Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.01.2009

LSG Berlin und Brandenburg: stationäre behandlung, anus praeter, behinderung, befreiung, verordnung, rundfunk, gleichbehandlung, verminderung, behinderter, besuch

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 29.01.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 46 SB 2325/06
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 11 SB 190/08
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. April 2007 wird
zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision
wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
(Merkzeichen "RF").
Die 1956 geborene Klägerin leidet an Multipler Sklerose (MS). Durch Bescheid vom 19. Januar 2001 hatte der
Beklagte zuletzt aufgrund der Behinderung "organisches Nervenleiden" einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 und
das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung
öffentlicher Verkehrsmittel), "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "T" (Telebusberechtigung) anerkannt. Im
August 2005 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag, dem sie einen Entlassungsbericht des S-
Krankenhauses B über eine vom 03. bis 09. August 2005 durchgeführte stationäre Behandlung beifügte, in dem u. a.
eine neurogene Blasenstörung bei bekannter Dranginkontinenz diagnostiziert ist, sowie Unterlagen über die
Zuerkennung der Pflegestufe I aus der sozialen Pflegeversicherung. Hier war in einem Gutachten der Gesellschaft für
medizinische Gutachten MEDICPROOF vom 03. Dezember 2004 u. a. eine "gelegentliche" Harninkontinenz
festgestellt worden, die mit Vorlagen versorgt werde. Der Beklagte holte einen Befundbericht des Facharztes für
Nervenheilkunde Dr. H vom 06. Januar 2006 und eine versorgungsärztliche Stellungnahme ein und erkannte durch
Bescheid vom 23. Februar 2006 einen Gesamt GdB von 90 an. Die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" lehnte er ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie erneut darauf hinwies, dass ihr die Teilnahme an öffentlichen
Veranstaltungen auch bei rollstuhlgerechten Bedingungen wegen ihrer Blaseninkontinenz nicht möglich sei. Aufgrund
dieses Leidens verlasse sie die Wohnung nur, wenn es unbedingt erforderlich sei, z. B. für unabdingbare Arztbesuche.
Lediglich die Treffen der MS Selbsthilfegruppe nehme sie wahr, wobei ihr die Telebusberechtigung häufig eine große
Hilfe sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und
Psychiatrie G mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2006 zurück. Das Merkzeichen "RF" setze voraus, dass
man an öffentlichen Veranstaltungen "ständig nicht teilnehmen könne", eine Teilnahme dürfe also auf Dauer nicht
möglich sein, was im Falle der Klägerin nicht der Fall sei.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin durch Gerichtsbescheid vom 13. April 2007 aus
Rechtsgründen abgewiesen, da es an einer gültigen Anspruchsnorm fehle, die im Zusammenhang mit der
Rundfunkgebührenbefreiung einen Nachteilsausgleich nach dem Schwerbehindertenrecht in rechtlich zulässiger Weise
begründen könnte.
Gegen diesen am 23. April 2007 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 15. Mai 2007 eingegangene
Berufung der Klägerin, die vorträgt, dass vor Ablehnung des Merkzeichens "RF" eine Anhörung erforderlich gewesen
sei. Sie erfülle auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "RF", da dieses Merkzeichen auch dann zuerkannt
werden könne, wenn ein Behinderter in der Lage sei, eine geringe Anzahl öffentlicher Veranstaltungen zu besuchen.
Sie könne wegen ihrer Blaseninkontinenz "so gut wie nicht" an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. April 2007 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 23.
Februar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2006 abzuändern und den Beklagten zu
verurteilen, ihr das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" nicht erfüllt seien.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes am 25. Oktober 2007 einen Erörterungstermin durchgeführt und auf
Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Facharztes für Urologie und Neuro-
Urologie Dr. D, Unfallkrankenhaus B, eingeholt. Dieser führte mit Datum vom 12. August 2008 aus, dass bei der
Klägerin weiterhin eine neurogene Blasenentleerungsstörung bestehe. Infolge einer Verminderung der
Harnblasenkapazität müsse die Toilette häufiger als von Gesunden aufgesucht werden. Darüber hinaus bestehe ein
deutlicher Harndrang. Selten komme es zu einer Harninkontinenz. Unter einer eingeleiteten medikamentösen
Behandlung seit März 2008 sei es zu einer Verminderung des Harndranges gekommen. Betrachte man die letzten vier
Monate, so sei die Klägerin zum Teil nur alle drei bis vier Stunden auf einen Toilettengang angewiesen. Aus seiner
Sicht sei es der Klägerin daher möglich, an öffentlichen Veranstaltungen jeglicher Art teilzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der
Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen,
weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Vorgehensweise erklärt haben.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die erstinstanzliche Entscheidung ist im Ergebnis rechtmäßig.
Zutreffend hat der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die
Zuerkennung des Merkzeichens "RF" abgelehnt; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der
Rundfunkgebühr, denn sie ist nicht ständig gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Nach § 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des
Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung
fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitlichen Merkmale Voraussetzung für die
Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen sie auch insoweit die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs.
4 SGB IX).
Die Voraussetzungen der Vergabe des Merkzeichens "RF" sind gemäß § 69 Abs. 5 SGB IX in Verbindung mit § 3
Abs. 1 Nr. 5 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) landesrechtlich im Land Berlin für die Zeit ab 1.
April 2005 durch Art. 5 § 6 Abs. 1 Nr. 8 des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 15. Oktober 2004 in der
Fassung des Gesetzes vom 17. März 2005 (GVBl. 2005, S. 82, 85 f), in Kraft getreten am 1. April 2005 (GVBl. 2005,
S. 228) bzw. ab 1. März 2007 in der Fassung des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in Verbindung mit dem
Gesetz vom 25. Januar 2007 (GVBl. 2007, S. 10, 15), in Kraft getreten am 1. März 2007 (GVBl. 2007, 128) geregelt.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags werden auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht
schwerbehinderte Menschen befreit, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und
die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können. Dabei hat der Senat keine
Bedenken, die betreffenden Vorschriften anzuwenden und als gültige Anspruchsnorm für das Begehren des Klägers
anzusehen. Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, die landesrechtlichen Regelungen über die
Rundfundgebührenbefreiung aus gesundheitlichen Gründen würden nicht der bundesrechtlichen Ermächtigungsnorm
(hier § 126 Abs. 1 SGB IX) entsprechen, weil ein durch Gebührenbefreiung ausgleichbarer Mehraufwand behinderter
Rundfunk- und Fernsehteilnehmer nicht mehr vorhanden sei, da der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung -
völlig unabhängig von Behinderungen - nahezu vollständig Rundfunk höre und fernsehe (so LSG Hamburg, Urteil vom
8. August 2006, Az. L 4 SB 22/05, zitiert nach iuris). Indessen überzeugt diese Ansicht nicht (so im Wesentlichen
auch: Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 08. November 2007, Az. B 9/9a SB 3/06 R, SozR 4-1500 § 155 Nr. 2),
da fraglich sein dürfte, ob die Gewährung von Merkzeichen nicht mehr auf Integration der Behinderten ausgelegt ist
als auf Kompensation des behinderungsbedingten Nachteils.
Im Interesse der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen hatte die konkrete Prüfung für die Zeit bis zum 31.
Dezember 2008 nach Maßgabe der in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen
Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP, herausgegeben vom Bundesministerium für
Gesundheit und Soziale Sicherung, zuletzt Ausgabe: 2008) niedergelegten Maßstäben zu erfolgen. Diese waren zwar
kein Gesetz und auch nicht aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen. Es handelte sich jedoch bei ihnen um
eine auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhende Ausarbeitung, die die möglichst gleichmäßige Anwendung
dieser Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet zum Ziel hatte. Die AHP engten das Ermessen der Verwaltung ein,
führten zur Gleichbehandlung und waren deshalb auch geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt zu
werden. Gibt es solche anerkannten Bewertungsmaßstäbe, so ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich von diesen
auszugehen (BSG, Urteil vom 18. September 2003, BSGE 91, 205 = SozR 4-3250 § 69 Nr. 2 Rdn. 18). In der ab 1.
Januar 2009 geltenden Fassung verweist § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX insoweit auf die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt
in Kraft getretene "Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des
Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV)" vom 10. Dezember 2008 (BGBl I 2008
S. 2412), in deren Anlage zu § 2 nunmehr die zuvor in den AHP enthaltenen Grundsätze wiedergegeben sind.
Für die Auslegung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" sind die in Nr. 33, S. 141 f
dargelegten Festlegungen der AHP 2005 (insoweit gleich lautend in den zum Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin
geltenden AHP 2004) weiterhin maßgeblich, auch wenn die Nr. 33 in den Anhaltspunkten 2008 nicht mehr aufgeführt
waren. Auch wenn die Feststellung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht mehr den Sozialbehörden
obliegt, ändert dies nichts daran, dass die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen
Behörden das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen
nach § 69 Abs. 4 SGB IX festzustellen haben.
Nach Nr. 33 der genannten Anhaltspunkte sind die Voraussetzungen immer erfüllt bei behinderten Menschen
- bei denen schwere Bewegungsstörungen - auch durch innere Leiden (schwere Herzleistungsschwäche, schwere
Lungenfunktionsstörung) - bestehen und die deshalb auf Dauer selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit
technischen Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl) öffentliche Veranstaltungen in zumutbarer Weise nicht besuchen können, -
die durch ihre Behinderung auf ihre Umgebung abstoßend oder störend wirken (z. B. durch Entstellung,
Geruchsbelästigung bei unzureichend verschließbarem Anus praeter, häufige hirnorganische Anfälle, grobe
unwillkürliche Kopf- und Gliedmaßenbewegungen bei Spastikern, laute Atemgeräusche, wie sie etwa bei
Asthmaanfällen und nach Tracheotomie vorkommen können), - mit - nicht nur vorübergehend - ansteckungsfähiger
Lungentuberkulose, - nach Organtransplantation, wenn über einen Zeitraum von einem halben Jahr hinaus die
Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten in einer so hohen Dosierung erfolgt, dass dem Betroffenen auferlegt
wird, alle Menschenansammlungen zu meiden, - bei geistig oder seelisch behinderten Menschen, bei denen befürchtet
werden muss, dass sie beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen durch motorische Unruhe, lautes Sprechen oder
aggressives Verhalten stören.
Dieser Personenkreis muss allgemein von öffentlichen Zusammenkünften ausgeschlossen sein. Es genügt nicht,
dass sich die Teilnahme an einzelnen, nur gelegentlich stattfindenden Veranstaltungen bestimmter Art verbietet.
Behinderte Menschen, die noch in nennenswertem Umfang an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können,
erfüllen die Voraussetzungen nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind als öffentliche Veranstaltungen
Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und
wirtschaftlicher Art zu verstehen, die länger als 30 Minuten dauern. Öffentliche Veranstaltungen sind damit nicht nur
Ereignisse kultureller Art, sondern auch Sportveranstaltungen, Volksfeste, Messen, Märkte und Gottesdienste (vgl.
BSG, Urteil vom 12. Februar 1997 Az. 9/9a RVs 2/96, SozR 3-3780 § 4 Nr. 17; Urteil vom 10. August 1993, Az. 9/9a
RVs 7/91, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2; Urteil vom 17. März 1982, Az. 9a/9 RVs 6/81, SozR 3870 § 3 Nr. 15 = BSGE 53,
175). Die Unmöglichkeit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann gegeben, wenn der Schwerbehinderte
wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an
einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen kann. Bei der vom BSG
vertretenen Auslegung muss der Schwerbehinderte praktisch an das Haus gebunden sein, um seinen Ausschluss an
öffentlichen Veranstaltungen begründen zu können. Es kommt nicht darauf an, ob jene Veranstaltungen, an denen er
noch teilnehmen kann, seinen persönlichen Vorlieben, Bedürfnissen, Neigungen und Interessen entsprechen. Sonst
müsste jeder nach einem anderen, in sein Belieben gestellten Maßstab von der Rundfunkgebührenpflicht befreit
werden. Das wäre mit dem Gebührenrecht nicht vereinbar, denn die Gebührenpflicht selbst wird nicht bloß nach dem
individuell unterschiedlichen Umfang der Sendungen, an denen die einzelnen Teilnehmer interessiert sind, bemessen,
sondern nach dem gesamten Sendeprogramm. Mit dieser sehr engen Auslegung soll gewährleistet werden, dass der
Nachteilsausgleich "RF" nur Personengruppen zugute kommt, die den gesetzlich ausdrücklich genannten
Schwerbehinderten (Blinden und Hörgeschädigten) und den aus wirtschaftlicher Bedrängnis sozial Benachteiligten
vergleichbar sind.
Nach diesen Grundsätzen kommt hier die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "RF" nicht in Betracht. Denn die
Klägerin ist nicht praktisch von der Teilnahme am öffentlichen Gemeinschaftsleben ausgeschlossen und an das Haus
gebunden. Das Gericht schließt sich insoweit dem überzeugenden Gutachten des auf Antrag der Klägerin gehörten Dr.
D vom 12. August 2008 an, nach dem es der Klägerin möglich ist, "an öffentlichen Veranstaltungen jeglicher Art
teilzunehmen". Der Sachverständige hat damit klargestellt, dass für die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer
Blasenstörungen keinerlei Einschränkungen bestehen, die die Vergabe des Merkzeichens "RF" rechtfertigen könnten.
Auch für Zeiten vor der erfolgreichen medikamentösen Behandlung im März 2008 kommt die Zuerkennung des
Merkzeichens "RF" nicht in Betracht. Denn auch aufgrund der sonstigen ärztlichen Unterlagen und des eigenen
Vortrages der Klägerin waren dessen Voraussetzungen nicht erfüllt. So ist im MEDICPROOF Gutachten vom 03.
Dezember 2004 eine nur "gelegentliche" Harninkontinenz festgestellt, wegen der zudem lediglich Vorlagen getragen
wurden; die Notwendigkeit, Windeln zu tragen war nicht beschrieben. In dem von der Klägerin beigebrachten
Entlassungsbericht des S Krankenhauses B vom 06. Dezember 2005 ist ebenfalls lediglich eine Dranginkontinenz
aufgeführt. Eine derart leichtgradige Harninkontinenz führt grundsätzlich nicht zum Ausschluss von der Teilnahme an
öffentlichen Veranstaltungen, da ihren Folgen durch die Verwendung von Vorlagen oder Windeln in zumutbarer Weise
begegnet werden kann.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.