Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.12.2006

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 10 B 102/07 AS PKH
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 Abs 1 SGB 2, § 5 Abs 1 Nr
2a SGB 5, § 55 SGB 5, § 73a
SGG, § 114 ZPO
Prozesskostenhilfe; hinreichende Erfolgsaussicht; Darlehen;
Zahnersatzkosten; Regelversorgung; Zuschuss der gesetzlichen
Krankenversicherung; medizinische Notwendigkeit
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18.
Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 114, 121 Abs. 2 Satz 1 1. Alt
Zivilprozessordnung (ZPO) ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts
nur zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf
Erfolg bietet. Dies verlangt nicht, dass der Prozesserfolg gewiss oder überwiegend
wahrscheinlich ist, vielmehr genügt eine „reale Chance zum Obsiegen“. Die
Prozesskostenhilfe darf allerdings bei einer „nur entfernten Erfolgschance“ verweigert
werden. Insbesondere gilt, dass die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe
ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt
sein kann, wenn die Rechtsfrage anlässlich der gesetzlichen Regelungen oder im Hinblick
auf die in bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellten Auslegungshilfen ohne
Schwierigkeiten beantwortet werden kann (Bundesverfassungsgericht E 81,
347 <359>; Beschluss vom 14. Juni 2006 – 2 BvR 626/06, 2 BvR 656/06 -, abrufbar unter
www.bundesverfassungsgericht.de). Diese Anforderungen an die Gewährung von
Prozesskostenhilfe stehen im Einklang mit Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) iVm dem
Rechtsstaatsprinzip, der eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten
und Unbemittelten bei der Verwirklichung von Rechtsschutz gebietet, denn der
Unbemittelte braucht nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine
Prozessaussicht vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt.
Vorliegend ist eine reale Erfolgschance für die von der Klägerin erhobene kombinierte
Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG), mit der sie die Gewährung
eines Darlehens zur Bestreitung der von ihrer Krankenkasse, der B E, nach dem
eingereichten Heil- und Kostenplan vom 16. März 2006 nicht übernommenen Kosten iHv
ca. 2.000,00 EUR für Zahnersatz (vgl. Zuschussfestsetzung vom 11. April 2006) begehrt,
nicht ersichtlich. Denn nach § 23 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) kann ein
Darlehen nur gewährt werden, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster
und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes
weder aus vorhandenem Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Nach
der Sach- und Rechtslage ist schon nicht erkennbar, dass es sich bei den Kosten des
Zahnersatzes um einen von der Regelleistung umfassten und unabweisbaren Bedarf
handelt. Denn anders als bei der Verordnung einer medizinisch notwendigen Sehhilfe
(Brille), die von der gesetzlichen Krankenversicherung – bis auf wenige Ausnahmefälle
(vgl. § 33 Abs. 1 Sätze 5 bis 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ) - grundsätzlich
nicht mehr finanziert wird und daher dem von der Regelleistung umfassten Bedarf
zuzuordnen ist, sieht das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung für
Zahnersatz eine „Vollversorgung“ für Leistungsempfänger nach dem SGB II in § 55 SGB
V in der seit 01. Januar 2005 geltenden Fassung vor. So hat die Satzung einer
Krankenkasse befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen
vorzusehen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Festzuschüsse betragen 50 vH der nach §
57 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 6 und 7 festgesetzten Beträge für die jeweilige
Regelversorgung (vgl. hierzu § 56 SGB V). Dieser Zuschuss erhöht sich um weitere 50
vH auf insgesamt 100 vH, wenn die Versicherte ansonsten unzumutbar belastet würde
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vH auf insgesamt 100 vH, wenn die Versicherte ansonsten unzumutbar belastet würde
(Härtefall), was u.a. beim Bezug von Leistungen nach dem Recht der bedarfsorientierten
Grundsicherung (= SGB II) der Fall ist (§ 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 Zif. 2 SGB V). Nur wenn
die Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen
Zahnersatz wählt, hat sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10
aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen (§ 55 Abs. 4 SGB V). Demzufolge werden die
Kosten der Regelversorgung für medizinisch notwendigen Zahnersatz bei
Arbeitslosengeld II –Empfängern, die nach § 5 Abs. 1 Zif. 2a SGB V in der gesetzlichen
Krankenversicherung pflichtversichert sind, von der Krankenkasse im vollen Umfang
übernommen. Dies ist vorliegend auch geschehen, denn die Krankenkasse der Klägerin
hat sich ausweislich der am 11. April 2006 unter Feststellung eines Härtefalls auf dem
vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 16. März 2006 vorgenommenen
Zuschussfestsetzung bereit erklärt, die Kosten für eine Regelversorgung zu
übernehmen. Es ist von der Klägerin auch nicht dargelegt worden, dass medizinisch
zwingende Gründe bestehen, aus denen in ihrem Fall eine andere Versorgung als die
krankenversicherungsrechtlich vorgesehene Regelversorgung notwendig ist, bzw., dass -
sollte ein solcher Fall vorliegen - die Krankenkasse nach Prüfung die Übernahme der
zusätzlich anfallenden Kosten endgültig abgelehnt hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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