Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.11.2007

LSG Berlin-Brandenburg: ddr, eintritt des versicherungsfalles, diplom, chemiker, zugehörigkeit, urkunde, anwartschaft, chemie, republik, techniker

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
22. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 22 R 171/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1 AAÜG, § 5 AAÜG, § 8 AAÜG,
§ 1 Abs 1 ZAVtIVDBest 2
Gesetzliche Rentenversicherung - Altersversorgung der
technischen Intelligenz - Anspruchsvoraussetzung der
Aushändigung einer Versorgungsurkunde - Einbeziehung eines
Diplomchemikers
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November
2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens
nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten insbesondere die Feststellung der Zugehörigkeit
zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 02.
Februar 1968 bis 30. Juni 1990 sowie die Berücksichtigung der während dieser Zeit
erzielten Arbeitsentgelte.
Der im März 1939 geborene Kläger ist Diplomchemiker (Urkunde der M-Universität H-
vom 08. Oktober 1964). Er arbeitete u. a. vom 02. Februar 1968 bis 31. Dezember 1968
beim VEB C B als wissenschaftlicher Mitarbeiter und vom 02. Januar 1969 bis wenigstens
30. Juni 1990 beim VEB E L als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Gruppenleiter für
Technologie und Technik, ab 01. Juli 1977 als Abteilungsleiter Technologie und Technik
bzw. Fertigungstechnologie und zuletzt als Haupttechnologe.
Zum 01. März 1972 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und
entrichtete Beiträge nur für das Einkommen bis 1.200 Mark monatlich bzw. 14.400 Mark
jährlich.
Im August 2001 beantragte der Kläger, die Zugehörigkeit zur AVtI festzustellen. Er habe
im VEB Elektrokohle seit Arbeitsaufnahme am 1. Januar 1996 nur Tätigkeiten auf dem
Gebiet „Technologie und Technik“ ausgeübt, wofür üblicherweise Diplomingenieure
beschäftigt würden. Er habe am 24. November 1988 eine Zusage zur Altersversorgung
erhalten, die aufgrund der üblichen langen Wartezeit bis zur endgültigen Bestätigung
durch die übergeordneten Institutionen und der Ereignisse der Wendezeit nicht mehr
abschließend bestätigt worden sei. Er hat dazu eine Aktennotiz zum Kadergespräch am
24. November 1988 des Direktors P B und die vorbereitende Antragstellung zur
Altersversorgung vom 29. Dezember 1988 des Direktors für Produktion B vorgelegt.
Mit Bescheid vom 21. September 2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine positive
Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Es sei auch keine
entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden, die ihrer Art nach von einem
Versorgungssystem erfasst gewesen sei. Diplomchemiker unterfielen nicht dem
Anwendungsbereich der AVtI. Die Beschäftigung könne auch keinem anderen
Zusatzversorgungssystem zugerechnet werden.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
11. Januar 2006 aus den genannten Gründen zurück.
Dagegen hat der Kläger am 10. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben
und vorgetragen: Es sei richtig, dass er als Diplomchemiker nicht berechtigt gewesen
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und vorgetragen: Es sei richtig, dass er als Diplomchemiker nicht berechtigt gewesen
sei, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Seine Tätigkeit sei jedoch ab Januar 1969 durch
eine rein technische Tätigkeit geprägt gewesen. Er habe dadurch einen bedeutenden
Einfluss auf den Produktionsprozess ausgeübt. Er habe als Abteilungsleiter auf Antrag
des Werkdirektors in die Gruppe der Versorgungsberechtigten habe aufgenommen
werden können. Die Zustimmung des Betriebsdirektors zum entsprechenden Antrag des
Produktionsdirektors B sei lediglich eine Zeitfrage gewesen. Aus der Mitteilung des
Direktors S vom17. Oktober 1989 ergebe sich, dass die Bearbeitung des Antrags positiv
entschieden worden sei und dass die Altersversorgung „ab III/1990“ in Kraft trete. Der
Kläger hat verschiedene Arbeits- bzw. Änderungsverträge und das Schreiben des
Direktors S an den Direktor B vom 17. Oktober 1989 übersandt.
Die Beklagte verteidigte ihre Entscheidungen.
Mit Urteil vom 23. November 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Eine
Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVtI habe sich insbesondere nicht aus dem
Schreiben des Direktors K S vom 17. Oktober 1989 ergeben. Nach § 3 Abs. 5 der
Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVtI sei dem Begünstigten
von dem Versorgungsträger ein Dokument über die zusätzliche Altersversorgung
zuzustellen gewesen. Erst die Zustellung dieses Dokumentes stelle eine Einbeziehung
dar, da die vorherigen Schritte allein interne Maßnahmen gewesen seien, die noch keine
Rechtsposition verliehen hätten, aufgrund derer im Versorgungsfalle der Begünstigte
hätte eine Versorgung verlangen können. Das formlose interne Schreiben des Direktors
S lasse allein erkennen, dass der Antrag beim Kombinat positiv abgeschlossen worden
sei. Dass eine entsprechende Beschlussfassung durch die Hauptverwaltung erfolgt und
sodann nach außen durch Aushändigung der Urkunde des Versorgungsträgers eine
Einbeziehung erfolgt sei, lasse sich ihm hingegen nicht entnehmen. Auch wenn
entsprechend der Bitte in dem Schreiben der Kläger über die positive Bearbeitung des
Antrages informiert worden sei, so fehle es dennoch an der erforderlichen Urkunde. Es
könne dahingestellt bleiben, ob in dem Schreiben verbunden mit der Information des
Klägers eine Zusicherung auf Erteilung einer Versorgungszusage gesehen werden
könne. Jedenfalls wäre eine solche aufgrund des durch das Rentenangleichungsgesetz
zum 01. Juli 1990 erfolgten Neueinbeziehungsverbotes ab diesem Zeitpunkt nicht
verbindlich gewesen. Als Diplomchemiker sei er nicht berechtigt gewesen, den Titel eines
Ingenieurs zu führen, so dass er deswegen nicht den Regelungen der AVtI unterfallen sei.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 2007 zugestellte Urteil
richtet sich die am 18. Januar 2008 eingelegte Berufung des Klägers.
Er ist der Ansicht, ihm sei eine Versorgungszusage erteilt worden. Mit der Zustimmung
durch den Kombinatsdirektor habe er bereits eine entsprechende Anwartschaft gehabt.
Einer Ausfertigung in Form einer Urkunde habe es als konstitutiven Akt nicht bedurft. Wie
sich aus dem Schreiben vom 17. Oktober 1988 ergebe, sei der Kläger auch
entsprechend darüber in Kenntnis gesetzt worden, mithin sei ihm diese Entscheidung
bekannt gegeben worden. Aus § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung folge,
dass die Ausstellung der Urkunde sodann zwingend gewesen sei und keinerlei (erneuter)
Prüfungsspielraum bestanden habe. § 2 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung
unterscheide nicht zwischen „Ansprüchen“ (bei bereits laufender Rentenzahlung) und
Anwartschaften (vor Eintritt des Versicherungsfalles), sondern umfasse mit dem Begriff
„Anspruch“ insbesondere, möglicherweise sogar ausschließlich, Anwartschaften. Da am
30. Juni 1990 eine Anwartschaft bereits vorhanden gewesen sei, stehe § 22
Rentenangleichungsgesetz nicht entgegen. Der Kläger habe außerdem als
Diplomchemiker zum Bereich der Ingenieure gehört.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2007 zu ändern und die
Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. September 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2006 zu verpflichten, die
Versorgungsberechtigung des Klägers zum 01. August 1991 und damit die Anwendung
des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (AAÜG) sowie die Zeit vom 02.
Februar 1968 bis 30. Juni 1990 als Beschäftigungszeit der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem gemäß Anlage 1 des AAÜG und die während dieser Zeit
erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist im Übrigen auf das Urteil
des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 25/07 R.
Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 01. April 2009 mitgeteilt worden, dass eine
Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen
ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24. April 2009 gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren
Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben,
verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung
- insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre
Argumente vorgebracht haben - nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung
von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch
Beschluss zu entscheiden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 21. September
2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2006 ist rechtmäßig.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 02. Februar 1968
bis 30. Juni 1990 und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Er hat
keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI oder zu einem anderen
Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 des Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erworben, denn er erfüllte insbesondere
nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI oder in ein
anderes Zusatzversorgungssystem. Angesichts dessen scheidet zugleich die
Feststellung einer Versorgungsberechtigung des Klägers zum 01. August 1991 aus.
Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der
Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung
der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten
mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen
aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich
erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von
der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7
AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem
Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist,
und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1
AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8
Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem
Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige
Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es
grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht
auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der
Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus,
dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von
diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als
Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung
eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind,
wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem
Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.
Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des
zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der
Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend
gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch
derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese
durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und
wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist;
denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine
Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten
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Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten
dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung
(Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in
einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-
generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen - dies trifft jedoch auf die AVtI
nicht zu - galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem
einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war
(vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).
§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem
Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII
Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen
Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und
Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach
EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22
Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die
bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine
Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der
Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem
Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten.
Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren.
Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen
Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund
dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte
eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige,
der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten
hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall
Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in
SozR 3-8570 § 1 Nr. 1).
Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von
Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur
Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 – GBl. DDR 1951,
487 - (2. DB zur AVtI-VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der
Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem
Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand.
Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines
Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die
Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen
Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter
oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.
War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende
Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene,
vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, wurde der Kläger nicht in die AVtI
einbezogen. Es fehlt hierfür an der Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers
der DDR.
Nach § 1 Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz
in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl.
DDR 1950, 8440) - AVtI-VO - wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in
den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der
Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Nach § 5
AVtI-VO waren die erforderlichen Durchführungsbestimmungen vom Ministerium der
Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für
Arbeit und Gesundheitswesen zu erlassen. Davon wurde u. a. mit der 2. DB zur AVtI-VO
Gebrauch gemacht, die zum 01. Mai 1951 in Kraft trat (§ 10 Abs. 1 2. DB zur AVtI-VO)
und mit der zugleich die 1. DB zur AVtI-VO außer Kraft gesetzt wurde (§ 10 Abs. 2 2. DB
zur AVtI-VO). Diese Versicherung wurde von den Versicherungsanstalten der Länder der
Deutschen Demokratischen Republik getragen (§ 2 AVtI-VO). Die erforderlichen Beiträge
wurden von den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben aufgebracht (§ 4 Abs.
1 AVtI-VO).
§ 3 Abs. 1 2. DB zur AVtI-VO bestimmte: Die Werkdirektoren sind verpflichtet, nicht
später als einen Monat nach In-Kraft-Treten dieser Durchführungsbestimmung die Liste
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später als einen Monat nach In-Kraft-Treten dieser Durchführungsbestimmung die Liste
der Personen der technischen Intelligenz, die in Übereinstimmung mit § 1 2. DB zur AVtI-
VO der zusätzlichen Versorgung unterliegen, mit ihrem Gutachten über die
Zweckmäßigkeit der Versicherung und den Angaben über die Höhe der Pensionen an die
zuständigen Hauptverwaltungen der Ministerien der Deutschen Demokratischen
Republik zur Erledigung einzureichen. Desgleichen sind die Werkdirektoren verpflichtet,
für alle neu in den Betrieb eingestellten Personen der technischen Intelligenz die
Vorschläge für die zusätzliche Versicherung in Monatsfrist vom Tage des Arbeitsantritts
an einzureichen. Die Leiter der Hauptverwaltungen der Fachministerien sind verpflichtet,
innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Vorschläge zur zusätzlichen Versicherung in
Übereinstimmung mit den Bedingungen dieser Durchführungsbestimmung Beschluss zu
fassen. Nach § 3 Abs. 4 2. DB zur AVtI-VO leiteten die Fachministerien (oder die
zentralen Verwaltungen für die den volkseigenen Betrieben gleichgestellten Betrieben, §
3 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO) die Anträge an die Versicherungsanstalt des Landes
Brandenburg in Potsdam. Die Versicherungsanstalt des Landes Brandenburg in Potsdam
stellte nach § 3 Abs. 5 2. DB zur AVtI-VO dem Begünstigten das Dokument über die
zusätzliche Altersversorgung innerhalb von 10 Tagen über den Betrieb zu. Die Aufgaben
der Versicherungsanstalt Brandenburg wurden später durch die Hauptverwaltung der
Staatlichen Versicherung der DDR wahrgenommen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Statut der
Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik vom 10. Juli 1987 –
GBl DDR I 1987, 193).
Das BSG hat in den Urteilen vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 6/04 R und B 4 RA 9/04 R dazu
Folgendes ausgeführt: Es genügte nicht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen
(der Einbeziehung in die AVtI) vor dem 03. Oktober 1990 bzw. vor dem 01. Juli 1990
erfüllt waren. Eine fiktive Versorgungsanwartschaft … waren der AVtI-VO und der 2. DB
zur AVtI-VO fremd. Dies folgte schon aus § 3 2. DB zur AVtI-VO; danach waren die
Werkdirektoren, Leiter der Hauptverwaltungen bzw. die zentralen Verwaltungen
verpflichtet, dem Versorgungsträger die Listen der berechtigten Personen einzureichen;
der Träger stellte dann dem Begünstigten „das Dokument über die zusätzliche
Altersversorgung“ (regelmäßig in Form einer Versicherungsurkunde) aus. Nur wenn eine
wirksame Einbeziehung ausdrücklich erfolgt war, konnte der Berechtigte bei Eintritt des
Versorgungsfalles Leistungen aus dem System erwarten.
Das BSG hat im weiteren Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 12/04 R zum Erwerb einer
Versorgungsanwartschaft dargelegt: Nach § 3 Abs. 5 2. DB zur AVtI-VO erfolgte die
Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines
„Dokumentes über die zusätzliche Altersversorgung“ … (regelmäßig in Form einer
Versicherungsurkunde).
Ein solches Dokument des Versorgungsträgers liegt nicht vor.
Nach der Aktennotiz zu einem Kadergespräch mit dem Kläger am 24. November 1988
des Direktors P (Produktion) B wurde an diesen die Übernahme einer neuen
Arbeitsaufgabe herangetragen, wozu Einverständnis erklärt wurde. Im Hinblick darauf
heißt es weiter in dieser Aktennotiz: Auf der Grundlage der vom Betriebsdirektor
gegebenen Zustimmung wurde vom Produktionsdirektor zugesagt, die erforderlichen
Schritte zur Beantragung einer Altersversorgung für den Kläger umgehend, im
Zusammenwirken mit dem Kaderdirektor einzuleiten.
Im Schreiben des Direktors für Produktion B an Direktor K S vom 29. Dezember 1988
über die vorbereitende Antragstellung zur Altersversorgung des Klägers ist ausgeführt:
Nach Beratung und Zustimmung des Betriebsdirektors zur Einleitung der Antragstellung
an das WLO/MFC zur Altersversorgung für den Kläger unter Beachtung der noch
laufenden Anträge für leitende Kader des VEB EKL übergebe ich Dir nachfolgend
bisherige Erkenntnisse und Leistungen des Klägers im VEB EKL. Nachfolgend werden
unter Ziffer 1 Anlass der Antragstellung, unter Ziffer 2 die bisherigen wissenschaftlich-
technischen Leistungen, unter Ziffer 3 die Mitgliedschaft des Klägers in
außerbetrieblichen Institutionen und innerbetrieblichen Gremien und unter Ziffer 4 die
Spezialkenntnisse des Klägers dargestellt.
Schließlich wird im Schreiben des Direktors K S an den Direktors P (Produktion) B vom
17. Oktober 1989 Folgendes dargelegt: Auf der Grundlage unserer Antragstellung beim
Kombinat CKB kann ich Dir nunmehr mitteilen, dass dort die Bearbeitung abgeschlossen
ist und die Altersversorgung des Klägers ab III/1990 in Kraft tritt. Der Termin ergibt sich
wegen der Versorgung früher bestätigter Kader des Kombinats. Bitte informiere den
Kläger in entsprechender Form.
Es kann dahinstehen, ob die in § 3 Abs. 1 Satz 3 2. DB zur AVtI-VO erforderliche
Beschlussfassung vorlag. Nach dem Wortlaut dieser Regelung musste der Beschluss
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Beschlussfassung vorlag. Nach dem Wortlaut dieser Regelung musste der Beschluss
zwar vom Leiter der Hauptverwaltung des jeweiligen Fachministeriums gefasst werden.
Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass infolge der nach Erlass der 2. DB zur
AVtI-VO eingetretenen Umstrukturierung der sozialistischen Volkswirtschaft,
insbesondere der flächendeckenden Schaffung von Kombinaten, für die entsprechende
Beschlussfassung ein Wechsel der Zuständigkeit auf die Ebene des dem
kombinatsangehörigen VEB übergeordneten Kombinats erfolgte. Sollte letzteres der Fall
gewesen sein, dürfte mit dem vorgelegten Schreiben des Direktors K S vom 17. Oktober
1989 der Nachweis der entsprechenden Beschlussfassung erbracht sein.
Allerdings kam es nicht mehr zur Aushändigung eines Dokumentes über die zusätzliche
Altersversorgung durch den Versorgungsträger.
Der Ansicht des Klägers, eine solche Urkunde sei entbehrlich gewesen, vermag sich der
Senat nicht anzuschließen. Vielmehr bedurfte es einer solchen Urkunde, um eine
Versorgungsanwartschaft zu begründen. Die Urkunde stellte nicht lediglich
deklaratorisch eine Versorgungsanwartschaft fest, sondern war insoweit konstitutiv. Der
Senat folgt damit der o. g. Rechtsprechung des BSG, wonach eine wirksame
Einbeziehung in die AVtI nicht erfolgt ist, wenn ein Dokument über die zusätzliche
Altersversorgung vom Versorgungsträger nicht ausgehändigt wurde.
Unabhängig davon geht aus dem Schreiben des Direktors K S vom 17. Oktober 1989
hervor, dass vor III/1990, also vor dem 01. Juli 1990, eine Versorgungsanwartschaft des
Klägers nicht begründet werden sollte bzw. konnte. Es kann dahinstehen, ob aus § 3 Abs.
5 2. DB zur AVtI-VO folgt, dass die Ausstellung einer Urkunde zwingend war und keinerlei
(erneuter) Prüfungsspielraum bestand. § 3 Abs. 5 2. DB zur AVtI-VO setzt, wie aus § 3
Abs. 4 2. DB zur AVtI-VO hervorgeht, voraus, dass der Antrag auf die AVtI bereits beim
Versorgungsträger vorlag. Es wird weder vom Kläger behauptet, noch ergibt sich solches
aus dem Schreiben des Direktors K S vom 17. Oktober 1989, dass der Antrag auf AVtI
bis zum 30. Juni 1990 den Bereich des Kombinats verlassen hatte und beim
Versorgungsträger eingegangen war. Selbst jedoch für diesen Fall ist zum einen aus § 3
Abs. 5 2. DB zur AVtI-VO nichts dafür ersichtlich, dass der Antrag auf AVtI nicht vor
Erteilung der Versorgungsurkunde hätte zurückgenommen werden können. Zum
anderen war § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz zu beachten, wonach mit Wirkung
vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden
und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen. Wegen dieser Vorschrift wäre der
Versorgungsträger gehindert gewesen, nach dem 30. Juni 1990 eine
Versorgungsurkunde auszustellen.
Mangels einer solchen Versorgungsurkunde steht fest, dass der Kläger nicht in die AVtI
einbezogen wurde und damit keine Versorgungsanwartschaft erworben hat.
Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, lagen beim Kläger am 30. Juni
1990 auch nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI nach der
Rechtsprechung des BSG vor. Der Titel eines Diplomchemikers genügte hierfür nicht.
Ebenso wenig ist ausreichend, dass überwiegend technische Aufgaben verrichtet
wurden, die üblicherweise von Diplomingenieuren ausgeführt wurden
Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1
Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen
Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990
Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen
seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme
ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990
Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die
Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich
nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09.
April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals
einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am
30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber
nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen.
Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der
ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft
zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform
dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein
Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu
Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines
Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer
Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und
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Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und
B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund
für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem
Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft
wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer
Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche
Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung
vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R -
und 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R).
§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem
Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die
maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.
Generell war dieses System eingerichtet für 1. Personen, die berechtigt waren, eine
bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich
ausgeübt haben, und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der
Industrie oder des Bauwesens (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R).
Allerdings sind nicht alle Regelungen der AVtI zu Bundesrecht geworden. Dies gilt u. a.
zunächst für die Vorschriften über die Zuteilung von Versorgungszusagen (§ 1 Abs. 3 2.
DB zur AVtI-VO). Insgesamt sind solche Regelungen kein Bundesrecht, die eine
bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer
staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Zu Bundesrecht sind nur diejenigen
Vorschriften geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen
Verwaltungshandelns verstanden werden können (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B
4 RA 18/01 R).
Im Einzelnen betraf die 2. DB zur AVtI-VO drei Personengruppen:
Nach § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 2. DB zur AVtI-VO galten als Angehörige der technischen
Intelligenz Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie
Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der
Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker.
Zu diesem Kreis gehörten ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den
Fach- und Hochschulen.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 2. DB zur AVtI-VO konnten außerdem auf Antrag des
Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium beziehungsweise die zuständige
Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen
bekleideten, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister,
Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von
produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines
Ingenieurs oder Technikers hatten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den
Produktionsprozess ausübten, eingereiht werden.
Nach § 1 Abs. 3 2. DB zur AVtI-VO gehörten zum Kreis der Versorgungsberechtigten
ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hatte.
Bei den beiden letztgenannten Vorschriften handelt es sich nicht um abstrakt-generelle
Regelungen. Das BSG hat dies bereits im Urteil vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 107/00 R -
bezogen auf § 1 Abs. 1 Satz 3 2. DB zur AVtI-VO (so genannte Ermessensfälle)
entschieden. Eine Einbeziehung des dort genannten Personenkreises war nicht
obligatorisch, sondern bedurfte einer individuellen Einzelentscheidung, die im Ermessen
der jeweils dafür zuständigen Stellen stand, wie aus der Formulierung „können“
hervorgeht.
Das Vorbringen des Klägers, dass er überwiegend technische Aufgaben verrichtete, die
üblicherweise von Diplomingenieuren ausgeführt wurden, und er damit bedeutenden
Einfluss auf den Produktionsprozess ausübte, ist somit aus Rechtsgründen nicht
wesentlich. Maßgebend ist allein, ob er berechtigt war, den Titel eines Diplomingenieurs
zu führen. Dies trifft nicht zu.
Nach § 1 Abs. 1 Ingenieur-VO waren zur Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“
berechtigt:
a) in der Wortverbindung „Dr.-Ing.“ und „Dr.-Ing. habil.“ Personen, denen dieser
akademische Grad von einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den
Hochschulen, Universitäten und Akademien der Deutschen Demokratischen Republik
nach diesem Zeitpunkt verliehen wurde;
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b) in der Wortverbindung „Dipl.-Ing.“ Personen, die den Nachweis eines ordnungsgemäß
abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder
Universität vor 1945 oder den Hochschulen bzw. Universitäten der Deutschen
Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können und denen das
entsprechende Diplom verliehen wurde;
c) Personen, die den Nachweis eines abgeschlossenen technischen Studiums bzw. einer
erfolgreich abgelegten Prüfung durch das Ingenieurzeugnis einer staatlich anerkannten
deutschen Fachschule vor 1945 oder einer Fachschule der Deutschen Demokratischen
Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können;
d) Personen, denen die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ aufgrund anderer gesetzlicher
Bestimmungen zuerkannt wurde.
Im Übrigen galten die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Buchstaben b und c Ingenieur-VO
(nur noch) für die Berufsbezeichnung „Dipl.-Ing.Ök.“ und „Ing.-Ök.“ (§ 1 Abs. 2 Ingenieur-
VO).
Bei Vorliegen eines solchen Sachverhaltes hat das BSG bereits im Urteil vom 12. Juni
2001 (B 4 RA 117/00 R) ausdrücklich festgestellt, die Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen
gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (AVtI-VO) und die zu ihrer Umsetzung
erlassene 2. DB zur AVtI-VO „benennen als dem Kreis der (unmittelbar, das heißt ohne
gesonderten Gleichstellungsakt des zuständigen Fachministeriums o. ä.) Begünstigten
zugehörig, u. a. Ingenieure (§ 1 Satz 1 2. DB zur AVtI-VO). Aus § 1 Satz 3 2. DB zur AVtI-
VO ist dabei zu entnehmen, dass es hierfür wesentlich auf den entsprechenden Titel
ankommt.“
Wer den Titel eines Ingenieurs nicht hat, für den kann eine Zugehörigkeit zur AVtI
jedenfalls dann nicht festgestellt werden, wenn er auch zu Zeiten der DDR nicht durch
einen Verwaltungsakt in dieses Zusatzversorgungssystem bezogen war. In dem weiteren
Urteil vom 12. Juni 2001 (B 4 RA 107/00 R) hat das BSG zu den anderen Spezialisten
ausgeführt: „Ob die (dortige) Klägerin zum Personenkreis der anderen Spezialisten, die
nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben ..., gehörte, für den derartige
Weiterungen im Einzelfall und aufgrund eines besonderen Verfahrens in Betracht kamen,
kann offen bleiben. Eine entsprechende begünstigende Entscheidung ist in ihrem Falle
bereits nicht ergangen; selbst wenn eine derartige Entscheidung im Übrigen vorläge,
wäre hierdurch gerade keine Zugehörigkeit auf der Grundlage abstrakt-genereller
Vorgaben begründet worden.“
Das BSG hat im Übrigen im Urteil vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 25/07 R u. a. speziell
auf den Titel eines Diplomchemikers bezogen Folgendes ausgeführt:
„Der Senat verbleibt nach nochmaliger Sachprüfung bei der vom ihm zu dieser
Frage vertretenen Rechtsauffassung (stRspr seit BSG, Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA
107/00 R), nach der die Angehörigen der Berufsgruppe der Diplom-Chemiker nicht
zugleich einer der Berufsgruppen Konstrukteure, Architekten, Techniker und
insbesondere auch nicht den Ingenieuren iS des § 1 Abs. 1 der 2. DB zuzurechnen sind
Wie der Begriff "Ingenieur" in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, hat das BSG
in mehreren Entscheidungen konkretisiert (vgl. zuletzt BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 9).
...
In weiteren Entscheidungen hat der Senat daran festgehalten, dass nach der am
Wortlaut orientierten Auslegung allein die kraft beruflicher Ausbildung erworbene, in der
Versorgungsordnung genannte berufliche Qualifikation bzw. das Berufsbild für die
Einbeziehung einer Beschäftigungszeit in die AVItech ausschlaggebend sei. Zu den
einzubeziehenden Personen zählten zwar Ingenieure und Techniker, nicht jedoch Diplom-
Chemiker (BSG, Urteil vom 10.4.2002 - B 4 RA 18/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Die oben
genannte Entscheidung vom 12.6.2001 ist von dem dortigen Kläger mit der
Verfassungsbeschwerde angegriffen worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
hat diese nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.8.2004 - 1
BvR 1557/01 = SozR 4-8570 § 5 Nr. 4), da eine Verletzung von Grundrechten jenes
Klägers nicht vorliege.
...
a) Entgegen der Ansicht des Klägers schließt § 1 Abs. 1 der 2. DB die Berufsgruppe
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a) Entgegen der Ansicht des Klägers schließt § 1 Abs. 1 der 2. DB die Berufsgruppe
der Diplom-Chemiker nicht deshalb ein, weil nach der 1950 vom Arbeitsministerium der
DDR herausgegebenen "Systematik der Berufe" unter dem Oberbegriff der Ingenieure
auch die "Ingenieure der Chemie" und die "Diplom-Chemiker" erfasst gewesen wären.
Dies trifft, abgesehen von der rechtlichen Unerheblichkeit für das am 1.8.1991 geltende
Bundesrecht, auch inhaltlich nicht zu.
Entstehung und Entwicklung der VO-AVItech sowie die Verwaltungspraxis der
früheren DDR rechtfertigen die Einbeziehung der Diplom-Chemiker in die AVItech nicht.
Zwar waren die "Chemiker" nach dem Wortlaut des § 1 Satz 1 der 1. DB zur AVItech vom
26.9.1950 (GBl. 1043) noch als in die AVItech einzubeziehende Berufsgruppe erfasst.
Zum 1.5.1951 wurde aber die 2. DB in Kraft gesetzt (vgl. § 10 Abs. 1 der 2. DB). In § 1
Abs. 1 Satz 1 der 2. DB ist die Gruppe der "Chemiker" nicht mehr als
versorgungsberechtigte Berufsgruppe bezeichnet worden. Für den Arbeitsbereich
"Chemie" nennt die Vorschrift nur noch die "Ingenieure und Techniker ... der Chemie" als
obligatorisch versorgungsberechtigte Berufsgruppen. Demzufolge sind Angehörige
anderer Berufe aus dem Bereich der Chemie und damit auch die Diplom-Chemiker seit
dem 1.5.1951 nach den von der DDR verlautbarten Texten zur AVItech nicht mehr
erfasst .
Auch wenn es nicht in der Regelungsabsicht des Verordnungsgebers der DDR
gelegen haben sollte, durch Erlass der 2. DB diplomierte Naturwissenschaftler
verschiedener Fachrichtungen von der Zusatzversorgung auszuschließen, ist für die
Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 1 der 2. DB nicht auf die Verwaltungspraxis der
DDR oder das anfängliche Verständnis der Regelung abzustellen, vielmehr ist das
Sprachverständnis der DDR am 30.6.1990 maßgeblich (vgl. z.B. BSG SozR 3-8570 § 1
Nr. 8). Bezogen auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt fehlt es an jeglichen objektiven
Anhaltspunkten dafür, dass die Nichterwähnung der Diplom-Chemiker in § 1 Abs. 1 der
2. DB ein bis dahin unbemerkt gebliebenes Redaktionsversehen gewesen sein könnte.
b) Der Senat vermag dem Kläger auch nicht in der Auffassung zu folgen, dass die
Berufsbezeichnung "Ingenieur" iS des § 1 Abs. 1 der 2. DB auch den Beruf des
Chemikers bzw Diplom-Chemikers umfasst, da beide Berufe in der DDR gleich behandelt
worden seien.
Es erscheint schon zweifelhaft, dass die Berufsbezeichnung "Ingenieur" bei Erlass der
hier maßgebenden 2. DB im April 1951 auch die Gruppe der Diplom-Chemiker umfasste
(aa), jedenfalls kommt es bei der Auslegung der VO-AVItech und der hierzu ergangenen
2. DB aus Sicht des am 1.8.1991 in Kraft getretenen Bundesrechts maßgeblich nicht auf
frühere Regelungsabsichten und Sprachverständnisse an, sondern auf dasjenige bei
Schließung der Versorgungssysteme am 30.6.1990 (bb).
aa) Die vor allem auf die Systematik der Berufe (Hrsg vom Ministerium der Arbeit
1950) gestützte These, die Berufsbezeichnungen "Ingenieur" und "Diplom-
Chemiker" seien nach tatsächlicher Handhabung und dem Sprachverständnis der DDR
als gleichwertig anzusehen, bzw. die Berufsbezeichnung "Diplom-Chemiker" sei ein
Unterfall der umfassenderen Berufsbezeichnung "Ingenieur", lässt sich nicht halten.
Lange vor Erlass der abstrakt-generellen Regelungen von VO-AVItech und 2. DB
haben sich für beide Berufe verschiedene Studiengänge mit unterschiedlichen
Abschlüssen herausgebildet. So bildeten sich Mitte des 19. Jahrhunderts in den
Bereichen Naturwissenschaft und Technik verschiedene Studiengänge und
Berufsbezeichnungen heraus. An der Universität Hannover unterrichtete 1801 ein erster
Hochschullehrer im Fach Chemie. Justus von Liebig gründete 1824 in Gießen ein
chemisches Forschungs- und Lehrinstitut (auch die Fakultät für Chemie der Universität
Göttingen richtete in jener Zeit ein Institut ein). Studiengänge der Fachrichtung "Chemie"
gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an vielen Hochschulen (z.B. 1872 an
der Bergakademie Freiberg).
Der Studienabschluss des "Diplom-Chemikers" hat eine entsprechend lange
Tradition. Im Jahre 1891 verlieh die T Hochschule B-den akademischen Grad des Diplom-
Chemikers. Nach Erreichen dieses Universitätsabschlusses konnte sich eine Promotion
anschließen.
Die Berufsbezeichnung "Ingenieur" bildete sich noch früher heraus. Das Berufsbild
„Ingenieur" entstand nahezu zeitgleich in mehreren Ländern. In Frankreich ging sie wohl
auf den Festungsbaumeister Vauban (bis 1707) zurück (vgl. Kaiser/König, Geschichte
des Ingenieurs - Ein Beruf in sechs Jahrtausenden, 2006, S 121). In Großbritannien
entwickelte sich der Beruf des "engineers" (vgl. aaO, S 127 f). Auch Bezüge zum
mittellateinischen Titel "ingeniarius" (Zeugmeister, Festungsbaumeister), den auch
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mittellateinischen Titel "ingeniarius" (Zeugmeister, Festungsbaumeister), den auch
Leonardo da Vinci in der damaligen italienischen Form "ingegnier" trug, seien zu belegen
(vgl. aaO, S 107) . Zum Zweck der wissenschaftlichen Ausbildung der Ingenieure wurde
1747 in Paris eine erste Ingenieurschule gegründet. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts
entstanden auch in zahlreichen anderen Ländern Ingenieurschulen, später auch
Technische Hochschulen. 1856 wurde als Berufsverband der Ingenieure der VDI (Verein
Deutscher Ingenieure) gegründet. Eine erste Regelung über die Berechtigung zur
Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" enthielt die Kaiserliche Verordnung von
14.3.1917 (RGBl 1917 Nr. 130). Nach § 1 dieser Verordnung war Voraussetzung für das
Führen der Bezeichnung der Abschluss einer Hochschule technischer Richtung mit dem
Staatsexamen oder der Diplomprüfung.
Beide Berufsbezeichnungen sind auch nach den Ausbildungsinhalten (akademisches
Studium einerseits, Fachschulausbildung andererseits) oder nach der Art der zu
erreichenden Abschlüsse (Diplomurkunde einerseits, Abschlussurkunde einer Fachschule
oder Hochschule andererseits) nicht gleichförmig ausgestaltet. Speziell in der DDR
durften Absolventen früherer Ingenieurschulen bzw. deren Vorgängereinrichtungen nach
landesrechtlicher Regelung die verliehene staatliche Bezeichnung "Ingenieur" führen. An
staatlich anerkannten Bergakademien oder Bergschulen ausgebildete Spezialisten
führten ebenfalls die Berufsbezeichnung "Ingenieur". Absolventen technischer
Fachrichtungen von Fach- oder Ingenieurschulen der DDR erhielten die Berechtigung, die
Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen.
Unabhängig von der Erfassung beider Berufe nach der Systematik der Berufe der
DDR (Stand 1950) sind diese weder historisch synonym verstanden worden noch erfasst
die Berufsbezeichnung "Ingenieur" als Oberbegriff auch den nach
naturwissenschaftlichem Studiengang zu erreichenden akademischen Grad des Diplom-
Chemikers.
bb) Für das Verständnis der Begriffe der 2. DB ist nicht maßgeblich auf den
Zeitpunkt ihres Erlasses oder Inkrafttretens abzustellen, sondern vielmehr auf das
Sprachverständnis der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme, faktisch am
30.6.1990 (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 7.9.2006 - B 4 RA 39/05 R mwN) .
Auch wenn Diplom-Chemiker "anfangs" wie Ingenieure in die AVItech einbezogen
worden wären, worauf der Kläger immer wieder abstellt, kann ihm das nicht zum Vorteil
gereichen. Er argumentiert bezogen auf den Zeitpunkt "des Entstehens der 2. DB" und
hält alle späteren Änderungen, die für seine Rechtsposition nicht günstig sind, für
unbeachtlich, weil die Systematik der Berufe deren Anwendung entgegenstünde (vgl. Bl.
32 seiner Begründung). Doch auch nach den in der DDR geltenden Regeln stand eine
Rechtsverordnung (z.B. IngVO-DDR) in der Normenhierarchie über einer
Verwaltungsvorschrift (z.B. Systematik der Berufe); außerdem verdrängt eine zeitlich
spätere gleichrangige Regelung eine früher erlassene.
Überdies hat der Kläger die Berufsbezeichnung "Diplom-Chemiker" im Oktober 1962
und damit nach dem Inkrafttreten der IngVO-DDR am 1.6.1962 (vgl. § 9 der Verordnung)
erlangt. Die Gleichsetzung beider Berufe im staatlichen Sprachverständnis der DDR
hatte - unterstellt, sie sei zuvor überhaupt gegeben gewesen - jedenfalls nach dem
Inkrafttreten der IngVO-DDR ihr Ende gefunden. Nach Inkrafttreten der IngVO-DDR
knüpfte die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung Ingenieur an der Art
und/oder Dauer des Ausbildungsgangs und der erworbenen Abschlüsse an (vgl. BSG
SozR 4-8570 § 1 Nr. 9 RdNr 27 f). Es wurde zwischen Ingenieuren und anderen - auch
naturwissenschaftlichen - Berufen unterschieden. Weiter bestimmte § 1 Abs. 2 IngVO-
DDR ausdrücklich, dass auch für Personen, die die Berufsbezeichnungen
"Ingenieurökonom" (Ing.-Ök.) oder Diplom-Ingenieurökonom Dipl.-Ing. Ök.) führen
durften, die Regelungen des § 1 Abs. 1 Buchst a) und b) IngVO-DDR entsprechend
galten. Personen mit diesen Berufsbezeichnungen waren diesbezüglich den Ingenieuren
gleichgestellt (vgl. auch BSG, Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 117/00 R, SozR 3-8570 § 5
Nr. 6; das vom Kläger als Beleg für das Gegenteil angeführte Urteil des Bezirksgerichts
Karl-Marx-Stadt vom 16.2.1965 - 8 BA 2/65 - Neue Justiz 1965, S 133, betrifft nicht die
Einbeziehung von Ingenieurökonomen in die AVItech, sondern arbeitsrechtliche Fragen
zur Höhe der Vergütung). Dagegen waren Absolventen postgradualer Studiengänge,
denen nach mehrmonatiger berufsbegleitender Weiterbildung der Titel "Fachingenieur" -
ggf in Verbindung mit weiteren Zusätzen - verliehen wurde, nicht iS von § 1 Abs. 1 der
2.DB berechtigt, den Titel "Ingenieur" zu führen. Nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 IngVO-
DDR führen solche berufsbegleitenden Weiterbildungen nicht dazu, den Titel eines
Ingenieurs führen zu dürfen. Die genannten Zusatzbezeichnungen als Fachingenieur
sind der Berufsbezeichnung "Ingenieur" auch nicht gleichgestellt (vgl. BSG, Urteil vom
18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).
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...
d) Zwar konnte der Kläger Unterlagen vorlegen, nach denen Diplom-Chemiker in den
fünfziger Jahren nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 der 2. DB in die AVItech einbezogen
worden sind. Eine solche Einbeziehung ist - möglicherweise wegen inzwischen
veränderten Umständen (Mauerbau) - in späteren Zeitabschnitten nicht mehr in
größerem Umfang erfolgt. Das Fehlen einer Einbeziehung in die AVItech durch Organe
der DDR lässt sich aber mangels nachvollziehbarer Maßstäbe für deren Handhabung
durch die Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland nicht nachholen bzw.
ersetzen (vgl. BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 9) . Die Gerichte sind - auch verfassungsrechtlich
- nicht gehalten, die in der DDR herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der
Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand,
im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Würde man unter Missachtung des
Textes der Versorgungsordnungen und unter Anknüpfung an die Praxis der Organe der
DDR Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln wollen, würde dies
bedeuten, die dortige von Willkür geprägte und nicht an den Texten der Verordnungen
über die Zusatzversorgung orientierte Praxis fortzuführen. Dies würde zwangsläufig zu
neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der
Versorgungssysteme zueinander führen (vgl. hierzu: BVerfG SozR 4-8570 § 5 Nr. 4).
...
4. Die Entscheidungen des Senats zur Nichteinbeziehung der Berufsgruppe der
Diplom-Chemiker, aber auch anderer Naturwissenschaftler, wie z.B. der Diplom-Physiker,
in die AVItech ( vgl. BSG, Urteil vom 31.7.2002,B 4 RA 62/01 R; BSG, Urteil vom
29.7.2004,B 4 RA 16/04 R) ist von den betroffenen Klägern wiederholt zum Gegenstand
der Überprüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren gemacht worden. Das BVerfG hat
in Bezug auf die Auslegung und Anwendung der Regelungen des AAÜG iVm der VO-
AVItech und der 2. DB, wie der Senat sie vornimmt, eine Verletzung der Grundrechte der
jeweiligen Kläger verneint (vgl. sogleich unten; zu den Diplom-Physikern: BVerfG,
Kammerbeschluss vom 8.9.2004, 1 BvR 2359/02).“
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des
Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 SGG) nicht vorliegen.
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