Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24.08.2004
LSG Berlin-Brandenburg: arbeitslosenhilfe, verwertung, fälligkeit, freibetrag, bedürftigkeit, eltern, darlehen, rückzahlung, kündigung, rückkauf
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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 4 AL 81/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 190 Abs 1 Nr 5 SGB 3, § 193
Abs 1 SGB 3, § 1 AlhiV 2002
Verwertbarkeit einer Lebensversicherung bei der Bewilligung
von Arbeitslosenhilfe
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August
2004 aufgehoben. Die Klagen werden in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 26. Juni bis zum 15.
Dezember 2002.
Der 1959 geborene ledige Kläger bezog vom 1. Januar bis zum 25. Juni 2002
Arbeitslosengeld; am 12. Juni 2002 beantragte er die Gewährung von Arbeitslosenhilfe
(Alhi) ab 26. Juni 2002. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung machte der Kläger folgende
Angaben:
Mit Bescheid vom 25. Juni 2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alhi wegen
fehlender Bedürftigkeit ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, seine
Lebensversicherung dürfe nicht mit einbezogen werden, da diese ihm zur
Alterssicherung diene. Der vorzeitige Rückkauf der Versicherung würde einen
erheblichen Verlust bedeuten. Der Kläger legte hierzu den Versicherungsschein vor, aus
dem sich der Versicherungsbeginn am 1. Juli 1980 mit dem vorgesehenen Ablauf der
Zahlungsdauer am 1. Juli 2005 (25 Jahre) und die Versicherungssumme in Höhe von
30.000 DM ergibt. Auf Anfrage hat die Versicherung mitgeteilt, dass der Kläger bis
einschließlich September 2002 Beiträge in Höhe von insgesamt 13.147,08 € entrichtet
hat. Der Rückkaufwert aus Versicherungssumme, Bonussumme und
Schlussüberschussanteil betrage zum 1. Oktober 2002 24.243,72 € (14.340,57 +
9.042,72 + 860,43).
Darüber hinaus trug der Kläger zur Begründung seines Widerspruchs vor, er habe sich
aufgrund der lang anhaltenden Arbeitslosigkeit und der fehlenden Einkünfte seit Juni
2002 verschulden müssen. Die Miete werde seit Juni von seinen Eltern bezahlt, und er
müsse diese erstatten, sobald er wieder berufstätig sei. Das gleiche gelte für die Kosten
zum Lebensunterhalt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück. Der Rückkaufwert der Lebensversicherung übersteige die Einzahlungen deutlich,
sodass die Verwertung zumutbar sei. Ausgehend von einem Rückkaufwert zum 1. Juli
2002 in Höhe von 23.911,46 € sowie von dem angegebenen Sparbetrag in Höhe von
3.000,00 € und dem Betrag auf dem Girokonto in Höhe von 785,88 € habe das
verwertbare Vermögen insgesamt 27.697,34 € betragen. Dieses verwertbare Vermögen
übersteige den Freibetrag von 22.360,00 €. Bedürftigkeit habe daher nicht bestanden.
Hiergegen hat der Kläger am 7. November 2002 Klage erhoben (S 56 AL 5149/02).
In einem erneuten Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 30. Oktober 2002
gab der Kläger im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung folgendes an:
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Darüber hinaus legte der Kläger eine Bescheinigung von C T, geboren 1960 und
wohnhaft in B – S vom 1. April 1999 vor, wonach der Kläger von ihr 20.000 DM erhalten
hat. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Spätester Rückzahlungstermin 1.7.2005 plus 2,5
% Zinsen“. Der Kläger legte eine weitere Bescheinigung vom 11. Oktober 2002 vor, in
der J und G S aus B (offenbar die Eltern des Klägers) bescheinigen, dass sie für den
Kläger seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit am 1. Juli 2001 die monatliche Rate für seine
Lebensversicherung in Höhe von 49,24 € übernommen haben. Außerdem würden seit
Ende Juni 2002 monatlich 600,00 € zur Deckung seiner monatlichen Verpflichtungen
gezahlt. Die Rückzahlung solle bei Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit erfolgen.
Mit Bescheid vom 13. November 2002 lehnte die Beklagte den Antrag erneut ab mit der
Begründung, der Kläger verfüge über ein Vermögen in Höhe von 24.355,75 €, das
verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines
Freibetrages in Höhe von 22.360,00 € verblieben 1.995,75 €.
Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 11. März 2003 zurück. Auch wenn der Kläger angebe, dass die Lebensversicherung
für seine Altersversicherung bestimmt sei, sei diese nicht geschützt, denn sie genüge
nicht den Anforderungen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz. Wie
bereits dargelegt, sei die Verwertung der Lebensversicherung auch zumutbar.
Sparguthaben und Guthaben auf dem Girokonto seien ohne Ausnahme verwertbar. Da
der Gesamtbetrag des zu berücksichtigenden Verkehrswertes des Vermögens zur Zeit
der Antragstellung den Freibetrag in Höhe von 22.360,00 € übersteige (43 Jahre x 520,00
€) seien nicht alle Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe erfüllt.
Hiergegen hat der Kläger am 25. März 2003 Klage erhoben (S 54 AL 1473/03).
Ab dem 16. Dezember 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen, nachdem
dieser seine Lebensversicherung veräußert hatte.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2003 hat das Sozialgericht beide Klageverfahren zur
gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 24. August
2004 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger
ab 26. Juni 2002 Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Kläger sei entgegen der Auffassung der Beklagten bedürftig. Zwar habe er zum
Zeitpunkt 26. Juni 2002 über ein Gesamtvermögen von 27.697,34 € verfügt
(Rückkaufwert aus der Lebensversicherung: 23.911,46 €, Sparbuch 3.000,00 €,
Girokonto: 785,88 €). Dieser Betrag übersteige auch den Freibetrag, der im Fall des
Klägers 22.360,00 € betrage (520,00 € x 43 Jahre). Es sei jedoch nicht berücksichtigt
worden, dass der Kläger Schulden habe, die aus seinem Vermögen zu tilgen seien. Seit
dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. Juni 1978 – 7 RAr 47/77 – sei anerkannt,
dass bei der Vermögensbewertung auch fällige Schulden des Arbeitslosen zu
berücksichtigen seien. Der Kläger habe gegenüber Frau C T eine
Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 20.000 DM plus 2,5 % Zinsen spätestens zum 1.
Juli 2005, d.h. zum Termin der Fälligkeit seiner Lebensversicherung. Die
Lebensversicherung des Klägers solle damit offensichtlich als Sicherheit für die
Darlehensschulden dienen. Entsprechend dieser Vereinbarung habe der Kläger
inzwischen seine Lebensversicherung zum 1. Dezember 2002 gekündigt und seine
Darlehensschuld nebst Zinsen (11.195,74 €) sofort getilgt. In dieser Höhe sei der
Rückkaufwert der Versicherung zu mindern, sodass das anzurechnende Vermögen des
Klägers seinen Freibetrag nicht mehr überschreite. Dies gelte auch für den Zeitpunkt
des erneuten Antrags am 30. Oktober 2002, sodass dem Kläger auch insoweit
Arbeitslosenhilfe dem Grunde nach zustehe.
Gegen dieses ihr am 30. September 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der
Beklagten vom 27. Oktober 2004. Sie führt zur Begründung aus, das Sozialgericht stütze
sich zu Unrecht auf das genannte Urteil des BSG, denn danach komme es auf die
Fälligkeit der Schuld bzw. die aktuelle Zahlungsverpflichtung entscheidend an. Im Fall
des Klägers seien die vorgetragenen Schulden nach der Bestätigung vom 1. April 1999
zum hier zu beurteilenden Zeitraum vom 26. Juni 2002 bis zum 15. Dezember 2002
nicht fällig gewesen, denn als (spätester) Fälligkeitstermin sei der 1. Juli 2005 – wohl
zutreffend im Hinblick auf die späteste Fälligkeit der Lebensversicherung – vereinbart
gewesen. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG sei das Vermögen des Klägers
daher ohne Minderung um die noch nicht fälligen Schulden als Vermögen im Sinne der
Alhi-Vorschriften zu berücksichtigen gewesen, weil es in voller Höhe verwertbar und die
Verwertung zumutbar gewesen sei.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2004 aufzuheben und die
Klagen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und führt aus, die Beklagte verkenne den
rechtlichen Kontext zwischen Ablaufdatum der Lebensversicherung und der vereinbarten
(spätesten) Fälligkeit. Daraus ergebe sich, dass die früheste Fälligkeit mit der Kündigung
der Lebensversicherung gegeben gewesen sei. Im Übrigen überzeuge die
Argumentation der Beklagten auch deshalb nicht, weil unter Berücksichtigung der zum
Zeitpunkt des Erstantrags gegebenen Sachlage über das Vermögen aus der
Lebensversicherung in ungekündigter Form unter Berücksichtigung der vereinbarten
Fälligkeit noch nicht verfügt werden konnte und daher zu diesem Zeitpunkt in jedem Fall
die Schuldsumme dem Vermögen gegenzurechnen sei.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf
den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( Kdnr.:
...) sowie der Gerichtsakte S 54 AL 1473/03, die sämtlichst zur mündlichen Verhandlung
und Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg, denn das erstinstanzliche Urteil ist nicht
zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2002 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom
13. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2003
sind rechtmäßig. Der Kläger hat in der Zeit vom 26. Juni 2002 bis zum 15. Dezember
2002 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III, hier in der
Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den
Aufsichtsrat vom 23. März 2002 (BGBl. I S. 1130), nur Arbeitnehmer, die – abgesehen
von weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen – bedürftig sind. Bedürftigkeit liegt
grundsätzlich vor, soweit der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise
als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann, § 193 Abs. 1 SGB III. Nicht
bedürftig ist der Arbeitslose demgegenüber gemäß § 193 Abs. 2 SGB III, solange mit
Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden
Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem
Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe
nicht gerechtfertigt ist. Inwieweit bei dieser Beurteilung Vermögen zu berücksichtigen ist,
konkretisiert für den vorliegenden Fall (begehrter Leistungsbeginn 26. Juni 2002 bzw. 30.
Oktober 2002) die auf § 206 Nr. 1 SGB III beruhende Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom
31. Dezember 2001 (AlhiV 2002, gültig ab 1. Januar 2002).
Als bei dem Kläger zu berücksichtigendes Vermögen ergibt sich zum Zeitpunkt der
Antragstellung ab 26. Juni 2002, wie die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom
25. Juni 2002 zutreffend erkannt hat, in Anwendung der AlhiV 2002 und vor Abzug des
Freibetrags ein Betrag von 27.697,34 € (23.911,46 € Rückkaufwert Lebensversicherung
zzgl. 3.000,00 € Sparbuch zzgl. 785,88 € Girokonto). Dass auf den Zeitpunkt der
Antragstellung abzustellen ist, ergibt sich aus § 1 Abs. 4 S. 2 AlhiV 2002.
Ebenso zutreffend ist die Beklagte mit Bescheid vom 13. November 2002 davon
ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung am 30.
Oktober 2002 über ein Vermögen in Höhe von 24.355,75 € verfügt hat (Rückkaufwert
aus der Lebensversicherung zum 1. November 2002).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des
Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag
überschreitet. Freibetrag ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 AlhiV 2002 ein Betrag von 520,00 € je
vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen. Dieser darf für den Arbeitslosen (und seinen
Partner) jeweils 33.800,00 € nicht übersteigen.
Der Kläger hatte zu Beginn der begehrten Arbeitslosenhilfezahlung (26. Juni 2002) das
43. Lebensjahr vollendet. Damit stand ihm zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Freibetrag
in Höhe von 22.360,00 € (43 x 520,00 €) zu. Unter Berücksichtigung dieses Freibetrags
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in Höhe von 22.360,00 € (43 x 520,00 €) zu. Unter Berücksichtigung dieses Freibetrags
errechnet sich für den Zeitpunkt 26. Juni 2002 ein zu berücksichtigendes, die
Bedürftigkeit ausschließendes Vermögen des Klägers in Höhe von 5.337,34 € (27.697,34
€ minus 22.360,00 €), für den Zeitpunkt 30. Oktober 2002 ein zu berücksichtigendes
Vermögen in Höhe von 1.995,75 € (24.355,75 € minus 22.360,00 €).
Insbesondere die Lebensversicherung des Klägers ist auch ohne weiteres verwertbar im
Sinne von § 1 Abs. 1 AlhiV 2002. Eine Kündigung des Versicherungsvertrages war dem
Kläger jederzeit möglich, und die Auszahlung des Rückkaufwertes erfolgte nach der
tatsächlich ausgesprochenen Kündigung umgehend (vgl. Schreiben des Klägers vom 4.
Dezember 2002 und Schreiben der Versicherung vom 5. Dezember 2002). Entgegen der
Auffassung des Klägers war die Verwertung auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich im
Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV, auch wenn der Kläger gegenüber der zu erwartenden
Auszahlung zum Versicherungsende 1. Juli 2005 in Höhe von 30.000,00 € unbestreitbar
Verluste hinnehmen musste. Von einer offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung kann
aber nach der ständigen Rechtssprechung des BSG nur dann gesprochen werden, wenn
der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem (deutlichen) Missverhältnis
zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes
steht oder stehen würde (vgl. BSG Urteil vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 51/04 R, in SozR
4-4220 § 6 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen). Dabei kann zweifelhaft sein, ob die
Verwertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung dann als unwirtschaftlich
anzusehen wäre, wenn der Rückkaufwert (nach Abzug von Gebühren) die Summe der
eingezahlten Beiträge um mehr als 10 vom 100 unterschreiten würde. Dies ist bei dem
Kläger jedoch nicht der Fall; vielmehr überschreitet der Rückkaufwert sowohl zum
Zeitpunkt der Antragstellung im Juni 2002 als auch zum Zeitpunkt der Antragstellung im
Oktober 2002 deutlich die Summe der eingezahlten Beiträge, sodass von einer
offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung keine Rede sein kann.
Zu Gunsten des Klägers greift auch nicht die Ausschlussregelung in § 1 Abs. 3 Nr. 3 und
4 AlhiV 2002 ein. Denn die Privilegierung der so genannten Riesterrente nach § 1 Abs. 3
AlhiV 2002 und der Alterssicherung, wenn der Arbeitslose nach § 231 SGB VI von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, betrifft den
Kläger nicht. Die Lebensversicherung des Klägers ist daher grundsätzlich zu verwerten.
Gegen eine – teilweise – Verwertung spricht schließlich nicht das Bestehen von
Verbindlichkeiten des Klägers. Eine Unzumutbarkeit der Verwertung von Vermögen in
Höhe der Verbindlichkeiten ist nämlich nur dann gegeben, wenn diese nach Entstehung
und beabsichtigter Tilgung miteinander verknüpft sind, also in einem zeitlichen und
ursächlichen Zusammenhang stehen. Liegt eine derartige Verknüpfung vor, kommt es
für die Frage der Zumutbarkeit der Verwertung nicht zusätzlich darauf an, dass die
Verbindlichkeit im Beurteilungszeitraum fällig ist (vgl. BSG Urteil vom 2. November 2002,
B 11 AL 35/00 R, recherchiert in JURIS). Eine solche enge Verknüpfung der
Lebensversicherung des Klägers und der von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten liegt
nicht vor. Dies wird von ihm selbst für das bei seinen Eltern aufgenommene Darlehen
zum Lebensunterhalt zu Recht noch nicht einmal behauptet, denn in der hierzu
abgegebenen Erklärung vom 11. Oktober 2002 wird von den Eltern und dem Kläger
lediglich erklärt, dass die Rückzahlung der dem Kläger gewährten Leistung bei
Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit erfolgen solle. Ein Zusammenhang mit der
Lebensversicherung ist hier von vornherein nicht erkennbar. Aber auch die Erklärung
vom 1. April 1999 über ein Darlehen von Frau C T, rückzahlbar spätestens am 1. Juli
2005, genügt diesen Anforderungen nicht. Zwar wird hieraus deutlich, dass das Darlehen
spätestens zu dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Lebensversicherungssumme mit
Auslaufen des Vertrags zurückgezahlt werden sollte, und es ist anzunehmen, dass der
Kläger auch für die Rückzahlung einen Teil des Auszahlungsbetrags aus der
Lebensversicherung verwenden wollte. Der Erklärung vom 1. April 1999 ist aber eine
entsprechende ausdrückliche Verknüpfung mit dem Lebensversicherungsvertrag des
Klägers nicht zu entnehmen. Die Lebensversicherung wurde bereits zum 1. Juli 1980
abgeschlossen; fast 20 Jahre später ist der Kläger die Darlehensverpflichtung gegenüber
Frau C T eingegangen, ohne dass hierin ausdrücklich eine Absicherung über die
Lebensversicherung vorgenommen wurde. Darüber hinaus ist die Forderung ausweislich
der Bescheinigung vom 1. April 1999 im hier streitigen Zeitraum vom 26. Juni bis 15.
Dezember 2002 noch nicht fällig gewesen, sodass auch eine aktuelle
Zahlungsverpflichtung des Klägers der Verwertung seiner Lebensversicherung nicht
entgegen steht (vgl. hierzu das bereits vom Sozialgericht zitierte Urteil des BSG vom 20.
Juni 1978, 7 RAr 47/77, SozR 4100 § 138 Nr. 3 sowie Urteil des BSG vom 30. Mai 1990,
11 RAr 33/88, in SozSich 1991, 223).
Zwar muss auch unter Geltung der AlhiV 2002 – entgegen deren Wortlaut – eine Prüfung
der besonderen Umstände des Einzelfalles im Sinne einer besonderen Härte
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der besonderen Umstände des Einzelfalles im Sinne einer besonderen Härte
vorgenommen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, B 7
AL 30/04 R in SozR 4-4300 § 193 Nr. 2; Urteil vom 25. Mai 2005 a.a.O.). Ein solcher
Härtefall ist bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats jedoch nicht erkennbar. § 190
Abs. 1 Nr. 5 SGB III knüpft die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nämlich ausdrücklich an
die Bedürftigkeit des Arbeitslosen. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe besteht nicht,
solange und soweit der Betreffende sich und ggf. seine Angehörigen aktuell selbst
versorgen kann (Grundsatz der Subsidiarität der Arbeitslosenhilfe). Arbeitslosenhilfe
steht dann nicht zu, wenn der Arbeitslose über Vermögen verfügt, dessen Erträgnis
bereits den Lebensunterhalt abdeckt. Grundsätzlich hat der Arbeitslose die Substanz
seines Vermögens für seinen Lebensunterhalt zu verwerten, bevor er Leistungen der
Arbeitslosenhilfe in Anspruch nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 25. Mai 2005, a.a.O.). Die in
der Vermögensverwertung liegende Härte hat der Gesetzgeber damit vorausgesetzt. Ein
Härtefall ergibt sich auch nicht allein aus dem Alter des Klägers und seiner konkreten
Aussicht, noch jemals zusätzliches Vermögen selbst aufzubauen (vgl. BSG, Urteil vom
25. Mai 2005, a.a.O.). Hieran gemessen vermag der Senat eine besondere, über das
übliche Maß hinausgehende Härte nicht zu erkennen, zumal der Kläger hierzu nichts
vorgetragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der
Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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