Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26.02.2003

LSG Berlin und Brandenburg: ärztliche behandlung, chemotherapie, freie arztwahl, krankenkasse, sachleistung, klinikum, veröffentlichung, krankenversicherung, auskunft, behandlungsvertrag

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 26.02.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 7 KR 121/00
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 4 KR 35/01
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Erstattung auf Kosten für eine systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie
– sKMT -, die die - inzwischen verstorbene - Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 29. Februar 2000 bis 08. März 2000
in der V. A.-Klinik in D. in Anspruch genommen hat, streitig.
Der Kläger ist alleiniger und unbeschränkter Erbe der am 27. August 1950 geborenen und am 04. August 2000
verstorbenen Frau I. W. (Versicherte), die Mitglied der Beklagten war.
Die Versicherte litt an einem metastasierenden Sigma-Karzinom, welches nach Operation und Chemotherapie
progredient war. Am 15. Februar 2000 ging bei der Beklagten ein Kostenvoranschlag für eine sKMT von der V. A.-
Klinik für sKMT in Höhe von 13.000 DM ein. Beigefügt war eine von der Versicherten mit der V. A.-Klinik getroffene
Behandlungsvereinbarung vom 11. Februar 2000. Es wurde darin festgehalten, dass es sich bei der V. A.-Klinik für
sKMT und Rehabilitation um eine privatärztliche Einrichtung handele, die keinerlei Verträge mit gesetzlichen
Krankenkassen habe. Die Versicherte wünsche mit Unterzeichnung ausdrücklich eine privatärztliche Behandlung, die
Abrechnung solle nach Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erfolgen.
Ebenfalls am 15. Februar 2000 wurde von der V. A.-Klinik eine Bitte um Kostenübernahme für die Versicherte der
behandelnden Ärztin Dr. med. U. K. vom 21. Januar 2000 übersandt. Darin wurde ausgeführt, dass wegen der
unzureichenden Therapieerfolge bei der Versicherten erhebliche depressive Zustände bestünden. Die sKMT bestätige
in über 50 v. H. der behandelten Fällen eine therapeutische Beeinflussung des Tumorstadiums. Ihre Patientin sehe in
dieser Behandlung eine mögliche Verbesserung der Lebensqualität sowie eine Verlängerung ihrer ohnehin begrenzten
Lebenserwartung.
Die Beklagte zog eine Auskunft des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B. - MDK - vom 21. Februar
2000 bei, wonach bei der komplexen Krebs-Mehrschritt-Therapie nicht von einer anerkannten Methode ausgegangen
werden könne. Eine Ganzkörperhyperthermie in Kombination mit Chemotherapie könne im Rahmen einer qualifizierten
Erforschung eventuell in Berlin erfolgen. Ob sich dafür die Patientin eigne, sei unklar.
Am 21. Februar 2000 ging bei der Beklagten ein Kostenvoranschlag/Rechnung der V. A.-Klinik per Telefax ein, womit
als Gesamtsumme für die Behandlung 12223,30 DM, berechnet nach der Gebührenordnung der Ärzte –GOÄ-
angegeben wurde. Die Versicherte wurde am 24. Februar 2000 telefonisch seitens der Beklagten davon in Kenntnis
gesetzt, dass die Klinik keine Kassenzulassung habe.
Mit Bescheid vom 29. Februar 2000 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die sKMT mit der Begründung ab,
dass es sich bei der in Aussicht genommenen Therapie um eine in der Erforschung befindliche und nicht um eine
etablierte Therapie handele. Für die beantragte Therapie in der nicht als Vertragskrankenhaus anerkannten Klinik
bestünde keine sozialmedizinische Indikation.
Mit Schreiben vom 01. März 2000 wurde zu der im Rahmen der sKMT auch durchzuführenden Chemotherapie
mitgeteilt, dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne, da der V. A.-Klinik eine Kassenzulassung fehle. Der
Versicherten wurde vorgeschlagen, sich entweder in der Bio-Med-Klinik B. B. oder in der Klinik für Tumorbiologie in F.
behandeln zu lassen.
Mit Schreiben vom 29. März 2000 erhob die Versicherte Widerspruch und machte geltend, dass telefonisch die
Kostenübernahme mit der Begründung abgelehnt worden sei, es handele sich nicht um eine anerkannte Heilmethode.
Dass die V. A.-Klinik keine Kassenzulassung habe, habe sie erst erfahren, als der Behandlungstermin vom 29.
Februar bis 04. März 2000 bereits festgestanden und sie sich bereits in Behandlung befunden habe. Eine Behandlung
in anderen Kliniken sei ihr erst angeboten worden, als die Behandlung in der V. A.-Klinik fast beendet gewesen sei.
Bei der sKMT handele es sich um eine weltweit anerkannte und praktizierte Therapie. Dieselbe Methode werde auch
im Virchow-Krankenhaus auf Kosten der Krankenkassen angewandt. Die dortigen Behandlungen würden auch bezahlt.
Eine Behandlung dort sei ihr im Krankenhaus S. und auch von der Beklagten nicht angeboten worden. Ihr sei im
Krankenhaus S. mitgeteilt worden, dass die Behandlung nach Beratung mit der zuständigen Tumorkonferenz
eingestellt worden sei und es keine Möglichkeiten einer weiteren Behandlung gäbe. Die Behandlungsvereinbarung mit
der V. A.-Klinik habe sie unterschreiben müssen, damit sie überhaupt noch eine Chance auf Heilung gehabt hätte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Kostenübernahme
scheide grundsätzlich aus, wenn der Versicherte die Behandlung vor einer abschließenden Prüfung und Entscheidung
der Krankenkasse bereits habe durchführen lassen. Die Möglichkeit der Privatbehandlung auf eigene Kosten mit
nachfolgender Kostenerstattung sei dem System der gesetzlichen Krankenversicherung fremd. Eine Kostenerstattung
sei auch deshalb nicht möglich, weil die Klinik über keine Zulassung verfüge. Dies sei der Versicherten auch bekannt
gewesen. Die sKMT gehöre auch nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen.
Gegen den am 20. Juli 2000 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten
am Montag, den 21. August 2000 Klage erhoben. Und geltend gemacht, dass bereits mit Schreiben vom 21. Januar
2000 die die Versicherte behandelnde Ärztin die Kostenübernahme beantragt habe. Die Indikation für die Durchführung
dieser Methode habe im Hinblick auf das diagnostizierte metastasierende Sigma-Karzinom vorgelegen, die
Dringlichkeit einer Entscheidung zur Kostenübernahme sei durch das Schreiben der behandelnden Ärztin unterstrichen
worden. Die Beklagte habe davon abgesehen, die Versicherte rechtzeitig vor Behandlungsbeginn in der V. A.-Klinik
die Teilnahme an kostenlosen Studien der Universitätsklinik in B. oder L. vorzuschlagen und berücksichtige nicht,
dass die Versicherte am medizinischen Fortschritt hätte teilhaben müssen. Die Behandlungsmethode sei erprobt und
in zahlreichen Einrichtungen in ihrer klinischen Anwendung akzeptiert, sich somit hinreichend bewährt. Auch die
seitens der Beklagten mit Schreiben vom 01. März 2000 empfohlene Bio-Med-Klinik B. B. wende die Behandlung
nach "v. A." an. Soweit sich die Beklagte darauf beschränke, die Kostenübernahme an der nicht standardisierten
Behandlungsmethode und der nichtkassenärztlichen Zulassung der Klinik scheitern zu lassen, könne dieses nicht
nachvollzogen werden.
Die Versicherte sei keineswegs davon ausgegangen, dass die Hinweise der V. A.-Klinik bezüglich des Fehlens eines
Vertrages mit gesetzlichen Krankenkassen ihren Einzelfall betreffen würde und sie sei davon ausgegangen, dass
diese Frage von der Beklagten noch zu prüfen sei. Hätte die Beklagte die Versicherte rechtzeitig in der gebotenen Art
und Weise beraten und aufgeklärt, hätte die Versicherte von einer Behandlung in der V. A.-Klinik Abstand genommen.
Ihr sei es, nachdem das Krankenhaus S. aufgrund der Schwere der Erkrankung die Weiterbehandlung abgebrochen
habe, darum gegangen, eine weitere Behandlungsmethode zu nutzen. Aus Sicht der Versicherten habe die
Möglichkeit bestanden, dass die Beklagte die Kosten der V. A.-Klinik trotz des Hinweises der Klinik in der
Behandlungsvereinbarung übernehmen würde. Ihr sei keine schriftliche Entscheidung mitgeteilt worden. Das
Ablehnungsschreiben sei erst am 29. Februar 2000 und damit sechs Tage nach Mitteilung des Ergebnisses des MDK
gefertigt worden und habe die Versicherte nicht mehr rechtzeitig vor Therapiebeginn erreicht. Zugelassene
Alternativkliniken seien erst im Schreiben vom 01. März 2000, welches die Versicherte erst nach der Therapie erreicht
habe, benannt worden. Es liege daher eine fehlerhafte Beratung der Beklagten vor.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
18.07.2000 zu verurteilen, die Kosten für die sKMT vom 29.02.2000 bis 08.03.2000 in Höhe von 12223,30 DM ganz,
hilfsweise teilweise zu übernehmen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ergänzend vorgetragen, dass die Versicherte bereits am 11. Februar 2000 gewusst habe, dass es sich bei der
V. A.-Klinik nicht um ein Vertragskrankenhaus gehandelt habe. Auch unter den Gesichtspunkten des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs könne eine Kostenübernahme für eine privatärztliche Krankenhausbehandlung nicht erfolgen.
Soweit eine behauptete fehlerhafte Beratung dazu geführt haben sollte, dass die Versicherte ihre dem Privatrecht
angehörenden Rechtsverhältnisse ungünstig gestaltet habe, sei dies nicht Folge eines Beratungsfehlers, die über den
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ausgeglichen werden könne. Der Kostenübernahmeantrag der behandelnden
Ärztin sei erst am 23. Februar 2000 eingegangen. Die Behandlungsvereinbarung sei bereits am 11. Februar 2000
abgeschlossen worden. Die Versicherte sei bereits am 24. Februar 2000 und damit vor Aufnahme zur stationären
Behandlung am 29. Februar 2000 telefonisch davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Klinik keine
Kassenzulassung habe und schon deshalb eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne. Auch die Klinik sei vor dem
Aufnahmeantrag unterrichtet worden. Die Versicherte habe nicht davon ausgehen können, dass trotz der bei der
Aufnahme in der Klinik noch nicht vorliegenden schriftlichen Ablehnung eine andere Entscheidung durch die Beklagte
getroffen werden könne. Aufgrund der ausdrücklich gewünschten privatärztlichen Behandlung sei die Beklagte auch
nicht verpflichtet gewesen, alternative Behandlungsmöglichkeiten zu benennen.
Nach Beiziehung einer Veröffentlichung der V. A.-Klinik,einer Auswertung von Behandlungen der sKMT der V. A.-
Klinik, einem Zeitschriftenabdruck Zeitschrift "Signal - Leben mit Krebs", einem Bericht des Tagesspiegel vom 20.
Januar 1997, einem Abdruck eines Artikels der Schweizerischen Rundschau für Medizin und einer Stellungnahme der
Deutschen Krebsgesellschaft vom 22. Januar 1996, hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 10. Juli 2001
abgewiesen und ausgeführt, dass die Beklagte nur vollstationäre Behandlungen in zugelassenen Krankenhäusern
schulde. Da die V. A.-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei, könne eine Kostenübernahme für eine dort
durchgeführte Behandlung grundsätzlich nicht beansprucht werden. Die angebotene Leistung gehöre nicht zu den
Methoden, die die gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der Krankenhausbehandlung schuldeten, daher bestünde
auch kein Bedarf an der Zulassung der Klinik. Die in Anspruch genommene Therapie habe nicht dem anerkannten
Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts entsprochen. Auch
bestünde kein Kostenerstattungsanspruch aufgrund eines Beratungsfehlers. Die Versicherte habe bereits am 11.
Februar 2000 gewusst, dass es sich bei dieser Klinik um ein nichtzugelassenes Krankenhaus handele und somit eine
Privatbehandlung in Anspruch genommen werde.
Gegen das am 18. Juli 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. August 2001 Berufung eingelegt. Die Versicherte
sei davon ausgegangen, dass die Zulassung eines Krankenhauses nicht Voraussetzung der Kostenübernahme sei.
Sie habe auch von einer Kostenübernahme ausgehen dürfen. Die Versicherte habe zwischen der Frage der Zulassung
der Klinik einerseits und der Kostenübernahme andererseits unterschieden. In einem Telefonat mit der
Sachbearbeiterin der Beklagten habe sie vorab lediglich erfahren, dass es sich um eine nichtanerkannte Heilmethode
handeln würde und deshalb die Kosten nicht übernommen würden, dies noch geprüft werden solle. Der Versicherten
sei nicht vor Beginn der Behandlung mitgeteilt worden, dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne.
Der zwischen dem Patienten und der Klinik geschlossene Vertrag habe keinerlei Relevanz für das Vertragsverhältnis
zwischen Versicherungsnehmer und Krankenkasse. Dass es nicht allein auf eine fehlende Kassenzulassung
ankomme, habe auch die Beklagte so gesehen und deshalb ein Gutachten des MDK veranlasst. Die Beklagte hätte in
Kenntnis des Gesundheitszustandes der Klägerin zügiger reagieren müssen. Der Behandlungsanspruch sei gegenüber
der Beklagten vor Behandlungsbeginn geltend gemacht worden und es sei nicht rechtzeitig gelungen, die
Leistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen, daher sei die Inanspruchnahme eines Krankenhauses ohne
Zulassung gerechtfertigt gewesen. Die vom Sozialgericht in Bezug genommenen Veröffentlichungen seien veraltet.
Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Behandlungsmethode standardisiert sei und sich in der medizinischen
Praxis durchgesetzt habe. Das V.-Klinikum C. B. führe Studien zu der Behandlungsmethode durch, ebenfalls die Bio-
Med-Klinik B. B ... Auf die angeführten Beweisantritte, Ergebnisse neuerer Studien und Stellungnahme sei das
Gericht nicht eingegangen. § 13 Abs. 3 SGB V diene dazu, unbeabsichtigte oder unvorhergesehene
Versorgungslücken zu schließen. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Aufgrund der fehlenden rechtzeitigen
Belehrung durch die Beklagte und der Eilbedürftigkeit der Ergreifung lebenserhaltender Maßnahmen sie die
Versicherte gehalten gewesen, medizinische Versorgungsleistungen in der V. A.-Klinik in Anspruch zu nehmen, um
ihre Erkrankung einzudämmen.
Der Privatdozent Dr. P. W. habe sich zu der streitgegenständlichen Behandlungsmethode mit Schreiben vom 20.
August 1999 dahingehend geäußert, dass die sKMT durchaus sinnvoll oder gar empfehlenswert erscheine und in
Abhängigkeit vom Einzelfall sogar indiziert sei. Eingeräumt werde auch nach den Feststellungen der Prof. Dr. H.-B. in
ihrer Stellungnahme vom 17. September 1999, dass erste Ergebnisse der durchgeführten Studien zum Teil
ermutigend seien. Da die Fortschritte auf medizinischem Gebiet innerhalb kürzerer Dauer zu verzeichnen seien, lägen
neuere Ergebnisse vor, die die bisherigen aus den Jahren 1998 und 1999 getroffenen Feststellungen überholt haben
dürften. Diese dürften die Standardisierung der Methode für die begehrte Kostenübernahme bestätigen. Die breite
Resonanz in der medizinischen Fachdiskussion und breite Anwendung der sKMT sei seitens der Beklagten
ausgeblendet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10.Juli 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 29. Februar 2000 und
1. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2000 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, an den Kläger 6.249,67 Euro (12.223,30 DM) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Sie hat Bezug genommen auf den gesamten
erstinstanzlichen Vortrag und darauf hingewiesen, dass die Therapie weiterhin nicht zu den von den gesetzlichen
Krankenkassen geschuldeten Leistungen gehöre.
Vom Senat sind Stellungnahmen des Priv.Doz. Dr. med. W. der Medizinischen Universität zu L. vom 06.09.1999 an
das Sozialgericht Cottbus, des Privatdozenten Dr. P. W. vom 20. August 1999 an das Sozialgericht Cottbus, der Prof.
Dr. H.-B. vom 17. September 1999 an das Sozialgericht Cottbus, des Bundesausschusses der Ärzte und
Krankenkassen, Arbeitsausschuss ärztliche Behandlung vom 12. November 1998 an das Sozialgericht Cottbus, des
Brandenburgischen Tumorzentrums vom 22. Dezember 1998 an das Sozialgericht Cottbus und eine Publikation aus
dem Internet, Veröffentlichung der wissenschaftlichen Mitarbeiterin, J. D., der C., C. V.-Klinikum, Strahlenklinik und
Poliklinik B., Stand 04.02.2002beigezogen worden.
Wegen des Inhalts der Stellungnahmen und der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und
des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der
Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Juli 2001 sowie die
Bescheide der Beklagten vom 29. Februar 200 und 01. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
18. Juli 2000 sowie der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von seiner
verstorbenen Ehefrau und Erblasserin in Anspruch genommene sKMT. Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht mit dem gestellten Antrag nur den Bescheid vom 01. März 2000 angefochten hat,
ist seinem Klagebegehren mit Klageschriftsatz vom 21. August 2000 zu entnehmen, dass er auch den
Ausgangsbescheid vom 29. Februar 2000 anfechten wollte. Diese Klage hat er nicht gem. § 102 SGG
zurückgenommen. Das Sozialgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und damit über das gesamte
Klagebegehren entschieden.
Die Berufung ist unbegründet.
Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die Bescheide der Beklagten vom 29. Februar 2000
und 01. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2000 ist zulässig (§§ 54 Abs. 1, Abs. 4
SGG). Für die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 01. März 2000 mangelt es auch nicht an einem
Vorverfahren gem. § 78 SGG. Der die Ablehnung des Kostenerstattungsantrags wiederholende und hinsichtlich der
Ablehnung der Kostenübernahme für die Chemotherapie den Ausgangsbescheid ergänzende Bescheid vom 01. März
2000 ist Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden (§ 86 SGG). Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid
vom 18. Juli 2000 über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 01. März 2000 mit entscheiden, da sie den geltend
gemachten Kostenerstattungsanspruch insgesamt abgelehnt hat. Dass sie dabei den Bescheid vom 01. März 2000
nicht ausdrücklich genannt hat, ist für den Abschluss des Widerspruchsverfahrens unschädlich.
Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht den geltend gemachten Anspruch abgelehnt. Sie war
nicht verpflichtet, Kosten für die bei der Verstorbenen durchgeführte sKMT zu erstatten.
Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V sind nicht erfüllt. Danach sind dem Versicherten
Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig
erbringen kann (§ 13 Abs.3 1. Alt. SGB V) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und der Versicherte die Leistung
sich danach selbst beschafft hat (§ 13 Abs.3 2. Alt. SGB V). Voraussetzung für einen solchen
Kostenerstattungsanspruch als Ausnahme des in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1
SGB V geltenden Sachleistungsprinzips ist, dass die dem Kostenanspruch zugrunde liegende Sachleistung von den
gesetzlichen Krankenkassen zu erbringen ist. § 13 Abs. 3 SGB V soll ein Versagen des Beschaffungssystems
kompensieren, er normiert keine Ausweitung des Leistungsumfanges.
Die Beklagte war weder zur Gewährung einer sKMT, noch zur Gewährung von Leistungen in der V. A.-Klinik in D. als
Sachleistung verpflichtet, da dieses kein zugelassenes Krankenhaus war. Die Beklagte hat daher mit den
angefochtenen Bescheiden die Leistung vor Leistungserbringung (Bescheid vom 29. Februar 2000) nicht zu Unrecht
abgelehnt (§ 13 Abs. 3 2. Alt. SGB V).
Gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf ärztliche
Behandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten
oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Beklagte hat die Leistungen unter Beachtung des
Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12 SGB V) zur Verfügung zu stellen, wobei Qualität und Wirksamkeit dem allgemeinen
anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu
berücksichtigen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB V begründet den Anspruch auf
Krankenhausbehandlung, der gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V auf Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus
beschränkt ist. Damit ist von Gesetzes wegen die freie Arztwahl (§ 76 SGB V) auf die Wahl unter den zugelassenen
Leistungserbringern beschränkt. Zugelassen sind nur Hochschulkliniken, Plankrankenhäuser und Krankenhäuser mit
einem Versorgungsvertrag (§ 108 SGB V). Die V. A.-Klinik gehörte nicht zu diesen Einrichtungen, weshalb war die
Erbringung der Krankenhausbehandlung als Sachleistung in dieser Klinik grundsätzlich nicht möglich war.
Ein Kostenübernahme- bzw. ein diesem zugrunde liegender Sachleistungsanspruch könnte nur dann gegeben sein,
wenn das V. A.-Institut in den Krankenhausplan dem Grunde nach aufzunehmen gewesen wäre (BSG, Urteil vom 19.
November 1997, Aktenzeichen 3 RK 6/96, Breithaupt 1999 S. 36 ff.). Dies war nicht der Fall.
Eine Zulassung als Plankrankenhaus nach § 108 SGB V setzt voraus, dass die Klinik die Leistungsfähigkeit im Sinne
eines Krankenhauses vorweisen kann, und damit eine Einrichtung darstellt, die der Krankenhausbehandlung oder
Geburtshilfe dient (§ 107 Abs. 1 Ziffer 1), fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung steht, über
ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutischen Möglichkeiten verfügt und
nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeitet (§ 107 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V).
Ein Krankenhaus ist ausnahmsweise auch dann zuzulassen, wenn eine Bedarfslücke besteht. Letzteres setzt voraus,
dass ein beschränktes Leistungsangebot hinsichtlich der in der Einrichtung durchgeführten Therapie besteht (BSG,
Urteil vom 19. November 1997, Aktenzeichen 3 RK 6/96, a.a.O.). Selbst wenn ein beschränktes Leistungsangebot
hinsichtlich der in der V. A.-Klinik durchgeführten sKMT bestanden hat, was der Senat unterstellt, weil nach den
beigezogenen Unterlagen die sKMT (in Kombination mit einer Chemotherapie) nur in einigen Kliniken im Rahmen von
Studien durchgeführt wurde und damit keine Regelversorgung darstellte, bestand kein Bedarf an der Zulassung der
Klinik.
Ein solcher Bedarf an der Einrichtung als zugelassenes Plankrankenhaus liegt nämlich dann nicht vor, wenn die in der
Einrichtung durchgeführte Therapie nicht zu den Methoden der Krankenhausbehandlung zählt, die die gesetzliche
Krankenversicherung dem Versicherten schuldet (BSG, Urteil vom 19. November 1997, Az.: 3 RK 6/96, a.a.O.). Dies
folgt schon daraus, dass gem. § 107 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V in einem zuzulassenden Krankenhaus nach einer
wissenschaftlich anerkannten Methode gearbeitet werden muss. Im Februar 2000, als die Versicherte die sKMT in der
Klinik in Anspruch genommen hat, war die Methode nicht wissenschaftlich anerkannt und gehörte nicht zum
medizinischen Standard, den die Beklagte im Rahmen der Krankenhausbehandlung schuldet.
Dies ergibt sich nicht schon aus § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. V. m. den vom Bundesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V erlassenen Richtlinien über die Einführung neuer
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. § 135 Abs. 1 SGB V i. V. m. den Richtlinien konkretisiert als Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt den Leistungsumfang der Beklagten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung (BSG, Urteil
vom 16. September 1997, MedRecht 1998, 230 bis 239; Urteil vom 23. Juli 1998, Aktenzeichen B 1 KR 3/97 R, SozR
3-2500, § 13 Nr. 7; Urteil vom 22. Juli 1998, Aktenzeichen B 1 KR 16/96 R, SozR 3-2500, § 135 Nr. 7). Eine neue
Behandlungsmethode ist danach bis zur Anerkennung durch den Bundesausschuss nicht zu Lasten der
Krankenkassen zu erbringen. Bei der sKMT handelte es sich zwar um eine neue Behandlungsmethode, die nicht zum
Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, was aus der Stellungnahme des Bundesausschusses
der Ärzte und Krankenkassen, Arbeitsausschuss ärztliche Behandlung vom 12. November 1998 hervorgeht. § 135
SGB V i. V. mit den Richtlinien nach § 92 SGB V konkretisiert aber nur den Leistungsumfang in der vertragsärztlichen
Versorgung. Eine vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber für eine Krankenhausbehandlung in § 137 a SGB V
erlassen, Empfehlungen oder Richtlinien lagen jedoch für diesen Bereich nicht vor.
Aus § 107 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V ergibt sich aber, dass die Methode dem anerkannten Status der medizinischen
Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts auch im Rahmen der Krankenhausbehandlung
genügen muss (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1997, a.a.O.). Die sKMT, die als Kernbestandteil eine
Hyperthermiebehandlung beinhaltet, müsste medizinischer Standard sein, da von der Beklagten nicht die
Durchführung eines Heilversuchs geschuldet wird (BSG, Urteil vom 16. September 1997, Aktenzeichen 1 RK 28/95,
SozR 3-2500 § 136 Nr. 4). Eine Behandlung gehört dann zum medizinischen Standard, wenn sie auf
wissenschaftlichen Erkenntnissen und ärztlichen Erfahrungen beruht, sich bewährt hat und in der medizinischen
Gemeinschaft anerkannt ist (Hart in: MedRecht 1998, S. 8 (14)). Der Standard bewertet die Güte der ärztlichen
Forschung und Behandlung und soll daher auf der bestmöglichen Evidenz beruhen (Hart, a.a.O., S.14, 15).
Wissenschaftliche Evidenz, ärztliche Erfahrung und professionelle Akzeptanz sind die bestimmenden Elemente des
medizinischen Standardbegriffs.
Die sKMT entsprach im Februar 2000 nicht dem anerkannten Stand der Medizin.
Zur Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsprüfung von medizinischen Therapien werden in der medizinischen
Wissenschaft unterschiedliche Prüfungen in Form von wissenschaftlichen Studien durchgeführt. Nach einer eine
Phase-I-Studie (Verträglichkeitsprüfung an wenigen (10 – 50) gesunden Probanden) und einer Phase-II- Studie
(Wirksamkeitsstudie an einer größeren Anzahl (100 – 500) ausgewählter Patienten) schließt sich, wenn sich nach
Auswertung der Phase-II-Studie Verbesserungen gegenüber einer Standardtherapie angedeutet haben, eine Phase-III-
Studie (Wirksamkeitsprüfung an einer großen Anzahl (bis zu mehreren 1000) Patienten, bei der eine zufällige
Patientenauswahl vorgenommen wird) an (vergl. Psychrembel: Arzneimittelprüfung). Für die Annahme eines
medizinischen Standards einer Therapieform ist Voraussetzung, dass nach Auswertung einer die bestmöglich
Evidenz ergebenen Phase-III-Studie (sogenannte randomisierte Methode), weil nur bei ihr mit einem zufällig
ausgewählten Patientenstamm gearbeitet wird, eine Wirksamkeit bewiesen ist (zur Phase-III-Studie beim Off-Label-
Use eines Arzneimittels: BSG, Urt. v. 19. März 2003, Az.: B 1 KR 37/00 R, zitiert nach juris).
Da eine Phase-III-Studie zur sKMT im Februar 2000 nicht abgeschlossen und ausgewertet war, was die vom
Sozialgericht und vom Senat beigezogenen Stellungnahmen und Unterlagen belegen, konnte die Therapie noch nicht
zum wissenschaftlich begründeten Standard gehören.
Für den geltend gemachten Anspruch kommt es auf die Verhältnisse im Februar 2000 an und nicht auf einen
möglichen medizinischen Standard zu einem späteren Zeitpunkt, wobei nach der beigezogenen Veröffentlichung der
J. D. auch im April 2002 keine Auswertung einer Phase-III-Studie zur sKMT vorlag. Der Senat brauchte daher dem
Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten einzuholen, um den wissenschaftlichen Standard der
sKMT zum Zeitpunkt der Entscheidung bzw. für die Zeit nach Februar 2000 festzustellen, nicht nachzugehen
Die vorliegenden Unterlagen der V. A. Klinik vermögen nicht den medizinischen Standard der sKMT zum Zeitpunkt
der Behandlung der Versicherten belegen, da darin, ohne anerkannte Studienbedingungen oder Ergebnisse aus
Phase-III-Studien zu dokumentieren, lediglich auf positive Ergebnisse an Universitätskliniken oder auf weltweite
Ergebnisse von Untersuchungen zur sKMT verwiesen wird.
Im August 1999 wurde die sKMT in Phase-I/II-Studien weltweit u. a. im C. V.-Klinikum in B., im
Universitätskrankenhaus E. erprobt. Ebenfalls war im August 1999 geplant, Phase-III-Studien durchzuführen.
Therapiestudien der Phasen II/III wurden von US-amerikanischen Arbeitsgruppen durchgeführt sowie in Deutschland
im Universitätsklinikum L., im Universitätsklinikum H.-E. und im Klinikum F./M. Im August/September 1999 liefen die
Studien noch, die Hyperthermiebehandlung konnte noch nicht abschließend beurteilt werden. Dies geht aus den
beigezogenen Stellungnahmen des PD Dr. P. W. vom 20. August 1999 und der Prof. Dr. H.-B. vom 17. September
1999 hervor. Damit befand sich zu diesem Zeitpunkt die Therapieform noch in der Erprobung, die wissenschaftlichen
Studien waren zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen und ausgewertet. Die Phase-II-Studie an der
Universitätsklinik B. wurde im April 2002 ausgewertet (Veröffentlichung D.).
Die Annahme eines medizinischen Standards erfordert weiter die Akzeptanz der Therapie in der medizinischen
Fachwelt. Der medizinische Standard muss sich aus Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaften und
Fachgesellschaften und Medizinerkreisen ergeben. Dies war zum fraglichen Zeitpunkt Anfang 2000 nicht gegeben.
Zeitnah zu der von der Verstorbenen in Anspruch genommenen Therapie gehörte diese nach wissenschaftlicher
Erkenntnis nicht zum Standard und war nicht in der medizinischen Fachwelt akzeptiert. Ein dafür erforderlicher
Konsenz in der medizinischen Fachwelt über den Nutzen der Therapieform bestand nach den eingeholten
Stellungnahmen nicht, die Beurteilung war vielmehr kontrovers, so dass die therapeutische Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit der Behandlung nicht belegt war (vergl.: BSG, Urt. v. 19.03.2002, Az.: B 1 KR 37/00 zum Off-Label-
Use).
Nach der Auskunft des Bundesausschusses der Krankenkassen und Ärzte, Arbeitsausschuss ärztliche Behandlung
vom 12. November 1998 war die Wirksamkeit sKMT nicht belegt. Die Deutsche Krebshilfe hat in der beigezogenen
Auskunft vom 13. April 1999 ausführt, dass die von der V. A.-Klinik durchgeführte Behandlungsmethode noch nicht
abschließend beurteilt werden konnte, die abschließende Beurteilung einer Phase I/II-Studie am C.-V.-Klinikum B.
wurde (Veröffentlichung D.) erst im April 2002 durchgeführt. Nach Auskunft des Studienleiters der Studie des C. V.-
Klinikums B. vom 20. August 1999 war die sKMT zwar in einzelnen Kasuistiken in Verbindung mit einer
durchgeführten Chemotherapie nahezu belegt. Dies hieße aber noch lange nicht, "dass die Ganzkörperhyperthermie
generell als empfehlenswert oder gar zwingend notwendig, noch als Standardtherapie angesehen werden könne"
(Stellungnahme PD Dr. W. vom 20. August 1999). Die Methode war in bestimmten Fällen indiziert und zeigte
ermutigende Ergebnisse, war aber nicht allgemein akzeptiert. Phase-III-Studien waren geplant oder liefen bereits.
Letztlich konnte die Wirksamkeit der Methode nicht beurteilt werden. Die Therapiestudien stellten Versuche dar,
systematisch die Grundlage eines neuen Standards zu begründen (Hart a.a.O., S. 95), worauf auch der Leiter der
Studie in B. hinweist, wenn er in seiner Stellungnahme vom 20. August 1999 ausführt, das die Umsetzung der
Methode der sKMT in der klinischen Anwendung noch geprüft werde.
Auch die Leiterin der Studie zur Wirksamkeit der Hyperthermiebehandlung an der Universitätsklinik E. in H., Prof. Dr.
S. H.-B., kommt in ihrer Stellungnahme vom 17.
September 1999 zu keinem anderen Ergebnis. Danach waren die Studienergebnisse zwar ermutigend, abschließende
Resultate lagen jedoch noch nicht vor. Sofern ausgeführt wird, dass bei einem Mammakarzinom nicht gezögert würde,
einen individuellen Heilversuch durchzuführen, führt dies nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse da
die Beklagte nicht die Versorgung im Rahmen eines Heilversuchs schuldet. Auch Prof. Dr. med. W. der
Medizinischen Klinik I der Medizinischen Universität zu L. kommt in seiner Stellungnahme vom 06. September 1999
zu der Feststellung, dass die sKMT nicht zum medizinischen Standard gehörte und nicht in der medizinischen
Gemeinschaft anerkannt war, wenn ausgeführt wird, die "( ...) weitere Abklärung dieser Bedenken wäre dann von
Wert, wenn in wissenschaftlich akzeptablen Studien an Krebspatienten für die sKMT ein klinisch relevanter Nutzen für
den Krebskranken auffällig gewesen wäre. Dies ist bisher nicht der Fall. ( ...) Der Krebskranke muss wissen, dass
sKMT eine Außenseitermethode ist, deren Nutzen und Schäden allgemein unbekannt ist ( ...). Die sKMT hat sich in
der Erprobung nicht bewährt, die in den V. A.-Kliniken vorgehaltene Methode Ganzkörperhyperthermie zu erzeugen,
führt zudem nicht selten zu mitunter schweren Brandverletzungen ( ...). Mit Ausnahme der von der Deutschen
Krebshilfe e. V. vom Virchow-Klinikum in Auftrag gegebenen Studie gibt es keine - nach allgemein akzeptierten
wissenschaftlichen Vorgehensweisen durchgeführte - Therapiestudie, die die sKMT auf Nutzen und Schäden bei
Krebspatienten untersucht" (Stellungnahme Prof. W.).
Auch wenn in anderen Kliniken nach der sKMT behandelt worden ist, was schon aus den vom Senat beigezogenen
Stellungnahmen zu Studienversuchen folgt, ergibt sich daraus kein Kostenerstattungsanspruch des Klägers, da die
Methode im Rahmen von Heilversuchen angewandt wurde. Ob auch weitere Privatkliniken diese Methode anwandten,
kann hier für einen Leistungsanspruch nicht zu einem anderen Ergebnis führen.
Sofern die Beklagte mit dem Bescheid vom 01. März 2000 der Verstorbenen in Aussicht gestellt hat, sich in der Bio-
Med-Klinik in B. B. und in der Klinik für Tumorbiologie in F. behandeln zu lassen und in dieser Klinik (auch) die sKMT
angewandt wurde, folgt daraus nicht ein Anspruch auf Erbringung dieser Therapieform in der nicht zugelassenen V.
A.-Klinik, wenn dort die nicht zum medizinischen Standard gehörende Methode angewandt wird.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass zumindest die Kosten der mit der sKMT verbundenen
Chemotherapie erstattet werden, da eine getrennte Beurteilung der einzelnen Elemente der Therapie unzulässig ist
(BSG, Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 28/95, BSGE 81, 54-73). Die Versicherte hat die Chemotherapie zudem in einem
nicht zugelassenen Krankenhaus als Teilleistung der sKMT erhalten. Die Chemotherapie stellt dabei zwar isoliert eine
Standardtherapie dar, die auch an zugelassenen Krankenhäusern durchgeführt wird, jedoch besteht gerade bezüglich
dieser deshalb kein Bedarf, sie an einer nichtzugelassenen Klinik durchzuführen.
Ein Kostenerstattungsanspruch folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht
rechtzeitig erbracht hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V). Die in Anspruch genommene Therapieform war keine im
Sinne dieser Vorschrift unaufschiebbare Leistung. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Versicherte schwerst
krebskrank war und möglicherweise vom Krankenhaus S. als austherapiert angesehen worden ist. Ob dringende
Behandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V bestanden hat, beurteilt sich nach
medizinischen Kriterien. Dabei müsste der übliche Beschaffungsweg, die Inanspruchnahme einer Sachleistung in
einem zugelassenen Krankenhaus, mit einer für den Versicherten unvermeidbaren Verzögerung und medizinischen
Risiken verbunden gewesen sein, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des
Gesundheitszustandes hätte gefährden können oder der für den Versicherten nicht zumutbar war (BSG, Urteil vom 18.
Januar 1996, BSGE 77, 227, SozR 3-2500 § 29 Nr. 3).
Eine Notfalllage gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V, nämlich dass eine sofortige Behandlung ab 29. Februar 2000
(Beginn der Behandlung in der v.-A.-Klinik) erforderlich war und der Versicherten die Inanspruchnahme eines
zugelassenen Krankenhauses, wie von der Beklagten mit Bescheid vom 01. März 2000 vorgeschlagen, nicht
zumutbar war, lag nicht vor. Aus der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. med. U. K. vom 21. Januar 2000
geht eine solche Einschätzung nicht hervor. Dabei kommt es nicht darauf an, wann diese Einschätzung zur Beklagten
gelangt ist. In dem Schreiben wird ausgeführt, dass die Patientin in der Behandlung eine mögliche Verbesserung der
Lebensqualität sowie eine Verlängerung ihrer ohnehin begrenzten Lebenserwartung sehe. Auf eine Dringlichkeit
dergestalt, dass sofort und ohne vorherige Einschaltung der Beklagten die nächsterreichbare bzw. bekannte Klinik zur
Behandlung mit sKMT aufzusuchen sei, wird nicht hingewiesen. Eine solche Einschätzung geht auch nicht aus der
Behandlungsvereinbarung mit der V. A.-Klinik hervor. Am 11. Februar 2000 ist ein Behandlungsvertrag geschlossen
worden, eine stationäre Aufnahme ist erst am 29. Februar 2000 mithin über zwei Wochen nach Vertragsschluss
begonnen worden. Das Krankenhaus S. hat die Versicherte nicht wegen Dringlichkeit einer weiteren Therapie an das
V. A.-Institut oder ein andere Einrichtung überwiesen. Vielmehr wurde nach dem Vorbringen der Verstorbenen im
Verwaltungsverfahren die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen und schloss auch erst, nachdem die
behandelnde Ärztin bereits am 21. Januar 2000 die sKMT befürwortet hatte, am 11. Februar 2000 einen
Behandlungsvertrag.
Auch ein Systemversagen oder eine Versorgungslücke ist nicht festzustellen. Ein Systemversagen mit Anspruch auf
Erstattung der Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die infolge eines Versagens des gesetzlichen
Sachleistungssystems nicht erbracht worden sind, ist dann gegeben, wenn der Versicherte nicht weiß, dass der
ärztliche Leistungserbringer ihm eine Fremdleistung verschaffen wollte und die gewählte Kostenerstattung auf einer
Verordnung oder Verschaffung eines Vertragsbehandlers beruhte. Der Versicherte muss die Fremdleistung im
schutzwürdigen Vertrauen als für ihn kostenfreie Kassenleistung entgegengenommen haben (Höfler in: Kasseler
Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V Anm. 8; BSG, Urteil vom 23. Oktober 1996, Aktenzeichen 4 RK
2/96, BSGE 79, 190 bis 197). Die Versicherte hat die Behandlung in der V. A.-Klinik mit dem Wissen entgegen
genommen, dass es sich nicht um die Leistung eines zugelassenen Leistungserbringers handelte. Dies geht aus der
von der Versicherten unterzeichneten Behandlungsvereinbarung vom 11. Februar 2000 hervor. Darin wurde die
Versicherte nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie im Falle fehlender Kostenübernahme durch die
gesetzliche Krankenkasse die Rechnung auszugleichen hatte. Sie wünschte mit der Vereinbarung ausdrücklich eine
privatärztliche Behandlung. Eine privatärztliche Behandlung bedeutet für jedermann verständlich, dass ein
Behandlungsvertrag nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse geschlossen wird. Auch ist der Versicherten vor
Behandlungsbeginn in einem Telefonat am 24. Februar 2000 mitgeteilt worden, dass eine Kostenübernahme für die in
Aussicht genommene Therapie von der Beklagten nicht erfolgen könne. Sofern der Kläger ausführt, dass nicht sicher
sei, mit wem die Beklagte gesprochen habe, kommt es darauf nicht an. Die Versicherte hat mit ihrem Widerspruch
bestätigt, dass sie von der Ablehnung Kenntnis hatte. Mit dem Widerspruchsschreiben führte die Versicherte nämlich
aus, dass die Beklagte telefonisch die Kostenübernahme mit der Begründung abgelehnt habe, es handele sich nicht
um eine anerkannte Heilmethode.
Eine Versorgungslücke lag ebenfalls nicht vor. Eine solche ist dann gegeben, wenn eine im Sinne des § 27 SGB V
notwendige und von der Krankenkasse geschuldete Sachleistung im System der gesetzlichen Krankenkasse durch
eine zugelassene Behandlungsmethode oder einen zugelassenen Leistungserbringer nicht oder nicht zumutbar
erbracht werden kann und daher das Beschaffungssystem versagt (BSG, Urteil vom 16. September 1997,
Aktenzeichen 1 RK 28/95, BSGE 81, 54 bis 73). Wie dargestellt handelte es sich bei der sKMT nicht um eine von der
Beklagten zu erbringende Sachleistung. Die Beklagte hat der Versicherten mit Bescheid vom 01. März 2000 zwei
Kliniken benannt, in denen sie sich behandeln lassen konnte, ohne dabei allerdings eine Zusage hinsichtlich der
sKMT zu geben. Damit bestanden Behandlungsmöglichkeiten in zugelassenen Krankenhäusern, so dass eine
Versorgungslücke nicht vorlag.
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten ergibt sich auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, der
nur soweit reicht, wie der in § 13 Abs. 3 SGB V vorausgesetzte Kausalzusammenhang (BSG, Urteil vom 24.
September 1996, Aktenzeichen 1 RK 33/95, SozR 3-2500 § 13 Nr. 11, BSGE 79, S. 125 (127)). Die Kosten für
nichtzugelassene Leistungserbringer sind nur dann zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme der nicht zugelassenen
Klinik durch die Ablehnung einer erforderlichen Sachleistung durch die Beklagte wesentlich mitverursacht worden ist.
Eine solche wesentliche Mitverursachung lag nicht vor. Die Inanspruchnahme der V. A.-Klinik beruhte nämlich nicht
auf einem Verhalten der Beklagten, vielmehr hatte die Versicherte schon am 11. Februar 2000 und damit vor
Antragstellung bei der Beklagten einen Behandlungsvertrag mit der Klinik geschlossen, der Aufnahmetermin war auch
schon vor Einschaltung der Beklagten mit der Klinik verabredet worden. Dies geht aus dem Widerspruchsschreiben
der Versicherten hervor. Ein nachfolgendes Verhalten der Beklagten durch die telefonische Ablehnung vom 24.
Februar 2000 oder die angefochtenen Bescheide war daher nicht ursächlich für die Inanspruchnahme einer
privatärztlichen Behandlung.
Da die Versicherte sich die Leistungen von einer nichtzugelassenen Einrichtung selbst beschafft hat, kommt eine
Wiederherstellung im System des SGB V im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht in Betracht. Der
Herstellungsanspruch führt nicht zur Korrektur von außerhalb des Verwaltungsverfahren eingetretenen Tatsachen
(BSG, Beschluss vom 15. März 1989, Aktenzeichen B 11 AR 1/89 zitiert nach Juris). In anderen Fällen kommen nur
Schadensersatzansprüche in Betracht, die vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Berufungsverfahrens.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.