Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.06.2003

LSG Berlin und Brandenburg: verfügung, arbeitsvermittlung, leistungsfähigkeit, ärztliche untersuchung, psychiatrisches gutachten, wesentliche veränderung, krankengeld, arbeitsloser, arbeitsmarkt

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 12.06.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 60 AL 5604/99-61
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 14 AL 2/01
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen fehlender Arbeitsbereitschaft.
Die 1962 geborene Klägerin arbeitete zuletzt als Küchenhilfe im Krankenhaus M. Ab März 1997 war sie arbeitsunfähig
krank und bezog nach der Entgeltfortzahlung Krankengeld von der Betriebskrankenkasse des Landes Berlin. Auf
Veranlassung des Arbeitgebers erfolgte eine vertrauensärztliche Begutachtung auf internistisch-lungenfachärztlichem
Fachgebiet durch Dr. B und auf psychiatrischem Fachgebiet durch Prof. S. In seinem Gutachten vom 16. April 1998
kam Prof. S zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in einer Überforderungssituation an einer neurotischen
Fehlverarbeitung leide und eine schwere hysterische Symptomatik ausgebildet habe (psychogenes
Schmerzsyndrom). Diese hysterische Symptombildung hänge zusammen mit einer offenbar auch vom Ehemann
getragenen überwertigen Idee, wonach die Krankheitsursache im toxischen Bereich liege. Eine eigenständige
depressive Erkrankung liege jedoch nicht vor, weshalb aus psychiatrischer Sicht auch keine Bedenken dagegen
bestünden, die Klägerin weiter als Küchenarbeiterin einzusetzen. Aus ihrer subjektiven Sicht sähe sie sich dazu
jedoch nicht im Stande.
Nach mehreren Untersuchungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen erkannte die Krankenkasse die
Bescheinigungen des behandelnden Arztes über die Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem 27. März 1998 nicht mehr
an und gewährte kein Krankengeld mehr. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin
wies mit rechtskräftigem Urteil vom 23. Mai 2001 auf der Grundlage eines vom Gericht veranlassten neurologisch-
psychiatrischen Gutachtens von Dr. A vom 22. Januar 2001 die Klage ab, weil die Klägerin ab dem 27. März 1998
wieder arbeitsfähig sei. Zur Begründung führte es aus, dass bei der Klägerin zwar die vom Sachverständigen
diagnostizierte neurotische Fehlhaltung mit ausgeprägter hysterischer Symptomatik mit Somatisierung bei
chronischem Schmerzsyndrom sowie einer Gastritis vorliege, dies hindere sie jedoch nicht daran, ihre zuletzt
ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe ab dem 27. März 1998 fortzuführen.
Ein von der Klägerin im Oktober 1997 gestellter Antrag auf Gewährung einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente
blieb bisher erfolglos. Die Landesversicherungsanstalt Berlin (LVA Berlin) erachtete die Klägerin nach Einholung eines
allgemeinmedizinischen und eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens noch für fähig,
zumindest leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten und lehnte die
Rentengewährung aus medizinischen Gründen ab (Bescheid vom 9. März 1998). Nach Veranlassung einer weiteren
chirurgischen Begutachtung im Februar 1999 wies die LVA Berlin mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 1999 den
Widerspruch zurück. Die dagegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 20. Juni 2001 auf der
Grundlage eines vom Gericht in Auftrag gegebenen orthopädischen Sachverständigengutachtens von Prof. S ab. In
dem noch anhängigen Berufungsverfahren zum Az. gab Prof. S eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme zu den
nachträglich eingeholten Befund- und Behandlungsberichten dahingehend ab, dass keine neuen Krankheitsbilder
feststellbar seien, die zu einer veränderten Leistungseinschätzung führen könnten (Stellungnahme vom 23. März
2002).
Am 18. August 1998 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 19. August 1998 arbeitslos und gab zur Verfügbarkeit
(Frage 4 des Antragsformulars) an: ”kann nicht arbeiten”. Gleichzeitig enthält das Antragsformular - in Handschrift der
Sachbearbeiterin der Beklagten und abgezeichnet von der Klägerin - den Zusatz, dass die Klägerin sich im Rahmen
des ärztlichen Gutachtens der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt.
Die Beklagte bewilligte für 364 Tage Arbeitslosengeld ab dem 19. August 1998 in Höhe von 415,87 DM wöchentlich.
Nach einem stationären Krankenhausaufenthalt im November 1998 reichte die Klägerin fortlaufend ab dem 11.
Dezember 1998 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch ihren behandelnden Arzt Dipl.-Med. B ein
(Bescheinigungen vom 19. Dezember 1998, 2. Januar 1999, 16. Januar 1999, 13. Februar 1999, 27. Februar 1999, 13.
März 1999, 27. März 1999, 10. April 1999, 23. April 1999, 7. Mai 1999). Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung
durch die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. W, die nach eigener Untersuchung und unter Berücksichtigung der
Rentengutachten der Landesversicherungsanstalt zu dem Ergebnis kam, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen
für leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen bestehe, eine Belastbarkeit als
Küchenhilfe bis auf weiteres jedoch nicht möglich sei. Die Sachbearbeiterin der Beklagten Frau J, die bereits den
Antrag auf Arbeitslosengeld entgegengenommen hatte, gab der Klägerin den Inhalt des ärztlichen Gutachtens
anlässlich der persönlichen Vorsprache (zusammen mit ihrem Ehemann) am 20. April 1999 bekannt. Es wurde ihr ein
Formblatt zur Erklärung der Verfügbarkeit mit Hinweis auf die Rechtsfolgen u.a. bei fehlender Arbeitsbereitschaft
vorgelegt, das nicht von ihr unterschrieben wurde. Die Sachbearbeiterin vermerkte hierzu handschriftlich Folgendes:
”Frau B. stellt sich dem AA nicht im Rahmen des ÄG’s zur Verfügung und ist nicht bereit, die entsprechende
Erklärung hierüber zu unterschreiben.” Der Beratungsvermerk der Sachbearbeiterin J zu dieser Vorsprache enthält
zusätzlich den Hinweis, dass auch in Anwesenheit eines weiteren Kollegen die Klägerin eindringlich auf die
rechtlichen Auswirkungen und die nicht mehr vorliegende Verfügbarkeit hingewiesen wurde.
Mit Bescheid vom 21. April 1999 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 20. April 1999 auf, da
die Klägerin nicht bereit sei, Tätigkeiten im Rahmen des ärztlichen Gutachtens auszuüben und damit der
Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Im Widerspruchsverfahren übersandte die Beklagte wie angefordert eine
Kopie des ärztlichen Gutachtens. Die Klägerin übersandte weiterhin fortlaufend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
ihres behandelnden Arztes Dipl.-Med. B. Den im Übrigen nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 23. November 1999 zurück.
Die Klägerin hat dagegen Klage erhoben und geltend gemacht, dass der vorhandene Gesundheitszustand
unzureichend aufgeklärt worden sei. Durch Urteil vom 24. November 2000 hat das Sozialgericht die Klage
abgewiesen. Die Weigerung der Klägerin, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen, stelle eine wesentliche
Änderung der für die Bewilligung des Arbeitslosengeldes im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung maßgebenden
Verhältnisse dar. Anspruch auf Arbeitslosengeld habe zunächst im Wege der Nahtlosigkeitsregelung gemäß § 125
SGB III bestanden. Nachdem sowohl der zuständige Rentenversicherungsträger als auch die Beklagte das
Leistungsvermögen der Klägerin übereinstimmend in der Weise eingeschätzt hätten, dass sie eine mehr als
geringfügige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben könne, bedürfe
es einer Fiktion der objektiven Verfügbarkeit nicht mehr. Da die Klägerin ausdrücklich am 20. April 1999 erklärt habe,
nicht arbeitsfähig zu sein, bestehe mangels subjektiver Verfügbarkeit kein Anspruch auf die Gewährung von
Arbeitslosengeld.
Gegen das ihr am 15. Dezember 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Januar 2001 erhobene Berufung der
Klägerin. Die Beklagte hat durch Teilanerkenntnis vom 12. Juni 2003 anerkannt, dass sie in Änderung der
angefochtenen Bescheide Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 20. bis 24. April 1999 gewährt.
Die Klägerin macht geltend, dass die Beklagte nicht zur Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen
Änderung der Verhältnisse berechtigt sei. Entscheidend sei nicht, ob sie sich geweigert habe, sich entsprechend dem
amtsärztlichen Gutachten der Beklagten der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen, vielmehr mache ihr
Krankheitszustand eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt nicht länger möglich. Es liege auch im Rentenverfahren
noch keine abschließende Entscheidung vor, vielmehr seien die Gutachten widersprüchlich, weshalb es nicht
gerechtfertigt gewesen sei, durch das Urteil bereits ”vollendete Tatsachen” zu schaffen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 21. April 1999 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 1999 über das Teilanerkenntnis hinausgehend aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend.
Im Erörterungstermin am 20. November 2001 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass das Stammrecht auf
Arbeitslosengeld am 14. August 2002 erlösche, wenn sie sich nicht im Rahmen der ärztlichen Gutachten der
Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle und aufgefordert worden, mit dem für sie zuständigen Arbeitsamt Kontakt
aufzunehmen. Die Klägerin hat sich jedoch nicht bei der Beklagten gemeldet.
Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die beigezogenen
Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der LVA Berlin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) Berufung ist unbegründet. Der auf
der Grundlage von § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs – SGB X – ergangene
Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 21. April 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November
1999 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 12. Juni 2003 ist rechtmäßig.
Nach § 117 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs – SGB III – setzt der Anspruch auf Arbeitslosengeld
voraus, dass der Betreffende arbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet hat und die Anwartschaftszeit erfüllt. Arbeitslos
ist, wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine
versicherungspflichtige Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche; § 118 Abs. 1 SGB III). Ein Arbeitsloser sucht
eine Beschäftigung, wenn er unter anderem den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht
(Verfügbarkeit); dazu gehören nach § 119 Abs. 2 SGB III die Arbeitsfähigkeit (objektive Verfügbarkeit) und die
Arbeitsbereitschaft entsprechend der Arbeitsfähigkeit (subjektive Verfügbarkeit).
Die objektive Verfügbarkeit setzt voraus, dass ein Arbeitsloser in der Lage ist, eine versicherungspflichtige,
mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarkts auszuüben, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen und den
Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten (§ 119 Abs. 3 SGB III).
Die Klägerin ist in diesem Sinne objektiv verfügbar. Ihr tatsächliches Leistungsvermögen ist von der Beklagten durch
eine von ihr veranlasste ärztliche Untersuchung ermittelt worden. Nach dem Gutachten der Fachärztin für
Arbeitsmedizin und Arbeitsamtsärztin Dr. Wvom 29. März 1999 ist die Klägerin zwar bis auf weiteres nicht als
Küchenhilfe, wohl aber für leichte körperliche Arbeiten vollschichtig belastbar. Dieses von der Beklagten ermittelte
objektive Leistungsvermögen wird zur Überzeugung des Senats durch die übrigen zahlreichen und umfangreichen
medizinischen Begutachtungen bestätigt. Während des Bezuges von Krankengeld im Jahr 1997 und 1998 ist die
Klägerin mehrfach durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen begutachtet worden. Auf Veranlassung des
Arbeitgebers ist im Februar 1998 auf internistisch-lungenfachärztlichem und im April 1998 auf neurologisch-
psychiatrischem Fachgebiet ein ausführliches Gutachten erstattet worden. Im Rentenverfahren ist die Klägerin im
Auftrag der LVA Berlin – ausgehend von ihrem im Oktober 1997 gestellten Rentenantrag – auf
allgemeinmedizinischem, neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet begutachtet worden. Auf
Veranlassung der 23. Kammer des Sozialgerichts Berlin hat der Orthopäde Prof. S im November 2000 im
Gerichtsverfahren gegen die LVA Berlin wegen der geltend gemachten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ein Gutachten
über das Leistungsvermögen der Klägerin erstattet. Im sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Betriebskrankenkasse
des Landes Berlin wegen der geltend gemachten Weitergewährung von Krankengeld ist auf Veranlassung der 89.
Kammer des Sozialgerichts Berlin im Januar 2001 ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten durch Dr. A
erstattet worden.
Durch diese Gutachten ist im Rahmen von § 119 SGB III hinreichend geklärt, an welchen Gesundheitsstörungen die
Klägerin leidet und wie diese sich auf ihre objektive Leistungsfähigkeit auswirken. Die Gutachten beruhen auf eigenen
Untersuchungen der Sachverständigen und setzen sich ausführlich und nachvollziehbar kritisch mit den
Befundberichten der behandelnden Ärzte Dr. Bund Dr. G auseinander, die von einem aufgehobenen Leis-
tungsvermögen der Klägerin für jede körperliche Tätigkeit ausgehen. So hat der orthopädische Sachverständige Prof.
S sowohl im Gutachten auf Veranlassung der 23. Kammer des Sozialgerichts Berlin als auch in seiner ergänzenden
Stellungnahme auf Anfrage des 8. Senats des Landessozialgerichts mitgeteilt, dass weder ein Bandscheibenvorfall,
noch eine Spinalkanalstenose oder eine Einengung der Nervenfenster zu objektivieren seien und im Einzelnen unter
Darstellung der klinischen Untersuchungsergebnisse für den Senat überzeugend ausgeführt, dass am Stütz- und
Bewegungsapparat nur geringe objektive Störungen bestehen. Auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet
sind im wesentlichen die gleichen Befunde von den medizinischen Sachverständigen Dr. H (Gutachten im
Rentenverfahren), Prof. S (vertrauensärztliche Untersuchung auf Veranlassung des letzten Arbeitgebers) und Dr. A
(Gutachten auf Veranlassung des 89. Kammer des Sozialgerichts) in voneinander unabhängigen, jeweils eingehenden
und gründlichen Gutachten im Zeitraum 1998 bis 2001 erhoben und bewertet worden. Nach den von den Gutachtern
übereinstimmend und schlüssig getroffenen Feststellungen, die demgemäss für den Senat maßgebend sind, besteht
bei der Klägerin eine neurotische Fehlhaltung bei ausgeprägter hysterischer Symptomatik mit einem chronischen
Schmerzsyndrom (psychogenes Schmerzsyndrom). Eine schwere, eigenständige psychiatrische Erkrankung, die es
der Klägerin objektiv unmöglich machen würde, eine körperlich leichte Beschäftigung unter Berücksichtigung
qualitativer Einschränkungen mindestens 15 Stunden wöchentlich zu verrichten, liegt hingegen nicht vor. Auch unter
Berücksichtigung der internistischen Erkrankungen (u.a. Gastritis und Magenulcera) ist das positive Leistungsbild der
Klägerin von der Beklagten zutreffend festgestellt worden.
Gleichwohl besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil die Klägerin nicht subjektiv verfügbar ist. Gegenüber der
ursprünglichen Bewilligung von Arbeitslosengeld ist eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse im
Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X dadurch eingetreten, dass die Klägerin ab dem Tag der Eröffnung des ärztlichen
Gutachtens anlässlich der Vorsprache bei der Beklagten am 20. April 1999 nicht mehr entsprechend ihrem objektiven
Gutachtens anlässlich der Vorsprache bei der Beklagten am 20. April 1999 nicht mehr entsprechend ihrem objektiven
Leistungsvermögen arbeitsbereit gemäß § 119 Abs. 2 SGB III war. Die subjektive Verfügbarkeit ist nur zu bejahen,
wenn der Arbeitslose bereit ist, alle seiner objektiven Leistungsfähigkeit entsprechenden und nach Art und Umfang
zumutbaren Beschäftigungen aufzunehmen (BSG, Urteil vom 1. August 1978 - 7 RAr 49/77 -, BSGE 47, 40 (42) =
SozR 4100 § 103 Nr. 18). Die fehlende Bereitschaft zur Aufnahme einer zumutbaren, der Leistungsfähigkeit
entsprechenden Beschäftigung liegt im eigenen Verantwortungsbereich des Arbeitslosen bzw. Versicherten, so dass
sich negative Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld ergeben, wenn ein Arbeitsloser sich der
Arbeitsvermittlung nur unterhalb seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit zur Verfügung stellt (ausdrücklich BSG, Urteil
vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R -, BSGE 84, 262 = SozR 3-4100 § 105a Nr. 7).
Bis zum 20. April 1999 hat die Klägerin sich ausweislich der von ihr selbst unterschriebenen Erklärung im
Antragsformular auf Arbeitslosengeld "im Rahmen der ärztlichen Gutachten" für eine Arbeitsvermittlung zur Verfügung
gestellt und damit die Bereitschaft bekundet, ihrem objektiven Leistungsvermögen entsprechend zu arbeiten. Die
Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld lagen damit ursprünglich vor. Ab dem 20. April 1999 hat sie
sich jedoch überhaupt nicht und damit nur "unterhalb" ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Arbeitsvermittlung zur
Verfügung gestellt. Dies ergibt sich aus ihrem Verhalten anlässlich der persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am
20. April 1999 ebenso wie aus ihren weiteren Erklärungen und dem Verhalten insbesondere im Gerichtsverfahren. Die
Klägerin war bei der Eröffnung des ärztlichen Gutachtens der Frau Dr. Wam 20.April 1999 trotz Vorlage einer
schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung und einer nach dem Beratungsvermerk auch in Anwesenheit einer weiteren
Person erfolgten eindringlichen mündlichen Aufklärung über die rechtlichen Auswirkungen der fehlenden Verfügbarkeit
nicht bereit, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach sie sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens zu
einer Arbeitsvermittlung bereit erklärt. Sie hat zwar auch keine schriftliche Erklärung dahingehend unterschrieben,
dass sie nicht bereit sei, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Angesichts der handschriftlichen
Aufzeichnungen der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten auf dem Formular zur Verfügbarkeit (”Frau B. stellt
sich dem AA nicht im Rahmen des ÄG’s zur Verfügung und ist nicht bereit, die entsprechende Erklärung hierüber zu
unterschreiben.”), des Beratungsvermerks über den Inhalt dieser Vorsprache in Anwesenheit des Ehemannes und des
Umstandes, dass die Klägerin dem Inhalt dieser Aufzeichnungen in keinem Punkt widersprochen hat, bestehen
jedoch keine Zweifel daran, dass die Erklärungen der Klägerin anlässlich der Vorsprache am 20. April 1999 zutreffend
aufgenommen wurden.
Dafür, dass die Klägerin subjektiv überzeugt davon ist, keiner Beschäftigung mehr nachgehen zu können, spricht
auch ihr späteres Verhalten. So hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten eine Erklärung zum aufgehobenen
Leistungsvermögen abgegeben (Schriftsatz vom 29. März 2001: "Wesentlich ist hier, dass der Krankheitszustand der
Klägerin eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt nicht länger möglich macht."), und sie hat trotz eines Erörterungs-
termins des Berichterstatters, im dem sie darauf hingewiesen wurde, dass das Stammrecht auf Arbeitslosengeld
erlischt, wenn sie sich nicht im Rahmen der ärztlichen Gutachten der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt, keinen
Kontakt zur Beklagten aufgenommen. Letztlich wird dieses Verhalten bereits im Gutachten des Prof. Stoffels im April
1998 festgehalten, wenn dieser ausführt, dass ohne ein organisches Korrelat die subjektive Vorstellung besteht,
wonach sie nicht mehr arbeitsfähig sei. Damit liegt jedoch für die Arbeitslosenversicherung keine Arbeitsbereitschaft
im Sinne von § 119 Abs. 2 SGB III vor, denn die subjektive Vorstellung über das Leistungsvermögen und damit die
Arbeitsbereitschaft entspricht nicht dem objektiv festgestellten Leistungsvermögen der Klägerin.
Die Klägerin kann auch keinen Anspruch aus § 125 SGB III (sogenannte Nahtlosigkeitsregelung) herleiten. Nach
dieser Vorschrift hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer
nicht nur vorübergehenden Minderung seiner Leistungsfähigkeit keine mindestens 15 Stunden wöchentlich
umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben kann, wenn
keine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist. Die
Feststellung, ob eine solche Minderung vorliegt, trifft der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (hier
die LVA Berlin). Allein diese Merkmale bestimmen den Anwendungsbereich der Nahtlosigkeitsregelung. Ihre Wirkung
besteht darin, ein objektives gesundheitliches Leistungsvermögen des Arbeitslosen bis zum Eintritt des in der
Rentenversicherung versicherten Risikos der Erwerbsminderung zu fingieren (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 1992 - 11
RAr 35/91 -, BSGE 71, 12, (15) = SozR 3-4100 § 105a Nr. 4 und vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R -, BSGE
84, 262 = SozR 3-4100 § 105a Nr. 7). Diese Fiktion hindert die Arbeitsverwaltung daran, einen Anspruch auf
Arbeitslosengeld mit der Begründung zu verneinen, der Arbeitslose sei wegen nicht nur vorübergehenden
Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit objektiv nicht verfügbar. Die "Sperrwirkung" der
Nahtlosigkeitsregelung entfaltet sich allein im Rahmen der objektiven Verfügbarkeit und verhindert, dass
Versicherungsschutz aus beiden Versicherungszweigen deshalb nicht gewährt wird, weil die Bundesanstalt für Arbeit
und der Rentenversicherungsträger die objektive Leistungsfähigkeit unterschiedlich beurteilen (BSG, Urteil vom 9.
September 1999 - B 11 AL 13/99 R -, BSGE 84, 262 = SozR 3-4100 § 105a Nr. 7).
Dagegen findet § 125 SGB III keine Anwendung, wenn – wie hier – beide Versicherungsträger von einem objektiv
vorhandenen Leistungsvermögen ausgehen und nur der Arbeitslose meint, sein Leistungsvermögen sei aufgehoben.
Aufgabe der "Nahtlosigkeitsregelung" ist es nicht, einen nahtlosen Leistungsbezug bis zum Abschluss eines
rentenrechtlichen (Verwal-tungs- und Gerichts-)Verfahrens sicherzustellen (BSG, Urteil vom 29. April 1998 – B 7 AL
18/97 R -, SozR 3-4100 § 105 a Nr. 5). Vielmehr liegt die fehlende Bereitschaft zur Aufnahme einer zumutbaren, der
Leistungsfähigkeit entsprechenden Beschäftigung im eigenen Verantwortungsbereich des Arbeitslosen bzw.
Versicherten, so dass sich negative Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld ergeben, wenn ein
Arbeitsloser sich der Arbeitsvermittlung nur unterhalb seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit zur Verfügung stellt
(ausdrück-lich BSG, Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R -, BSGE 84, 262 = SozR 3-4100 § 105a Nr. 7).
Da die Beklagte unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 12. Juni 2003 die ursprüngliche Bewilligung von
Arbeitslosenhilfe erst mit Wirkung für die Zukunft (ab 25. April 1999) aufgehoben hat, bedarf es keiner Vertiefung,
dass sie die Klägerin nicht zu den Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X
angehört und die Anhörung auch nicht durch den Bescheid vom 21. April 1999, der insoweit keine Ausführungen
enthält, nachgeholt hat.
Die Kostenentscheidung entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache und beruht auf § 193 SGG. Der geringe Umfang,
in dem die Klägerin durch das Teilanerkenntnis der Beklagten obsiegt hat, fällt im Rahmen der Entscheidung über die
Kosten nicht ins Gewicht.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.