Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 19.10.2004
LSG Berlin-Brandenburg: nachforderung von beiträgen, geringfügigkeit, arbeitslosenversicherung, pflege, link, sammlung, quelle, auflage, ermessen, beitragspflicht
1
2
3
4
5
Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 9.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 9 B 323/04 KR
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19.
Oktober 2004 geändert. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.000 Euro
festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Entscheidung über die Beschwerde konnte durch den Berichterstatter getroffen
werden gemäß § 155 Absätze 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil sich die
Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben und diese Vorgehensweise als
sachgerecht erscheint.
Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Der Streitwert ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 25 Abs. 2 Satz 1 und
2, 14, 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden und
hier noch anzuwendenden Fassung (§ 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Gesetzes zur
Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004, BGBl. I, 717; a. F.). Nach § 13 Abs. 1
Satz 1 GKG a. F. ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn
ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Abgestellt wird dabei
auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der angestrebten Entscheidung und
ihren Auswirkungen. Bietet der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte
für die Bestimmung der Bedeutung der Sache, so ist ein Streitwert von 4000 Euro
anzunehmen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a. F.; sog. Auffangwert). Die vom Gesetzgeber
vorgesehene "Regel" bei der Bestimmung des Streitwertes besteht damit darin, dass
das konkrete Interesse des Betroffenen für die Streitwertfestsetzung maßgeblich sein
soll. Die Festsetzung des Streitwertes nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a. F. soll dagegen auf
wenige Ausnahmefälle beschränkt bleiben.
Bei der Anfechtung einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV durch den Arbeitgeber
geht es unmittelbar zwar nur um das Vorliegen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 SGB IV als Vorfrage der Versicherungs-
und Beitragspflicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass damit eine Bewertung des
Interesses an der angestrebten Entscheidung ausscheiden muss. Zwar ist der
Statusfeststellung immanent, dass der zeitliche Umfang der Beschäftigung und ihre
Dauer für die Entscheidung ohne Belang sind. Gleichwohl lässt sich aus der vertraglichen
Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses, die es im Einzelfall zu überprüfen gilt,
immer auch ersehen, ob ein Statusfeststellungsverfahren eine besonders große oder –
wie hier – keine gravierende wirtschaftliche Bedeutung hat.
Allerdings kann der Vorstellung der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, der Wert
des Streitgegenstandes müsse durch Berechnung der sich aus dem Honorar
ergebenden Beiträge ermittelt werden. Eine solche Berechnung setzt zunächst eine
Entscheidung darüber voraus, ob es sich – wie die Beschwerdeführerin meint – um ein
geringfügiges Beschäftigungsverhältnis handelt oder nicht. Ob eine solche sog.
zeitgeringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vorliegt, ist aber weder
Gegenstand der Statusfeststellung noch kann die Entscheidung, ob eine
Berufsmäßigkeit der kurzfristigen Beschäftigung kumulativ mit dem Überschreiten der
Entgeltgrenze von 400 € monatlich die Annahme der Geringfügigkeit ausschließt, allein
anhand des für die Statusfeststellung maßgeblichen Sachverhalts getroffen werden.
Zudem verlangt die Feststellung der wirtschaftlichen Bedeutung einer Nachforderung
6
7
8
9
Zudem verlangt die Feststellung der wirtschaftlichen Bedeutung einer Nachforderung
von Beiträgen zugleich eine Entscheidung darüber, wer die ggf. nachträglich zu
erhebenden Beiträge (abschließend) zu tragen hat (vgl. § 28 g SGB IV). Weitergehende
Ermittlungen, die für die Entscheidung über die Hauptsache nicht erforderlich sind,
verbieten sich aber im Rahmen der Feststellung des Gegenstandswertes.
Bei der Gegenstandswertfestsetzung in Statusfeststellungsverfahren ist vor diesem
Hintergrund eine pauschalierende Betrachtungsweise geboten; dabei muss vor allem
den längerfristigen Auswirkungen der Entscheidung Rechnung getragen werden (vgl.
Hartmann, Kostengesetze, 33. Auflage, § 13 GKG Rdnr. 11) und also berücksichtigt
werden, ob es sich um eine befristete oder auf Dauer angelegte Tätigkeit handelt.
Insoweit kann für die (pauschalierende) Bewertung die mit der Statusfeststellung
verbundene mögliche spätere Beitragsbelastung des Arbeitgebers nicht gänzlich
unberücksichtigt bleiben (im Grundsatz ebenso, wenn auch im Einzelnen voneinander
abweichend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13. 12. 2004 - L 5 B 61/03 KR;
Beschluss vom 12. 1.2005 - L 5 B 50/04 KR; Beschluss vom 12. 8. 2004 - L 16 B 69/04
KR; Beschluss vom 8. 2. 2005 - L 16 B 180/04 KR; LSG Baden-Württemberg, Beschluss
vom 13. 11. 2003 - L 11 KR 3659/03 W-B).
Bei einer befristeten Tätigkeit, soweit sie für sich genommen die zeitliche Grenze des § 8
Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nicht überschreitet, erscheint ein Viertel des Auffangwertes als
Gegenstandswert angemessen. Selbst wenn sich im Rahmen der Folgeprüfungen
herausstellt, dass Geringfügigkeit einer zeitlich derart begrenzten Tätigkeit nicht vorliegt,
wird es nur wenige Fallgestaltungen geben, in denen die dann anfallenden Beiträge
(nicht nur der Kranken- und Rentenversicherung wie die Beschwerdeführerin meint,
sondern auch der Pflege- und Arbeitslosenversicherung) 1000 € übersteigen. Eine
weitergehende Differenzierung, wie sie die Beschwerdeführerin begehrt, erscheint
dagegen aus den dargelegten Gründen nicht geboten, so dass die Beschwerde im
Übrigen zurückzuweisen war.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 25 Abs. 4 Satz 2 GKG a. F. nicht zu
erstatten.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum