Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2008

LSG Berlin und Brandenburg: inhaftierung, zugehörigkeit, nationale sicherheit, ddr, eingliederung, dienstverhältnis, staatssicherheit, auskunft, gerichtsakte, ausführung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 13.03.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Neuruppin S 5 RA 401/98
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 21 RA 374/04
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Februar 2000 aufgehoben und
die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zeit vom 03. Juni 1966 bis 06. September 1974 als Zeit der
Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Sonderversorgung der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums
für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit, Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 zum Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG -.
Der am 1925 geborene Kläger war seit 1957 inoffizieller Mitarbeiter - IM - beim ehemaligen Ministerium für
Staatssicherheit im Beitrittsgebiet - MfS -. Ab dem 01. Januar 1963 war er nach eigenen Angaben hauptamtlicher
Mitarbeiter des MfS, zunächst als Offizier, ab dem 01. März 1975 bis 31. Dezember 1978 Abteilungsleiter. Der Kläger
hat seinen Verdienst beim MfS für die Zeit ab 01. Januar 1963 bis Ende 1966 mit jährlich 900 Mark, für das Jahr 1967
mit 1.050 Mark der DDR, für 1968 in Höhe von 1.140 Mark der DDR, für die Jahre 1969 und 1970 mit 1.200,00 Mark,
für 1971 in Höhe von 1.320 Mark der DDR, für 1972 in Höhe von 1.440 Mark, für 1973 in Höhe von 1.560 Mark, für
1974 und 1975 in Höhe von 1.680 Mark und für die Jahre 1976 bis einschließlich 1978 mit 1.860 Mark angegeben. In
seinem Sozialversicherungsausweis wurden für die Jahre 1966 bis einschließlich 1975 jährlich 7.200 Mark als
Bruttoverdienst für die Sozialversicherung vermerkt.
In der Zeit vom 03. Juni 1966 bis 06. September 1974 war der Kläger in F wegen Agententätigkeit inhaftiert. Nach
eigenen Angaben wurden dem Kläger während der Haft 200 Mark von seinem Auftraggeber in die Haftanstalt gezahlt,
eine weitere Vergütung sei auf ein Bankkonto in der ehemaligen DDR gezahlt worden. Am 01. September 1975
erfolgte nach Rückkehr in das Beitrittsgebiet die Attestierung mit dem Dienstgrad Hauptmann. Sein Dienstalter wurde
unter doppelter Anrechnung der Haftzeit festgelegt.
Auf seinen Antrag wurde dem Kläger mit Bescheid vom 15. Dezember 1978 eine Invalidenrente ab 01. Januar 1979
gewährt. Zuletzt erhielt der Kläger im Beitrittsgebiet durch Bescheid des Ministeriums für Staatssicherheit vom 27.
September 1989 eine monatliche Invalidenrente ab 01. Juli 1989 in Höhe von 2.672,00 Mark der DDR. Diese Rente
wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 22. Juli 1991 ab 01. August 1991 in Höhe von 802,00 DM gezahlt.
Mit Bescheid vom 24. Februar 1995 stellte die Beklagte als nachgewiesene Zeit der Zugehörigkeit zum
Sonderversorgungssystem nach § 5 AAÜG die Zeiträume vom 01. Januar 1963 bis 28. Februar 1966 sowie vom 01.
September 1975 bis 31. Dezember 1978 mit Entgelten fest. Hiergegen erhob der Kläger am 02. März 1995
Widerspruch und machte auch die Berücksichtigung der Zeit vom 01. März 1966 bis 31. August 1975 als Zeit der
Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS geltend. Gleichzeitig wandte er sich gegen die mit dem
Entgeltbescheid festgestellte Kürzung der tatsächlichen Jahresbruttoarbeitsentgelte nach § 7 AAÜG. Mit Bescheid
vom 12. Juni 1995 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, Zeiten der Inhaftierung seien
unabhängig von Zahlungen von Bezügen und unabhängig vom Ort der Inhaftierung nicht zu berücksichtigen.
Daraufhin erhob der Kläger am 20. Juni 1995 beim Sozialgericht Potsdam unter dem Aktenzeichen S 10 RA 484/95
Klage, die nach einem Ruhen des Rechtsstreits unter dem Aktenzeichen S 10 R 509/96 fortgeführt wurde.
Mit Bescheid vom 04. März 1997 hob die Beklagte den Bescheid vom 24. Februar 1995 auf und stellte die Zeiten vom
01. Januar 1963 bis 02. Juni 1966, vom 07. September 1974 bis 31. August 1975 und vom 01. September 1975 bis
31. Dezember 1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der ehemaligen Mitarbeiter des MfS
fest.
Nachdem das Sozialgericht mit Beschluss vom 25. Juni 1997 das Ruhen des Rechtsstreits hinsichtlich der mit der
Klage begehrten Aufhebung der so genannten Entgeltbegrenzung angeordnet hatte, verurteilte das Sozialgericht,
nachdem es im Wege der Beweisaufnahme den Zeugen Dr. KR zu dem Auftrag des Klägers vernommen hatte
(Niederschrift zur Beweisaufnahme des Sozialgerichts Potsdam, Aktenzeichen S 10 R 509/96, vom 25. Juni 1997),
mit Teilurteil vom 25. Juni 1997 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24. Februar 1995 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 1995 und des Bescheides vom 04. März 1997, auch die Zeit vom 03. Juni
1966 bis 06. September 1974 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zum Sonderversorgungssystem MfS/AfNS als
Pflichtbeitragszeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu bescheinigen.
Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hob das Landessozialgericht für das Land Brandenburg mit Urteil
vom 20. März 1998 (Az. L 2 RA 152/97) das Teilurteil auf und wies die Klage als unzulässig ab.
Am 06. Mai 1998 hat der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -
beantragt, den Bescheid vom 24. Februar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 1995 in der
Fassung des Bescheides vom 04. März 1997 dahingehend zu ändern, dass auch die Zeit vom 03. Juni 1966 bis 06.
September 1974 als Pflichtbeitragszeit aufgrund der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS mit dem
dazugehörigen Jahresbruttoentgelt ausgewiesen wird.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Juni 1998 ab und führte aus, gemäß § 5 AAÜG seien Zeiten
der Zugehörigkeit oder Zuordnung zu einem Sonderversorgungssystem als Pflichtbeitragszeiten in der
Rentenversicherung festzustellen, wenn eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei. Zeiten der
Inhaftierung könnten unabhängig von der Zahlung von Bezügen und unabhängig vom Ort der Inhaftierung nicht
berücksichtigt werden. Den hiergegen am 29. Juni 1998 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom
28. Juli 1998 zurück.
Mit seiner daraufhin vor dem Sozialgericht Neuruppin am 07. August 1998 erhobenen Klage hat der Kläger weiter die
Feststellung der Zeit vom 03. Juni 1996 bis 06. September 1974 als Pflichtbeitragszeit begehrt und zunächst auch
geltend gemacht, den Bescheid vom 24. Februar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 1995
insoweit aufzuheben, als bei der Überführung versorgungsrechtlicher Ansprüche und Anwartschaften in die
Rentenversicherung das gemäß § 7 i. V. m. Anlage 6 zum AAÜG begrenzte Entgelt bescheinigt worden sei. Letzteres
Begehren hat der Kläger im Laufe des Rechtsstreits am 15. Februar 2000 zurückgenommen.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass nach den §§ 6 und 7 AAÜG im
Entgeltbescheid Arbeitsentgelte für Zeiten festzustellen seien, für die eine Versorgungszusage bestanden habe. Dies
sei bei ihm der Fall gewesen. Sein Dienstverhältnis mit dem MfS habe auch während der Inhaftierung weiter
bestanden. Ihm seien während der Haft auch nicht sämtliche Kommunikationsmöglichkeiten mit seinen Auftraggebern
unterbunden gewesen. Es komme nicht darauf an, ob er tatsächlich mit seinem Auftraggeber kommuniziert habe. Ein
Beschäftigungsverhältnis setze nicht unbedingt voraus, dass der Arbeitnehmer unmittelbar an Weisungen gebunden
sei. Es stehe vielmehr dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer frei, die zwischen ihnen nötige Kommunikation nach
Art und Inhalt unter den jeweils gegebenen Bedingungen zu gestalten.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998
den Bescheid vom 24. Februar 1995 in der Fassung des Bescheides vom 04. März 1997 abzuändern und die
Beklagte zu verurteilen, auch die Zeit vom 03. Juni 1966 bis 06. September 1974 als Zeit der Zugehörigkeit zum
Sonderversorgungssystem MfS/AfNS im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei der mit dem Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung verblieben und hat geltend gemacht,
nach der Versorgungsordnung der ehemaligen Mitarbeiter des MfS/AfNS seien alle hauptamtlichen Mitarbeiter
während der Dauer des Dienstverhältnisses pflichtversichert gewesen. Derartige Dienstverhältnisse seien durch eine
Weisungsgebundenheit geprägt gewesen. Dazu habe zwingend gehört, dass der Dienstherr frei über die Arbeitskraft
des Dienstleistenden habe verfügen können. Auf die Zahlung einer Besoldung oder auf eine Versorgungszulage
komme es nicht an. Während der Inhaftierung unterstehe jedoch ein Arbeitnehmer allein der Staatsgewalt, so dass der
frühere Arbeitgeber über keine Verfügungsgewalt mehr verfüge. Der Mitarbeiter könne in einer solchen Situation auch
nicht seine Arbeitskraft vollständig zur Verfügung stellen.
Das Sozialgericht hat die Gerichtsakten aus dem Rechtsstreit des Klägers vor dem Sozialgericht Potsdam zum
Aktenzeichen S 10 R 509/96 beigezogen und mit Urteil vom 15. Februar 2000 den Bescheid vom 24. Februar 1995 in
der Fassung des Bescheides vom 04. März 1997 unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 1998 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998 abgeändert und die Beklagte verurteilt, auch die Zeit vom 03. Juni
1966 bis 06. September 1974 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem MfS/AfNS im Sinne des § 5
Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers sei während der
Inhaftierung in F nicht unterbrochen gewesen. Insbesondere der vom Sozialgericht Potsdam vernommene Zeuge habe
ausgesagt, dass dem Kläger bereits vor dem Einsatz im Ausland auch Aufträge und Verhaltensweisen für den Fall
einer Inhaftierung gegeben worden seien und von vornherein davon ausgegangen worden sei, dass auch während
einer Inhaftierung die Tätigkeit des Klägers nicht unterbrochen werde, sondern sich vielmehr in dem Fall nur der
Einsatz und Wirkungsbereich ändern sollte. Entsprechendes ergebe sich aus den Richtlinien und Dienstanweisungen
der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS. Jeder Kundschafter sei bereits vor Antritt seiner Agententätigkeit beauftragt
worden, auch während der Haft alle Einzelheiten seiner Umgebung im Gedächtnis zu behalten und bei seiner
Rückkehr auszuwerten. Ein Beschäftigungsverhältnis sei nicht immer an ein unmittelbares Weisungsrecht gebunden.
Gegen das ihr am 29. Februar 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03. März 2000 Berufung eingelegt. Sie ist
weiterhin der Auffassung, dass der Kläger während seiner Haftzeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung
ausgeübt habe. Im Falle einer Inhaftierung sei ein für ein Arbeitsverhältnis charakteristisches Direktions- und
Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgeschlossen, da diese Funktionen in dieser Zeit von den zuständigen
Strafvollzugsorganen erfüllt würden. Eine Berücksichtigung der Haftzeiten als Pflichtbeitragszeiten führe zu dem
abwegigen Ergebnis, dass dem Kläger für die Haftzeit genau die Tätigkeit anerkannt werde, für die er zuvor bestraft
worden sei. Dadurch würde man den durch die Strafe bzw. Inhaftierung verfolgten Zweck, nämlich die Tätigkeit des
Klägers zu unterbinden, gerade seine Wirkung absprechen. Weiterhin müsse eine nach § 5 Abs. 1 AAÜG geforderte
Beschäftigung oder Tätigkeit einen rentenrechtlich relevanten Mindestumfang haben, um als Pflichtbeitragszeit
überführt werden zu können. Dafür reiche es nicht aus, dass die Beteiligten eine Inhaftierung einkalkuliert und als
Einsatzort des Agenten nunmehr die Haftanstalt definiert hätten. Auch ein formelles Fortbestehen eines Dienst- oder
Beschäftigungsverhältnisses sowie ein sich daraus ergebendes Fortbestehen der Zugehörigkeit zum
Sonderversorgungssystem des MfS rechtfertigten nicht die Annahme einer Pflichtbeitragszeit im Sinne des AAÜG.
Die Richtlinie Nr. 2/79 des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 08. Dezember 1970 könne
nicht auf den vorliegenden Fall angewandt werden, da sie zu dem hier streitigen Zeitraum keine Gültigkeit besessen
habe. Im Übrigen verweist die Beklagte auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin vom 02. Februar 2001
zum Aktenzeichen L 1 RA 28/99.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Februar 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Dass er auch während seiner Haftzeit in einem Dienstverhältnis zum
MfS gestanden habe, sei durch die Versorgungsordnung des Ministeriums des Inneren vom 10. Juli 1954 und
nachfolgend durch die Versorgungsordnungen des MfS geregelt gewesen. Die Zeit der Zugehörigkeit zum
Sonderversorgungssystem des MfS ergebe sich aus diesen Systemen. Aus § 5 Abs. 1 AAÜG folge die
Berücksichtigung als Pflichtbeitragszeit für die Rentenversicherung. Für die Aufrechterhaltung eines
Pensionsanspruches eines vergleichbaren Beamten komme es darauf an, dass der Betreffende auch unter
außergewöhnlichen Bedingungen seinem Dienstauftrag nachkomme. Es möge "irritieren", dass auf diese Weise das
mit Strafe und Haft verfolgte Besserungsziel ganz oder teilweise verfehlt werde. Dieses Risiko sei aber bekanntlich
bei Überzeugungstätern wie dem Kläger unvermeidlich. Auch der Hinweis auf § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG greife nicht
durch, weil der Kläger in Frankreich und nicht in der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen sei. Er habe damals
keine Ansprüche nach dem bundesdeutschen Rentenversicherungssystem erworben.
Der Kläger hat u. a. Erklärungen vom 25. April 2000 sowie vom 19. Juni 2000 zu seinen Verdiensten während der
Haftzeit und Ablichtungen seines Sozialversicherungsausweises zur Gerichtsakte gereicht.
Der Senat hat die Gerichtsakten aus dem Rechtsstreit des Klägers gegen die Beklagte vor dem Sozialgericht
Potsdam zum Az. S 10 R 509/96 (LSG Brandenburg, Az. L 2 RA 152/97) sowie die Gerichtsakte aus dem
Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Potsdam zum Aktenzeichen S 10 (2) R 404/94 (LSG Brandenburg, Az. L 2 RA
249/03) beigezogen. Weiter hat der Senat eine Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der
Staatssicherheitsdienste der ehemaligen DDR vom 23. März 2001 eingeholt, wegen deren Inhalts auf Blatt 140 bis
145 der Gerichtsakten nebst Beiakten zu Blatt 140 der Gerichtsakte verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts Potsdam zu den erledigten
Streitverfahren S 10 R 509/06 (Landessozialgericht für das Land Brandenburg L 2 RA 152/97) und S 10 (2) R 404/94
Sozialgericht Potsdam (Landessozialgericht für das Land Brandenburg L 2 RA 249/03) verwiesen, die vorgelegen
haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit
einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - (Schriftsätze vom 23.
November 2006 und 01. November 2006).
Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht der Klage stattgegeben.
Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Der angefochtene
Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998 ist
rechtmäßig. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, ihren bestandskräftigen Bescheid vom 04. März 1997, mit dem
sie den Bescheid vom 24. Februar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 1995 aufgehoben
und ersetzt hatte, abzuändern.
Nach § 44 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass das Recht unrichtig angewandt oder
von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Zutreffend hat es die Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 04. März 1997 abgelehnt, auch den Zeitraum
vom 03. Juni 1966 bis zum 06. September 1974 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der
Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit,
Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG -
festzustellen.
Das Begehren des Klägers ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet. Da der Kläger im streitigen
Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen Rentensystem nicht zurückgelegt hat, bedarf es zur
Begründung und Ausgestaltung von Rechten und Anwartschaften im Rahmen des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch - SGB VI - sowie zur Wertbestimmung einer Rente besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der
Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren gegliedert. Während das eine
Verfahren mit dem Erlass eines so genannten Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente
feststellenden Bescheid zum Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, dem
Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG die Daten, die zur Durchführung
der Versicherung und zur Feststellung von Ansprüchen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, festzustellen
und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen
Daten gehören die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) und
die tatsächlich erzielten Entgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger
dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember
2001, B 4 RA 6/01 R, SozR 3-8570 § 8 Nr. 7 m.w.N.), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen
auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht.
Hinsichtlich des Zeitraums vom 03. Juni 1966 bis 06. September 1974 liegen hingegen die tatbestandlichen
Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 8 Abs. 3 AAÜG nicht vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als
Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine
Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Dass der Kläger im streitigen Zeitraum dem
Sonderversorgungssystem für Angehörige des MfS angehörte, reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1
Satz 1 AAÜG nicht für eine Geltung dieser Zeiten als Pflichtbeitragszeiten nach § 5 AAÜG aus. Die Regelung
bestimmt die Gleichstellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem mit Pflichtbeitragszeiten der
Rentenversicherung für solche Zeiten, in denen "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung oder
Tätigkeit ausgeübt haben, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung in einem in der Anlage 1 und 2 zum AAÜG
aufgelisteten System vorgesehen war. Drei Tatbestandsvoraussetzungen müssen vorliegen, nämlich 1. die Ausübung
einer Beschäftigung, 2. eine entgeltliche Beschäftigung und 3. eine Beschäftigung im Rahmen eines
Versorgungssystems (BSG vom 24. Juli 2003, B 4 RA 40/02 R, zitiert nach juris).
Die von dem Kläger im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X geltend gemachte weitere Zeit vom 03. Juni 1966 bis
06. September 1974 war keine Zeit der "Beschäftigung" und somit keine gleichgestellte Pflichtbeitragszeit nach § 5
AAÜG.
Aus der Funktion des § 5 AAÜG, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem den
Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI gleichzustellen, wenn eine
Beschäftigung ausgeübt worden ist, folgt, dass eine entgeltliche Beschäftigung vorgelegen haben muss, weil auch nur
aus einer solchen Beschäftigung eine Pflichtbeitragszeit nach dem SGB VI folgt (§§ 1 Nr. 1, 55, 248 SGB VI, vgl.
BSG vom 24. Juli 2003, a.a.O.). Ziel des AAÜG ist es, Beschäftigungszeiten als gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten
in der gesetzlichen Rentenversicherung festzustellen. Daher muss ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 1 Nr.
1 SGB VI in Verbindung mit § 7 Abs. 1 SGB IV bestanden haben (BSG vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 20/03 R
SozR 4-8570 § 1 Nr. 2). § 5 AAÜG regelt ergänzend zu § 248 Abs. 3 SGB VI die Gleichstellung von
Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem mit Pflichtbeitragszeiten, in denen eine Beschäftigung oder
Tätigkeit ausgeübt worden ist (Schmidt in: Kreikebohm, SGB VI, § 5 AAÜG, Rn. 2). Eine Beschäftigung ist nach § 7
Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung in diesem Sinne sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Bei der Anwendung des Bundesrechts auf Sachverhalte aus der Zeit der ehemaligen DDR nach § 5 AAÜG sind zwar
die Besonderheiten der DDR zu berücksichtigen. Der Rechtsbegriff des Arbeitsverhältnisses der DDR stimmte aber
mit dem bundesdeutschen Rechtsverständnis weitestgehend überein (Arbeitsleistung gegen Lohn, Weisungsrecht,
Eingliederung in einen Betrieb, §§ 40, 80 bis 83, 95 Arbeitsgesetzbuch der DDR - AGB -), so dass der Rechtsbegriff
"Beschäftigung" auf einen Sachverhalt in der DDR nach Sinn und Zweck anwendbar ist (BSG vom 24. Juli 2003, B 4
RA 40/02 R, a.a.O.).
Nach den danach heranzuziehenden Grundsätzen lag hier für den streitigen Zeitraum kein Beschäftigungsverhältnis
im Sinne des § 7 SGB IV vor.
Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig
ist (BSG v. 22.02.1996, 12 RK 6/95, BSGE 78, 34-40). Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb
und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des
Arbeitgebers (BSG vom 04. Juli 2007, B 11 a AL 5/06 R, ZPI 2007, 2185 bis 2187; vom 24. Januar 2007, B 12 KR
31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sind u. a. die in einem
Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeiten, der vereinbarte Lohn, die Verabredung von getroffenen Regelungen zur
Arbeitsunfähigkeit, da dieses auf eine Weisungsgebundenheit hindeuten würde. Weiteres Indiz für die Durchführung
eines Beschäftigungsverhältnisses als abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist das
Abführen von Lohnsteuer und die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung aus gezahlter Arbeitsvergütung.
Maßgebend bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Der Kläger war als Agent vor dem hier streitigen Zeitraum aufgrund einer Anweisung des MfS als Kundschafter in
Frankreich tätig. Er wurde für seine Tätigkeit entlohnt, dies ist glaubhaft vom Kläger bestätigt worden und ergibt sich
auch aus der Auskunft der Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik vom 23. März 2001. Diese Behörde hat für den Senat die Tätigkeit des Klägers als
hauptamtlicher inoffizieller Mitarbeiter und Kundschafter des MfS hinreichend bestätigt. Auch wenn keine
Vereinbarungen oder Verpflichtungen schriftlicher Art bzw. Gehaltsunterlagen auffindbar sind, ergibt sich aus der
Aussage des Dr. K R vor dem Sozialgericht Potsdam vom 25. Juni 1997, dass der Kläger im Rahmen eines
nachrichtendienstlichen Auftrages des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR als Kundschafter tätig
war. Die Angaben des Klägers, dass er auch für den Zeitraum seiner Inhaftierung ab Juni 1996 auf ein Sonderkonto in
der ehemaligen DDR Gehaltszahlungen erhalten hat, hat der Senat als wahr unterstellt. Insofern war der Kläger auf der
Grundlage von Vereinbarungen und Richtlinien als Kundschafter tätig. Das "Dienstverhältnis" des Klägers mag auch,
wie mit der Auskunft der BStU mit der Auskunft vom 23. März 2001 eingeschätzt, während der Inhaftierung nach dem
Willen des MfS und des Klägers weiter bestanden haben.
Dass der Kläger bereits mit seinem nachrichtendienstlichen Auftrag auch den Auftrag hatte, im Falle einer eventuellen
Haft nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu gewinnen, ergibt sich für den Senat weiter aus der Aussage des Zeugen
Dr. R vor dem Sozialgericht Potsdam vom 25. Juni 1997 sowie aus der Richtlinie Nr. 2/79 des Ministerrates der
Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Staatssicherheit vom 08. Dezember 1979 (RL 2/79). Unter
Punkt 7.4. war dort für Maßnahmen bei Verhaftungen von Mitarbeitern festgelegt, dass mit einer Festnahme oder
Verhaftung der operative Auftrag nicht beendet war. Zwar galt diese Richtlinie noch nicht zum Zeitpunkt der
Beauftragung des Klägers. Der vom Sozialgericht Potsdam vernommene Zeuge Dr. R hat jedoch angegeben, dass
zum Zeitpunkt der Beauftragung des Klägers bereits in dieser Weise verfahren worden ist. Hiervon geht auch die
BStU mit der Auskunft vom 23. März 2000 aus.
Danach mag zwar ein Dienstverhältnis des Klägers für das MfS auch während seiner Inhaftierung fortbestanden
haben, sein Sozialversicherungsausweis ist auch für die Zeit der Inhaftierung fortgeführt worden. Auch ist sein
Dienstalter bei der Bemessung seiner Altersrente durch Stellen der ehemaligen DDR unter doppelter Anrechnung der
Haftzeit festgelegt worden.
Für die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Vorschriften zur Sozialversicherung nach § 7 SGB IV
vorlag, reicht jedoch ein Fortbestehen eines Dienstverhältnisses nicht aus. Voraussetzung ist, dass ein
Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Regelungen der Sozialversicherung vorgelegen hat, für die über § 5 AAÜG eine
Gleichstellung bewirkt werden soll. Die Voraussetzungen für ein solches Beschäftigungsverhältnis liegen hier deshalb
nicht vor, weil der Kläger während seiner Inhaftierung nicht mehr in einen fremden Betrieb eingegliedert war und keine
fremdbestimmte Arbeit nach konkreten Weisungen geleistet hat (vgl. hierzu Seewald in: Kasseler Kommentar
Sozialversicherungsrecht § 7 SGB IV Rn. 50 ff.).
Der Kläger unterlag während seiner Haftzeit der Ordnungsgewalt des französischen Staates, die ausschloss, dass der
Kläger im Sinne des § 7 SGB IV weiter fremdbestimmt durch das MfS im Sinne des § 7 SGB IV tätig war. Allenfalls
konnte der Kläger als selbständig Tätiger Informationen entsprechend dem vor seinem Auslandsaufenthalt erteilten
Auftrag sammeln und diese später nach der Haftzeit seinem Auftraggeber zur Verfügung stellen, wie dies nach der
Aussage des Dr. KR auch geschehen ist. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV setzt jedoch
zumindest die Eingliederung in einen fremden Betrieb während der Ausübung der Tätigkeit voraus, woran es hier
mangelte. Das Merkmal der "Eingliederung" hat besondere Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und
selbständiger Tätigkeit (Knospe in: Hauck/Noftz, SGB IV, K § 7 Rn. 15). Die weiter ein fremdbestimmtes
Beschäftigungsverhältnis prägende Weisungsgebundenheit kann zwar bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur
"funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil v. 22. Februar 1996 - 12 RK
6/95 - BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f. mwN). Dem Arbeitgeber kann es rechtlich versagt sein, auf
die konkrete Ausführung der Dienstleistung Einfluss zu nehmen. Erforderlich für ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis ist jedoch in jedem Fall, dass die Dienstleistung weiter fremdbestimmt erfolgt. Dem
Merkmal der Eingliederung in einen übergeordneten Organismus kommt dann als Abgrenzungsmerkmal
entscheidende Bedeutung zu. So kann das für das abhängige Beschäftigungsverhältnis charakteristische Merkmal
der persönlichen Abhängigkeit sowohl nur durch die Eingliederung in einen Betrieb, eine Verwaltung oder einen
Haushalt als auch für den Fall, dass ein Betrieb oder eine Verwaltung fehlt, allein durch Weisungsgebundenheit
gekennzeichnet sein (BSG vom 29. März 1962, 3 RK 74/57, BSGE 16, 289 [294]). Eine Fremdbestimmtheit liegt dann
vor, wenn die Ausübung der Tätigkeit ihr Gepräge von der Ordnung eines anderen Betriebes erhält. (BSG a.a.O.).
Jedenfalls muss während der Arbeitsleistung ein gewisses Maß an Bestimmtheit durch eine übergeordnete
Organisation, sei es durch konkrete Weisungen, sei es durch die organisatorische Eingliederung gegeben sein, woran
es hier für den streitigen Zeitraum fehlte.
Während seiner Inhaftierung unterlag der Kläger als Agent nicht Weisungen hinsichtlich Ort, Dauer und Art und Weise
der Ausführung seiner Kundschaftertätigkeiten. Zwar mag das MfS davon ausgegangen sein, dass auch während der
Haft die Möglichkeit zur Erteilung von Weisungen bestanden hat, wie sich dies aus der Zeugenaussage des Zeugen
Dr. Rergibt. Das MfS hatte aber während der Inhaftierung keinen Einfluss auf die Ausübung der Tätigkeit durch den
Kläger, Weisungen konnten nicht durchgesetzt werden, die Ausführung erteilter Anweisungen, auch nicht die
Ausführung der vor dem Auslandseinsatz erteilten Weisung, konnten nicht überwacht werden. Auch war der Kläger
während der Inhaftierung nicht organisatorisch in das MfS – mit Auswirkungen auf die Verrichtung der Tätigkeiten –
eingegliedert. Eine solche Eingliederung in die Organisation des MfS scheiterte bereits daran, dass der Kläger in
Frankreichunter staatlichem Zwang inhaftiert war und nicht bezüglich seines Aufenthaltsortes, der Dauer seiner
Tätigkeit und der Art der Arbeitsausführung, der Kommunikation mit dem "Auftraggeber" in die Arbeitsorganisation des
MfS und dessen Regeln eingebunden und diesen unterworfen war. Der Kläger war während seiner Haftzeit nicht der
der objektiven Ordnung des MfS unterworfen, sondern der Ordnung des Strafvollzuges in Frankreich.
Dass der Kläger während seiner Inhaftierung weiterhin Einkommen vom MfS bezogen hat, ändert daran nichts. Die
Beurteilung, ob eine Beschäftigung i.S. des § 7 SGB IV vorgelegen hat, beurteilt sich danach, wie ein
Vertragsverhältnis im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Maßgeblich sind die
Rechtsbeziehungen, so wie sie praktiziert worden sind, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig
ist (BSG vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, a.a.O.). Die Bestimmung eines im Rahmen des § 5 AGG rechtlich
relevanten Beschäftigungsverhältnisses entzieht sich der privat- oder öffentlich-rechtlichen Disposition der am
Dienstverhältnis Beteiligten (BSG, a.a.O.). Dass der Kläger und seine Auftraggeber zu Beginn des Auftrages davon
ausgegangen sind, dass der Kläger auch inhaftiert werden konnte und gleichzeitig nicht seine sich aus dem
Dienstverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten wegfallen sollten, worauf das Sozialgericht mit dem von der
Beklagten angefochtenen Urteil vom 25. Juni 1997 abgestellt hat, ist daher für die Annahme einer Beschäftigung im
Sinne des § 7 SGB IV nicht relevant. Die Feststellung nach § 5 Abs. 1 AAÜG ist auch unabhängig davon zu treffen,
ob der Verordnungsgeber der ehemaligen DDR für seine Agenten bei der Berechnung der Rente im Sinne von
"Entschädigungsregelungen" besondere Vorschriften für den besonderen Einsatz vorgesehen hatte. Allein die
Zugehörigkeit zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem reicht gerade nach § 5 AAÜG nicht aus. Für eine
Gleichstellung von Beschäftigungszeiten als Pflichtbeitragszeiten für das System der gesetzlichen
Rentenversicherung des SGB VI kommt es allein darauf an, ob die Ausübung einer "Tätigkeit" auch abstrakt den
Anforderungen eines "Beschäftigungsverhältnisses" gerecht wird. Dies ist vorliegend für Zeiten der Inhaftierung aus
den dargelegten Gründen nicht der Fall, so dass der Zeitraum von der Beklagten nicht festzustellen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Gründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG vorliegen.