Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 30.12.2008

LSG Berlin-Brandenburg: drucksache, vergütung, zivilprozessordnung, auflage, spezialität, anwendungsbereich, rechtsmittelbelehrung, gefahr, rechtspflege, armenrecht

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
15. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 15 SF 9/09 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 45 RVG, § 56 RVG, § 73a SGG,
§ 178 SGG, § 197 SGG
Unzulässigkeit der Beschwerde gegen
Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts im Bereich der
Prozesskostenhilfe
Leitsatz
Prozesskostenhilfe; Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwaltes; Unstatthaftigkeit der
Beschwerde gegen Entscheidung des Sozialgerichts; gemeinsames Fachobergericht;
zuständiger Bezirksrevisor
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom
30. Dezember 2008 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller war in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zum
Aktenzeichen SG Berlin S 18 SO 1812/05 ER im Rahmen der Bewilligung von
Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Das Verfahren
erledigte sich noch in dem Termin, in dem die Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt
worden war, durch Rücknahme des Antrags auf Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes.
Auf den Antrag des Antragstellers hin setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts
Berlin durch Beschluss vom 7. März 2007 die aus der Landeskasse Berlins im Wege der
Prozesskostenhilfe zu erstattenden Kosten auf 447,76 € fest. Soweit der Antragsteller
eine Erledigungsgebühr von 280,-- € angesetzt hatte, wies sie den Antrag zurück.
Die Erinnerung gegen den Beschluss hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 30.
Dezember 2008 zurückgewiesen. Der Beschluss hat die Rechtsmittelbelehrung
enthalten, dass dagegen „gemäß den §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG, die durch die
Vorschriften der §§ 172 ff SGG nicht berührt werden“ die Beschwerde zulässig sei.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller das Begehren auf Festsetzung einer
Erledigungsgebühr von 280,-- € weiter.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
Richtiger Verfahrensgegner ist, wie erster Instanz, das Land Berlin, vertreten durch den
Bezirksrevisor beim Sozialgericht Berlin. Das ergibt sich aus § 45 Abs. 1
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Danach erhält der im Wege der
Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung in Verfahren
vor Gerichten des Bundes aus der Bundeskasse, in Verfahren vor Gerichten eines
Landes aus der Landeskasse, soweit im Achten Abschnitt des RVG nicht ausdrücklich
eine andere Regelung getroffen ist. Zahlungspflichtig ist diejenige Kasse, die für den
Bezirk des beiordnenden Gerichts zuständig ist (Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage
2008, § 45 RVG Rz. 20; Riedel/Süßbauer, RVG, 9. Auflage 2005, § 45 Rz. 33). Weil es auf
die Zuständigkeit für den Gerichtsbezirk des beiordnenden Gerichts ankommt, ändert
sich die zahlungspflichtige Kasse nicht dadurch, dass gegen eine Kostenfestsetzung ein
Rechtsmittel eingelegt wird. Welche Kasse für das Rechtsmittelgericht zuständig ist, ist
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Rechtsmittel eingelegt wird. Welche Kasse für das Rechtsmittelgericht zuständig ist, ist
somit rechtlich ohne Belang. Die Vertretungsbefugnis des Bezirksrevisors beim
Sozialgericht Berlin für die Berliner Landeskasse ergibt sich aus § 4 der Anordnung über
die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz
(vom 20. September 2007, ABl. Nr. 44, 2641).
Unzulässig ist die Beschwerde, weil sie nicht statthaft ist. Das Rechtsmittel könnte nur
auf Grund von § 56 Abs. 2 i.V. mit § 33 Abs. 3 RVG eröffnet sein. Danach können die
Antragsberechtigten gegen Beschlüsse, die auf Erinnerungen gegen
Kostenfestsetzungen der Urkundsbeamten ergangen sind, binnen zwei Wochen nach
Zustellung der Entscheidung Beschwerde einlegen, wenn entweder der Wert des
Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht, das die angefochtene
Entscheidung erlassen hat, das Rechtsmittel wegen der grundsätzlichen Bedeutung der
zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
Die genannten Vorschriften des RVG sind im sozialgerichtlichen Verfahren jedoch nicht
anwendbar. Vielmehr ist die Beschwerde auf Grund von § 178 Satz 1 SGG
ausgeschlossen (so bereits LSG Berlin, Beschlüsse vom 14. Oktober 2003 – L 5 B 14/02
RJ und vom 28. Februar 2005 – L 9 B 166/02 KR; ferner etwa LSG Niedersachsen-
Bremen, Beschlüsse vom 14. Juni 2007 – L 13 B 4/06 AS SF – und vom 28. September
2006 – L 8 B 4/06 SO SF; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. April 2008 – L 2 B 47/08
SB; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 23. Juli 2008 – L 18 B 76/08 SF – und vom
20. Juni 2008 – L 1 B 60/08 SF).
Der Anwendbarkeit des § 56 Abs. 2 RVG kann allerdings nicht entgegengehalten werden,
dass das Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Verweisung auf die Vorschriften des RVG
enthalte (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juli 2008 a.a.O.). Der
Anwendungsbereich des RVG wird durch dessen § 1 RVG festgelegt. Danach bemisst
sich die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für alle anwaltlichen Tätigkeiten der
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach dem RVG. Das hat zur Folge, dass auch im
sozialgerichtlichen Verfahren die §§ 45 ff. RVG über die Vergütungsansprüche der
beigeordneten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte prinzipiell anwendbar sind, wenn
Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit §§ 114 ff
Zivilprozessordnung (ZPO) bewilligt wurde, ohne dass dies im SGG nochmals
ausdrücklich hätte angeordnet werden müssen.
Diese Erkenntnis führt aber noch nicht zu dem Ergebnis, dass sich die Statthaftigkeit der
Beschwerde nach § 56 Abs. 2 RVG richten würde. Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich
auf Grund einer gesetzessystematischen Auslegung unter Berücksichtigung der
Gesetzesgeschichte.
In § 56 RVG sind die entsprechenden Regelungen der Bundes-
Rechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), vor allem des § 128 BRAGO, ohne Änderung
der gesetzgeberischen Zielsetzung aufgegangen (BT-Drucksache 15/1971, 203). Die
BRAGO war 1957 als Artikel VIII des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung
kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl. I 861) in Kraft getreten. Bereits
vorher (also nicht „zeitgleich“ mit der BRAGO, wie das Schleswig-Holsteinische LSG im
Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 1 B 127/08 SK ausführt) sah das SGG in der ab 1. Januar
1954 und seither unverändert geltenden Fassung (vom 3. September 1953, BGBl. I
1239) für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit die einheitliche Regelung vor, dass
gegen Entscheidungen der Urkundsbeamten das Gericht angerufen werden kann,
welches endgültig entscheidet (allgemein § 178 Satz 1 SGG und für das Verfahren der
Kostenfestsetzung § 197 Abs. 2 SGG). § 197 SGG erfasste anfangs auch das Verfahren
der Gebührenfestsetzung für Rechtsanwälte, weil die Gebühren in der
Sozialgerichtsbarkeit nicht in der damals noch geltenden Gebührenordnung für
Rechtsanwälte vom 5. Juli 1927 (RGBl. I 162) beziehungsweise landesrechtlichen
Vorschriften, sondern in § 196 SGG geregelt waren.
Für die Gebührenfestsetzung außerhalb der damaligen „Armenhilfe“ ordnete § 19
BRAGO in allen Fassungen ab 1957 bis 31. März 1991 (unter anderem) an, dass die
Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über das Kostenfestsetzungsverfahren
anwendbar seien. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sollte damit das
Festsetzungsverfahren „für alle Gerichte einheitlich geregelt“ sein. „Es finden die
bewährten Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren
Anwendung. Daher beträgt z.B. die Frist für die Erinnerung und für die sofortige
Beschwerde zwei Wochen (§ 104 Abs. 3, § 577 Abs. 2 der Zivilprozessordnung) ohne
Rücksicht darauf, ob die für das Hauptsacheverfahren geltenden Verfahrensvorschriften
solche Rechtsmittel kennen oder abweichende Fristen vorsehen“ (BR-Drucksache 138,
56; entsprechend in BT-Drucksache II/2545, die hier nicht vollständig verfügbar ist).
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56; entsprechend in BT-Drucksache II/2545, die hier nicht vollständig verfügbar ist).
Damit konnte insoweit praktisch kein Zweifel aufkommen, dass die §§ 178 Satz 1, 197
Abs. 2 SGG in Kostenfestsetzungsverfahren außerhalb des „Armenrechts“ (ab 1981 der
Prozesskostenhilfe) nicht anwendbar waren (a.A. trotzdem LSG Nordrhein-Westfalen,
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Für die Gebührenfestsetzung im Bereich des „Armenrechts“ war dagegen gerade nicht
auf § 19 BRAGO oder auf das allgemeine Kostenfestsetzungsverfahren verwiesen,
sondern mit § 128 eine gesonderte Regelung geschaffen worden. Damit sollte „dem
bisherigen Recht entsprechend“ (§ 4 des Gesetzes betreffend die Erstattung von
Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen vom 20. Dezember 1928, RGBl. I 411,
aufgehoben durch Art. XI § 4 Abs. 5 Nr. 3 des Gesetzes vom 26. Juli 1957) vorgesehen
werden, „dass die aus der Bundes- oder Landeskasse zu gewährende Vergütung auf
Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts
des Rechtszugs festgesetzt wird. Gegen die Festsetzung sind die im § 4 des
Gerichtskostengesetzes bestimmten Rechtsbehelfe zulässig. Klargestellt ist, dass der
Rechtsanwalt für diese Verfahren keine Vergütung fordern kann“ (BR-Drucksache
138/56, 274 zu § 126 des Regierungsentwurfs). In § 4 des Gerichtskostengesetzes in der
Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1957 war als Rechtsbehelf gegen Beschlüsse, welche
auf Erinnerungen ergingen, die reguläre Beschwerde vorgesehen, wobei bestimmte
Vorschriften der ZPO für entsprechend anwendbar erklärt worden waren.
Betreffend das SGG sah der Regierungsentwurf des Kostenrechts-Änderungsgesetzes
dagegen zunächst lediglich eine geänderte Fassung des § 193 Abs. 3 SGG vor (BR-
Drucksache 138, 56 zu Art. IX § 11 des Regierungsentwurfs). Erst auf Grund der
Beratung im damaligen 16. Ausschuss des Bundestages kam es zur Aufhebung des §
196 (Gebührenrahmen und weitere Bestimmungen über die Gebührenhöhe) und des §
197 Abs. 1 Satz 3 („Der Rechtsanwalt kann für den Antrag auf Festsetzung eine Gebühr
nicht beanspruchen“). Eine Begründung wurde dafür nicht gegeben (BT-Drucksache
II/3378, 5, 6, 176). Es kann deshalb lediglich vermutet werden, dass es sich um eine
Folgeänderung mit Blick darauf handelte, dass in der BRAGO entsprechende Regelungen
vorgesehen waren (§§ 19 Abs. 2 Sätze 5 und 6, 116 BRAGO in der 1957 in Kraft
getretenen Fassung).
All dies erhellt, dass bei der Schaffung der BRAGO zum einen kein gleichartiger Aufbau
der Rechtsbehelfe für Gebührenfestsetzung beabsichtigt war und dass zum anderen im
Bereich des „Armenrechts“ nicht ausdrücklich ein gerichtsübergreifender, einheitlicher
Rechtsbehelf bei der Festsetzung der Vergütung vorgesehen werden sollte. Es sollte
insoweit vielmehr „alles beim alten“ bleiben. Einen Anhaltspunkt dafür, dass der 1956/57
tätig gewordene Gesetzgeber sich bei der Gestaltung der Rechtsbehelfe im Rahmen des
§ 128 BRAGO auch nur im Ansatz mit den lediglich in der Sozialgerichtsbarkeit
bestehenden Besonderheiten der §§ 178 Satz 1, 197 Abs. 2 SGG befasst hat und diese
ausschließen wollte, gibt es schon deshalb nicht, weil er hierfür keinen Anlass hatte.
Denn in der Sozialgerichtsbarkeit war das „Armenrecht“ zunächst nur für Verfahren vor
dem BSG vorgesehen (§ 167 SGG in der Fassung vom 3. September 1953 a.a.O.; s.
dazu BVerfGE 9, 124 und etwa BSG SozR Nr. 8 zu § 167 SGG). Gegen dessen
Beschlüsse kamen Rechtsmittel zwangsläufig nicht in Betracht.
Alle späteren Änderungen der BRAGO und auch des RVG haben an der Konzeption des
Gesetzgebers betreffend die Rechtsbehelfe bei der Gebührenfestsetzung nichts
geändert. Dies gilt im übrigen auch für § 73a SGG (Art. 4 Nr. 12 des Gesetzes über die
Prozesskostenhilfe vom 13. Juni 1980, BGBl. I 677). Denn die hiermit verbundene
Einführung der Prozesskostenhilfe in allen Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit ab 1981
änderte in der Sache weder an den Rechtsbehelfsvorschriften der BRAGO (s. dazu BT-
Drucksache 8/3068, 34f.) noch an denen des SGG etwas, sondern baut auf sie auf.
Ein gegenteiliger „Willen des Gesetzgebers, wie er sich in der Gesetzesgeschichte
manifestiert hat“ für eine abschließende Regelung der Rechtsbehelfe in
Festsetzungssachen der Prozesskostenhilfe durch § 56 Abs. 2 RVG ist somit nicht zu
belegen (so aber Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 1 B
127/08 SK; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. September 2007 - L 20 B
91/07 AS). Ebenso wenig können folglich „gewichtige teleologische Argumente“ (so LSG
Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 6 B 93/07) dafür sprechen,
dass § 178 Satz 1 oder § 197 Abs. 2 SGG durch § 56 Abs. 2 RVG verdrängt werden. Der
Gesetzgeber des SGG hat, wie die Begrenzung der Rechtsbehelfe gegen
Entscheidungen der Urkundsbeamten deutlich ergibt, zu keiner Zeit ein „eminentes
Interesse“ an landesweit möglichst einheitlichen Kostenfestsetzungen gesehen, und
dem Gesetzgeber der BRAGO bzw. später des RVG kann, wie ausgeführt, nicht
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dem Gesetzgeber der BRAGO bzw. später des RVG kann, wie ausgeführt, nicht
unterstellt werden, dass er einen anderen Standpunkt einnehmen wollte. Aus § 11 Abs. 3
RVG kann weder für noch gegen den Vorrang des § 56 RVG etwas abgeleitet werden.
Zum einen waren, wie ausgeführt, schon in der BRAGO die Rechtsbehelfe der
Gebührenfestsetzung außerhalb und innerhalb des „Armenrechts“ völlig unabhängig
voneinander aufgebaut. Zum anderen entspricht die Vorschrift dem zum 1. April 1991 in
Kraft getretenen § 19 Abs. 3 BRAGO in der Fassung des Rechtspflege-
Vereinfachungsgesetzes (vom 17. Dezember 1990, BGBl. I 2847). Diese Vorschrift
beruhte jedoch nur darauf, dass es in den Gerichtsbarkeiten, in denen der Rechtspfleger
noch nicht eingeführt war, bei der Zuständigkeit der Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle für Gebührenfestsetzungen (auch) außerhalb der Prozesskostenhilfe
bleiben sollte. Auf die Vorschriften der ZPO über das Kostenfestsetzungsverfahren
konnte aber nicht mehr verwiesen werden, weil dort keine Zuständigkeit von
Urkundsbeamten mehr vorgesehen war (BT-Drucksache 11/3621, 62).
Vor dem beschriebenen Hintergrund gibt es somit gerade keinen Grund anzunehmen, §
56 Abs. 2 RVG enthalte eine „abschließende Spezialregelung“ für die Rechtsbehelfe der
Gebührenfestsetzung im Bereich der Prozesskostenhilfe (so aber z.B. LSG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 24. September 2008 – L 19 B 21/08 AS; LSG Mecklenburg-
Vorpommern a.a.O.; Thüringer LSG, Beschluss vom 29. April 2008 – L 6 B 32/08 SF; alle
mit weiteren Nachweisen). Im Gegenteil stellt gerade die Regelung des § 178 Satz 1 SGG
die Spezialregelung dar, weil sie den (jetzt) in § 56 Abs. 2 RVG vorgesehenen
Rechtsbehelf weiter beschränkt. Die Gefahr, dass für § 56 Abs. 2 RVG kein
Anwendungsbereich mehr bestünde, wenn die Verfahrensordnungen der einzelnen
Gerichtsbarkeiten vorrangig blieben, besteht nicht (so aber LSG Mecklenburg-
Vorpommern a.a.O.). Außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit ist § 56 Abs. 2 RVG immer
wegen „Spezialität“ vorrangig gegenüber den Rechtsbehelfsvorschriften der
Verfahrensordnungen. Die Sozialgerichtsbarkeit ist die einzige Gerichtsbarkeit, die
einerseits Regelungen über die Rechtsbehelfe gegen Erinnerungen enthält, andererseits
aber generell die Beschwerde gegen Beschlüsse ausschließt, welche über Erinnerungen
gegen Urkundsbeamten der Geschäftsstellen entscheiden. In den Verfahrensordnungen,
die eine Zuständigkeit des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sonst nicht mehr
kennen (Zivilprozessordnung, Arbeitsgerichtsgerichtsgesetz), eröffnet § 56 Abs. 2 RVG
dagegen erst Rechtsbehelfe und ist somit zwangsläufig die „Spezialvorschrift“. Für
Gerichtsbarkeiten schließlich, die den Rechtsbehelf der Erinnerung noch vorsehen (§ 151
Verwaltungsgerichtsordnung, § 149 Finanzgerichtsordnung), gegen die hierauf
ergehenden Beschlüsse aber das Recht der Beschwerde nicht beschränken, ergibt sich
die Spezialität des § 56 Abs. 2 RVG daraus, dass er den allgemeinen Rechtsbehelf
einschränkt (s. § 33 Abs. 3 RVG), indem er zusätzliche Voraussetzungen aufstellt.
Für die Anwendung des § 56 Abs. 2 RVG kann im übrigen auch nicht angeführt werden,
dass das Gerichtsverfassungsgesetz in § 17a Abs. 4 abweichend von den
Verfahrensordnungen der Fachgerichte eine Beschwerde in Rechtswegstreitigkeiten bis
an ein Oberstes Bundesgericht vorsieht (so aber LSG Mecklenburg-Vorpommern a.a.O.).
Die Anwendung des § 17a Gerichtsverfassungsgesetzes wird durch § 202 SGG
ausdrücklich ermöglicht und es gibt keinen grundlegenden Unterschied zwischen der
Zivil- und der Sozialgerichtsbarkeit, welcher einem „erweiterten“ Instanzenzug in diesem
besonderen Fall entgegenstünde (wobei die Rechtsbehelfsarten jedoch wiederum dem
SGG angepasst werden, s. BSG SozR 3-8570 § 17 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie kann selbst dann nicht zugunsten
des Antragstellers ausfallen, wenn berücksichtigt wird, dass die Rechtsmittelbelehrung
des Sozialgerichts nicht der Rechtslage entsprach. Denn auch dann, wenn die
Beschwerde zulässig und begründet gewesen wäre, wären Kosten nicht zu erstatten
gewesen (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht
ausgeschlossen (§ 177 SGG).
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