Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

LSG Berlin-Brandenburg: befangenheit, voreingenommenheit, beweisanordnung, sammlung, quelle, parteilichkeit, zivilprozessordnung, link

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 1 B 27/06 SF
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 118 Abs 1 SGG, § 406 Abs 3
ZPO
Besorgnis der Befangenheit des gerichtlich bestellten
Gutachters
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Das Sozialgericht Potsdam hat den Antrag des Klägers, den gerichtlichen
Sachverständigen Dr. … wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zu Recht für
unbegründet gehalten.
Der Umstand, dass Dr. … anstelle des in Auftrag gegebenen Gutachtens aufgrund
ambulanter Untersuchung (zunächst nur) ein Aktenlagegutachten erstattet hat, lässt
keine Befangenheit des Gutachters gegenüber dem Kläger besorgen. Wenn der
Sachverständige im Hinblick auf die vorliegenden Befunderhebungen und Arztberichte
die Auffassung vertritt, es bedürfe zu einer zutreffenden Beantwortung der Fragen der
Beweisanordnung aus seiner fachärztlich-urologischen Sicht keiner (nochmaligen)
ambulanten Untersuchung auf seinem Fachgebiet, so ist dies Ergebnis einer
Gesamtbeurteilung, die für sich nicht geeignet ist, mögliche Voreingenommenheit dem
Kläger gegenüber zu begründen. Insbesondere folgt diese nicht daraus, dass der
Sachverständige die vorliegenden Befunde seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat
anstatt sie kritisch zu hinterfragen. Sieht der Sachverständige keinerlei Anlass, die
mitgeteilten Befunde seines Fachgebietes anzuzweifeln, so kann er sie seiner
Beurteilung zugrunde legen, ohne dass dies auf mögliche Parteilichkeit dem zu
Beurteilenden gegenüber schließen lässt. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige
sein Aktenlagegutachten abschließend dadurch selbst in Frage gestellt hat, dass er „bei
fortdauernden Widersprüchen“ des Klägers weitere medizinische Ermittlungen
empfohlen hat.
Eine andere Frage ist, ob sich der Sachverständige dem Gericht gegenüber korrekt
verhalten hat, indem er entgegen dem gerichtlichen Auftrag, ohne Rücksprache zu
nehmen und ggf. auf eine Änderung der Beweisanordnung hinzuwirken, „nur“ ein
Aktenlagegutachten erstattet hat. Dies betrifft jedoch allein das Verhältnis des
Sachverständigen zum Gericht, nicht zum Kläger.
Was schließlich das nachfolgende Gutachten des Sachverständigen auf der Grundlage
einer ambulanten Untersuchung des Klägers betrifft, so sind die von diesem
vorgetragenen Beanstandungen, die auf Voreingenommenheit des Sachverständigen
ihm gegenüber schließen lassen könnten, vom Sachverständigen nicht bestätigt worden.
Insofern stehen Aussage gegen Aussage, sodass der diesbezüglich geltend gemachte
Ablehnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist (vgl. § 406 Abs. 3 Zivilprozessordnung i. V.
m. § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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