gruppe der ungelernten Angestellten zuzuordnen, so
dass der Klägerin alle Tätigkeiten eines ungelernten Angestellten sozial zumutbar sind. Der Benennung einer
konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es dabei nicht. Soweit hier gleichwohl die Tätigkeit einer Bürohilfskraft als
zumutbare Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes angeführt wird, erfolgt dies lediglich zur weiteren Verdeutlichung
der für die Klägerin noch bestehenden Möglichkeiten, ihr Leistungsvermögen in Erwerbsarbeit umzusetzen. Dieser
Verweisungstätigkeit ist die Klägerin gesundheitlich gewachsen.
Die Arbeitsbedingungen einer Bürohilfskraft sind nach der BIK BO 784 wie folgt beschrieben: Körperlich leichte Arbeit
in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen, zum Teil Zwangshaltungen, zum
Teil Umgang mit Bürokommunikationsmitteln, zum Teil Publikumsverkehr, genaue, systematische und zuverlässige
Arbeitsweise, Ordnungssinn, Konzentrationsfähigkeit, Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit. Der Auskunft des
Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 11. November 1999 ist daneben zu entnehmen, dass im Bereich der Poststelle ein
Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen je nach Bedarf und Möglichkeit des Beschäftigten in Frage kommt und es
dort nicht zu irgendeiner Art von Zwangshaltung kommt.
Diesem Belastungsprofil wird die Klägerin gerecht. Es steht insbesondere nicht entgegen, dass diese Tätigkeit auch
zum Teil mit Publikumsverkehr verbunden ist. Zum einen ist dies nicht auf allen Arbeitsplätzen der Fall, wie die
Einschränkung "zum Teil" beweist. Zum anderen sind nach dem Sachverständigen Dr. K. lediglich Berufe mit
erheblicher Stimmbelastung ausgeschlossen.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Bürohilfskraft, auch soweit sie mit Publikumsverkehr zu tun hat, einer erheblichen
Stimmbelastung ausgesetzt wäre. Dagegen spricht schon, dass nach der berufskundlichen Literatur (BIK BO 784)
eine solche Tätigkeit (hauptsächlich) im Bereich der Poststelle mit dem Öffnen und Auszeichnen (Verteilen) der
eingehenden Post sowie dem Kuvertieren bzw. Verpacken und Frankieren der ausgehenden Post und in der
Registratur mit dem Sortieren und Ablegen von Schriftgut aller Art und dem Anlegen und Beschriften von Akten
verbunden ist. Demgegenüber tritt ein Publikumsverkehr zurück, so dass er für die Belastung der Stimme nicht
bedeutsam ist.
Wenn der Sachverständige Dr. K. somit zu der Einschätzung gelangt ist, die Klägerin könne als Bürohilfskraft noch
vollschichtig arbeiten, ist dies, weil er das berufskundliche Anforderungsprofil nicht verkannt hat, schlüssig und
bewegt sich im Rahmen des einem Arzt einzuräumenden Beurteilungsspielraumes, so dass sich der Senat dessen
Bewertung zu eigen machen kann.
Der Sachverständige hat darüber hinaus eingeschätzt, dass die Klägerin noch körperliche Verrichtungen wie
Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen
unter Beachtung der dargestellten Einschränkungen, insbesondere überwiegend im Sitzen, vollschichtig ausüben
kann. Durch eine derartige Bezeichnung von Tätigkeiten der Art nach werden allgemein geeignete Tätigkeitsfelder
aufgezeigt. Insoweit bleibt es dem Betroffenen überlassen darzulegen, dass er die betreffenden Verrichtungen
("Tätigkeiten der Art nach") als solche nicht mehr ausführen kann oder inwiefern diese in der Arbeitswelt nur unter
Bedingungen oder verbunden mit weiteren Anforderungen vorkommen, denen er nicht gewachsen ist. Erst wenn
insofern Zweifel verbleiben, folgt die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder
eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. Urteile des BSG vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R
und vom 14. Juli 1999 - B 13 RJ 65/97 R). Weder hat die Klägerin dazu etwas vorgetragen, noch ist ersichtlich, dass
die aufgezeigten Tätigkeitsfelder von vornherein für die Klägerin, neben dem bereits dargestellten Verweisungsberuf,
nicht in Betracht kommen.
Die Klägerin ist auch nicht gehindert, ihr zumutbare Arbeitsplätze aufzusuchen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 56; BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) gehört zur
Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, denn eine Tätigkeit zum Zwecke des
Gelderwerbs ist regelmäßig nur außerhalb der Wohnung möglich. Hinsichtlich der Bestimmung der erforderlichen
Fußwegstrecke wird hierbei ein generalisierender Maßstab angesetzt und danach generell die Fähigkeit des
Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen, gegebenenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln (zum Beispiel
Gehstützen, orthopädischen Schuhen, Einlagen, Abrollhilfen), von über 500 m zu Fuß viermal arbeitstäglich
zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Zudem wird
gefordert, dass die Strecke von mehr als 500 m in wenigstens 20 Minuten zurückgelegt werden kann.
Diesem Erfordernis wird die Klägerin, wie bereits dargelegt, nach dem Sachverständigen Dr. K. gerecht. Auf ihren
Einwand, sie könne öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen, weil sie auf dem Land wohne, kommt es bei einem
anzulegenden generalisierenden Maßstab nicht an.
Ob die Klägerin einen Arbeitgeber findet, der sie für eine entsprechende Tätigkeit einstellt, ist für den Rentenanspruch
nicht von Bedeutung. Diese Frage betrifft allein die Vermittelbarkeit. Das Risiko einer Versicherten, die eine Tätigkeit
vollschichtig verrichten kann, einen entsprechenden Arbeitsplatz auch zu erhalten, fällt grundsätzlich in den Bereich
der Arbeitslosenversicherung (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 139). Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB
VI vom 02. Mai 1996 (BGBl. I 1996, 659) hat der Gesetzgeber klar gestellt, dass die Arbeitsmarktlage bei der
Beurteilung der Berufsunfähigkeit jedenfalls einer vollschichtig einsetzbaren Versicherten außer Betracht zu bleiben
hat (vgl. auch Urteil des BSG vom 18. Juli 1996 - 4 RA 33/94).
Berufsunfähigkeit liegt damit nicht vor.
Der Klägerin ist auch keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB VI zu gewähren.
Nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht
absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Bei dem bereits
dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende
Leistungseinschränkungen als bei der Berufsunfähigkeit erfordern, nicht vor.
Schließlich kann der Klägerin auch keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der Fassung des EM-
Reformgesetzes (SGB VI n. F.) gewährt werden, denn sie ist noch nicht einmal teilweise erwerbsgemindert.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder
Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Voraussetzung kann notwendigerweise
bei einem sogar noch vollschichtigen Leistungsvermögen nicht vorliegen.
Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des
Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.