Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2002
LSG Berlin-Brandenburg: vergütung, versorgung, anteil, vertragsarzt, gewährleistung, sammlung, durchschnitt, link, quelle, vorsorge
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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 7.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 7 KA 14/02-25
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 72 SGB 5, § 85 SGB 5, Art 12
Abs 1 GG
Höhe des vertragsärztlichen Honorars
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. März
2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat der Beklagten deren notwendige außergerichtliche Kosten für das
gesamte Verfahren zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine höhere Vergütung für die von ihr erbrachten vertragsärztlichen
Leistungen aus den Quartalen II bis IV/1999.
Die Klägerin ist seit dem 01. Oktober 1997 als hausärztliche Internistin mit Praxissitz in L
zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Sie erbringt nach
eigenen Angaben neben der hausärztlichen Versorgung schwerpunktmäßig
gastroenterologische Leistungen.
Im Quartal II/1999 forderte sie für praxisbudgetierte Leistungen 1.156.740 Punkte und für
zusatzbudgetierte Leistungen 169.450 Punkte an. Für nicht budgetierte Leistungen belief
sich die Punkteanforderung auf 562.869; hierdurch betrug der Anteil der
nichtbudgetierten Leistungen am Gesamtleistungsvolumen 29,80 %. Das
vertragsärztliche Honorar für dieses Quartal belief sich unter Einschluss von
Nachvergütungen auf insgesamt 120.888,07 DM bei einer Fallzahl von 1.503 und einem
Fallwert von 80,43 DM. Im selben Quartal erzielte die Fachgruppe der hausärztlichen
Internisten durchschnittlich ein Honorar von 79.780,26 DM bei einer Fallzahl von 957 und
einem Fallwert von 83,36 DM, die Fachgruppe der Allgemeinmediziner durchschnittlich
ein Honorar von 70.241,68 DM bei einer Fallzahl von 921 und einem Fallwert von 76,27
DM.
Für das Quartal III/1999 forderte die Klägerin 1.132.415 Punkte für praxisbudgetierte
Leistungen, 146.010 Punkte für zusatzbudgetierte Leistungen und 445.162 Punkte für
nichtbudgetierte Leistungen an. Der Anteil der nichtbudgetierten Leistungen am
Gesamtleistungsvolumen belief sich in diesem Quartal auf 25,83 %. Das der Klägerin
gewährte vertragsärztliche Honorar erreichte unter Berücksichtigung von
Nachvergütungen insgesamt 114.441,05 DM bei einer Fallzahl von 1.423 und einem
durchschnittlichen Fallwert von 80,42 DM. Im selben Quartal erzielte die Fachgruppe der
hausärztlichen Internisten durchschnittlich ein Honorar von 78.115,85 DM bei einer
durchschnittlichen Fallzahl von 946 und einem durchschnittlichen Fallwert von 82,57 DM.
Die Fachgruppe der niedergelassenen Allgemeinmediziner erzielte im selben Quartal ein
Honorar von durchschnittlich 70.996, 63 DM bei einer Fallzahl von 945 und einem
durchschnittlichen Fallwert von 75,13.
Im Quartal IV/1999 forderte die Klägerin für praxisbudgetierte Leistungen 1.219.830
Punkte, für zusatzbudgetierte Leistungen 176.650 Punkte und für nichtbudgetierte
Leistungen 576.105 Punkte an. Der Anteil der nichtbudgetierten Leistungen am
Gesamtleistungsvolumen belief sich auf 29,21 %. Für dieses Quartal erhielt die Klägerin
ein Gesamthonorar unter Berücksichtigung von Nachvergütungen in Höhe von
141.427,62 DM bei einer Fallzahl von 1.579 und einem Fallwert von durchschnittlich
89,57 DM. Im selben Quartal erzielte die Fachgruppe der hausärztlichen Internisten
durchschnittlich ein Honorar von 87.480, 36 DM bei einer Fallzahl von 1.002 und einem
Fallwert von 87,31 DM. Die Fachgruppe der Allgemeinmediziner erzielte durchschnittlich
ein Honorar von 74.284,38 DM bei einer Fallzahl von 959 und einem Fallwert von 77,46
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ein Honorar von 74.284,38 DM bei einer Fallzahl von 959 und einem Fallwert von 77,46
DM.
Gegen die die vorgenannten Quartale betreffenden Honorarbescheide legte die Klägerin
jeweils Widerspruch ein, u. a. mit der Begründung, für die gastroenterologischen
Leistungen, die in den nichtbudgetierten Bereich fielen, seien die Punktwerte zu niedrig
bemessen worden. Die Beklagte wies die Widersprüche jeweils zurück, und zwar
hinsichtlich des Bescheides vom 04. November 1999 (Quartal II/1999) durch
Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 2000, hinsichtlich des Bescheides vom 07. Februar
2000 (Quartal III/1999) durch Widerspruchsbescheid vom 09. Februar 2001 und
hinsichtlich des Bescheides vom 04. Mai 2000 (Quartal IV/1999) durch
Widerspruchsbescheid vom 01. August 2001.
Die hiergegen fristgemäß erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Potsdam zur
gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 13. März
2002 abgewiesen: Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die gastroenterologischen
Leistungen als nicht praxisbudgetierte Leistungen nur mit einem Punktwert von 4
Pfennigen vergütet würden. Dies sei auf die Bildung unterschiedlicher Honorarfonds
zurückzuführen, die nicht zu beanstanden sei. Ein Anspruch auf höhere und
kostendeckende Vergütung der gastroenterologischen Leistungen bestehe nicht,
vielmehr müsse die Klägerin insgesamt eine Mischkalkulation vornehmen und dabei
berücksichtigen, dass die praxisbudgetierten Leistungen höher vergütet würden.
Gegen dieses ihr am 14. Mai 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Juni 2002
Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie macht geltend, der in Ansatz
gebrachte Punktwert für die gastroenterologischen Leistungen sei wesentlich zu niedrig.
Die Bildung der Honorarfonds durch die Beklagte in ihrem Honorarverteilungsmaßstab
(HVM) sei nicht sachgerecht erfolgt. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu
rechtfertigen, gerade die hochspezialisierten und kostenintensiven
gastroenterologischen Leistungen mit einem besonders niedrigen Punktwert zu
vergüten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. März 2002 aufzuheben und die
Beklagte unter Abänderung des Honorarbescheides vom 04. November 1999 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 2000, des Honorarbescheides vom 07.
Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Februar 2001 und des
Honorarbescheides vom 04. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
01. August 2001 zu verpflichten, die Vergütungsansprüche der Klägerin für die Quartale
II/1999, III/1999 und IV/1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Bildung der Honorarfonds sei
sachlich gerechtfertigt. Die Gesamtheit der Regelungen des HVM habe die gewünschte
Wirkung erzielt und die Vergütung der vertragsärztlichen Tätigkeit für ihren Kernbereich,
nämlich die hausärztliche Versorgung der Patienten, kalkulierbar gemacht. Eine isolierte
Betrachtung einzelner Punktwerte sei unzulässig, es müsse vielmehr das
Gesamthonorar betrachtet werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen
auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die
Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung
vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht
die Klagen abgewiesen. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale II bis
IV/1999 sind rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsregelungen ist § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3
Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden
Fassung des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2477).
Danach steht jedem Vertragsarzt ein Anspruch auf Teilhabe an den von den
Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem
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Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem
Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der
Verteilungsregelungen im HVM zu. Dabei gestattet § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der
Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGB l. I 2266) eine
„nach Arztgruppen unterschiedliche“ Honorarverteilung. Dementsprechend war es
grundsätzlich zulässig, im HVM gesonderte Honorartöpfe für die verschiedenen
Fachgruppen zu bilden, um Vorsorge dagegen zu treffen, dass durch eine
unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Fachgruppen das Honorargefüge
ungerechtfertigt zu Gunsten einzelner und zum Nachteil anderer Arztgruppen verändert
wurde. Die Beklagte hat von dieser Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und in §
4 HVM die Einrichtung eines zentralen Honorarfonds sowie spezielle
Fachgruppenhonorarfonds, u. a. getrennt für die Fachgruppe der hausärztlichen und
fachärztlichen Internisten bestimmt. Nach den dargestellten Regelungen wurden die
praxisbudgetierten Leistungen unter Berücksichtigung von Mengenbegrenzungs- und
Interventionsregelungen mit einem festen Punktwert von 7,49 DPf. vergütet. Nicht
praxisbudgetierte, wie die hier streitbefangenen gastroenterologischen Leistungen
wurden mit dem Punktwert vergütet, der sich aus dem Verhältnis des zur Vergütung
stehenden Honorarfonds der jeweiligen Fachgruppe nach Vergütung der Leistungen
nicht praxisbudgetierter Beteiligter und der budgetierten Leistungen zu den anerkannten
Punkten dieser Fachgruppe unter Berücksichtigung der Mengenbegrenzungs- und
Interventionsregelungen errechnet. Unterschritt der Punktwert für nicht
praxisbudgetierte Leistungen in einzelnen Fachgruppenhonorarfonds den Wert von 4,0
DPf., wurde der anerkannte Leistungsbedarf für nicht praxisbudgetierte Leistungen
quotiert, so dass ein Punktwert von 4,0 DPf. nicht unterschritten wurde.
Diese Regelung hat die Beklagte im vorliegenden Fall angewandt und richtig umgesetzt.
Danach ergab sich für die gastroenterologischen Leistungen der Klägerin im Quartal
II/1999 im Primärkassenbereich ein Punktwert von 4,0 DPf. bei einer Quotierung des
angeforderten Leistungsbedarf auf 97,5 % und im Ersatzkassenbereich ein Punktwert
von 7,47 DPf., ohne dass es zu einer Quotierung kam. Im Quartal III/1999 ergab sich im
Primärkassenbereich ebenfalls ein Punktwert von 4,0 DPf. ohne Quotierung. Im
Ersatzkassenbereich ergab sich ein Punktwert von 8,10 DPf. ohne Quotierung. Im Quartal
IV/1999 ergab sich im Primärkassenbereich ebenfalls ein Punktwert von 4,0 DPf. ohne
Quotierung. Im Ersatzkassenbereich ergab sich ein Punktwert von 9,20 DPf. ohne
Quotierung.
Die Klägerin kann hinsichtlich dieser gastroenterologischen Leistungen kein höheres
Honorar beanspruchen. Ein solcher Anspruch ist zunächst nicht unter dem
Gesichtspunkt der Versorgungsgefährdung gegeben. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung
seiner vertragsärztlichen Tätigkeit. Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz
2 GG aufgrund gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die
Regelung des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist. Diese Bestimmungen
normieren spezifisch vertragsarztrechtliche Begrenzungen der Honorierung. Die
Vorschrift des § 85 Abs. 3 SGB V enthält Vorgaben für die Bemessung der
Gesamtvergütungen und die Zuweisung dieser Aufgabe an die dort genannten
Vertragsparteien. Das so festgelegte Gesamtvergütungsvolumen haben die
Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassenverbände zu beachten, wenn sie
gemäß § 72 Abs. 2 SGB V die weiteren Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung
treffen. Dabei haben sie zwei Ziele zu realisieren. Sie müssen zum Einen eine
ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des
allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten und zum
Anderen für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen Sorge tragen. Die
unter Umständen bestehende Schwierigkeit, im Rahmen des begrenzten
Gesamtvergütungsvolumens diesen beiden Zielen in gleichem Umfang gerecht zu
werden, können es notwendig machen, diese in einen verhältnismäßigen Ausgleich
zueinander zu bringen. Hierfür hat der Gesetzgeber des SGB V ineinander greifende
Zuständigkeiten verschiedener Institutionen vorgesehen. Danach ist die Festlegung der
Angemessenheit einer Vergütung vorrangig den Kompetenzen von
Bewertungsausschuss, Gesamtvertragsparteien und Kassenärztlichen Vereinigungen
überantwortet (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 12 und Urteil des BSG vom 20. Oktober 2004
– B 6 KA 31/03 R -, zitiert nach Juris, m. w. Nachw.).
Der danach erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährleistung der
angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung
einer ordnungsgemäßen Versorgung ist nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtssprechung erst dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruch
der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarunterstützung unter dem
Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem – fachlichen und/oder örtlichen
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Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem – fachlichen und/oder örtlichen
– Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig
zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen
Versorgung gefährdet ist (BSG, a. a. O.). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die
Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung Bereich der Gastroenterologie
1999 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gefährdet war, bestehen nicht. Weder hat
sich feststellen lassen, dass eine ökonomisch geführte entsprechende Praxis im Bereich
der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung insolvent geworden wäre, noch ergibt sich
das aus der Einkommenssituation der hausärztlichen Internisten. Die Klägerin hat im
Quartal II/1999 ein Honorar von 120.888,07 DM (1.503 Behandlungsfälle,
durchschnittlicher Fallwert 80,43 DM) erzielt. Im selben Quartal erreichte die Fachgruppe
der hausärztlichen Internisten durchschnittlich ein Honorar von 79.780,26 DM bei einer
Fallzahl von 957 und einem Fallwert von 83,36 DM, die Fachgruppe der
Allgemeinmediziner ein Honorar von 70,241,68 DM bei einer Fallzahl von 921 und einem
Fallwert von 76,27 DM. Im Quartal III/1999 hat die Klägerin ein Honorar von 114.441,05
DM (1.423 Behandlungsfälle, durchschnittlicher Fallwert 80,42 DM) erzielt. In diesem
Quartal erreichte die Fachgruppe der hausärztlichen Internisten durchschnittlich ein
Honorar von 78.115,85 DM bei einer Fallzahl von 946 und einem Fallwert von 82,57 DM,
die Fachgruppe der Allgemeinmediziner ein Honorar von 70.996,63 DM bei einer Fallzahl
von 945 und einem Fallwert von 75,13 DM. Im Quartal IV/1999 hat die Klägerin ein
Honorar in Höhe von 141.427,62 DM (1.579 Behandlungsfälle, durchschnittlicher Fallwert
89,57 DM) erzielt. In diesem Quartal erreichte die Vergleichsgruppe der hausärztlichen
Internisten durchschnittlich ein Honorar von 87.480,36 DM bei einer Fallzahl von 1.002
und einem Fallwert von 87,31 DM, die Fachgruppe der Allgemeinmediziner ein Honorar
von 74.284,38 DM bei einer Fallzahl von 959 und einem Fallwert von 77,46 DM.
Die vorstehenden Zahlen dokumentieren, dass die Klägerin in allen hier
streitbefangenen Quartalen ein weitaus höheres Honorar erzielt hat als es dem
Durchschnitt der beiden Vergleichsgruppen entsprach. Auch wenn die Fallwerte der
Klägerin in den Quartalen II/99 und III/1999 geringfügig unter denen der Fachgruppe der
hausärztlichen Internisten lag, so konnte die Klägerin dies durch weitaus höhere
Fallzahlen mehr als ausgleichen.
Ein Anspruch auf ein höheres Honorar ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt,
dass der Punktwert für die hier streitbefangenen nicht budgetierten Leistungen von dem
Punktwert anderer Leistungen zu stark abgewichen ist. Nach der Rechtssprechung
obliegt der Beklagten eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht hinsichtlich der
Punktwertentwicklung der einzelnen Arztgruppen. Danach ist die Beklagte zu
regelmäßiger Überprüfung der Honorar- und Punktwertentwicklung verpflichtet. Sie muss
im Falle eines gravierenden Punktwertabfalls in bestimmten Bereichen unter Umständen
stützend eingreifen. Voraussetzung einer solchen Reaktionspflicht ist, dass ein
dauerhafter Punktwertabfall vorliegt und die Arztgruppe in einem vom Umsatz her
wesentlichen Leistungsbereich betroffen sein muss, dass die zum Punktwertverfall
führende Mengenausweitung nicht von der betroffenen Arztgruppe mit zu verantworten
ist sowie dass der Honorarrückgang nicht durch Rationalisierungseffekte aufgrund von
Mengensteigerungen und/oder beim Kostenfaktor kompensiert wird. Ein gravierender
Punktwertverfall sei erst dann anzunehmen, wenn der Punktwert für die aus dem
Honorartopf vergüteten Leistungen mindestens 15% unter demjenigen für den größten
Teil der sonstigen Leistungen liege (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 12 m. w. Nachw.).
Die Anwendung dieser Grundsätze vermag für die Klägerin keinen Anspruch auf ein
höheres Honorar zu begründen. Ein Absenken des Grundwertes auf 15% unter
demjenigen für den größten Teil der sonstigen Leistungen kann nicht festgestellt werden,
denn dieses Kriterium passt nicht auf Honorarverteilungsregelungen der hier zu
beurteilenden Art. Wenn wie in den vorliegenden maßgebenden HVM zahlreiche
Honorarkontingente geschaffen geworden sind, die alle Fachgruppen und alle Leistungen
abdecken, so gibt es keinen „Restbereich sonstiger Leistungen“ mehr, dessen Punktwert
als Vergleichsbasis herangezogen werden könnte (BSG, a. a. O.).
Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, dass gastroenterologische Leistungen mit einem
Punktwert von 3,2 DPf. nicht kostendeckend erbracht werden könnten, weil hierfür
mindestens ein Punktwert von 8,0 DPf. erforderlich sei, jedenfalls aber mit einer
Vergütung von 3,2 DPf. für gastroenterologische Leistungen die Regelungssystematik
des EBM ad absurdum geführt werde, da entgegen dieser Systematik diese
hochspezialisierten und kostenintensiven Leistungen nicht nur nicht höher als die
sonstigen Leistungen vergütet würden, sondern sogar niedriger, kann der Senat offen
lassen, ob diese Bewertung zutreffend ist. Denn jedenfalls hat ein Vertragsarzt keinen
Anspruch auf eine höhere Vergütung für einen Teilbereich seines Leistungsspektrums.
Das BSG hat wiederholt entschieden, dass dem Zuschnitt der vertragsärztlichen
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Das BSG hat wiederholt entschieden, dass dem Zuschnitt der vertragsärztlichen
Vergütung insgesamt eine „Mischkalkulation“ zugrunde liegt. Dies bedeutet, dass es
durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte
Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Entscheidend ist nämlich, dass der Vertragsarzt
insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat,
die in aller Regel dazu führt, dass das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare
Einkommen den Ärzten hinreichenden Anlass zur Mitwirkung an der vertragsärztlichen
Versorgung bietet (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 29). Dies ist aber nach der oben
dargestellten Einkommsituation der Klägerin in den hier streitbefangenen Quartalen der
Fall, zumal der Anteil der budgetierten Leistungen am Gesamtleistungsvolumen im Falle
der Klägerin für die Quartale II und IV/1999 unter 30 % und für das Quartal III/1999 sogar
unter 26 % lag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der bis
zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen
des § 160 Abs. 2 Nr. n. 1 und 2 SGG nicht vorlagen.
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