Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.07.2008
LSG Berlin und Brandenburg: vergütung, mrt, versorgung, formelle beschwer, zahl, betriebskosten, verfügung, durchschnitt, vergleich, umzug
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 09.07.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 1 KA 292/01
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 7 KA 17/04 -25
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. August 2004 aufgehoben, soweit
es den Bescheid der Beklagten vom 7. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August
2001 und den Bescheid vom 3. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001
aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet hat. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen. Die
Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 18. August wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die
im Rechtsstreit S 1 KA 69/02 entstandenen Kosten des Verfahrens. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht
zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine höhere Vergütung der Klägerin für die Quartale I/00 bis IV/00.
Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 1996 - bis zum 30. Juni 2001 nur im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung für MRT-
Leistungen - als Fachärztin für diagnostische Radiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in F zugelassen. Sie
betrieb ihre Praxis zunächst auf dem ca. 7 km von der Innenstadt entfernten Gelände des Klinikums F, verlegte diese
jedoch zum Beginn des Quartals III/00 in das Stadtzentrum.
Mit Honorarbescheid vom 7. August 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Quartal I/00 eine Vergütung von
289.003,58 DM; wegen der Einzelheiten dieses Honorarbescheides wird auf Blatt 1 bis 21 der Verwaltungsakte der
Beklagten verwiesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.
August 2001 zurück.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage (Az: S 1 KA 292/01) hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt.
Mit Honorarbescheid vom 3. November 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Quartal II/00 eine Vergütung
von 233.962.- DM; wegen des weiteren Inhalts dieses Honorarbescheids wird auf Blatt 1 bis 24 der Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
27. September 2001 zurück.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage (Az: S 1 KA 364/01) hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt.
Mit Honorarbescheid vom 31. Januar 2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Quartal III/00 eine Vergütung
von 299.449,62 DM; wegen der Einzelheiten dieses Honorarbescheides wird auf Blatt 45 bis 70 der Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
12. Dezember 2001 zurück.
Mit ihrer Klage (Az: S 1 KA 442/01) hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt.
Mit Honorarbescheid vom 30. April 2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Quartal IV/00 eine Vergütung von
324.266,14 DM; wegen der Einzelheiten dieses Honorarbescheides wird auf Blatt 91 bis 114 der Verwaltungsakte
verwiesen. Auf den Widerspruch der Klägerin senkte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2002
"die Begrenzungsmaßnahme gemäß § 9 HVM von 25,19 % auf 19,07 %" und wies den Widerspruch im Übrigen
zurück, da "in Höhe der fehlenden Korrektur der Leistungsmenge [sei] das anerkannte Leistungsvolumen aus dem
Widerspruchsbescheid für das Quartal 4/99 (404.554 Punkte EK/PK), von der Mengenbegrenzung gem. § 9 HVM für
das Quartal 4/00 auszunehmen". In Folge der Teilabhilfe erhalte die Klägerin eine Nachvergütung von 191.186,5
Punkten (8.095,78 DM).
Mit ihrer Klage (Az: S 1 KA 69/02) hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt.
In den vom Sozialgericht verbundenen erstinstanzlichen Verfahren hat die Klägerin mit dem Ziel einer
Neubescheidung bezüglich aller Quartale vorgebracht, die Punktwerte im Primärkassenbereich seien sachwidrig zu
niedrig angesetzt. § 4 Abs. 3 Nr. 3 a i.V.m. § 8 Abs. 2 HVM sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs.
4 Satz 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) gedeckt und erfülle nicht die Voraussetzungen, die das
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für Berufsausübungsregeln fordere. Die Vergütung radiologischer Leistungen sei
nicht kostendeckend. Der Punktwert richte sich nur nach der Größe des Honorarfonds und dem
Gesamtleistungsumfang in diesem Bereich; beide Umstände lägen außerhalb jeder Einwirkungsmöglichkeit der
einzelnen Ärzte. Die auch nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) medizinisch begründete Ausweitung des
Leistungsvolumens bei Radiologen dürfe nicht über einen Punktwertverfall finanziert werden. § 4 Abs. 3 Nr. 3 a i.V.m.
§ 8 Abs. 2 HVM sei auch unverhältnismäßig, da die hohen Betriebskosten der Radiologen nicht durch den HVM zu
regeln seien und die Punktwerte für Großgeräteleistungen 25 % bis 30 % niedriger seien als die sonstigen Punktwerte.
Es liege eine unzulässige Ungleichbehandlung vor, da die Arztgruppe mit dem höchsten Betriebskosten die geringsten
Punktwerte erhalte. Der Punktwert der nicht-praxisbudgetierten Arztgruppen sei fast völlig unabhängig von der
Mengenentwicklung dieser Arztgruppe, sondern hänge von den Leistungsanforderungen aller Vertragsärzte ab. Die
Mengenausweitung aller Fachärzte ginge damit zu Lasten der nicht praxisbudgetierten Ärzte. Dies widerspreche der
vom Gesetz und der Rechtssprechung geforderten Grundstruktur, dass Mengenausweitungen durch
verursacherbezogene Honorarverantwortung verhindert werden müsse. Für die Klägerin sei unzumutbar, dass die
Höhe der Vergütung für MRT-Leistungen von den Anforderungen für Leistungen der Strahlentherapie abhänge. Der
Vergleich der Verhältnisse zwischen Radiologen und den anderen Fachgruppen gehe fehl, denn die Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KBV) gehe für den Betriebskostenanteil von 80,4 % bei radiologischen Praxen von einem
durchschnittlichen Jahresumsatz von 825.000,- DM und Betriebskosten von 662.300,- DM aus. Radiologen in
Brandenburg hätten aber bei weit unterdurchschnittlichen Jahresumsätzen ebenso hohe Betriebskosten wie ihre
Kollegen in den alten Bundesländern. Entgegen § 9 Abs. 6 HVM seien Praxisbesonderheiten der Klägerin - die
Sonderbedarfszulassung für MRT, 99 % Auftragsleistungen, Umzug in das Stadtgebiet von F - ermessensfehlerhaft
nicht berücksichtigt worden seien. Da die Klägerin als einzige Radiologin in F und Umgebung - die Praxis umfasse ein
Einzugsgebiet mit einem Radius von 60 km - MRT-Leistungen erbringen könne, werde sie ohne Stützung ihrer
Arztgruppe ihre Praxistätigkeit aufgeben müssen.
Die Beklagte hat die angegriffenen Bescheide verteidigt. Bis zum Jahre 1999 habe die Fachgruppe der Radiologen
überdurchschnittliche Überschüsse aus ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit (Honorar abzüglich Betriebskosten) im
Vergleich zu allen anderen Fachgruppen erzielt. Auch im Jahre 2000 liege der durchschnittliche Überschuss der
Radiologen von 131.973 DM nur geringfügig unter dem durchschnittlichen Überschuss aller Fachgruppen (134.244,00
DM). Betrachte man den vom Kläger im Jahr 2000 erwirtschafteten Überschuss in Höhe von 219.592,31 DM, könnten
die Honorarverteilungsregelungen des HVM nicht rechtswidrig sein.
Mit Urteil vom 18. August 2004 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 7. August 2000 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. August 2001 und den Bescheid vom 3. November 2000 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001 "aufgehoben" und die Beklagte verpflichtet, die
Vergütungsansprüche der Klägerin für Leistungen der Quartale I/00 und II/00 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden. Die Klagen betreffend Vergütungen der Leistungen des Quartals III/00 und IV wies
es ab.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die bessere
Erreichbarkeit der klägerischen Vertragsarztpraxis infolge Umzugs in die Innenstadt F nicht als Praxisbesonderheit im
Sinne des § 9 Abs. 6 HVM gewertet werde, da die solchermaßen bedingte Leistungsausweitung nicht mit einer
Zunahme der Leistungen wegen Verbesserung des sachlichen Leistungsangebots (insbesondere nach Genehmigung
zur Erbringung und Abrechung besondere Leistungen) nicht vergleichbar sei. Die in den angefochtenen Bescheiden
angewandten HVM-Bestimmungen zur "Mengenzuwachsbegrenzung" seien rechtmäßig. Der besondere
Zulassungsstatus aufgrund Sonderbedarfszulassung erfordere keine Ausnahme-Bestimmung bezüglich der
Mengenbegrenzung. In Anknüpfung an die Rechtssprechung des BSG (Urteil vom 9. September 1998, Az: B 6 KA
55/97 R) sei auch für die Zeit bis 1999 unstreitig, dass die Ausweitung der CT- und MRT-Leistungen auf dem
medizinisch-technischen Fortschritt beruhe. Sei die Ausweitung der Großgeräteleistungen seit 1996 somit nicht von
den Radiologen mitzuverantworten, sei ein Regelfall anzunehmen, der Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung
biete, wenn der Punktwert des Honorarfonds für Großgeräteleistungen um 15 % und mehr unter den "Punktwert für
den größten Teil der sonstigen Leistungen" absinke. Vergleichspunktwert sei nicht der durchschnittliche Punktwert
aller Fachgruppen, sondern der Punktwert des Fachgruppen-Honorarfonds der Radiologen/Nuklearmediziner. Dieser
und der Punktwert des Honorarfonds für Großgeräteleistungen hätten sich wie folgt entwickelt (in Klammern die
Abweichung in Prozentpunkten):
Primärkassen Ersatzkassen III/98 5,5 zu 6,3 (-11,11 %) 6,6 zu 6,7 (-1,5 %) IV/98 5,6 zu 6,6 (-15,15 %) 6,6 zu 7,1 (-
7,04 %) I/99 4,5 zu 5,8 (-22,41 %) 5,3 zu 6,1 (-13,11 %) II/99 4,5 zu 5,8 (-22,41 %) 5,6 zu 6,3 (-15,87 %) III/99 4,7 zu
6,1 (-22,95 %) 5,5 zu 6,4 (-14,06 %) IV/99 4,4 zu 5,9 (-25,42 %) 6,2 zu 7,3 (-15,07 %) I/00 3,9 zu 4,8 (-18,75 %) 4,6
zu 6,5 (-29,23 %) II/00 3,9 zu 4,9 (-17,02 %) 5,5 zu 6,2 (-11,29 %) III/00 4,3 zu 5,0 (-14,00 %) 5,1 zu 6,5 (-21,54 %)
IV/00 4,2 zu 4,9 (-14,29 %) 5,6 zu 6,5 (-13,85 %)
Unter Berücksichtigung eines bis einschließlich des Quartals III/99 dauernden Beobachtungszeitraums sei die
Beklagte verpflichtet, den Großgeräte-Punktwert für die Quartale I/00 und II/00 zumindest soweit zu stützen, dass die
Differenz kleiner als 15 % Punkte sei. Für das Quartal III/00 bestehe eine solche Verpflichtung nicht, weil der
Punktwert (Primärkassen) aus dem Großgeräte-Fonds in diesem Quartal nicht 15 % Punkte oder mehr unter den
Punktwert aus dem Fachgruppen/Honorarfonds gesunken sei. Daher sei den Klagen bezüglich der Quartale I/00 und
II/00 stattzugeben, die beiden weiteren Klagen (wegen Vergütung für die Quartale III/00 und IV/00) hingegen seien
abzuweisen.
Gegen dieses den Beteiligten am 5. November 2004 (Klägerbevollmächtigte) bzw. 8. November 2004 (Beklagte)
zugestellte Urteil haben die Beklagte am 3. Dezember 2004 und die Klägerseite am 7. Dezember 2004 (Dienstag)
Berufung eingelegt.
Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht darüber hinaus geltend: das Urteil des
Sozialgericht sei insgesamt fehlerhaft. Es werde daher bezüglich aller Quartale angegriffen, da die
Mengenbegrenzungsregelungen des § 9 HVM rechtswidrig seien. Die Beklagte habe § 9 Abs. 6 HVM bezüglich der
Berechnung unzutreffend angewandt. Soweit das Sozialgericht offenbar eine Verpflichtung der Beklagten zum
Einschreiten erst dann annehme, wenn der Punktwert des Großgeräte-Honorarfonds in vier aufeinander folgenden
Quartalen um mehr als 15 % Punkte hinter dem Punktwert für die sonstigen Leistungen zurück bleibe, sei diese
Rechtsauffassung durch das o.g. Urteil des BSG nicht gedeckt. Die vom BSG entwickelte 15%-Grenze sei nicht
starr, sondern stelle nur einen "Regelfall" dar. Schließlich habe das Sozialgericht außer Acht gelassen, dass der von
ihm in den streitgegenständlichen Quartalen herangezogene Punktwert für die Großgeräte-/Strahlentherapieleistungen
von der Beklagten zu hoch, weil durch den EBM gestützt, angegeben worden sei. Durch den Umzug in eine
verkehrsgünstige Lage sei es zu einer Fallzahlerhöhung gekommen, da nunmehr auch Patienten, die bisher den Weg
ins Klinikum gescheut hätten, die Praxis aufsuchten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. August 2004 abzuändern sowie die Honorarbescheide der Beklagten
vom 7. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2001, vom 3. November 2000 in der
Fassung des Widerspruchsbescheid vom 27. September 2001, vom 31. Januar 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2001 und vom 30. April 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2002 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die
Vergütungsansprüche der Klägerin für die Quartale I bis IV/2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts
neu zu bescheiden,
weiterhin,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. August 2004 abzuändern soweit darin der Bescheid vom 7. August
2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2001 und der Bescheid vom 3. November 2000 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001 aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung
verpflichtet worden ist, und die Klagen insgesamt abzuweisen,
hilfsweise,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Unter Berufung auf neuere Rechtssprechung des BSG (Urteil vom 20. Oktober 2004, Az: B 6 KA 30/03 R) vertritt sie
die Auffassung, dass wenn - wie im vorliegend maßgebenden HVM - zahlreiche Honorarkontingente geschaffen
worden seien, die alle Fachgruppen und alle Leistungen abdeckten, es keinen "Restbereich sonstiger Leistungen"
mehr gebe, dessen Punktwert als Vergleichsbasis herangezogen werden könne. Daher habe das Sozialgericht den
Punktwert der Fachgruppe der Radiologen nicht als heranzuziehenden Vergleichspunktwert definieren dürfen. Die
gesamte Vergütungssituation sowohl der Klägerin als auch der Fachgruppe der Radiologen - dieser habe das BSG
wesentliche Bedeutung beigemessen - stelle sich seit 1998 wie folgt dar:
Erzielte Einnahmen (vor Steuern) lt. Quartalsstatistiken Radiologen Alle niedergelassenen Gebietsärzte (Durchschnitt
ohne Lab., Rad., Nukl., Path) Dr. med. Hubert K Betriebs- kostensatz Honorar minus BK- Betriebs- kostensatz
Honorar minus BK- Betriebs- kostensatz Honorar minus BK- 1998 80,30 % 73.965,43 60,50 % 66.898,95 80,30 %
127.512,85 Abweichung Durchschnitt Ä 10,56 % 90,61 %
1999 81,80 % 67.019,32 60,90 % 66.593,17 81,80 % 103.619,72 Abweichung Durchschnitt Ä 0,64 % 55,60 %
2000 62.656,96 63.966,43 107.543,99 Abweichung Druchschnitt Ä -2,05 % 68,13 % - KBV Grunddaten zur
vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 1999, 2000, 2001 - Quartal I/1998-IV/1998 Blatt 4 Quartalsauswertung
10.05.2002, Quartal I/1999-IV/2001 Blatt 4 Quartalsauswertung 21.05.2003 -Honorare Dr. Richter
Darüber hinaus sei festzustellen, dass sämtliche fünf im Land Brandenburg auf Großgeräteleistungen spezialisierte
Praxen - dies seien Vertragsärzte mit mindestens 2/3 aller Leistungen im Bereich CT/MRT - bei Annahme des
gleichen Betriebskostensatzes erheblich höhere Gewinne vor Steuer hätten erzielen können als ihre Fachkollegen, die
ausschließlich konventionelle Radiologie oder beides anböten. Im Jahr 1998 habe im Honorarfonds
Großgeräteleistungen insgesamt Honorar in Höhe von 20,44 Millionen DM für 76 Ärzte/Einrichtungen zur
Honorarverteilung zur Verfügung gestanden. Hieraus habe sich eine durchschnittliche Vergütung je Arzt/Einrichtung in
Höhe von rund 269.000 DM ergeben. Im Jahr 1999 sei der Honorarfonds Großgeräte bei gleich bleibender Anzahl von
Ärzten um 4,5 % auf 31,37 Millionen DM angehoben worden (Vergütung pro Arzt: 281.200 DM). Für die Folgejahre sei
dieser Vergütungsanteil um 1,3 % auf 21,66 Millionen DM (für das Jahr 2000) und um weitere 3,1 % auf dann 22,34
Millionen DM im Jahr 2001 angehoben worden. Entgegen der klägerischen Darstellung sei der Punktwert für
Leistungen des Honorarfonds Großgeräte nur einmalig gravierend im Vergleich der Jahre 1998 bzw. 1999 um
durchschnittlichen 14 % gesunken, wie folgender Tabelle zu entnehmen sei:
Jahr Punktwert PK Punktwert EK GKV 1/1998 5,2 6,3 2/1998 5,3 6,3 3/1998 5,6 6,6 4/1998 5,6 6,6 &1256; 1998 5,4
6,5 5,8 1/1999 4,5 5,3 2/1999 4,5 5,3 3/1999 4,7 5,5 4/1999 4,4 6,2 &1256; 1999 4,5 5,6 5,0 Vergleich 1998 zu 1999
86 %
Das weitere Absinken des Punktwertes im Jahre 2000 um nochmals 9 % sei entscheidend auf die zum 1. Januar
2000 wirksam werdende Trennung der Gesamtvergütung in den fachärztlichen und hausärztlichen Versorgungsbereich
zurückzuführen. Auch habe der Fachgruppe Radiologie insgesamt ein etwa gleich bleibender Gesamtvergütungsbetrag
zur Verfügung gestanden. Anders als in dem vom BSG entschieden Fall würden aus dem Honorarfonds
Großgeräteleistungen der Beklagten nicht nur wenige Ärzte und Einrichtungen vergütet: während die Zahl der aus dem
Honorarfonds Großgeräte zu vergütenden Vertragsärzte von 94 im Jahre 1999 (incl. Doppelzählung; 76 ohne
Doppelzählung) auf 100 im Jahre 2000 (incl. Doppelzählung) angestiegen sei, habe sich die Zahl der MRT-/CT-
Leistungserbringer von 81 (im Jahre 1999) auf 82 (im Jahre 2000) - jeweils inklusive Doppelzählung - erhöht. Der von
der Klägerseite beanstandete rechnerische Fehler beruhe darauf, dass in der jeweiligen Liste K eines
Honorarbescheides lediglich gerundete Zahlen angegeben würden, während die Berechnungen mit 8 Dezimalstellen
hinter dem Komma erfolgten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die
Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die gleichfalls zulässige Berufung der Beklagten ist hingegen
begründet, denn das Urteil des Sozialgerichts ist rechtswidrig, soweit es den die Quartale I/00 und II/00 betreffenden
Klagen teilweise stattgegeben hat. Die Klagen sind vielmehr insgesamt unbegründet.
I. Die begründete Berufung der Beklagten führt zur teilweisen Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur
Abweisung der Klage insgesamt. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die die Quartale I/00 und II/00 betreffenden
streitgegenständlichen Honorar- und Widerspruchsbescheide "aufgehoben" und die Beklagte zur Neubescheidung
verpflichtet. Denn die einschlägigen Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) wurden von der
Beklagten zutreffend angewandt und erweisen sich als rechtmäßig.
1. Quartal I/00
a) Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der ab 1.
Januar 2000 geltenden, hier anzuwendenden Fassung. Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die
Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung
getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei den
im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der
Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Sätze 1-3
SGB V).
Die KVen haben bei der Ausformung des HVM einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der
Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist. Zu beachten sind
dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler
Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitende Grundsatz der
Honorarverteilungsgerechtigkeit. Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden
müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden
darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können
Arztgruppen, die - wie z.B. diagnostisch und strahlentherapeutisch tätige Radiologen und Nuklearmediziner - gewisse
Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden. Die sachliche
Rechtfertigung für die Bildung von Honorartöpfen folgt aus dem Bestreben, dass die in § 85 Abs. 3 bis 3c SGB V
normierten Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen sich in den verschiedenen Arztgruppen bzw.
Leistungsbereichen gleichmäßig auswirken und nicht die Anteile einzelner Arztgruppen an den Gesamtvergütungen
verringert werden, weil andere Gruppen durch Mengenausweitungen ihre Anteile absichern oder sogar vergrößern.
Dadurch werden die Punktwerte in den einzelnen Leistungsbereichen stabilisiert, sodass die Ärzte ihre
vertragsärztlichen Einnahmen sicherer kalkulieren können. Der Zuordnung zu einem Honorarkontingent steht nicht
entgegen, dass Leistungen betroffen sind, die überweisungsgebunden sind. Ein Honorartopf kann auch Leistungen
erfassen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind. Die Zuordnung zu einem Honorarkontingent wird auch
nicht ohne Weiteres dadurch rechtswidrig, dass die Leistungsmengen erkennbar durch andere Ärzte und deren
Überweisungsaufträge - im Gefolge medizinisch-technischer Fortschritte mit der Entwicklung aussagekräftigerer und
schonenderer Diagnose- und Behandlungsverfahren - ausgeweitet werden und dadurch ein Punktwertverfall eintritt. Bei
der Bildung von Honorarkontingenten kann grundsätzlich an die Verhältnisse in einem früheren Quartal angeknüpft
werden.
Auch die fehlende Einbeziehung der Radiologen in die Praxisbudgets des EBM-Ä begründet kein Verbot, für diese
Fachgruppe im HVM einen Honorartopf zu schaffen und eine individuelle Budgetierung vorzunehmen. Die zum 1. Juli
1997 eingeführten Praxisbudgets haben grundsätzlich nichts an der Berechtigung der KVen geändert, im HVM auch
mengensteuernde Regelungen zu treffen, um so eine gerechte Honorarverteilung zu erreichen und zugleich ihrer
gesetzlichen Verantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gerecht zu werden (BSGE 94, 50;
93, 258, jeweils m.w.N.).
b) Die im Bereich der Beklagten geltenden, hier anzuwendenden HVMe vom 31. März 2000, gültig ab 1. Januar 2000,
sahen für den Primär- und Ersatzkassenbereich übereinstimmend vor, dass die Gesamtvergütung nach Abzug von
Rückstellungen und der Vergütung für sog. Zentrale Honorarfonds (z. B. für Fremdarzt-, bei Präventions- oder
Laborleistungen) in die Honorarfonds "Hausärzte" und die Honorarfonds "Fachärzte" aufzuteilen war. Zu letzteren
zählten u.a. der Honorarfonds "Großgeräte" und der Honorarfonds "Leistungen Fachärzte". Nach § 8 Abs. 2 HVM
ergab sich der Honorarfonds "Großgeräte" aus dem auf den Zentralen Honorarfonds Großgeräteleistungen/Leistungen
der Strahlentherapie HVM im Jahr 1999 entfallenden Anteil an der Gesamtvergütung bereichseigener Beteiligter lt.
Anlage 1. Der Leistungsbedarf Großgeräteleistungen/Leistungen der Strahlentherapie für bereichseigene Beteiligte
wurde mit dem Punktwert vergütet, der sich aus dem Verhältnis des zur Verfügung stehenden Honorarfonds zu den
anerkannten Punktzahlen errechnete.
Nach § 8 Abs. 4 HVM stand der nach Abzug der erforderlichen Vergütung für die Leistungen der Honorarfonds
"Großgeräte", "Psychotherapie" und "Einrichtungen Facharzt" verbleibende Teil der Honorarfonds "Fachärzte" zur
Vergütung des Honorarfonds "Leistungen Fachärzte" zur Verfügung. Hierbei wurde der durchschnittliche Punktwert für
die Leistungen dieses Honorarfonds als Verhältnis des zu dem zur Verfügung stehenden Honorars und den
anerkannten Punktzahlen unter Berücksichtigung des § 9 zuzüglich der Kürzungspunktzahlen aus der Praxis- und
Zusatzbudgetierung gemäß A I Teil B der Allgemeinen Bestimmungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes - EBM
- (Praxis- und Zusatzbudgetierung) gebildet. Mit diesem Punktwert wurden die nicht der Praxis- und
Zusatzbudgetierung unterliegenden Leistungen des Honorarfonds "Leistungen Fachärzte" vergütet. Die der Praxis- und
Zusatzbudgetierung unterliegenden Leistungen dieses Honorarfonds wurden mit dem Punktwert vergütet, der sich aus
dem Verhältnis des verbleibenden Honorars und dem unter Berücksichtigung der Praxis- und Zusatzbudgetierung
anerkannten Leistungsbedarf für diese Leistungen ergab.
Ferner enthielt § 9 HVM für den Fall, dass der Punktwert für die nicht der Praxis- und Zusatzbudgetierung
unterliegenden Leistungen des Honorarfonds Leistungen Hausärzte oder des Honorarfonds Leistungen Fachärzte den
Wert von 6,5 Pfennig unterschreitet, eine Mengenzuwachsbegrenzung, wobei für das Quartal I/99 noch die
Regelungen des § 8 HVM in der bis zum 31. Dezember 1999 gültigen Fassung Anwendung finden sollten. Nach § 8
Abs. 2 HVM (alt) wurden die angeforderten Punktzahlen nur bis zu einer arztindividuellen Punktzahlobergrenze
vergütet, die sich aus dem Produkt aus arztindividueller Fallzahl - sie durfte die arztindividuelle Fallzahl des
Vorjahresquartals maximal um 5 % übersteigen - und Fallpunktzahlen ergab. Letztere wurden, aufsetzend auf der
anerkannten arztindividuellen Fallpunktzahl des Vorjahresquartals, dadurch gebildet, dass für die ersten 50 % der
arztindividuellen Fälle die Fallpunktzahl um 10 % angehoben, für die darüber hinaus gehenden Fälle hingegen,
gestaffelt von 10 % bis 90 %, abgesenkt wurde. Für die ersten vier Quartale nach Aufnahme der vertragsärztlichen
Tätigkeit wurde diese Regelung nicht angewandt; vom 5. bis 12. Abrechnungsquartal blieb die Regelung ausgesetzt,
sofern die individuell abgerechnete Fallzahl den Durchschnitt der Fachgruppe nicht überstieg. Sofern
Überschreitungen vorlagen, die auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen waren, konnte der Vorstand auf Antrag
Abweichungen bezüglich dieser Honorarbegrenzung festlegen (§ 8 Abs. 4 HVM (alt)).
c) Diese Regelungen wandte die Beklagte im Honorarbescheid vom 7. August 2000 zutreffend an. Insbesondere war
die Beklagte nicht verpflichtet, weitere Umstände als Praxisbesonderheiten anzuerkennen.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin ganz überwiegend MRT-Leistungen - und sei es
aufgrund einer Sonderbedarfszulassung - erbrachte. Denn spezialisiert sich ein Arzt - hierauf weist die Beklagte zu
Recht hin - innerhalb seines Gebietes oder Teilgebietes auf wenige ausgewählte Leistungen mit der Folge, dass ein
wirtschaftlicher Ausgleich zwischen einer größeren Zahl von Leistungen nicht mehr möglich ist, so muss er das Risiko
der mangelnden Rentabilität der von ihm betriebenen Spezialpraxis tragen (BSG SozR 3-5533 Nr. 763 Nr. 1).
Dass die Verlegung der klägerischen Praxis vom Stadtrand in das -zentrum Ursache einer Fallzahlerhöhung sein
kann, ist schon nach dem Vorbringen der Klägerseite nicht einleuchtend. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass bei
einem - zugunsten der Klägerin unterstellten - Einzugskreis mit einem Radius von 60 km und nur einer weiteren MRT-
Leistungen anbietenden Praxis im Planungsbereich O - der Praxis K (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom gleichen
Tag, Az.: L 7 KA 16/04-25) im ca. 25 km südlich von F gelegenen Eisenhüttenstadt - Patienten die Durchführung einer
medizinisch gebotenen MRT-Untersuchung von einer vergleichsweise geringen Verkürzung der Anreise um 7 km
abhängig machten.
d) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerseite sind die von der Beklagten zur Anwendung gebrachten, das
Quartal I/00 betreffenden Honorarverteilungsregelungen rechtmäßig, denn sie stehen nicht in Widerspruch zu den
unter a) genannten Anforderungen.
Insbesondere steht der Schaffung des Honorarfonds "Großgeräte", aus dem die CT- und MRT-Leistungen vergütet
werden, weder entgegen, dass die Klägerin diese Leistungen nur auf Überweisung anderer Ärzte erbringen darf und
daher nicht steuern kann, noch dass der in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts eingetretene medizinisch-
technische Fortschritt den Bedarf an CT-/MRT-Leistungen erheblich erhöht hat.
e) Der Klägerin steht auch nicht wegen des bei den Großgeräteleistungen zu verzeichnenden Punktwerteabfalls bzw.
wegen der Punktwertdifferenz gegenüber anderen Leistungen ein Anspruch auf höheres Honorar zu, und zwar weder
unter dem Gesichtspunkt der Versorgungsgefährdung (hierzu unter aa) noch unter demjenigen eines gravierenden
dauerhaften Punktwertabfalls (hierzu unter bb) noch unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Leistungsausweitung
in Folge medizinisch-technischen Fortschritts bei einem Honorartopf, dem nur eine geringe Zahl von
Leistungserbringern zugeordnet sind (hierzu unter cc).
Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung
ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit (BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12
Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs.
2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist. Diese ergeben spezifisch vertragsarztrechtliche Begrenzungen der
Honorierung. Die Vorschrift des § 85 Abs. 3 SGB V enthält Vorgaben für die Bemessung der Gesamtvergütungen und
die Zuweisung dieser Aufgabe an die dort genannten Vertragsparteien. Das so festgelegte Gesamtvergütungsvolumen
haben die KVen und die Krankenkassenverbände zu beachten, wenn sie gemäß § 72 Abs. 2 SGB V ("im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses" bzw. früher: des
Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) die weiteren Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung
treffen. Dabei haben sie zwei Ziele zu realisieren. Sie müssen zum einen eine ausreichende, zweckmäßige und
wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen
Erkenntnisse gewährleisten und zum anderen für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen Sorge
tragen. Die u. U. bestehenden Schwierigkeiten, im Rahmen des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens diesen
beiden Zielen zugleich in vollem Umfang gerecht zu werden, können es notwendig machen, diese in einen
verhältnismäßigen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierfür hat der Gesetzgeber des SGB V ineinander greifende
Zuständigkeiten verschiedener Institutionen vorgesehen. Die Festlegung der Angemessenheit einer Vergütung ist
vorrangig den Kompetenzen von Bewertungsausschuss (§ 87 SGB V - Bestimmung von Inhalt und Punktzahlen der
abrechenbaren Leistungen), Gesamtvertragsparteien (§ 85 Abs. 3 SGB V - Bemessung der Gesamtvergütungen) und
KVen (§ 85 Abs. 4 SGB V - Verteilung der Gesamtvergütungen) überantwortet (BSGE 93, 258).
aa) Der danach erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem
besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr
verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem
Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein
ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die
Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG a.a.O., ständige Rechtsprechung).
Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin angeführten Honorarrückgänge die Funktionsfähigkeit der
vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der CT-/MRT-Leistungen gefährdet haben könnten, bestehen nicht. Weder
hat sich feststellen lassen, dass eine ökonomisch geführte Praxis mit dem Schwerpunkt auf CT-/MRT-Leistungen im
Bereich der Beklagten insolvent geworden wäre, noch ergibt sich aus den o.g. Einkommensstatistiken, dass die
Einnahme-/ Ausgabesituation für solche Radiologen problematisch geworden sein könnte.
Nach den von der Beklagten in das Verfahren eingeführten Statistiken überstiegen in den Jahren 1998 und 1999 im
vertragsärztlichen Bereich die durchschnittlichen Gewinne in der Fachgruppe der Radiologen diejenigen aller
niedergelassenen Gebietsärzte (ohne Laborärzte, Radiologen, Nuklearmediziner und Pathologen) um 10,56 %
(73.965,43 Euro gegenüber 66.898,95 Euro) im Jahre 1998 und 0,64 % (67.019,32 Euro gegenüber 66.593,17 Euro) im
Jahre 1999, während im Jahre 2000 ein Unterschreiten um 2,05 % (62.656,96 Euro gegenüber 63.966,43 Euro) zu
konstatieren ist. Damit waren nicht nur die im EBM vom 1. Juli 1997 kalkulierten Durchschnittseinkommen von unter
70.000,- Euro je Arzt (vgl. BSG a.a.O.) annähernd erreicht. Vielmehr übertrafen diese durchschnittlichen Gewinne der
Radiologen in Brandenburg auch diejenigen ihrer Kollegen im KV-Bezirk Süd-Württemberg (dort: 62.188 Euro im Jahre
1998, 66.545,- Euro im Jahre 1999, die Zahlen sind dem o. g. Urteil des BSG entnommen), so dass auch der Einwand
der Klägerseite entkräftet ist, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ermittelten, von der Beklagten
herangezogenen Betriebskostensätze von 80,3 % bzw. 81,8 % in den hier betrachtenden Jahren dürften in den neuen
Bundesländern wegen der erheblich ungünstigeren Kostenstruktur auf die dort niedergelassenen Radiologen nicht
angewandt werden. Demgegenüber erzielte die Klägerin im vertragsärztlichen Bereich - verglichen mit ihrer
Fachgruppe - weit überdurchschnittliche Gewinne (90,61 % im Jahre 1998, 55,60 % im Jahre 1999, 68,13 % im
streitbefangenen Jahr 2000). Die Gefahr einer zur Existenzbedrohung führenden Vergütung bestand somit nicht.
Angesichts dieser Gesamtsituation, die für die hier maßgeblichen Zeiträume keinen Ansatzpunkt für einen Anspruch
auf höheres Honorar unter dem Gesichtspunkt mangelnden Anreizes für die vertragsärztliche Tätigkeit mit der Folge
einer Versorgungsgefährdung gibt, bedarf es keiner Ermittlung oder Beweiserhebung darüber, ob CT-/MRT-Leistungen
erst bei einem bestimmten Punktwert kostendeckend erbracht werden können (vgl. BSG a.a.O.).
bb) Ein Anspruch auf höheres Honorar ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Unterschiede zu
anderen Punktwerten zu groß geworden seien. Weder war der Fall eines dauerhaft gravierenden Punktwertabfalls im
Sinne der Rechtsprechung des BSG gegeben noch bestand ein anderer rechtlich zwingender Anlass zu einer
Punktwertkorrektur.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 83, 1) - ergangen zu dem Fall eines Honorartopfes für CT-/MRT-
Leistungen - besteht eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht derart, dass die KV zu regelmäßiger Überprüfung der
Honorar- und Punktwertentwicklung verpflichtet ist und im Falle eines gravierenden Punktwertabfalls in bestimmten
Bereichen u. U. stützend eingreifen muss. Voraussetzung ist, dass ein dauerhafter Punktwertabfall vorliegen und die
Arztgruppe in einem vom Umsatz her wesentlichen Leistungsbereich betroffen sein muss, dass die zum
Punktwertverfall führende Mengenausweitung nicht von der betroffenen Arztgruppe mit zu verantworten ist sowie dass
der Honorarrückgang nicht durch Rationalisierungseffekte auf Grund von Mengensteigerungen und/oder beim
Kostenfaktor kompensiert wird. Ein gravierender Punktverfall ist erst dann gegeben, wenn der Punktwert für die aus
dem Honorartopf vergüteten Leistungen mindestens 15 % unter denjenigen für den größten Teil der sonstigen
Leistungen liegt (BSG a.a.O.).
Die Anwendung dieser Grundsätze vermag für die Klägerin keinen Anspruch auf höheres Honorar zu begründen. Ein
Absinken des Punktwertes auf 15 % unter demjenigen für den größten Teil der sonstigen Leistungen kann nicht
festgestellt werden. Dieses in der Rechtsprechung des BSG zunächst herausgearbeitete Kriterium passt auf
Honorarverteilungsregelungen der hier zu beurteilenden Art nicht. Sind wie im vorliegend maßgebenden HVM
zahlreiche Honorarkontingente geschaffen worden, die alle Fachgruppen und alle Leistungen abdecken, so gibt es
keinen "Restbereich sonstiger Leistungen" mehr, dessen Punktwert als Vergleichsbasis herangezogen werden könnte
(BSG a.a.O.).
Als ersatzweise heranzuziehende Vergleichsbasis eignet sich auch keiner der sonstigen im Rahmen der
Honorarverteilung dieses Quartals angewandten Punktwerte. Die Punktwerte, die auf der Grundlage der durch die
EBM-Budgetierungen gekürzten Punktmengen errechnet wurde - und dadurch "künstlich erhöht" waren -, bilden schon
deswegen keine brauchbare Vergleichsbasis, weil vorliegend Leistungen im nicht-budgetierten Bereich betroffen sind.
Als Maßstab für die Feststellung eines um 15 % abgesunkenen Punktwerts eignet sich aber auch nicht der
durchschnittliche Punktwert der nicht-budgetierten Leistungen, weil dieser nur einen verhältnismäßig kleinen Teil aller
Leistungen erfassen würde (vgl. BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 2 RdNr. 6: ca. 20 %), also kaum als repräsentativ
angesehen werden kann (vgl. BSGE 93, 258).
Darüber hinaus kann die Frage, ob aus dem Punktwertverfall in einem wesentlichen Leistungsbereich eine
Verpflichtung der KV zur Korrektur der Honorarverteilung folgt, nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, also unter
Einbeziehung aller einer Arztgruppe zuzuordnenden Honorarkontingente bzw. der daraus resultierenden Punktwerte
und Honorarbeträge, ermittelt werden. Das beruht darauf, dass sich der Anspruch eines Vertragsarztes auf
Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V unter der Geltung begrenzter
Gesamtvergütungen erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und
die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten
Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden
Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche
Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln. Demgemäß ist bei der Prüfung, ob eine Stützungspflicht der
KVen gegeben sein könnte, entscheidend auf die durchschnittlichen Gesamteinkünfte einer Arztgruppe in einem
Bezugszeitraum abzustellen (BSG vom 29. August 2007, Az.: B 6 KA 43/06 B - veröffentlicht in Juris - m.w.N.) Unter
Beachtung dieser Prämissen waren die Voraussetzungen für eine Reaktionspflicht der Beklagten im streitbefangenen
Quartal I/00 nicht gegeben.
cc) Unter dem Gesichtspunkt der Honorarverteilungsgerechtigkeit aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG ist aber
zu berücksichtigen, dass die KV bei einem Honorartopf, dem nur eine geringe Zahl von Leistungserbringern - aber mit
einem relevanten Leistungsbereich - zugeordnet und der zudem in besonderem Maße von Leistungsausweitungen
durch medizinisch-technischen Fortschritt betroffen ist, eine gesteigerte Beobachtungspflicht trifft. Zeigt sich hier eine
dauerhafte Steigerung der Leistungsmenge und zugleich ein dauerhafter Punktwertabfall bis deutlich unter andere
vergleichbare Durchschnittspunktwerte, ohne dass dies von den Betroffenen selbst zu verantworten ist, so ist darauf
durch angemessene Erhöhung des Honorarkontingents zu reagieren (BSG a.a.O.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall bereits deswegen nicht erfüllt, weil nach den von der Beklagten in
den Rechtsstreit eingeführten Daten im streitgegenständlichen Jahr 2000 100 (incl. Doppelzählungen) Vertragsärzte
aus dem Honorarfondsgroßgeräte vergütet wurden, von einer nur geringen Zahl an aus diesem Honorarfonds
vergüteten Leistungserbringern somit nicht die Rede sein kann.
f) Dass die Klägerin in den streitgegenständlichen Quartalen lediglich im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung an
der vertragsärztlichen Versorgung teilnahm, ändert im Ergebnis nichts. Denn trotz dieses aus rechtlichen Gründen eng
gefassten Leistungsrahmens gelang es der Klägerin, im streitigen Jahr 2000 - wie bereits erwähnt - weit
überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen.
2. Quartale II/00 bis IV/00
Für die Quartale II/00 bis IV/00 gelten die vorstehenden Ausführungen in entsprechender Weise.
Dass gem. § 9 Abs. 3 HVM (neu) nunmehr eine vereinfachte Regelung zur Ermittlung der Punktzahlobergrenze - ohne
abgestaffelte Fallpunktzahlen - anzuwenden war, ändert im Ergebnis nichts.
II. Die Berufung der Klägerin ist – nach Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist - zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Obwohl die Klägerin bezüglich der streitgegenständlichen Quartale I/00 und II/00 im erstinstanzlichen Verfahren
obsiegt hat, fehlt ihrer Berufung, auch soweit sie sich auf diese beiden Quartale bezieht, nicht die für jedes
Rechtsmittel erforderliche formelle Beschwer. Denn bei Bescheidungsurteilen nach § 131 Abs. 3 SGG - ein solches
stellt die Entscheidung des Sozialgerichts bezüglicher der beiden genannten Quartale dar - kann die Beschwer eines
Klägers auch darin liegen, dass die von ihm vertretene Rechtsauffassung von der Vorinstanz nicht geteilt wird und
sich dies für ihn negativ auswirkt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 8.A., vor § 143 RdNr. 5a
m.w.N.). Dies ist hier der Fall, da die Klägerin die die Quartale I/00 und II/00 betreffenden Bescheide der Beklagten
aus Gründen, die über die Entscheidung des Sozialgerichts hinaus gehen für rechtswidrig hält und sie im Falle des
Obsiegens mit einer noch höheren Vergütung rechnen dürfte.
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Da sich die streitgegenständlichen Honorar- und Widerspruchsbescheide als
insgesamt rechtsmäßig erweisen (siehe hierzu I.), kann der Klägerin auch kein über das erstinstanzliche Urteil
hinausgehender Anspruch auf Neubescheidung zustehen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.