Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.05.2006

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
18. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 18 B 613/06 AS PKH
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 9 SGB 2, § 20 SGB 10, § 60
SGB 1, § 73a SGG
Mitwirkungspflicht des Hilfebedürftigen bei Feststellung seiner
Hilfebedürftigkeit
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 16.
Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das
erstinstanzliche Verfahren; die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – i.V. mit § 114
Zivilprozessordnung).
Die bei dem Sozialgericht (SG) erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
gemäß § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch –
Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit ab dem 2. Februar 2005 ist
zwar statthaft. Denn die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Mai
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2005 den
Leistungsantrag der Klägerin mangels Hilfebedürftigkeit (vgl. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9
Abs. 1 SGB II) abgelehnt und damit inhaltlich eine Verwaltungsentscheidung zu den
Anspruchsvoraussetzungen der von der Klägerin geltend gemachten Leistungen
verlautbart. Es handelt sich in der Sache – wovon augenscheinlich das SG ausgegangen
ist – nicht um eine Versagungsentscheidung nach § 66 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner
Teil – (SGB I), die nur dann zulässig ist, wenn der Leistungsberechtigte zuvor auf die
Folgen fehlender Mitwirkung schriftlich hingewiesen worden ist und seiner
Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist
nachgekommen ist (vgl. dazu im Einzelnen: BSG, Urteil vom 26. August 1994 – 13 RJ
17/94 = SozR 3-1500 § 88 Nr. 2)
In der Sache hat diese Klage aber keine ausreichenden Erfolgsaussichten. Bei der
vorliegend nur gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die
Klägerin in dem in Rede stehenden Zeitraum mit dem Vater ihres Sohnes R, L H (im
Folgenden: H.), in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB
II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung bzw. – für die Zeit ab 1. August 2006 –
in einer Gemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II lebte und noch immer lebt und
insoweit nicht feststellbar ist, dass sie unter Berücksichtigung des Einkommens und
Vermögens des H. ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen
Kräften und Mitteln bestreiten kann (vgl. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II). Vom Bestehen
einer auf Dauer angelegten Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ist auf Grund
des seit 1990 ununterbrochenen Zusammenlebens der Klägerin mit H. in einer
gemeinsamen und auch gemeinschaftlich genutzten Wohnung, der gemeinsamen Sorge
beider Elternteile für den im Haushalt lebenden, 1991 geborenen Sohn R (vgl. hierzu den
neuen Vermutungstatbestand in § 7 Abs. 3a Nr. 2 SGB II) und der Einlassungen der
Klägerin anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 14. April 2005
auszugehen, und zwar unabhängig davon, dass die Klägerin und H. das Vorliegen einer
derartigen Gemeinschaft in Abrede stellen. Bei Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit
H. gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II ist das Einkommen und Vermögen des H. zu
berücksichtigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Da sich die Klägerin und H. weigern,
Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des H. zu machen, und die
Beklagte sich diese Informationen auf anderem Wege nicht beschaffen kann, ist es auch
im Hinblick auf den Untersuchungsgrundsatz des § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch –
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) nicht zu beanstanden,
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Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) nicht zu beanstanden,
dass die Beklagte die begehrten Leistungen mangels Feststellbarkeit einer
Hilfebedürftigkeit der Klägerin abgelehnt hat. Die Beweislosigkeit der die
Hilfebedürftigkeit begründenden Tatsachen geht insoweit zu Lasten der Klägerin. Zwar
wird das SG im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (vgl. § 103 SGG) gehalten sein,
den H. gegebenenfalls auch zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen als
Zeugen zu vernehmen; es sind jedoch nach dem bisherigen Vorbringen der Klägerin
nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass unter Berücksichtigung
dieser Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin – in
welchem Umfang auch immer – zu bejahen wäre. Die Notwendigkeit einer
Beweisaufnahme als solche rechtfertigt nicht in jedem Fall die Bejahung einer für die
Gewährung von PKH erforderlichen Erfolgsaussicht (vgl. BSG SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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