Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.05.2004

LSG Berlin und Brandenburg: daten, vergünstigung, ddr, ergänzung, versicherter, form, verfassungsrecht, verordnung, rechtswidrigkeit, avg

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 13.05.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 11 RA 5151/98
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 8 RA 89/00
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. August 2000 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger beansprucht die Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für Zeiten der versicherungspflichtigen
Beschäftigung in den Jahren 1991, 1993 und 1994 bei der Berechnung seiner Rente sowie Bestandsschutz in Form
einer Vergleichsberechnung gemäß § 4 Abs. 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Der 1934 geborene Kläger hat sein Erwerbsleben bis zur Wiedervereinigung in der ehemaligen DDR verbracht. Dort
war er als Krankenhausarzt tätig, zuletzt als Oberarzt im H der G in B. Außerdem arbeitete er von 1967 bis 1990
nebenamtlich als Facharzt für Dermatologie bei der Bezirksstelle für Lungenkrankheiten und Tuberkulose. In der
Folgezeit war er noch bis zum 30. Juni 1998 versicherungspflichtig im Beitrittsgebiet beschäftigt.
Mit (bindendem) Bescheid vom 13. August 1997 stellte die Beklagte in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger
Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zu Zusatzversorgungssystemen vom 1. Februar 1960 bis 30. Juni 1988 sowie 1.
Juli 1988 bis 30. Juni 1990 mit den jeweiligen Beitragszeiten und den zuzuordnenden Arbeitsentgelten fest.
Im Rahmen der Kontenklärung erließ die Beklagte die Vormerkungsbescheide vom 17. Juni 1997 und 9. Dezember
1997, mit denen die in den den Bescheiden jeweils beigefügten Versicherungsverläufen enthaltenen rentenrechtlichen
Daten für Zeiträume bis zum 31. Dezember 1990 bzw. 31. Dezember 1991 verbindlich festgestellt wurden; so wurde
u.a. für die Beitragszeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1991 ein tatsächlicher Arbeitsverdienst von 49.021,00 DM
und ein rentenrelevanter Arbeitsverdienst von 66.182,40 DM (errechnet aus dem Wert der für die neuen Bundesländer
geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 38.400,00 DM [Anlage 2a zum SGB VI] mit dem Faktor 1,7235 [Anlage 10
zum SGB VI]) festgestellt. Den Widerspruch, mit dem der Kläger u.a. aus der Hochrechnung der
Beitragsbemessungsgrenze Ost resultierende rentenrelevante Arbeitsverdienste unter der Beitragsbemessungsgrenze
West rügte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1998, in dem eine verbindliche Feststellung
der Daten nur bis 1990 erklärt wurde, zurück; die dagegen zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobene Klage (S 10 An
1442/98) nahm der Kläger am 7. Mai 1998 zurück.
Auf den im April 1998 gestellten Rentenantrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 5. Juni
1998 mit Wirkung ab 1. Juli 1998 eine Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 36 des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB VI). Der Rentenberechnung legte sie dabei u.a. die vom Zusatzversorgungsträger im
Feststellungsbescheid vom 13. August 1997 festgestellten Arbeitsentgelte zu Grunde, begrenzt auf die Werte der
Anlage 3 zum AAÜG und vervielfältigt mit den Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI (Hochwertung auf "Westniveau").
Für die Folgezeit berücksichtigte sie die Feststellungen aus dem Kontenklärungsverfahren. Sie legte zur Ermittlung
der persönlichen Entgeltpunkte die mit den Werten der Anlage 10 multiplizierten Arbeitsentgelte zu Grunde, wobei sie
die zu vervielfältigenden Arbeitsverdienste bei Übersteigen der in der Anlage 2a festgelegten
Beitragsbemessungsgrenzen (BBG Ost) auf diese Werte begrenzte bzw. die vervielfältigten Arbeitsverdienste bei
Übersteigen der in der Anlage 2 festgelegten allgemeinen Beitragsbemessungsgrenzen (BBG West) nur bis zu dieser
Höhe berücksichtigte. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger insofern eine höhere Rentenleistung geltend, als
er die Begrenzung bzw. die Höhe der berücksichtigten Arbeitsentgelte in den Jahren 1992 und 1993 bemängelte;
außerdem werde ein erheblicher Teil seines erworbenen Versorgungsanspruchs nicht in die Rentenberechnung
einbezogen und dies sei verfassungswidrig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 1998 bestätigte die Beklagte ihre Entscheidung und führte dazu im
Wesentlichen aus, die Rentenberechnung sei nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und unter
Berücksichtigung der vom Arbeitgeber mitgeteilten Arbeitsentgelte und unter Beachtung der (gegebenenfalls
anteiligen) Beitragsbemessungsgrenze zutreffend erfolgt.
Dagegen hat sich der Kläger mit seiner zum SG Berlin erhobenen Klage gewandt und eine zusätzlich zur Rente zu
gewährende Leistung aus der Zusatzversorgung beansprucht. Des Weiteren hat er geltend gemacht, ihm stehe
insoweit eine höhere Rente zu, als die Umrechnungsfaktoren der Anlage 10 zum SGB VI im Hinblick auf die Jahre
1991, 1993 und 1994 zu niedrig bemessen worden seien; dies führe dazu, dass die in den neuen Bundesländern
geltenden Beitragsbemessungsgrenzen (Anlage 2a zum SGB VI) nach Multiplikation mit den Faktoren der Anlage 10
nur geringere Beträge als die gemäß Anlage 2 zum SGB VI geltenden allgemeinen Bemessungsgrenzen erreichten.
Bei zutreffender Bestimmung dieser Faktoren für die Jahre 1991, 1993 und 1994 seien bei der Rentenberechnung
insgesamt zusätzlich 0,3127 Entgeltpunkte zu berücksichtigen.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 3. August 2000 die Klage abgewiesen und dazu
im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger eine zusätzliche Versorgungsleistung
begehre, weil über diese Frage von der Beklagten nicht ausdrücklich entschieden worden sei. Soweit er in Ergänzung
dieses Antrages hilfsweise die rentenrechtliche Berücksichtigung seiner in der Zeit vom 1. Februar 1960 bis 30. Juni
1990 erzielten Arbeitsentgelte ohne Begrenzung auf die Werte der Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 3 zum
AAÜG bzw. Anlage 2 zum SGB VI begehre, sei die Klage unbegründet. Die Anwendung dieser allgemeinen
Beitragsbemessungsgrenzen entspreche § 6 Abs. 1 AAÜG bzw. § 260 Satz 2 SGB VI. Verfassungsrechtliche
Bedenken gegen die Anwendung auch auf in Zusatzversorgungssystemen zurückgelegte Beitragszeiten im Sinne von
§ 5 AAÜG bestünden nicht. Soweit der Kläger weiter beantrage, zusätzlich 0,3127 Entgeltpunkte im Hinblick auf den
als zu niedrig befundenen Umrechnungsfaktor für die Jahre 1991, 1993 und 1994 zu berücksichtigen, sei die Klage
unbegründet. Die Rentenberechnung entspreche den gesetzlichen Regelungen. Die maßgebenden Entgelte für 1991
seien bereits bestandskräftig festgestellt worden. Es treffe zwar zu, dass die Anwendung der maßgeblichen
Bestimmungen bzw. der entsprechenden Werte der Anlagen zum SGB VI in den vom Kläger angesprochenen Jahren
zu einer Berücksichtigung von geringeren Entgelten als der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze führe. Dies
verstoße jedoch entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 oder Artikel 14 des Grundgesetzes.
Denn unstreitig seien die tatsächlichen Arbeitsverdienste des Klägers, aus denen dieser Beiträge zum System der
gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet habe, vollständig bei der Berechnung seiner Entgeltpunkte berücksichtigt
worden. Der Kläger sei insoweit auch nicht schlechter gestellt als Versicherte der alten Bundesländer, sondern diesen
gegenüber sogar dadurch bevorzugt, dass auf Grund der Anwendung der Anlage 10 des SGB VI bei der Berechnung
der Entgeltpunkte höhere Arbeitsverdienste berücksichtigt worden seien, als der Beitragsberechnung zu Grunde
gelegen hätten. Ein verfassungs- bzw. grundrechtlicher Anspruch auf eine trotz geringerer Beitragsleistung
vollständige "Hochwertung" der Arbeitsentgelte auf "Westniveau" bestehe nicht. Eine andere verfassungsrechtliche
Bewertung könne möglicherweise angebracht sein, wenn die Arbeitsverdienste eines Versicherten der neuen
Bundesländer die Werte der Anlage 2 zum SGB VI erreichten oder überstiegen; Hinweise auf einen solchen
Sachverhalt ergäben sich aber vorliegend nicht.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er unter zwei Gesichtspunkten eine höhere Rentenleistung
beansprucht: Ihm müssten zusätzliche Entgeltpunkte für die Jahre 1991, 1993 und 1994 berücksichtigt werden und
außerdem sei ihm der Bestandsschutz des § 4 Abs. 4 AAÜG wie einem ("rentennahen") Zugangsrentner zuzubilligen.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Berlin vom 3. August 2000 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten
vom 5. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 1998 zu ändern und die Beklagte zu
verurteilen, für das in den Jahren 1991, 1993 und 1994 erzielte, die Beitragsbemessungsgrenze übersteigende
beitragspflichtige Einkommen Entgeltpunkte in Höhe der Werte der Anlage 2b SGB VI (jährliche Höchstwerte)
gutzubringen,
in Annerkennung der Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG den Gesamtanspruch aus Rente der
Sozialversicherung und Altersversorgung der Intelligenz in ihrer speziellen Ausgestaltung fiktiv für die Situation
festzustellen, dass der Versorgungsfall zum 1. Juli 1990 eingetreten wäre, diesen Gesamtanspruch am 1. Januar
1992 um 6,84 % zu erhöhen, ab 1. Januar 1992 zu den Anpassungsterminen "Ost" mit den Anpassungsfaktoren "Ost"
zu dynamisieren und diesen Betrag rückwirkend ab Rentenbeginn unter weiterer regelmäßiger Anpassung in Zukunft
so lange zu gewähren, bis ihn die Rente nach dem SGB VI übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Rentenberechnung für zutreffend. Die vom Kläger geforderte Berücksichtigung der
Höchstwerte der Anlage 2b zum SGB VI betreffe nur das durch § 70 Abs. 2 SGB VI geregelte Zusammentreffen von
Entgeltpunkten für Zeiten der Kindererziehung und zeitgleichen Beitragszeiten. Verstehe man deshalb sein Vorbringen
dahin, dass er individuelle Entgelte bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze der Anlage 2 zum SGB VI
berücksichtigt wissen wolle, ließen dies die maßgeblichen Bestimmungen mit den festgelegten (vorläufigen) Werten
nicht zu. Eine Benachteiligung gegenüber einem Versicherten des (alten) Bundesgebietes sei nicht erkennbar, im
Gegenteil führe die Hochwertung zu einer Vergünstigung. Vertrauensschutz nach dem Einigungsvertrag in Form einer
Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG stehe nur bei einem Rentenbeginn bis zum 30. Juni 1995 zu und
erfasse den Kläger bei einem Rentenbeginn am 1. Juli 1998 nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der
Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte über den Kläger (Vers.-Nr.: ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für die Jahre 1991, 1993 und 1994 in
seiner Rentenberechnung.
Auf die Höchstwerte der Anlage 2b zum SGB VI kann der Kläger sein Begehren nicht stützen, weil diese Werte nur für
das Zusammentreffen von Entgeltpunkten für Zeiten der Kindererziehung mit zeitgleichen Beitragszeiten
entsprechend der Regelung in § 70 Abs. 2 SGB VI gelten, wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat. Aber auch
soweit der Kläger entsprechend seinem erstinstanzlichen Vorbringen die Berücksichtigung anderer als in Anlage 10
zum SGB VI angeführter Umrechnungswerte für die angeführten Jahre begehrt, fehlt es an einer gesetzlichen
Grundlage.
Der Kläger bemängelt, dass die für die Anhebung der "Ost-Entgelte" auf Westniveau maßgebenden Rechengrößen zu
niedrig ausfallen und er deshalb nicht die Entgeltpunkte bis zu einem Entgelt der BBG West erreichen kann. Die
Beitragsbemessungsgrenze (§ 159 SGB VI) ist jedes Jahr zum 1. Januar durch Verordnung festzusetzen. Im Hinblick
auf den für die Erhöhung maßgebenden Maßstab kann diese Festsetzung nur auf vorläufigen Zahlen beruhen, da die
statistischen Daten für das ablaufende Jahr erst später feststehen. Demzufolge gibt es immer ein vorläufiges und
schließlich ein später feststehendes endgültiges Durchschnittsentgelt (vgl. Anlage 1 zum SGB VI). Die BBG Ost (§
275a SGB VI) wird unter Berücksichtigung des (vorläufigen) Wertes der Anlage 10 gebildet, der das Verhältnis der
Durchschnittsentgelte West zu den Durchschnittsentgelten Ost wiedergibt. Endgültige statistische Angaben liegen
insoweit ebenfalls noch nicht vor, so dass es auch in der Anlage 10 einen vorläufigen und einen endgültigen Wert gibt.
Das Verfahren entspricht damit im Wesentlichen dem bisherigen nach §§ 112 Abs. 2, 33 AVG, allerdings mit dem
Unterschied, dass nicht mehr auf bereits feststehende Daten eines schon abgelaufenen Jahres, sondern auf -
zumindest teilweise noch zu schätzende - Daten des laufenden Jahres abgestellt wird. Hinzu kommt, dass für die
erste Zeit nach der Wende verlässliche Grundlagen zur Angleichung des Rentenrechts des Beitrittsgebiets an das
künftig maßgebende Rentenrecht der Bundesrepublik fehlten.
Der vorläufige Umrechnungswert der Anlage 10 für 1991 von 1,8644 macht deutlich, dass die Schätzungen von einer
deutlich geringeren Gehaltssteigerung im Beitrittsgebiet ausgingen, als sich schließlich später auf Grund der
tatsächlichen Zahlen herausstellte und damit nur einen endgültigen Umrechnungswert von 1,7235 rechtfertigte.
Ähnliches gilt für die weiteren hier streitigen Jahre 1993 und 1994, wenn auch mit merklich geringeren Differenzen.
Berücksichtigt man dies und des Weiteren die auch durch die Rundung (§ 275a Satz 2 SGB VI) möglich werdenden
Differenzen, so ist das vom Kläger bemängelte Zahlenwerk damit erklärt. Eine Rechtswidrigkeit lässt sich darin nicht
erkennen, insbesondere liegt kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Der Kläger hat für 1991 Beiträge für
insgesamt 38.400,00 DM (= BBG Ost) entrichtet, während ihm unter Berücksichtigung des Umrechnungsfaktors
1,7235 Entgeltpunkte nach einem Verdienst von 66.182,40 DM und damit zugegebenermaßen weniger als nach der
BBG West von 78.000,00 DM zu Grunde gelegt worden sind. Damit ist er im Ergebnis nur begünstigt, weil ihm
Entgeltpunkte für ein Entgelt angerechnet werden, für das er nur teilweise Beiträge entrichtet hat. Die vom Kläger
geltend gemachte Benachteiligung kann auch nicht darin gesehen werden, dass ein im Beitrittsgebiet tätiger
Versicherter zwar tatsächlich ein höheres an die BBG West heranreichendes Entgelt erzielt, für das ihm aber auf
Grund des dargelegten Rechenganges nicht weitergehende Entgeltpunkte gewährt werden können, denn ein solcher
Sachverhalt ist vorliegend nicht ersichtlich und wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht. So liegt beispielsweise
das tatsächliche Entgelt von 49.021,00 DM für 1991 unter dem im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigten
Entgelt. Für die berücksichtigten Zeiten in den Jahren 1993 und 1994 ergeben sich auf Grund des Zusammenspiels
der Zahlen der Anlagen 2, 2a und 10 zum SGB VI ebenfalls, wenn auch deutlich geringere Differenzen zur BBG West
und zu den für einen Versicherten aus den alten Bundesländern erreichbaren Entgeltpunkten, für die diese dann
allerdings auch im Gegensatz zu den Versicherten des Beitrittsgebietes entsprechende Beiträge entrichtet haben
müssen.
Damit zeigt sich, dass die vom Kläger gerügte Benachteiligung Folge der Umsetzung der für die Versicherten des
Beitrittsgebiets geltenden Vergünstigung ist und diese Vergünstigung im geringen Umfang schmälert. Dass ein
verfassungsrechtlicher Anspruch bestünde, diese aus einem ordnungsgemäßem Verwaltungsablauf resultierende
Einschränkung der Vergünstigung zu beseitigen, ist nicht ersichtlich. Diese vom Kläger gerügte "Benachteiligung" war
eine nur kurze im Wesentlichen geringfügige Folge der Umbruchsituation, wie sich aus den verschiedenen Werten der
Anlage 10 zum SGB VI ergibt.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Rentenanspruch unter Berücksichtigung eines Zahlbetragsschutzes
zu, wie er in § 4 Abs. 4 des AAÜG für rentennahe Jahrgänge auf Grund der entsprechenden Festlegungen im
Einigungsvertrag formuliert worden ist. Die darin geforderten Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, weil er weder
"Bestandsrentner" ist, noch zum Personenkreis der rentennahen Jahrgänge, deren nach dem SGB VI berechnete
Rente in der Zeit bis zum 30. Juni 1995 beginnt, zählt. Andere gesetzliche Bestimmungen, die das diesbezügliche
klägerische Begehren stützen könnten, sind nicht ersichtlich.
Die vom Kläger beanspruchte erweiterte Anwendung des § 4 Abs. 4 AAÜG auch auf Personenkreise, deren Rente erst
nach dem 30.Juni 1995 beginnt, ist daher nach der insoweit nicht auslegungsfähigen Regelung nicht möglich. Eine
durch die Rechtsprechung auszufüllende Regelungslücke ist nicht erkennbar. Die vom Kläger vorgetragene
Argumentation würde deshalb nicht dazu führen, ihm die begehrte höhere Leistung zuzusprechen, sondern könnte nur
über den Weg einer verfassungsgerichtlichen Prüfung ein Tätigwerden des Gesetzgebers erzwingen.
Die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens sieht der Senat nicht; die vom Kläger angeführten verfassungsrechtlichen
Bedenken greifen nicht. Die der Rentengewährung nach dem SGB VI zu Grunde liegende sogenannte
Systementscheidung, die verschiedenen Leistungen der Altersversorgung der DDR in eine einheitliche nach dem SGB
VI berechnete Rente zu überführen, ist nach dem vom Kläger angeführten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
28. April 1999 - 1 BvL 32/98 und 1 BvR 2105/95 - nicht zu beanstanden. Denn auch wenn die in der DDR erworbenen
Ansprüche und Anwartschaften durch den Einigungsvertrag in den Schutzbereich des Grundgesetzes gelangten, so
waren sie nur nach dessen Maßgaben geschützt; dieser grundgesetzliche Schutz schließt jedoch Änderungen und
Umgestaltungen durch den Gesetzgeber nicht aus. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch richtig darauf
verwiesen, dass dem im Schutzbereich des Artikel 14 des Grundgesetzes zu beachtenden Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Zahlbetragsgarantie für Rentner und rentennahe Jahrgänge genügt wird.
Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Schutzfunktion der Zahlbetragsgarantie den von ihr nach ihrem
Wortlauf nicht erfassten Rentnern und damit zeitlich unbefristet zu gewähren ist, wenn sich im Einzelfall auf Grund der
Versicherungsbiografie eine niedrigere Rente nach dem SGB VI ergibt. Eine solche Auffassung würde eine
Überdehnung der verfassungsrechtlich gebotenen Übergangsregelung bedeuten, denn der betreffende Personenkreis
wäre damit - anders als die anderen Versicherten - von künftigen (und verfassungsrechtlich zulässigen) Änderungen,
die die Wertigkeit der Altersversorgung verringern, ausgenommen. Dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - wie
der Kläger meint - verlange, die Zahlbetragsgarantie auch auf Rentenzugänge nach dem 30. Juni 1995 und noch im
Jahre 1998 anzuwenden, deutet deshalb auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil nicht einmal an, obwohl
ihm bei seiner Entscheidung sicherlich bekannt gewesen ist, dass auch der Personenkreis der Angehörigen der
Zusatz- und Sonderversorgungssysteme von dem Wegfall von Arbeitsplätzen und der relativ hohen Arbeitslosigkeit im
Beitrittsgebiet betroffen ist und sich insofern die der zeitlichen Begrenzung zu Grunde liegende Annahme, die
betreffenden späteren Rentenzugänge würden im Verlaufe ihres weiteren Erwerbslebens ihre Altersvorsorge
verbessern können, in vielen Fällen nicht bzw. nicht im erwarteten Umfang bestätigt hat.
Soweit der Kläger, der zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme zum 30. Juni 1990 noch einen
erheblichen Teil seines Erwerbslebens - nämlich nahezu 9 Jahre bis zum Beginn der Regelaltersrente - vor sich hatte,
auf die höheren Rentenleistungen älterer und damit "rentennaher" Versicherter verweist, ist ein Gleichheitsverstoß
nicht erkennbar. Ein solcher liegt vor, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt als
eine andere, obwohl zwischen beiden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie
die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse für eine
Gleich- oder Ungleichbehandlung als maßgeblich anzusehen sind, entscheidet dabei grundsätzlich der Gesetzgeber.
Dass der Gesetzgeber vorliegend darauf abgestellt hat, ob nach Schließung der Zusatzversorgungssysteme für
Personen im erwerbsfähigen Alter noch in einem beachtlichen Zeitraum Gelegenheit bestand, Zugang zu ergänzenden
Alterssicherungssystemen zu finden, ist deshalb nicht zu beanstanden. Dementsprechend hat das
Bundesverfassungsgericht es auch mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz für vereinbar gehalten, dass die begünstigende
Wirkung der Zahlbetragsgarantie nach dem Einigungsvertrag auf Bestandsrentner und Rentenzugänge bis zum 30.
Juni 1995 begrenzt wurde (Bundesverfassungsgericht, a.a.O. S. 63 des Umdrucks).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; Kosten sind nicht zu erstatten, weil der Kläger auch im
Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.