Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.12.2007

LSG Berlin und Brandenburg: leistungsklage, vorschuss, zivilprozessordnung, rechtsschutz, zahlungseinstellung, sicherstellung, mitwirkungshandlung, ermessen

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 14.12.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 94 AS 5220/07 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 28 B 1530/07 AS
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2007 geändert. Der
Antragsgegner hat der Antragstellerin die Kosten des erstinstanzlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu
erstatten. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die Kosten
dieses Beschwerdeverfahrens zu erstatten, soweit sich die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des
Sozialgerichts richtet. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den
Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2007 ist begründet, soweit das Sozialgericht entschieden hat, dass
der Antragsgegner der Antragstellerin die Kosten des erstinstanzlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht zu
erstatten hat. Soweit das Sozialgericht ausweislich der Begründung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der
Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren abgelehnt hat, ist die Beschwerde
unbegründet.
Endet ein Verfahren, wie hier das ursprüngliche einstweilige Rechtsschutzverfahren, durch übereinstimmende
Erledigungserklärungen, also ohne streitige Entscheidung, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss zu
entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs. 1 SGG
analog). Diese Entscheidung ist unter Berücksichtung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem
Ermessen zu treffen, wobei ungeachtet der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens die Erfolgsaussichten
des Rechtsschutzgesuchs angemessen zu berücksichtigen sind. Allerdings ist der Erfolgsgesichtspunkt nicht der
allein entscheidende und es sind im Einzelfall als Korrektiv durchaus auch Veranlassungsgesichtspunkte (also
Gründe für die Führung und die Erledigung des Rechtsstreits) zu berücksichtigen.
An diesen Grundsätzen gemessen hat der Antragsgegner der Antragstellerin die Kosten des erstinstanzlichen
einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten. Der Antragstellerin sind mit Bescheid vom 3. November 2006 in
der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18. Januar 2007 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Dezember 2006 bis
zum 31. Mai 2007 Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) in Höhe von monatlich 650,22 EUR gewährt worden. Im Zusammenhang mit einer von der Antragstellerin mit
Schreiben des Antragsgegners vom 18. Januar 2007 erbetenen Mitwirkungshandlung ist dann von dem Antragsgegner
formlos eine Zahlungseinstellung zum 1. Februar 2007 verfügt worden. Im Hinblick hierauf durfte die Antragstellerin
sich veranlasst sehen, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Erbringt ein Leistungsträger bindend
festgestellte Leistungen nicht, so darf und gegebenenfalls muss der Betroffene seine Ansprüche im Wege der
allgemeinen Leistungsklage oder, in Eilfällen wie dem vorliegenden, in dem der Hilfebedürftigen die ihr bestandskräftig
zugesprochenen Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne entsprechende
Verwaltungsentscheidung vorenthalten werden, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen. Insoweit
kann der Senat auch offen lassen, ob der Antragstellerin zur Überbrückung ein Vorschuss oder Gutscheine angeboten
worden sind. Denn nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger zwar
Vorschüsse zahlen, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht, zur Feststellung der Höhe
dieser Leistungen jedoch noch voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Im Hinblick auf die bestandskräftige
Bewilligungsentscheidung musste die Antragstellerin sich aber nicht auf die Gewährung eines Vorschusses und schon
gar nicht auf die vorübergehende Sicherung ihres Lebensunterhalts mittels Lebensmittelgutscheinen verweisen
lassen.
Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren kann keinen
Erfolg haben. Das Verfahren hat sich erledigt. Im Hinblick auf den in diesem Beschluss ausgesprochenen
Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin für das erstinstanzliche einstweilige Rechtschutzverfahren besteht kein
Rechtsschutzbedürfnis mehr an der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und § 73 a SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127
Abs. 4 der Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).