Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.11.2004

LSG Berlin-Brandenburg: somatoforme schmerzstörung, distorsion, wahrscheinlichkeit, mrt, psychiatrische behandlung, unfallfolgen, befund, meinung, unfallversicherung, läsion

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
31. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 31 U 336/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 8 Abs 1 S 2 SGB 7
Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall -
Gesundheitsstörung - Ursachenzusammenhang -
Wesentlichkeitstheorie - Kausalitätsbeurteilung - aktueller Stand
der medizinischen Wissenschaft - medizinische Mindermeinung -
HWS-Distorsion
Leitsatz
1. Die Bedeutung des Ursachenzusammenhangs erfolgt nach der herrschenden Meinung in
der medizinischen Wissenschaft i.S. eines tragfähigen (Teil-) Konsens.
2. Ärztliche Mindermeinungen können die Beurteilung eines Ursachenzusammenhangs als
wesentliche nicht tragen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. November
2004 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01. August
1997 bis zum 31. Dezember 1998 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu
gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu
einem Fünftel.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente nach einer
MdE von wenigstens 20 v.H. ab 13. Dezember 1996.
Der 1949 geborene Kläger befand sich am 13. Dezember 1996 mit dem Auto auf dem
Weg zu seinem Büro und stand an einer roten Baustellenampel, als ein anderer Pkw auf
seinen stehenden Wagen auffuhr (Unfallanzeige vom 17. Dezember 1996). Der Kläger
führte hierzu in seiner Vernehmung durch die Polizei am 28. Januar 1997 unter anderem
aus, er habe im Innenspiegel gesehen, wie der PKW mit überhöhter Geschwindigkeit auf
seinen Wagen zugefahren sei. Er könne nicht genau angeben, wie schnell der PKW
gefahren sei, aber er meine doch, dass es überhöht gewesen sei. Dadurch, dass er das
Fahrzeug von hinten gesehen habe, habe er sich entsprechend festhalten und abstützen
können, denn er habe geahnt, dass es zum Auffahrunfall kommen würde. Im
Durchgangsarztbericht der Fachärzte für Chirurgie Dres. St/T vom 17. Dezember 1996
wurden als Diagnosen eine Dornfortsatzfraktur HWK 6, die durch die Röntgenaufnahmen
bestätigt worden war, sowie ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule genannt. In
einem Zwischenbericht vom 23. April 1997 führten Dres. St/T aus, der Kläger klage
weiterhin über starke Kopfschmerzen, Schmerzen der Nackenmuskulatur und über
unfallfremde Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Brustwirbelsäule.
Die therapeutischen Möglichkeiten seien ausgeschöpft, der Patient sei arbeitsfähig. Er
bitte um eine schnellstmögliche Begutachtung zur Einschätzung der Arbeitsfähigkeit.
Eine am 21. Mai 1997 durchgeführte Kernspintomographie ergab eine abgeflachte HWS-
Lordose sowie mäßige osteochondrotische Segmentabflachungen im Bereich der
unteren HWS sowie kräftige dorsomediane, osteophytär überbrückte Protrusionen in
Höhe C 5/6 und insbesondere C 6/7. Es ergab sich insgesamt kein Nachweis eines
größeren raumfordernden zervikalen Bandscheibenvorfalls. Auf der Grundlage von
Uncovertebralarthrosen ergab sich der Aspekt von Forameneinengungen rechts betont
in Höhe C 5/6 sowie linksbetont bei C 6/7. Eine Beurteilung der bekannten
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in Höhe C 5/6 sowie linksbetont bei C 6/7. Eine Beurteilung der bekannten
Dornfortsatzfraktur von HWK 6 sei konventionell zu empfehlen. Kernspintomographisch
ergab sich darüber hinaus kein Nachweis von posttraumatischen knöchernen oder
Weichteilveränderungen. Am 6. Juni 1997 führte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie P
ein EEG und am 10. Juni 1997 eine AEP- (akustisch evozierte Potentiale), eine VEP-
Untersuchung (visuell evozierte Potentiale) sowie eine Dopplersonographie (extra- und
transkraniell) durch. Neurologischerseits verneinte er eine Arbeitsunfähigkeit.
In einer gutachterlichen Stellungnahme vom 2. Juli 1997 führte der Chefarzt der
Chirurgischen Abteilung des E Krankenhauses Dr. A nach Untersuchung des Klägers
unter anderem aus, der Unfall vom 13. Dezember 1996 habe zu einem
Beschleunigungstrauma im HWS-Bereich geführt. Hierbei sei es zu einem
Dornfortsatzabriss am 6. Halswirbelkörper gekommen. Dieser sei inzwischen ohne
wesentliche Fehlstellung wieder knöchern durchbaut, so dass er in den letzten
Röntgenaufnahmen nicht mehr nachweisbar sei. Ein ursächlicher Zusammenhang
zwischen dem Unfall vom 13. Dezember 1996 und den festgestellten degenerativen
Veränderungen im HWS-Bereich bestünde nicht. Durch den Unfall sei es zu einer
Verschlimmerung, respektiv zu einer Auslösung des jetzigen Beschwerdebildes
gekommen. Aufgrund dessen sei eine Behandlung bis zum heutigen Tage durch die
gesetzliche Unfallversicherung berechtigt, jedoch ab sofort gingen die
Behandlungskosten zulasten der privaten Krankenversicherung. Die MdE schätzte er mit
unter 10 v.H. ein.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 20. August 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 1998 Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule
im Sinne einer vorübergehenden Verschlimmerung vorbestehender, schicksalsbedingter
Veränderungen der Wirbelsäule nach in guter Stellung knöchern fest verheiltem
Dornfortsatzabrißbruch am 6. Halswirbelkörper und folgenlos verheilter Distorsion der
Halswirbelsäule als Folge des Arbeitsunfalls vom 13. Dezember 1996 an, lehnte jedoch
die Gewährung einer Rente ab und führte zur Begründung unter anderem aus, die
Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Grade gemindert. Ursache der noch
bestehenden Beschwerden und damit verbundener Behandlungsbedürftigkeit seien die
nachgewiesenen erheblichen degenerativen Veränderungen im Bereich der Hals-, Brust-
und Lendenwirbelsäule. Leistungsansprüche über den 31. Juli 1997 hinaus seien nicht
gegeben.
Die anschließende Klage wies das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 13.
Januar 2000 ab und führte zur Begründung unter anderem aus, die erhobene Klage sei
wegen Verfristung unzulässig.
Auf die Berufung des Klägers hob das Landessozialgericht Berlin den Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts Berlin mit Urteil vom 10. Juli 2001 auf und verwies den Rechtsstreit zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurück.
Das Sozialgericht holte einen Befundbericht des Facharztes für Neurologie und
Psychiatrie Dr. Hi vom 30. Januar 2002 ein und vernahm den den Kläger behandelnden
Dr. Su in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 15. August 2002.
Der als Sachverständiger bestellte Arzt für Orthopädie und Sportmedizin Dr. Ba hat in
seinem Gutachten vom 29. Januar 2003 unter anderem ausgeführt,
Gesundheitsstörungen als Folgen des Ereignisses vom 13. Dezember 1996 hätten beim
Kläger nicht mehr festgestellt werden können. Unfallunabhängig bestünden bereits am
Unfalltag nachweisbare degenerative Veränderungen im unteren
Halswirbelsäulenbereich. Darüber hinaus bestehe ein ausgeprägter psychovegetativer
depressiver Verstimmungszustand mit einem somatoformen Schmerzbild des
gesamten Bewegungsapparates. Nach Auswertung der sehr umfangreichen
Röntgenaufnahmen müsse von einem Beschleunigungstrauma I. Grades nach Erdmann
ausgegangen werden, das mit Sicherheit im Mai 1997 abgeklungen gewesen sei. Es
habe sich hierbei bereits um einen außerordentlich langen Krankheitsverlauf von fünf
Monaten gehandelt, in dem ein einfaches Distorsionstrauma ausheile. Alle
neurologischen Untersuchungen, insbesondere auch bei Dr. Hi, hätten keinen Hinweis
für nervale Ausfälle ergeben. Nach der unfallärztlichen Behandlung bei Dr. Ta habe sich
der Kläger dann in neurologisch-psychiatrische Behandlung zu Dr. H sowie in die
schmerztherapeutische Behandlung zu Dr. S begeben. Bekanntermaßen bestehe
zwischen Dr. H und dem Radiologen Dr. V in K eine Verbindung. Der Kläger sei von Dr. H
zu der kernspintomographischen Untersuchung der Kopfgelenke zu Dr. V überwiesen
worden. Die Untersuchung sei dort durchgeführt worden und es sei - wie nahezu immer
in diesem Röntgeninstitut - eine Verletzung der Flügelbänder (Lig. alaria) festgestellt
worden. Glücklicherweise seien keine operativen Maßnahmen empfohlen worden. Er
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worden. Glücklicherweise seien keine operativen Maßnahmen empfohlen worden. Er
habe sich mit Dr. H und Dr. V bereits in einem früheren Gutachten für das Sozialgericht
Berlin in einem anderen Verfahren auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang
weise er nochmals auf die Veröffentlichung von Ludolph hin: „Die Hypothesenfusion und
das Schleudertrauma der Halswirbelsäule“ Aktuelle Traumatologie 2000; 30. Jahrgang,
Seite 203 bis 204. In dieser Veröffentlichung sei darauf hingewiesen worden, dass
ausschließlich Dr. V Verletzungen der Flügelbänder bei 420 Patienten nachgewiesen
habe, was jedoch einer exakten wissenschaftlichen Nachprüfung bisher in keiner Weise
standgehalten habe. Wie häufig bei Halswirbelsäulenverletzungen sei bei dem Kläger
eine erhebliche Fehlverarbeitung der im Prinzip leichten Wirbelsäulendistorsion
eingetreten mit deutlicher sozialer Depravation. Der hoch intelligente Kläger sei durch
eine vermeintliche Wirbelsäulenverletzung, die in der von ihm geklagten Form überhaupt
nicht mehr nachweisbar sei, in eine sozial und psychologisch ausweglose Situation
geraten mit einem jetzt somatoformen Schmerzbild im Sinne des
„Ganzkörperschmerzes“ unter Betonung der rechten Körperseite, was naturgemäß nicht
auf die Verletzung der Halswirbelsäule zurückgeführt werden könne. Auch Dr. V habe in
seinem kernspintomographischen Befund eindeutig festgestellt, dass eine irgendwie
geartete Myelonverletzung am verlängerten Rückenmark und der Halswirbelsäule nicht
nachgewiesen werden könne, was letzten Endes die geklagten Beschwerden nur hätte
erklären können. Unfallärztlicherseits würden die bekannten psychischen Probleme bei
einem Zustand nach Halswirbelsäulendistorsionstrauma nicht als mittelbare Unfallfolge
angesehen. Dazu würden auch die geklagten Symptome wie Migräne, Tinnitus,
Konzentrationsstörungen usw. gehören. Den Ausführungen von Dr. Hi in den
gutachterlichen Stellungnahmen vom 11. März 1999, 18. April 2000 sowie 30. Januar
2002 könne er nicht zustimmen. Es sei nicht richtig, dass keine relevanten Vorschäden
oder degenerativen Veränderungen im Halswirbelsäulenbereich am Unfalltage
vorhanden gewesen seien. Eine neurologische Symptomatik - Kopfschmerzsyndrom,
Schwindel, Sehstörungen im Rahmen eines cervico-enzephalen Syndroms mit
Sensibilitätsstörungen - sei durch die vorhandenen objektiven Unterlagen nicht zu
belegen. Es bestünden jetzt ein Psychosyndrom, ein chronischer Schmerzzustand und
Hirnleistungsstörungen, die jedoch nicht als mittelbare Unfallfolgen anerkannt werden
könnten. Eindeutige neurologische Defizite seien auch von Dr. Hi nicht festgestellt
worden. Auch Dr. S habe in seiner Vernehmung keine eindeutigen posttraumatischen
Veränderungen angegeben und aus seiner Sicht unkritisch die „Einrisse von zwei
Bändern“ (vermutlich der Lig. alaria) übernommen. Er habe die migräneartige
Symptomatik sowie die Ohrgeräusche auf der rechten Seite mit chronischem
Schmerzsyndrom als Unfallfolge anerkannt, was naturgemäß durch objektive
Untersuchungen nicht zu belegen sei. Eine unfallbedingte MdE könne aus seiner Sicht
nicht angegeben werden.
Den Antrag des Klägers vom 11. Februar 2003 den Sachverständigen Dr. Ba. wegen
Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wies das Sozialgericht Berlin mit Beschluss
vom 3. April 2003 zurück. Die Beschwerde des Klägers hiergegen wies das
Landessozialgericht Berlin mit Beschluss vom 24. Juni 2003 zurück.
Das Sozialgericht Berlin zog u. a. ein im Auftrag des Landgerichts Berlin erstelltes
Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Sportmedizin Prof. Dr. W (H Universität B)
vom 9. Januar 2001 bei. Dieser führte unter anderem aus, der vorliegende Unfall vom
13. Dezember 1996 könne prinzipiell zu einer Distorsion der Halswirbelsäule (HWS-
Schleudertrauma) geführt haben. Problematisch bei der Bewertung sei, dass leichtere
Verletzungen der Halswirbelsäule zwar subjektive Symptome hervorrufen würden, diese
aber bis heute nicht objektiv zu erfassen seien. Die einerseits typischen Befunde und
Symptome nach leichten und mittleren Distorsionen seien nicht spezifisch, d. h.
beweisend, für ein derartiges Trauma. Die gleichen Symptome könnten auch ohne eine
entsprechende Verletzung auftreten. Gerade Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich
der Halswirbelsäule seien in der Bevölkerung häufig anzutreffen. Normalerweise würden
sich die Beschwerden bei einer Distorsion innerhalb von einigen Wochen
beziehungsweise Monaten zurückbilden, ansonsten würden zunehmend unfallfremde
degenerative Veränderungen für die Symptomatik verantwortlich gemacht. Wie auch von
Dr. Hi angeführt, werde die Bewertung des HWS-Schleudertraumas (HWS-Distorsion)
auch weiterhin durchaus kontrovers diskutiert. Auf orthopädisch-traumatologischen
Kongressen werde eine mehrjährige Symptomatik als Folge einer leichten bis mittleren
Distorsion der Halswirbelsäule im Allgemeinen jedoch ausgeschlossen. Der
Verletzungsmechanismus bei dem Unfall des Klägers entspreche prinzipiell dem eines
HWS-Schleudertraumas. Je nach Kopfhaltung des Fahrers im Moment des Aufpralls und
je nach Stoßrichtung kämen zu reinen translatorischen Beschleunigungen zusätzlich
rotative Kräfte. Der Zustand, der sich nach einem Schleudertrauma einstellen könne, sei
dann das posttraumatische Zervikalsyndrom oder auch eine Brachialgie als
posttraumatisches Cervicobrachialsyndrom. Die Bedeutung liege hier bei „könne“, da
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posttraumatisches Cervicobrachialsyndrom. Die Bedeutung liege hier bei „könne“, da
Bewegungsabläufe in ähnlicher Weise im täglichen Leben häufig vorkommen würden,
ohne dass sich Krankheitserscheinungen einstellen würden (vergleiche J. Krämer,
Bandscheibenbedingte Erkrankungen, Thieme Verlag, Stuttgart - New York, 1994, 3.
überarbeitete Auflage). Unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der aktuellen
wissenschaftlichen Literatur zu diesem Thema führte Prof. Dr. Wo weiter aus, nach den
heute vorliegenden und weitgehend akzeptierten Erkenntnissen könnten nach einem
leichteren HWS-Schleudertrauma alle Beschwerden nur für maximal drei bis vier Monate
auf den eigentlichen Unfall zurück geführt werden. Eine weiterhin bestehende
Symptomatik sei dann zunehmend auf degenerative Vorschädigungen zurückzuführen.
In Beantwortung der vom Landgericht gestellten Beweisfrage führte er unter anderem
aus, der Kläger habe bei seinem Verkehrsunfall eine maximal mittelgradige Distorsion
der Halswirbelsäule (HWS-Schleudertrauma II. Grades) erlitten. Auf den
Röntgenaufnahmen, die ihm vorgelegen hätten, habe sich eine Fraktur beziehungsweise
ein knöcherner Ausriss im Bereich des Dornfortsatzes von HWK 6 nicht nachweisen
lassen. Es ergebe sich eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit von fünf Monaten, eine
anschließende MdE von 30 v.H. für weitere vier Monate, anschließend eine MdE von 20
v.H. bis zum Ende des ersten Jahres. Die weitere unfallbedingte MdE betrage 10 v.H. für
maximal 12 weitere Monate.
Des Weiteren zog das Sozialgericht Berlin ein im Auftrag des Kammergerichts Berlin
erstelltes Gutachten des Dipl.-Ing. L vom 10. November 2003 bei, der unter anderem
ausführte, die Differenzgeschwindigkeit, die im vorliegenden Fall mit der
Aufprallgeschwindigkeit identisch sei, habe zwischen 25 und 40 km/h gelegen. Daraus
ergebe sich eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zwischen 11 und 22 km/h,
wenn das Beklagtenfahrzeug ein leichter VW Polo gewesen sei, und von etwa 16 bis 28
km/h, falls das Beklagtenfahrzeug ein schwerer VW Sharan gewesen sein sollte.
Der mit der Erstellung eines röntgenologischen Zusatzgutachtens beauftragte
Sachverständige Prof. Dr. T, dem neben verschiedenen Röntgenaufnahmen unter
anderem auch die MRT-Aufnahmen der oberen HWS und des kraniozervikalen
Übergangs aus der Praxis Dr. V vom 12./13. Januar 1998 vorlagen, führte in seinem
Gutachten vom 9. Februar 2004 unter anderem aus, es seien lediglich degenerative
Veränderungen nachgewiesen worden, die das altersgerechte Maß nicht überschreiten
würden. Es werde kein traumatisch bedingter Körperschaden in der Kopfgelenksebene
(Weichteilläsion bzw. Weichteilzerrung) nachgewiesen. Der Nachweis von
Weichteilläsionen und Weichteilzerrungen gelinge am ehesten mit Hilfe einer
Magnetresonanztomographie. Mit den vorliegenden Untersuchungen sei es nicht
möglich, feine beziehungsweise geringe Veränderungen, wie sie von Dr. V behauptet
worden sein, nachzuweisen. Die Schichtdicken seien mit 4 mm zu groß und die
Kontraste zu gering, um die beschriebenen Veränderungen nachzuweisen. Die
Ligamenta alaria seien schlichtweg nicht ausreichend sicher dargestellt worden. Ebenso
wenig sei von ihnen ausgehendes oder darin enthaltenes Narbengewebe sichtbar. Die zu
fordernde Darstellungsqualität zur Beurteilung der Kopfgelenksbänder werde nicht
erreicht. Das verwendete offene MRT-Gerät erreiche eine Feldstärke von 0,2 Tesla.
Entsprechend müssten für eine sichere Ortsauflösung längere Messzeiten in Kauf
genommen werden. Die heutzutage am weitesten verbreiteten so genannten Hochfeld-
MRT-Geräte hätten eine Feldstärke von 1,5 Tesla. Aber selbst bei optimaler Ausnutzung
heutiger MRT-Technik und Untersuchungsmöglichkeiten seien Weichgewebsverletzungen
auf Höhe der Kopfgelenksebene ohne Bandzerreißungen nicht nachweisbar. Hinzu
komme selbst bei höchster Auflösung die große Variabilität der Form, Durchmesser, des
Verlaufes und des Kontrastverhaltens der Kopfgelenkbänder. Es sei im Übrigen darauf
hinzuweisen, dass die Untersuchung nicht die Qualitätsanforderungen der MRT-Leitlinien
der Bundesärztekammer vom Januar 1999 oder der MRT-Richtlinien der kassenärztlichen
Bundesvereinigung vom Oktober 2000 erfüllen würde. Die Funktionsuntersuchungen mit
Kopfwendungen und Seitwärtsneigung der Halswirbelsäule seien lediglich geeignet, als
Beleg dafür angeführt zu werden, dass keine Motilitätsstörung in Höhe des Kopfgelenkes
bestehe. Die Knochen- und die Weichteilstrukturen des menschlichen Kopfgelenkes
seien einer starken Normvariabilität unterworfen. Eine Symmetrie der Strukturen und ein
genau seitengleicher Bewegungsablauf seien eher eine große Ausnahme. Aus diesem
Grunde erfülle die (Zitat aus dem Befund von Dr. Vo Seite 1 unten) „leichte
Abstandsvergrößerung zwischen Dens und HWK 1 entsprechend der Rotationsposition,
insbesondere nach links“ nicht die Qualitätskriterien, die an eine sichere Diagnose
gestellt würden. Sie sei für keinen der drei hinzugezogenen Kollegen nachvollziehbar als
pathologisch zu erkennen gewesen.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 18. November 2004 abgewiesen
und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die eingeholten Gutachten der
Sachverständigen Dr. B und Prof. Dr. T gestützt.
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Gegen dieses ihm am 21. Januar 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Februar
2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er ist
weiterhin der Ansicht, die bei ihm vorliegenden Beschwerden seien hinreichend
wahrscheinlich Folge des Arbeitsunfalls vom 13. Dezember 1996. Er rügt die Verletzung
rechtlichen Gehörs, da der von ihm benannte sachverständige Zeuge Dr. H nicht gehört
worden sei. Weiter rügt er, das Sozialgericht sei seinen Beweisanträgen aus dem
Schriftsatz vom 11. Februar 2003, mit denen er beantragt habe, weiteren Beweis zu
erheben durch Einholung eines neuropsychologischen, eines algesiologischen sowie
eines nervenärztlichen Gutachtens nicht gefolgt. Dr. B sei von einem falschen
Unfallhergang ausgegangen. Sein Kopf Klägers sei beim Zurückschleudern nicht von der
Kopfstütze abgefedert worden, sondern an dieser Kopfstütze vorbei nach hinten stark
überdehnt worden, weshalb es zu den Verletzungen des Bänderapparates gekommen
sei mit den heute noch vorhandenen Beschwerden. Ergänzend übersandte der Kläger
zwei MRT-Befunde der HWS vom 23. Juni 2005 (Dr. T/Dr. Kl), einen Arztbrief des
Facharztes für Neurologie Dr. B vom 20. Juni 2005, eine ärztliche Stellungnahme des Dr.
S vom 28. Februar 2006 (hinsichtlich des Inhalts dieser ärztlichen Stellungnahme wird
auf Blatt 477 bis 484 der Gerichtsakte) sowie eine Stellungnahme des Facharztes für
Neurologie und Psychiatrie Dr. H vom 27. Juli 2009 (hinsichtlich des Inhalts dieser 316
Seiten umfassenden Stellungnahme sowie der dazu mitübersandten Anlagen wird auf
die Beiakte verwiesen).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. November 2004 aufzuheben, den
Bescheid der Beklagten vom 20. August 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1998 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
ihm aufgrund des Arbeitsunfalls vom 13. Dezember 1996 eine Verletztenteilrente nach
einer Minderung der Erwerbsunfähigkeit von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und sieht sich durch die im
Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen weiter bestätigt.
Das Gericht hat ein im Auftrag des Kammergerichts Berlin erstelltes Gutachten des
Neurologen und Psychiaters Dr. H vom 16. November 2005 beigezogen, der unter
anderem ausführte, zusammenfassend sei festzuhalten, dass die vom Kläger
vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus seiner Sicht durchaus in Teilen
einen organischen Basisbefund aufweisen würden, der aber im Gegensatz zur
Beweisführung des Klägers als vorbestehend einzuordnen sei. Inwieweit es durch das
Unfallgeschehen zu einer Dekompensation oder Manifestation gekommen sei, lasse sich
so viele Jahre nach dem Ereignis nicht sichern. Unfallunabhängig hätten bereits
radiologisch gesichert zum Zeitpunkt des Unfallereignisses degenerative Veränderungen
der Wirbelsäule vorgelegen. Die jetzt nachgewiesenen Befunde im Sinne einer leichten
Wurzelirritation C6 und C7 seien nicht Unfallfolge, sondern Ausdruck der in dieser Höhe
lokalisierten Vorschädigungen. Die vorliegenden Beeinträchtigungen und Beschwerden
seien insoweit überwiegend wahrscheinlich durch diese vorbestehenden Erkrankungen
ausgelöst.
Der als Sachverständiger bestellte Chefarzt der neurochirurgischen Klinik des H Klinikum
B Prof. Dr. K führte in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2006 unter anderem aus,
ausgehend von den Angaben des Klägers bestehe eine Radikulopathie der Wurzel C6
rechts ohne sicher nachgewiesene Paresen oder Reflexdifferenzen. Weiterhin bestünden
ausgeprägte paravertebrale Muskelverspannungen im Bereich der gesamten
Halswirbelsäule, die keinem Wirbelsäulensegment eindeutig zugeordnet seien. Diese C6-
Radikulopathie und die diffusen paravertebralen Muskelverspannungen im Bereich der
HWS seien durch die altersentsprechenden degenerativen Veränderungen im Bereich
der HWS ausreichend erklärt und durch den Unfall vom 13. Dezember 1996 nicht
wesentlich verschlimmert worden. Eine MdE durch den Unfall liege nicht vor. Ein
Dornfortsatzabriss am 6. HWK sei nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Die MRT aus der
Praxis Dr. V hätten zur Erstellung des Gutachtens nicht vorgelegen. Jedoch würden die
aktuellen MRT vom 12. Juli 2006 in Übereinstimmung mit dem ausgesprochen
detaillierten Gutachten des Dr. T vom 9. Februar 2004 keinerlei Hinweise auf solche
traumatischen Veränderungen ergeben. Im Gegensatz zu den Befunden bei der
Erstvorstellung am 9. Oktober 1997 in der Praxis von Dr. H habe sich bei der jetzigen
Untersuchung eine deutlich stärker eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule in
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Untersuchung eine deutlich stärker eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule in
allen Bewegungsrichtungen gezeigt, wobei die Untersuchung durch Dr. H sieben Monate
nach dem Unfallereignis stattgefunden habe. Dies bedeute, dass es später zu diesen
Beschwerden gekommen sei. Allerdings stehe diese massive Einschränkung der
Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei der jetzigen Untersuchung im krassen Widerspruch
zu der vollkommen physiologischen Haltung der Halswirbelsäule in den MRT-
Untersuchungen und Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule vom 12. Juli 2006. Den
Ausführungen des Dr. S könne er nicht folgen. Dieser setze sich mit dem Gutachten des
Sachverständigen Dr. Ba vom 29. Januar 2003 auseinander und spreche Dr. Ba hierin in
teilweise polemischer Form die Fachkompetenz zur fachorthopädischen Beurteilung
einer HWS-Verletzung ab. In der ärztlichen Stellungnahme von Dr. Su vom 28. Februar
2006 seien fünf Krankheitsbilder beschrieben, die sich nach dem Aufprallunfall entwickelt
hätten. Hierbei sei das unter 1. genannte Kompressionssyndrom der rechten A.
vertebralis nicht belegt. Die unter 5. genannten Hirnstammschädigungen würden nicht
durch eindeutige Untersuchungsergebnisse belegt. Die elektrophysiologische
Zusatzuntersuchung durch Dr. Be vom 16. Juni 2005 belege lediglich leichtgradige
chronische neurogene Veränderungen in den Segment in C6 und C7 rechts, sowie ein
leichtes Kompressionssyndrom der N. ulnaris im Ellenbogen, so genanntes Sulcus-
ulnaris-Syndrom, bei normaler Erhältlichkeit der sensiblen Nervenpotenziale des kleinen
Fingers. Die Untersuchung mache eine Läsion des rechten Plexus brachialis
unwahrscheinlich. Eine Störung der linksseitigen sensiblen evozierten Potenziale des N.
tibialis könne im Hinblick auf die Lokalisation nicht näher eingeordnet werden. Lediglich
aufgrund der anamnestischen Angaben werde eine Läsion der aufsteigenden
Nervenbahnen im Halswirbelsäulenbereich des Rückenmarks als durchaus
wahrscheinlich vermutet. Den sehr weit reichenden und nicht eindeutig belegten
Schlussfolgerungen des Dr. Su könne er daher nicht folgen. Die elektrophysiologischen
Befunde von Dr. Pe stünden in Übereinstimmung mit denen von Dr. Be. Die Befunde, die
auf eine Affektion der oberen cervikalen Wurzeln oder des Tractus spinalis nervi trigemini
hinweisen würden, hätten in den von ihm durchgeführten beiden klinisch-neurologischen
Untersuchungen nicht reproduziert werden können. Die im Befund von Dr. Ta am 23. Juni
2005 festgestellten Bandscheibenvorfälle bei HWK 5/6 und HWK 6/7 sowie die
beschriebene diskrete Glianarbenbildung bei HWK 5/6 intramedullär könnten nicht
nachvollzogen werden, es handle sich um knöcherne spondylophytäre bzw.
uncarthrotische Veränderungen. Der befundete „auffällig enge Sagittaldurchmesser des
Spinalkanals bei HWK 5/6“ beschreibe nicht die wirkliche klinische Signifikanz eines
solchen Befundes. Auf den ihm vorliegenden Bildern lägen keine signifikante Einengung
des Wirbelkanals oder gar intramedulläre Myelopathiezeichen vor.
Der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Sachverständiger bestellte Arzt für
Orthopädie Dr. Op hat in seinem Gutachten vom 8. Oktober 2007 und einer
ergänzenden Stellungnahme vom 30. April 2009 unter anderem ausgeführt, der Kläger
leide unter einem chronischen myofaszialen Schmerzsyndrom mit Beschwerden im
Sinne eines cervicocephalen Syndroms mit begleitenden Sekundärphänomenen
entsprechend Grad 3 der Klassifikation von Gerbershagen. Für den unbestreitbaren
Tatbestand der hohen Rate von Defektheilungen nach derartigen physikalischen
Bagatelltraumen sei eine Weichteilläsion in der Schulter-Nacken-Muskulatur medizinisch
die momentan plausibelste Erklärung. Ein medizintechnischer Beweis für eine derartige
Verletzung sei beim Lebenden derzeit regelmäßig nicht möglich. Eine Verletzung
beziehungsweise Narbenbildung im Ligamentum alare halte er weder für rechts noch
links nachgewiesen. Diese Gesundheitsstörung im Sinne eines myofaszialen
Schmerzsyndroms sei im Sinne der erstmaligen Entstehung auf den Unfall vom 13.
Dezember 1996 zurückzuführen. Eine wesentliche Verschlimmerung eines
unfallunabhängigen Leidens könne aus kategorischen Gründen nicht eingetreten sein,
da der Kläger vor dem Unfall ein altersgemäß gesunder Mann ohne realisierte
Krankheitsrisiken gewesen sei. Insofern könne ein nicht vorhandenes Leiden auch nicht
verschlimmert werden. Wenn nicht die physikalischen Belastungen des Unfalls vom 13.
Dezember 1996 bzw. reflektorische Muskelaktionen für die damals schlagartig
begonnene Patientenkarriere des Klägers angenommen werden sollten, müsse er grade
als fachkundiger Arzt und Gutachter unter aktiver Ausblendung der epidemiologischen
Forschungsergebnisse von medizinisch völlig unerklärlichen Phänomenen für die seitdem
zweifelsfrei beeinträchtigte Gesundheit des Klägers ausgehen. Die altersentsprechenden
Normvarianten/-veränderungen auf den Röntgenbildern seien zunächst absolut
ungeeignet, die am Unfalltag bei dem Kläger einsetzenden Schmerzen im Schulter-
Nacken-Bereich mit den gravierenden Schlafstörungen und dem rapiden Abfall der
Leistungsfähigkeit medizinisch ursächlich zu erklären. Des Weiteren seien diese Befunde
völlig ungeeignet, die über den 13. Mai 1997 beziehungsweise 1. August 1997
anhaltenden Beschwerden und Symptome medizinisch ursächlich zu erklären. Die in den
Akten vorliegenden Informationen zur praetraumatischen Biografie des Klägers würden
beweisen, dass ein manifester Vorschaden ausgeschlossen sei. Konkrete Hinweise, dass
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beweisen, dass ein manifester Vorschaden ausgeschlossen sei. Konkrete Hinweise, dass
so genannte leicht ansprechbare Anlagen zur Entwicklung eigenständiger
Gesundheitsstörungen vorgelegen hätten, seien bei dem Kläger nach den Normen des
Sozialrechts nicht nur nicht nachgewiesen, sondern ausgeschlossen. Da sowohl ein
manifester gesundheitlicher Vorschaden wie eine sozialmedizinisch relevante
Krankheitsanlage mit mehr als hinreichender Sicherheit ausgeschlossen seien, könne
hierdurch keine Beeinflussung der Unfallfolgen/des tatsächlichen Gesundheitszustandes
des Klägers bewirkt worden sein. Die Unfallfolgen hätten am 1. August 1997 keine
Änderung erfahren, sondern würden unverändert in Arbeitsunfähigkeit bewirkender
Ausprägung fortbestehen. Wenn der 1. August 1997 aus formalen Gründen aufgrund der
Untersuchung bei Dr. A vom 13. Mai 1997 zu dem Datum ernannt werden solle, in dem
das Verletztengeld in eine Dauerrente umgestellt werden solle, so sei die unfallbedingte
Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen der Folgen des Unfalls vom 13. Dezember 1996
anhaltend mit 100 v.H. einzuschätzen. Eine unfallunabhängige Erkrankung, die mit einer
Diagnose aus dem ICD 10 benannt werden und den Tatbestand der seitdem
anhaltenden Nichterwerbstätigkeit erklären könne, sei nicht sichtbar. Dem Gutachten
des Dr. A könne er nicht folgen, soweit dieser davon ausgehe, dass ab 13. Mai 1997,
dem Tag der Begutachtung, ein Symptomwechsel stattgefunden habe. Hierfür gebe es
keinen Anhalt. Die Aufnahmetechnik und die Befundinterpretation des Dr. V seien unter
Radiologen derzeit nicht konsensfähig. Die Ausführungen des Dr. H würden die
unaufgeregten und realistischen Darstellungen eines engagierten Arztes darstellen,
einen anhaltend symptomatischen Verlauf nach einer Beschleunigungsverletzung der
Halswirbelsäule zutreffend zu beschreiben. Dass derartige Patienten diese komplexe
Symptomatik aufweisen könnten und diese komplexe Symptomatik mitunter jeglicher
ärztlicher Therapie trotze, sei leider traurige Gewissheit und Dr. H gestehe einfach ein,
dass es ihm mit seinen therapeutischen Möglichkeiten nicht gelungen sei, den Kläger
erfolgreich zu behandeln. Diese selbstkritische ärztliche Haltung sei prinzipiell
begrüßenswert und nicht nur den spezifischen gesundheitlichen Problemen des Klägers
angemessen. Die Unterstellung, ein Gefälligkeitsgutachten gefertigt zu haben, sei
unverständlich, da Dr. H lediglich beschreibe, dass er den Kläger nicht erfolgreich habe
behandeln können und er für die Symptomatik auch über den Mai 1997 hinaus nicht
näher spezifizierte/spezifizierbare Folgen des Unfalls vom 13. Dezember 1996
verantwortlich mache. Das Gutachten des Dr. Ba stelle eine unreflektierte
Nacherzählung des erkennbar fehlerhaften Vorgutachtens des Dr. A dar. Auch Dr. Ba
bleibe aufgefordert, den medizinischen Befund vom 13. Mai 1997 zu benennen, der
einen Wechsel der medizinischen Wesensgrundlage für die ansonsten unveränderte
Symptomatik und Krankheit des Klägers vermuten lassen könnte. Wenn Dr. B ausführe,
dass unfallärztlicherseits die bekannten psychischen Probleme bei anhaltend
symptomatischen Halswirbelverletzungen nicht als unmittelbare Unfallfolge angesehen
werden könnten, so sei dies im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung schlicht und
ergreifend falsch. In der gesetzlichen Unfallversicherung seien auch alle psychischen
Folgeprobleme eines Unfalls unter Schutz gestellt, so dass Dr. B aufgefordert gewesen
wäre, ein entsprechendes Fachgutachten zu veranlassen. Dass Dr. S generell aus
langwieriger Kenntnis derartiger Krankheitsbilder und speziell langjähriger Betreuung des
Klägers bei diesem ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychopathologischem
Korrelat im Stadium III nach Gerbershagen diagnostiziere, sei seiner Ansicht nach der
derzeitigen Kenntnis derartiger Unfallbelastungen, der Aktenlage sowie dem jetzigen
Zustand des Klägers angemessen und die derzeit bestmögliche ärztliche Erklärung für
die tatsächliche posttraumatische Biografie des Klägers, die insofern der typischen und
regelmäßigen Chronologie im Falle eines Ausnahmeverlaufs entspreche. Auch Prof. Dr.
W beschreibe keinen Befund, der einen Wechsel der medizinischen Ursache für die seit
dem 13. Dezember 1996 anhaltende Krankheit des Klägers auch nur nahe legen würde.
Auch dem neurochirurgischen Gutachten des Prof. Dr. K könne nicht entnommen
werden, aus welchen medizinischen Gründen bei dem Kläger abrupt am 13.12.1996 eine
unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit eingesetzt habe. Mit seiner diagnostischen
Leidensbezeichnung - einer Radikulopathie der Nervenwurzel C6 rechts - führe er eine
weitere Krankheit an, die sich entsprechend der zweifelsfreien Aktenlage erst nach
längerer Arbeitsunfähigkeit im späteren posttraumatischen Krankheitsstadium
hinzugesellt habe. Dieser viel später einsetzende Krankheitsanteil könne daher
keinesfalls unter anderem für die unfallnahen Nacken- und Kopfschmerzen sowie Schlaf-
und Konzentrationsstörungen verantwortlich gemacht werden. (Hinsichtlich der weiteren
Einzelheiten des Inhalts des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Op vom 8. Oktober
2007 wird auf Blatt 538 bis 632 und hinsichtlich der ergänzenden Stellungnahme vom
30. April 2009 auf Blatt 915 bis 942 der Gerichtsakten verwiesen).
Nachdem der Senat den Facharzt für Orthopädie Dr. To zum Sachverständigen bestellt
hat, hat der Kläger diesen mit Schreiben vom 28. Januar 2008 wegen Besorgnis der
Befangenheit abgelehnt. Dieser Antrag ist mit Beschluss vom 3. November 2008
zurückgewiesen worden.
24 Der Sachverständige Dr. To hat in seinem Gutachten vom 8. Dezember 2008 unter
anderem ausgeführt, der Kläger leide unter starken/massiven inkonsistenten
Beweglichkeitsstörungen der Halswirbelsäule bei Zustand nach
Halswirbelsäulendistorsion am 13. Dezember 1996 und radiologisch verifizierbaren
leichten bis mäßigen degenerativen Veränderungen, leichten bis mäßigen
Funktionsstörungen der Brust- und Lendenwirbelsäule bei muskulärer Dysbalance und
leichten degenerativen Veränderungen, einer initialen Coxarthrose beidseits, rechts
symptomatisch, mit leichten Funktionsstörungen, leichten bis mäßigen
Funktionsstörungen des rechten Schultergelenkes bei radiologisch verifizierbarer AC-
Gelenkarthrose beidseits und klinischem Impingementsyndrom rechts sowie einer
Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen mit Verdacht auf somatoforme
Schmerzstörung. Eine Weichteilläsion im Kopfgelenksbereich beziehungsweise eine
Verletzung oder Narbenbildung in den Ligamenta alaria rechts und links hätten mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vorgelegen und seien auch nicht
nachgewiesen. Die Untersuchungsergebnisse von Dr. Vo seien durch andere
Wissenschaftler bis dato nicht bestätigt worden. Er verweise an dieser Stelle auf das
aussagekräftige Gutachten von Professor Te. Zum Zeitpunkt der Kernspintomographie
durch Dr. V im Januar 1998 sei es mit den damaligen Geräten überhaupt nicht möglich
gewesen, die Ligamenta alaria darzustellen, geschweige denn partielle Läsionen derer
nachzuweisen. Zudem sei zu ergänzen, dass die Ligamenta alaria wirklich tiefe
anatomische Strukturen darstellen würden. Eine Peitschenbewegung, die die Ligamenta
alaria schädigen würden, jedoch Haut, Unterhaut, obere Muskelschicht, tiefere
Muskelschicht, Bänder der Wirbelgelenke, das hintere und vordere Längsband an der
Wirbelsäule usw. intakt lassen würden (und dies bei vorbereiteter Muskulatur), sei bisher
in der Literatur (mit Ausnahme von Dr. V) nicht nachgewiesen worden. Werde trotzdem
angenommen, dass die Ligamenta alaria tatsächlich eine Läsion im Rahmen des Unfalls
vom 13. Dezember 1996 erfahren hätten, so bedeute dies keinesfalls, dass diese Läsion
zu den anhaltenden Beschwerden des Klägers geführt habe. Der medizinische Beweis
dafür könne jedenfalls nicht erbracht werden. Im Sinne der erstmaligen Entstehung sei
es im Rahmen des Auffahrunfalls zu einer
Halswirbelsäulendistorsion/Halswirbelsäulenverstauchung gekommen. Dabei dürften
partiell Muskelfasern und Bandfasern gezerrt worden seien. Keinesfalls dürfte diese
Halswirbelsäulendistorsion zu anhaltend massiven Beweglichkeitseinschränkungen der
Halswirbelsäule geführt haben, wie diese aktuell bestünden und auch in der
Vergangenheit in unterschiedlichem Ausmaß gutachterlich festgestellt worden seien.
Keinesfalls sei die Wirbelsäulendistorsion vom 13. Dezember 1996 im Zusammenhang
mit den geäußerten Beschwerden im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, des
rechten Hüftgelenkes und des rechten Schultergelenkes und auch nicht mit später
festgestellten neurologischen Ausfällen im Bereich des rechten Armes zu sehen.
Unfallunabhängig müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt
des Auffahrunfalls vom 13. Dezember 1996 zumindest leichte degenerative
Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule
aufgewiesen habe. Dass dies mit Sicherheit zutreffe, habe die Kernspintomographie der
Halswirbelsäule vom 21. Mai 1997 bewiesen. Es seien hier mäßige osteochondrotische
Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule sowie kräftige osteophytäre
Protrusionen C5/C6, insbesondere im C6/C7-Segment beschrieben worden. Zudem sei
eine Uncovertebralarthrose im C5/C6- und im C6/C7-Segment sowie eine
Foraminastenose im C5/C6 Segment rechts und links ebenso beschrieben worden. Dies
seien sicherlich degenerative Veränderungen, die zum einen im Alter von 47 Jahren
keinen ungewöhnlichen Befund darstellen würden und zum anderen durchaus in diesem
Alter auch ohne Verletzungen/Unfälle symptomatisch werden könnten. Für die
Entstehung des Halswirbelsäulenleidens spreche sicherlich die Tatsache, dass der Kläger
bis zum Unfallzeitpunkt asymptomatisch gewesen sei. Weder in der Akte noch aus der
Anamnese heraus fänden sich Hinweise für eine vorbestehende symptomatische
Halswirbelsäulenerkrankung. Allerdings seien die Bemühungen, ein
Krankheitsverzeichnis vor 1996 zu erhalten, bisher erfolglos gewesen. Nahezu sämtliche
Angaben würden auf der eigenen Darstellung des Klägers basieren. In diesem Sinne sei
der Unfall zunächst als eine Gesundheitsstörung aufzufassen, die zu einem Auftreten
eines bis dato asymptomatischen Halswirbelsäulensyndroms bei radiologisch
nachgewiesenen degenerativen Veränderungen als Gelegenheitsursache beigetragen
habe. Zum Auftreten von Symptomen hätten sicherlich die leicht ansprechbare Anlage
beziehungsweise die vorhandenen degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule
beigetragen. Insgesamt hätten diese Schäden in Kombination mit der mehrwöchigen
Ruhigstellung mittels Zervikalstütze und möglicherweise in Kombination mit den
Erwartungen des Klägers auf Wiedergutmachung zu persistierenden/anhaltenden
Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule geführt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die
anhaltenden Beschwerden auf psychosoziale Faktoren zurückzuführen seien, sei sehr
anhaltenden Beschwerden auf psychosoziale Faktoren zurückzuführen seien, sei sehr
groß. Die Wahrscheinlichkeit, dass strukturelle Schäden zur Aufrechterhaltung der
Beschwerden beitragen würden, sei dagegen sehr vernachlässigbar. Es habe mit
Sicherheit ein Vorschaden im Sinne von vorhandenen degenerativen Veränderungen
bestanden. Er könne sich medizinisch nur dahingehend festlegen, dass der Kläger zu
diesem Zeitpunkt degenerative Veränderungen aufgewiesen habe. Die
Wahrscheinlichkeit, dass diese degenerativen Veränderungen von überragender
Bedeutung gewesen seien und damit alleinige Ursache, sei mindestens genauso groß
wie die Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger durch die annähernd zweimonatige Schonung
in der Zervikalstütze und durch seine Erwartungshaltung auf Wiedergutmachung
anhaltende Beschwerden beschrieb und entwickelte und zunehmend in die
Schmerzchronifizierung entgleiste. Der Kläger sei mehrere Jahre lang sportlich aktiv
gewesen. Es spreche mehr dafür als dagegen, dass der Kläger eventuelle degenerative
Schäden durch eine gut trainierte Muskulatur vollständig kompensieren konnte. Die
Wahrscheinlichkeit sei ebenso groß, dass bei abnehmender muskulärer Stabilisierung
Wirbelsäulenbeschwerden aufgetreten seien, wie auch bei zunehmender
Schmerzchronifizierung. Tatsache sei es, dass der Kläger eine Halswirbelsäulendistorsion
erfahren habe. Ebenso als Tatsache dürfte gelten, dass der Kläger keine nennenswerte
strukturelle Schädigung im Bereich der Ligamenta alaria beziehungsweise im Bereich
der Halswirbelsäule erfahren habe. Tatsache sei auch, dass der Kläger zu diesem
Zeitpunkt altersentsprechende degenerative Veränderungen aufgewiesen habe. Als sehr
wahrscheinliche Hypothese betrachte er auch die vom Kläger erwartete
Wiedergutmachung. Mit großer Wahrscheinlichkeit könne davon ausgegangen werden,
dass die Wirbelsäulendistorsion binnen 2 bis 3 Monaten ausheile. Die darüber hinaus
anhaltenden/bestehenden Beschwerden mit entsprechender Progredienz dürften nicht
dem Unfall vom 13. Dezember 1996 zugeordnet werden und seien höchstwahrscheinlich
anderen, zum Beispiel psychosozialen Ursachen zuzuordnen. Spätestens soweit eine
konsequente Physiotherapie (Kräftigung der Wirbelsäulenmuskulatur) und eine
schmerztherapeutische Behandlung (durch Dr. S im Juni 1997) eingeleitet worden seien,
dürfte der Kläger auch eine entsprechende Besserung aufweisen. Eine solche sei jedoch
nicht aufgetreten. Dementsprechend seien die anhaltenden Beschwerden des Klägers
spätestens seit Sommer 1997 mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine bis dato latent
vorhandene psychische Comorbidität zurückzuführen. Das Auftreten einer psychischen
Überlagerung ab diesem Zeitpunkt erscheine dementsprechend sehr wahrscheinlich und
kennzeichnend für den weiteren Verlauf. Der Kläger habe in einem Bericht vom 7.
August 1997 ausgeführt, dass mehrere Ärzte ihn in seiner Auffassung bestärkt hätten,
dass mit einer längeren Arbeitsunfähigkeit zu rechnen sei und dass seine Beschwerden
kausal auf den Unfall zurückzuführen seien. Aus diesem Blickwinkel heraus sei sicherlich
die Entwicklung einer Beschwerdefixierung/Schmerzchronifizierung nachvollziehbar. Erst
im Oktober 1997 habe die erste Konsultation bei Dr. Hi stattgefunden. Der Kläger sei
durch die Behandlung bei Dr. Hi und insbesondere durch den kernspintomographischen
Befund von Dr. Vo Anfang Januar 1998 in seiner Auffassung bestärkt worden, dass er
eine ernsthafte strukturelle Schädigung der Kopfgelenkbänder erfahren habe, die dann
die alleinige Ursache für das Persistieren seiner Beschwerden darstellen würde. Dass
eine Schädigung der Ligamenta alaria rein wissenschaftlich zu diesem Zeitpunkt mit
großer Wahrscheinlichkeit nicht vorgelegen habe und überhaupt kernspintomographisch
nicht hätte nachgewiesen werden können, habe Prof. T in seiner Begutachtung eindeutig
und nachvollziehbar dargestellt. Im Jahr 1997/1998 habe sich der Kläger jedoch in einer
Schmerzchronifizierung befunden und auch in der Entwicklung seiner
psychosomatischen Comorbidität. Betrachte man den Kläger von Seiten der objektiven
klinischen Untersuchung, so sei zunächst zu erwähnen, das objektive klinische Befunde
nach der Neutral-Null-Methode weder in der Arztpraxis von Dr. S/Dr. T erhoben worden
seien noch bei der Begutachtung durch Dr. A. Dr. H führe in seinem Schreiben vom 11.
März 1999 aus, dass der Kläger am 9. Oktober 1997 eine leicht eingeschränkte Rotation
und Seitneige aufgewiesen habe. Bei allen nachfolgenden Untersuchungen durch Dr. B
im Jahr 2003, durch Prof. W im Dezember 2000 und auch durch ihn habe eine stark
eingeschränkte Halswirbelsäulenbeweglichkeit festgestellt werden können. Diese stark
eingeschränkte Halswirbelsäulenbeweglichkeit dürfte dem Kläger sicherlich das „normale
Fahren“ eines PKW in der Vergangenheit erheblich erschwert haben. Es sei deshalb
wenig nachvollziehbar, dass der Kläger mit einem neu gekauften Pkw und normalem
Ganggetriebe auch zu dieser Zeit selbst Fahrten zu seinen Ärzten absolviert habe. Von
einer besseren Beweglichkeit im Alltag, als dies bei den gezielten Untersuchungen
während der Begutachtungen der Fall gewesen sei, bedürfe daher ausgegangen werden.
Klinisch und neurophysiologisch beschreibe Dr. Pe (Fachärztin für Neurologie und
Psychiatrie) im Jahr 2003 und 2004 eine C7-Läsion sowie eine gering ausgeprägte C6-
Läsion, führe diese Schädigungen auf den Unfall von 1996 zurück, begründe dies jedoch
nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerden des Klägers im Bereich der
Lendenwirbelsäule, des rechten Hüftgelenkes sowie des rechten Schultergelenkes mit
vom Kläger angegebener deutlich reduzierter Gebrauchsfähigkeit und Einsatzfähigkeit
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vom Kläger angegebener deutlich reduzierter Gebrauchsfähigkeit und Einsatzfähigkeit
des rechten Armes dem Unfall vom 13. Dezember 1996 kausal zuzuordnen seien, sei zu
vernachlässigen. Zum einen seien diese Beschwerden zu späterer Zeit aufgetreten,
zum anderen sprächen der Unfallmechanismus und der Unfallverlauf stark dagegen,
dass diese Gesundheitsstörungen unfallbedingt sein könnten. Solche ärztlichen
Äußerungen seien sicherlich nicht korrekt und hätten den Kläger in seiner Auffassung
bestärkt, dass quasi alle seine Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen seien. Der
Kläger selbst habe es auf den Punkt gebracht: Sein Leben habe sich von heute auf
morgen verändert. Die unfallbedingte MdE infolge des Arbeitsunfalls vom 13. Dezember
1996 schätze er für die Zeit ab 1. August 1997 bis zum 31. Dezember 1998 auf 20 v. H.
ein. (Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Gutachtens des
Sachverständigen Dr. To wird auf Blatt 774 bis 898 der Gerichtsakten verwiesen.)
Der Kläger hat dazu ein von ihm veranlasstes Gutachten des Dr. H vom 27. Juli 2009
vorgelegt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der
Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nur
teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente
nach einer MdE von 20 v. H. lediglich für die Zeit vom 01. August 1997 bis zum 31.
Dezember 1998, denn Folgen des Unfalls vom 13. Dezember 1996, die eine MdE von
wenigstens 20 v. H. bedingen, liegen über diesen Zeitpunkt hinaus nicht mehr vor.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 des Siebten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit
infolge eines Versicherungsfalles über die sechsundzwanzigste Woche nach dem
Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine
Rente.Unstreitig hat der Kläger am 13. Dezember 1996 einen Arbeitsunfall erlitten. Als
dessen Folgen hat die Beklagte Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule im Sinne
einer vorübergehenden Verschlimmerung vorbestehender, schicksalsbedingter
Veränderungen der Wirbelsäule nach in guter Stellung knöchern fest verheiltem
Dornfortsatzabrißbruch am 6. Halswirbelkörper und folgenlos verheilter Distorsion der
Halswirbelsäule anerkannt.
Zur Überzeugung des Senates sind keine weiteren Arbeitsunfallfolgen festzustellen, dies
gilt insbesondere auch für die von dem Kläger geklagten weiterhin andauernden
Beschwerden der Halswirbelsäule. Die bereits anerkannten Arbeitsunfallfolgen sind
lediglich für die Zeit vom 01. August 1997 bis zum 31. Dezember 1998 mit einer MdE
von 20 v.H. zu bewerten.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist
erforderlich, dass sowohl zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis
als auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung ein innerer
ursächlicher Zusammenhang besteht. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der
Arbeitsunfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises - also mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - nachgewiesen werden, während für den
ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung für die Entschädigungspflicht, der nach
der auch sonst im Sozialrecht geltendenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu
bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die
bloße Möglichkeit - ausreicht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG Urteil vom 02. Mai
2001, Az. B 2 U 16/00 RSozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 m.w.N.). Eine solche
Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände
den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht
zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSG,
Urteil vom 06. April 1989, Az. 2 RU 69/87, zitiert nach juris; Urteil vom 02. Februar 1978,
Az. 8 RU 66/77, BSGE 45, 285, 286).
Die Frage, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis
und einem Gesundheitsschaden besteht, ist in erster Linie nach medizinischen
Gesichtspunkten zu beurteilen. Im Rahmen seiner richterlichen Überzeugungsbildung
hat das Gericht alles erforderliche zu tun, um diese Frage zu klären (§§ 103, 128 SGG),
wobei es sich des Urteils fachkundiger Sachverständiger zu bedienen hat, um mit deren
Hilfe festzustellen, ob nach den einschlägigen medizinisch-wissenschaftlichen
Erkenntnissen das angeschuldigte Ereignis die wahrscheinliche Ursache des
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Erkenntnissen das angeschuldigte Ereignis die wahrscheinliche Ursache des
bestehenden Gesundheitsschadens ist. Maßgebend ist hierfür grundsätzlich die
herrschende medizinische Lehrmeinung, soweit sie sich auf gesicherte Erkenntnisse
stützen kann. Andererseits ist es nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit voneinander
abweichenden medizinischen Lehrmeinungen im Einzelnen auseinanderzusetzen und
darüber zu entscheiden, welche von ihnen richtig ist (BSG, Urteile vom 20. September
1977, Az: 8 RU 24/77, vom 12. November 1986, Az: 9b RU 76/86 und vom 26. Februar
1997, Az. 9 BV 221/96, zitiert nach Juris).
Der Senat ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nach Auswertung und
Würdigung der vielfältigen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstatteten
umfangreichen Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger
Unfallfolgen des am 13. Dezember 1996 erlittenen Auffahrunfalls lediglich bis zum 31.
Dezember 1998 festzustellen sind.
Als Unfallfolge liegt zunächst eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule
vor, wie sich aus den Gutachten des im Verwaltungsverfahren gehörten Dr. A sowie den
im Klage- und Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Dr. Ba und Dr. T und den
aus einem beim Kammer- bzw. Landgericht Berlin geführten Rechtsstreit beigezogenen
Gutachten der dort zu Sachverständigen ernannten Prof. Dr. W und Dr. H ergibt.
Übereinstimmend haben diese bestätigt, dass der Kläger durch den Auffahrunfall ein
Schleudertrauma bzw. eine HWS-Distorsion I. bis maximal II. Grades nach Erdmann
erlitten hat, die jedoch – auch insoweit von diesen Sachverständigen bzw. Gutachtern
übereinstimmend bestätigt – in der Regel nach kurzer Zeit folgenlos ausheilt. Auch der
ursprüngliche Dornfortsatzabrißbruch am 6. Halswirbelkörper ist in guter Stellung
knöchern fest verheilt.
Das von dem Sachverständigen Dr. O diagnostizierte chronische myofasziale
Schmerzsyndrom mit Beschwerden im Sinne eines cervicocephalen Syndroms mit
begleitenden Sekundärphänomenen entsprechend Grad 3 der Klassifikation von
Gerbershagen lässt sich zur Überzeugung des Senates dagegen - jedenfalls nach dem
31. Dezember 1998 - nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall
vom 13. Dezember 1996 zurückführen. Soweit Dr. O hierzu ausführt, für den
unbestreitbaren Tatbestand der hohen Rate von Defektheilungen nach derartigen
physikalischen Bagatelltraumata sei eine Weichteilläsion in der Schulter-Nacken-
Muskulatur medizinisch die momentan plausibelste Erklärung, überzeugt dies den Senat
nicht, denn er führt weiter aus, dass ein medizintechnischer Beweis für eine derartige
Verletzung beim Lebenden derzeit regelmäßig nicht möglich sei, er eine Verletzung
beziehungsweise Narbenbildung im Ligamentum alare beim Kläger weder rechts noch
links für nachgewiesen halte, diese Gesundheitsstörung im Sinne eines myofaszialen
Schmerzsyndroms jedoch trotzdem im Sinne der erstmaligen Entstehung auf den Unfall
vom 13. Dezember 1996 zurückzuführen sei.
Die Feststellung von Unfallfolgen hat jedoch unter Zuhilfenahme medizinischer,
naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im
Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu erfolgen.
Allgemein gilt, dass es nicht Aufgabe der Gerichte ist, durch die Auswahl von
Sachverständigen oder die juristische Bewertung von medizinischen Lehrmeinungen für
die eine oder andere Position Partei zu ergreifen oder durch Gutachtenaufträge den
Fortschritt der medizinischen Erkenntnis voranzutreiben; ausreichend ist, ob ein
wissenschaftlicher (Teil-)Konsens festgestellt werden kann, der eine Entscheidung zu
tragen geeignet ist, mögen auch einzelne anerkannte Wissenschaftler eine andere
Lehrmeinung vertreten (BSG, Urteile vom 27. Juni 2006, Az.: B 2 U 20/04 R, und vom 06.
Oktober 1999, Az.: B 1 KR 13/97 R, zitiert nach juris.de). Dies gebietet schon die
Berücksichtigung des allgemeinen Gleichstellungsgrundsatzes des Artikels 3
Grundgesetz. Denn der Ausgang eines Rechtsstreites darf nicht davon abhängen,
welchen Sachverständigen das Gericht mit der Begutachtung betraut. Denn das Gericht
ist mangels eigener Sachkunde regelmäßig nicht in der Lage, eine medizinisch-
wissenschaftliche Lehrmeinung zu bewerten. Es hat als Grundlage seiner Entscheidung
daher festzustellen, ob die vom Sachverständigen seinem Gutachten zugrunde gelegte
wissenschaftliche Auffassung i. S. der herrschenden Meinung tragfähig ist.
Der Senat hat die Unfallfolgen damit nicht nach den Auffassungen eines einzelnen
Sachverständigen zum Kausalverlauf in einem Einzelfall festzustellen, sondern hat zu
prüfen, ob dessen Auffassungen einer tragfähigen herrschenden Meinung in der
medizinischen Wissenschaft entsprechen. Die Kausalitätsbeurteilung hat dann auf der
Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von
Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung
bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach
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bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach
wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder
seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R).
Danach kann nicht in Zweifel gezogen werden, dass die Beurteilung medizinischer
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnisstand aufbauen muss. Die jedenfalls noch herrschende Meinung geht jedoch
nach wie vor davon aus, dass für dauerhafte Schäden nach einer HWS-Distorsion im
Rahmen eines so genannten Beschleunigungstraumas auch ein morphologisches
Substrat bestehen muss.
Diesem Erkenntnisstand entsprechen die Gutachten des Dr. B des Dr. des Dr. T des
Prof. Dr. K des Prof. Dr. W und des Dr. Hir, die im wesentlichen übereinstimmend davon
ausgegangen sind, dass Folgen einer HWS-Distorsion jedenfalls über den 31. Dezember
1998 nicht mehr nachweisbar sind. Dr. O und Dr. H haben in der umfangreichen
Darstellung des Streitstandes in ihren Gutachten ausgeführt, dass die von ihnen
angenommenen beim Kläger vorhandenen und den heutigen Gesundheitszustand
begründenden Strukturläsionen durch bildgebende Verfahren nicht nachweisbar sind,
sondern dass es hierfür einer Operation oder Obduktion, so Dr. H in seinem Gutachten
vom 27. Juli 2009, Seite 25 wörtlich, bedürfe. Soweit Dr. H jedoch davon ausgeht, die
Beklagte bzw. Dr. T müsse beweisen, dass diese Strukturläsionen nicht vorliegen
würden, irrt er. Soweit festgestellt werden soll, dass bei dem Kläger unfallbedingte
Strukturläsionen vorliegen, diese sich jedoch nicht nachweisen lassen, mag dies auch
daran liegen, dass einen solchen Nachweis gegenwärtig aufgrund fehlender technischer
bzw. medizinischer Möglichkeiten niemand führen kann, geht diese Nichterweislichkeit
einer für den Kläger günstigen Tatsache zu seinen Lasten, denn nach den Grundsätzen
der objektiven Beweislast geht die Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden
Tatsache zulasten desjenigen, der daraus ein Recht herleiten will (so u. a. BSG Urteil
vom 04. Mai 1999, Az. B 2 u 18/98 R).
Soweit sowohl Dr. O auch Dr. H ausführen, dass in etwa 5 bis 20 % der Fällen einer HWS-
distorsion I. Grades, anders als in der unfallrechtlichen Literatur z. B. bei Schönberger
beschrieben, schwere chronische Verläufe zu beobachten seien, folgt hieraus für den
Senat nicht zwingend, dass diese schweren chronischen Verläufe ihre wesentliche
Ursache in dem jeweiligen Unfallgeschehen hatten. Ähnlich liegt der Fall ja auch hier, in
dem ein Unfallgeschehen auf degenerative Vorbefunde trifft und im Anschluss an den
Unfall auch psychische bzw. wie von Dr. To beschrieben psychosoziale Komponenten
eine Rolle spielen. Statistische und epidemiologische Erkenntnisse, so zutreffend sie
auch sein mögen, ersetzen nicht die medizinisch schlüssige Argumentation im Einzelfall.
Der Senat hat hier nicht zu beurteilen, ob die herrschende Meinung, dass eine HWS-
Distorsion in einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen bzw. zwei bis drei Monaten
ausheilt, zutreffend ist, oder sich in Zukunft erweisen könnte, dass die Auffassung der
Dr. O und Dr. Hi, dass auch nach leichten Auffahrunfällen schwere chronische Verläufe
ihre Ursache im Unfall haben, richtig ist. Dies kann schon deshalb nicht Aufgabe des
Gerichts sein, weil ihm dazu der medizinische Sachverstand fehlt. Die Infragestellung
bisheriger medizinischer Erkenntnisse ist Aufgabe des medizinischen Diskurses in der
Wissenschaft. Ein Sozialgerichtsverfahren hat hierzu nichts beizutragen. Dass die von Dr.
O und Dr. H vertretende Auffassung nicht der herrschenden Meinung entspricht, räumt
Dr. Hi u. a. auf Seite 239 seines Gutachtens selbst ein. Daran ändert sich auch dadurch
nicht, dass Dr. H die Auffassungen der herrschenden Meinung für ideologisch,
interessengesteuert und wissenschaftlich nicht begründet hält. Es ist für den Senat auch
nicht im Ansatz ersichtlich, dass Dr. Ba Dr. A Dr. T Prof. Dr. K Prof. Dr. W und Dr. Hr ihre
Gutachten interessengesteuert und nach ideologischen Gesichtspunkten abgefasst
haben.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger zunächst eine
HWS-Distorsion Typ Erdmann I erlitten hat und nunmehr unter HWS-Beschwerden sowie
einer Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen mit Verdacht auf
somatoforme Schmerzstörung, die sich lediglich in zeitlicher, nicht aber in ursächlicher
Folge des Unfalls entwickelt haben, leidet. Dass diese auf degenerativen Prozessen bzw.
einer Comorbidität beruhenden Beschwerden nicht eingetreten wären, wenn es den
Unfall nicht gegeben hätte, ist reine Spekulation.
Weitere als die von der Beklagten bereits anerkannten Arbeitsunfallfolgen liegen bei dem
Kläger nach alledem nicht vor. Diese sind zur Überzeugung des Senates mit einer MdE
von 20 v. H. für die Zeit vom 01.August 1997 bis zum 31. Dezember 1998 zu bewerten.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet den durch die körperlichen,
seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an
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seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an
Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB
VII). Steht die unfallbedingte Leistungseinbuße fest, so ist zu bewerten, wie sie sich im
allgemeinen Erwerbsleben auswirkt (BSG, Urteil vom 29. November 1956, Az: 2 RU
121/56, BSGE 4, 147, 149; Urteil vom 27. Juni 2000, Az: B 2 U 14/99 R, SozR 3-2200 §
581 Nr. 7; Urteil vom 02. Mai 2001, Az: B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Dabei
sind die medizinischen und sonstigen Erfahrungssätze ebenso zu beachten wie die
Gesamtumstände des Einzelfalles (vgl. BSG Urteil vom 02. Mai 2001, SozR 3-2200 § 581
Nr. 8).
Wie weit die Unfallfolgen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten
beeinträchtigen, beurteilt sich in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Um
die MdE einzuschätzen sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung
und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum
herausgearbeitet haben. Auch wenn diese Erfahrungssätze das Gericht im Einzelfall
nicht binden, so bilden sie doch die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung
der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985,
Az: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23; Urteil vom 26. November 1987, Az: 2 RU 22/87,
SozR 2200 § 581 Nr. 27; Urteil vom 30. Juni 1998, Az: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581
Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rn. 10.3).
Sie sind in Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Basis
für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE
unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffenen nach einheitlichen
Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel
zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, Az: B 2 U 49/99 R,
HVBG-INFO 2001, 499, 500 ff.).
Die Erfahrungswerte bei HWS-Distorsionen sind wiedergegeben in
Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Berlin
2010, Kapitel 8.3.4.5, Seite 472). Danach bedingt eine HWS-Distorsion II. Grades (nach
QTF) eine MdE von 20 v. H. für drei bis sechs Monate. Auch eine HWS-Distorsion III.
Grades bedingt lediglich für sechs Monate, die am 01. August bereits abgelaufen waren,
30 v. H., sodann für weitere sechs bis 18 Monate, also bis zum 30. Juni 1998 eine MdE
von 20 v. H.. Eine Dauer-MdE in diesem Fall kann 10 bis 20 v. H. betragen. Dem folgend
hat Prof. Dr. W die MdE bestimmt, Dr. T hielt sogar für 24 Monate eine MdE von 20 v. H.
für gegeben. Dem folgt der Senat zugunsten des Klägers.
Nach alledem ist auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Berlin
lediglich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1998 zu ändern, im Übrigen ist die Berufung
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und
trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
genannten Gründe vorliegt.
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