Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.01.2010

LSG Berlin und Brandenburg: heizung, wohnung, link, vermieter, nachzahlung, darlehen, rückforderung, ermessensfehler, glaubhaftmachung, räumung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 18.01.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 99 AS 19319/09 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 29 AS 2052/09 B ER
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2009 wird
zurückgewiesen. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Be-schwerdeverfahren wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdever-fahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung des Sozialgerichts Berlin vom 23.
November 2009 zur Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Mietschulden in Höhe von 2729,18 EUR
als Darlehen.
Die Antragsteller bezogen Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zwei-ten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter Berlin Friedrichshain- Kreuzberg. Mit Be-scheid vom 17. Oktober 2006
wurde ihnen insbesondere für den Monat Dezember 2006 Leis-tungen nach dem SGB II in Höhe von 1226,16 EUR
unter Berücksichtigung von Kosten der Un-terkunft und Heizung in Höhe von 588,16 EUR bewilligt. Die
Leistungsbewilligung wurde vom JobCenter Berlin Friedrichshain- Kreuzberg mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 ab
dem 1. Januar 2007 aufgehoben, nachdem die Antragsteller ausweislich des Mietvertrages vom 24. November 2006 in
der B. im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ab dem 1. Dezember 2006 eine Dreizimmerwohnung mit rund 75
m² Wohnfläche zu einem Mietzins von monatlich 603,13 EUR (Warmmiete) angemietet hatten.
Auf ihren Antrag vom 14. Dezember 2006 bewilligte der Antragsgegner ihnen ab dem 1. Janu-ar 2007 fortlaufend
Leistungen nach dem SGB II in Höhe von zunächst monatlich 1270,89 EUR einschließlich der Kosten der Unterkunft
und Heizung. Die Kosten für Unterkunft und Heizung zahlte der Antragsgegner zunächst direkt an die Vermieterin. Mit
Bescheid vom 15. Dezember 2008 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für den Zeitraum vom 1. Januar
2009 bis zum 30. April 2009 Leistungen nach dem SGB II in monatlicher Höhe von 1343,65 EUR ein-schließlich der
Kosten der Unterkunft in Höhe von 597,65 EUR und zahlte auch die Kosten für Unterkunft und Heizung an die
Antragsteller.
Im Januar 2009 beantragte die Antragstellerin zu 1) bei dem Antragsgegner insbesondere die Übernahme von Kosten
für Schulmaterial, die Übernahme der Kosten einer Beschneidung und "Wohngeld". Ebenfalls im Januar 2009 hörte der
Antragsgegner die Antragsteller zu einer be-absichtigten Rückforderung von Leistungen an, nachdem eine im
September 2008 erfolgte Ar-beitsaufnahme des Antragstellers zu 2) nicht mitgeteilt worden war. Mit Schreiben vom 2.
Feb-ruar 2009 beantragte die Antragstellerin zu 1) erneut die Kosten für Unterkunft und Heizung direkt an die
Hausverwaltung zu zahlen.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2009 kündigte die Vermieterin wegen Zahlungsverzugs mit einer Forderung in Höhe
von 1670,90 EUR den Mietvertrag außerordentlich. Mit Schreiben vom 24. Februar 2009 schlug die Vermieterin zur
Tilgung der Mietrückstände eine Ratenvereinba-rung vor, nach der monatliche Raten in Höhe von 100 EUR zu zahlen
sind und der Mietrückstand solange als gestundet gilt. Diese Vereinbarung unterzeichnete die Antragstellerin zu 1) am
25. Februar 2009 und die Vermieterin bestätigte daraufhin mit Schreiben vom 10. März 2009, dass das Mietverhältnis
fortgesetzt würde. Die anwaltlich vertretenen Antragsteller beantragten ebenfalls am 25. Februar 2009 bei dem
Antragsgegner die Übernahme der Mietrückstände. Es seien noch die Miete für Dezember 2006, Betriebskosten für
2007 in Höhe von 199,78 EUR, die Miete für Februar 2009 sowie die Kosten für die Reparatur einer Tür offen. Mit
Bescheid vom 25. März 2009 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Mietschulden ab, weil die Wohnung
insgesamt nicht angemessen sei. Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller am 8. April 2009 Widerspruch,
der vom Antragsgegner mit Widerspruchsbe-scheid vom 27. Mai 2009 zurückgewiesen wurde. Die monatlichen
Kosten der Unterkunft sei-en vom Antragsgegner in voller Höhe jeweils an die Antragsteller bewilligt und ausgezahlt
worden. Diese Mittel hätten sie aber nicht zweckgerichtet verwendet. Im Übrigen sei es auch gelungen, durch eine
Ratenzahlungsvereinbarung in Selbsthilfe die Sicherung des Wohnraumes zu erlangen. Außerdem drohe keine
Wohnungslosigkeit, da eine Räumungsklage beim Amts-gericht nicht anhängig sei.
Bei dem Sozialgericht Berlin haben die Antragsteller am 6. April 2009 erstmalig im Wege der einstweiligen Anordnung
die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 617,89 EUR (Monats-miete für Dezember 2006) beantragt (S 94 AS
10312/09 ER). Diesen Antrag nahmen sie am 18. Mai 2009 zurück, nachdem das Sozialgericht unter Hinweis auf die
Ratenzahlungsverein-barung ein Rechtsschutzbedürfnis als fraglich ansah.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2009 haben die Antragsteller am 25. Juni 2009 Klage bei dem
Sozialgericht Berlin mit dem Begehren der Mietschuldenübernahme (617,89 EUR für Dezember 2009) erhoben (S 99
AS 19319/09).
Am 15. Oktober 2009 haben Sie dann erneut anwaltlich vertreten eine einstweilige Anordnung bei dem Sozialgericht
Berlin mit dem Ziel der Mietschuldenübernahme nunmehr in Höhe von 2729,18 EUR beantragt. Am 8. September 2009
sei von dem Vermieter Räumungsklage beim Amtsgericht Wedding erhoben worden. Der in Kopie beigefügten
Klageschrift vom 8. Septem-ber 2009, beim Amtsgericht Berlin eingegangen am 9. September 2009, ist zu
entnehmen, dass die Forderung in Höhe von nunmehr 2729,18 EUR sich aus einer Restforderung für Januar 2009 in
Höhe von 569,17 EUR, nicht gezahlten Mieten für Februar und März 2009 in Höhe von jeweils 617,89 EUR, einer
Restforderung für Mai 2009 in Höhe von 107,89 EUR und einer nicht gezahlten Miete für Juli 2009 in Höhe von 617,89
EUR sowie einem Schadensersatz in Höhe von 199,56 EUR für eine Türreparatur zusammensetzt. Die Antragsteller
behaupten, die Antragstellerin zu 1) sei ab Februar 2009 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen,
sich um ihre Ange-legenheiten zu kümmern. Die Ratenzahlungsvereinbarung habe nicht eingehalten werden kön-nen,
weil das Geld zum Leben fehlte. Die Antragsgegnerin habe nicht mitgeteilt, dass sie ab Januar 2009 die Miete an die
Antragsteller überwiesen habe. Die Antragstellerin zu 1) habe die Mietzahlung deshalb zwei Monate lang übersehen,
sei von einer Nachzahlung ausgegangen und zudem habe eine Pfändung auf dem Konto gelegen. Mit anwaltlichem
Schriftsatz vom 24. November 2009 teilten die Antragsteller zudem mit, zu der genauen Höhe der aktuellen Miet-
schulden lägen keine Angaben vor; es werde daher beantragt Mietschulden in Höhe von 3851,00 EUR vorläufig zu
übernehmen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 13. November 2009 den Antrag abgelehnt. Die begehrte
Kostenübernahme sei nicht gerechtfertigt. Zum einen sei die Wohnung nicht ange-messen; zum anderen seien die
Mietschulden durch die Antragsteller zu vertreten.
Gegen diesen den Antragstellern am 1. Dezember 2009 zugestellten Beschluss haben sie am selben Tag
Beschwerde erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Be-schwerdeverfahren beantragt. Für den
Monat Dezember 2006 habe der Antragsgegner die Miete nicht an die Vermieter ge-zahlt, so dass für diesen Monat
Mietschulden in Höhe von 598,74 EUR entstanden seien. Die Mietschulden für die Monate Januar bis März 2009
seien nur dadurch entstanden, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung ohne Mitteilung an die Antragsteller direkt
an sie ausge-zahlt worden sei; für die Antragsteller sei daher nicht erkennbar gewesen, dass sie selbst die Miete zu
zahlen hätten. Mietschulden in Höhe von 3851,00 EUR seien nicht bekannt; anhängig sei lediglich eine
Räumungsklage wegen Mietschulden in Höhe von 2729,18 EUR. Schließlich seien die Antragsteller im Hinblick auf
ihre minderjährigen Kinder besonders schutzbedürftig.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin S 94 AS 10312/09 ER und S 99 AS 19319/09
sowie der beigezogenen Verwaltungsakten () Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf An-trag eine einstweilige
Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden
könnte. Einstweilige An-ordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b
Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt vor-aus, dass der Antragsteller das Bestehen eines
zu sichernden Rechts (den so genannten Anord-nungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung
(den so genannten Anord-nungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung –
ZPO -). Auch im Beschwerdeverfahren sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der
gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).
Vorliegend ist zumindest ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen er-bracht, soweit diese
angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch -SGB II). Soweit die Aufwendungen für die
Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein
stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden
Hilfe-bedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen
Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch
längstens für sechs Monate (§ 22 Abs.1 S. 3 SGB II). Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden,
können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft und zur Behebung einer
vergleichbaren Notlage gerechtfer-tigt ist (§ 22 Abs. 5 S. 1 SGB II). Sie sollen übernommen werden, wenn dies
gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 22 Abs. 5 S. 2 SGB II), wobei
Geldleistungen als Darlehen erbracht werden sollen (§ 22 Abs. 5 S. 4 SGB II).
Nach diesen Regelungen ist weder ein Anordnungsanspruch auf Grundlage von § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II, noch auf
Grundlage von § 22 Abs. 5 S. 1 SGB II überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht.
Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass in § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II eine so genannte "ge-bundene
Ermessensentscheidung" enthalten ist, weil nach dieser Regelung Schulden über-nommen werden " sollen , wenn "
bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., 2008, § 22 Rn. 108),
können diese Voraussetzungen nicht als erfüllt angesehen werden. Denn hierfür ist es insbesondere erforderlich, dass
"sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht". Damit ist jedoch nicht der Verlust der jetzigen Woh-nung gemeint. Wie
insbesondere aus dem von den Antragstellern selbst zitierten Beschluss des 26. Senates des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg vom 14. Januar 2008 (L 26 B 2307/07 AS ER) zu entnehmen ist, droht Wohnungslosigkeit im
Sinne dieser Regelung viel-mehr erst, wenn zu befürchten ist, dass die Leistungsempfänger zukünftig ohne eine
angemes-sene Wohnung sein werden. Schon der 26. Senat hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass eine solche
Situation wegen des entspannten Wohnungsmarktes in Berlin nicht zu befürchten ist. Selbst wenn die Antragsteller
ihre jetzige Wohnung räumen müssten, ist daher eine Wohnungs-losigkeit nicht absehbar.
Zudem ist auch eine Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II allenfalls dann gerecht-fertigt, wenn durch die
Schuldenübernahme der Verlust der Wohnung abgewendet werden kann (Lang/Link, a.a.O., § 22 Rn. 109, m.w.N.).
Dies ist vorliegend jedoch bereits deshalb höchst zweifelhaft, weil die Antragsteller ausweis-lich ihres Schriftsatzes
vom 24. November 2009 nicht einmal in der Lage sind, die tatsächliche Höhe der Mietschulden zu beziffern. Während
ursprünglich die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1670,90 EUR begehrt wurde, wurden im Verfahren S 94
AS 10312/09 ER nur noch einstweilig Mietschulden in Höhe von 617,89 EUR geltend gemacht. Im hiesigen Verfahren
wur-den dann zunächst 2729,18 EUR, später (mit dem bereits erwähnten Schriftsatz vom 24. November 2009)
3851,00 EUR und mit der Beschwerde (wohl) erneut 2729,18 EUR beantragt. Besonders be-merkenswert ist, dass die
Antragsteller zwar mit Schriftsatz vom 24. November 2009 die vor-läufige Übernahme von Mietschulden in Höhe von
3851,00 EUR beantragen, dann aber eine Wo-che später im Beschwerdeschriftsatz vom 1. Dezember 2009 selbst
erklären: " Mietschulden in Höhe von 3851,00 EUR sind diesseits nicht bekannt." Sind die Antragsteller jedoch nicht
einmal in der Lage, ihre Mietschulden zu beziffern und einen entsprechenden Antrag zu stellen, so steht zu
befürchten, dass nicht alle Schulden von einem Beschluss erfasst werden und wegen der zu befürchtenden weiteren
Schulden gleichwohl von dem Vermieter die Räumung der Wohnung betrieben wird. Außerdem steht eine unbekannte
Höhe der Mietschulden einer sinnvollen Er-messensentscheidung grundsätzlich entgegen, weil letztlich insbesondere
wirtschaftliche Er-wägungen kaum möglich sind.
Auch die Glaubhaftmachung eines Anspruches aus § 22 Abs. 5 S. 1 SGB II ist vorliegend nicht gelungen.
Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Regelung dem Antragsgegner eine Ermes-sensentscheidung
eröffnet, indem sie ihn berechtigt, auch Schulden übernehmen zu "können" (vgl. auch Lang/ Link, a.a.O., § 22 Rn. 107
und oben genannten Beschluss des Landessozialge-richtes Berlin- Brandenburg). Bei einer Ermessensentscheidung
prüft das Gericht nur, ob ein Ermessensfehler vorliegt und ob der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist;
das Ge-richt darf bei der Überprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungser-messens setzen;
es findet nur eine Rechtskontrolle, keine Zweckmäßigkeitsprüfung statt (Kel-ler in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., 2008, § 54 Rn. 28).
Danach ist die Ablehnung der Mietschuldenübernahme durch den Antragsgegner im Ergebnis voraussichtlich nicht zu
beanstanden. Wie der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid und das Sozialgericht Berlin in der angegrif-fenen
Entscheidung bereits zutreffend ausgeführt haben, sind die aufgelaufenen Mietschulden von den Antragstellern
zumindest weit überwiegend voraussichtlich schuldhaft herbeigeführt.
Zwar ist die Behauptung der Antragsteller zutreffend, dass der Antragsgegner die Monatsmiete für Dezember 2006
nicht an sie gezahlt hat. Dafür erhielten die Antragsteller ausweislich der Bescheide des JobCenters Berlin
Friedrichshain- Kreuzberg vom 17. Oktober 2006 und 5. De-zember 2006 für den Monat Dezember 2006 noch von dort
Kosten der Unterkunft in Höhe von 588,16 EUR. Die weiteren Behauptungen der Antragsteller, die Mietzahlungen an
sie ab Januar 2009 seien ihnen nicht bekannt gewesen, sie seien von Nachzahlungen ausgegangen und au-ßerdem
sei auch aufgrund gesundheitlicher Probleme der Antragstellerin zu 1) die Überzahlung nicht aufgefallen, sind nicht
ansatzweise nachvollziehbar. Zum einen hat die Antragstellerin zu 1) im Januar und Februar 2009 noch zahlreiche
Anträge bei dem Antragsgegner gestellt und dadurch unter Beweis gestellt, dass sie sehr wohl in der Lage war, sich
um ihre finanziellen Angelegenheiten zu kümmern. Zum anderen hat die Antragstellerin zu 1) selbst mit Schreiben
vom 2. Februar 2009 beim Antragsgegner (wiederum) die Zahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an die
Vermieterin beantragt. Ein solches Schreiben ist nur sinnvoll, wenn der Antragstellerin zu 1) die Zahlung der Kosten
der Unterkunft an sie bekannt war. Schließlich widerspricht es der Lebenserfahrung, dass Empfängern von Leistungen
nach dem SGB II ein zusätzlicher Eingang von monatlich rund 600 EUR verborgen bleibt. Die Erklärung der
Antragstel-ler, sie hätten die höheren Zahlungen nicht bemerkt steht zudem im Widerspruch zu ihren ei-genen
Angaben, sie seien von einer Nachzahlung durch den Antragsgegner ausgegangen - letz-teres setzt ja gerade die
Kenntnis der Zahlung voraus. Auch die Rechtfertigung durch Annahme einer Nachzahlung ist jedoch nicht
nachvollziehbar, weil im Gegenteil zeitgleich von dem An-tragsgegner die Anhörung zu einer Rückforderung von
Leistungen wegen der Nichtmitteilung einer Arbeitsaufnahme erfolgte.
Zudem gilt auch im Rahmen von § 22 Abs. 5 S. 1 SGB II der Grundsatz, dass eine Übernahme von Schulden nicht
gerechtfertigt ist, wenn gleichwohl der Verlust der Wohnung nicht mehr abgewendet werden kann. Insofern wird auf die
obigen Ausführungen zu § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II verwiesen.
Dass zur Bedarfsgemeinschaft auch minderjährige Kinder gehören, führt entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht
zu einer anderen Einschätzung. Zwar sind bei einer Ermessensentscheidung grundsätzlich (wie bei jeder
Entscheidung) sämtli-che Umstände des Einzelfalles und damit auch minderjährige Kinder zu berücksichtigen. Ein
Rechtssatz, bei Vorhandensein minderjähriger Kinder seien Schulden nach § 22 Abs. 5 S. 1 SGB II immer zu
übernehmen, existiert jedoch nicht. Nichts anderes ergibt sich aus der bereits genannten und von den Antragstellern
zitierten Entscheidung des 26. Senates des Landessozi-algerichts Berlin-Brandenburg. Der 26. Senat hat zwar in
seiner Entscheidung darauf abge-stellt, dass eine drohende Wohnungslosigkeit umso schwerer ins Gewicht fällt, als
davon auch besonders schutzbedürftige minderjährige Kinder betroffen sind. Wie bereits dargestellt, droht eine
Wohnungslosigkeit aufgrund des entspannten Wohnungsmarktes in Berlin aber nicht.
Aus den oben genannten Gründen kam die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Be-schwerdeverfahren
mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht in Betracht (§ 73a
Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessord-nung).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).