Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.09.2006

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 1 B 476/06 KR
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 101 SGG, § 102 S 3 SGG
Anerkenntnis; Anerkenntnisurteil; Auslegung; Feststellung des
Inhalts
Tenor
Die Beschwerde vom 30. Oktober 2006 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin
vom 23. September 2006 (Feststellung der Verpflichtung) wird mit der Klarstellung
zurückgewiesen, dass es sich um eine einstweilige Verpflichtung handelt.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das
Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller hat am 13. Juni 2006 beim Sozialgericht Berlin (SG) beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem
Antragsteller in der Zeit ab Zustellung der beantragten gerichtlichen Entscheidung an
die Antragsgegnerin bis zum 15.12.2006 häusliche Krankenpflege in Form der
Medikamentengabe (zweimal täglich) und in Form der Insulininjektion (zweimal täglich)
und in Form der Versorgung PEG-Sonde (zweimal wöchentlich) sowie in Form der
Blutzuckermessung (viermal täglich) durch VGmbH GStr B zu gewähren.
Er hat zur Begründung die Auffassung vertreten, ihm stünden Pflegeleistungen speziell
durch das genannte Pflegeunternehmen zu, da ihm angesichts seines Alters und seiner
vielfältigen und schweren Leiden nicht zuzumuten sei, den Pflegedienst zu wechseln.
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2006 hat die Antragsgegnerin erklärt, den Anspruch
anzuerkennen unter Protest gegen die Kostenlast.
Der Antragsteller hat das Anerkenntnis schriftlich angenommen. Mit Schriftsatz vom 3.
August 2006 hat er, weil sich die Antragsgegnerin weigere, die Rechnungen der
Pflegestation zu bezahlen, da kein Versorgungsvertrag bestehe, beantragt,
die Wirkung des angenommen Anerkenntnisses durch Beschluss auszusprechen.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, es gehe nicht an, dass der
Bevollmächtigte des Antragstellers die Interessen des Pflegedienstes wahrnehme.
Erstmals in gerichtlichen Verfahren habe der Antragsteller einen bestimmten Anspruch
behauptet. Es gehe aber nicht um Ansprüche des Pflegedienstes.
Mit Beschluss vom 23. September 2006 hat das SG folgende Feststellung getroffen:
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit ab dem 6. Juli
2006 bis zum 15. Dezember 2006 häusliche Krankenpflege in Form der
Medikamentengabe (zweimal täglich) und in Form der Insulininjektion (zweimal täglich)
und in Form der Versorgung der PEG-Sonde (zweimal wöchentlich) sowie in Form der
Blutzuckermessung (viermal täglich) durch VGmbH GStr B zu gewähren.
Weiter habe die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu
tragen.
Entsprechend § 102 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei über die Wirkung des schriftsätzlich
angenommenen Anerkenntnisses durch Beschluss zu entscheiden. Die Vorschrift sehe
zudem vor, dass dabei auch über die Kosten dieses Verfahrens entschieden werde.
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zudem vor, dass dabei auch über die Kosten dieses Verfahrens entschieden werde.
Hinsichtlich des Datums des Leistungsbeginns sei auf den 6. Juli 2006, den Tag der
wirksamen Annahme des Anerkenntnisses abzustellen, weil eine gerichtliche
Entscheidung – wie ursprünglich beantragt – nicht ergangen sei.
Mit Beschluss vom selben Tag hat das SG die (sonstigen) außergerichtlichen Kosten des
Antragstellers der Antragsgegnerin auferlegt. Der letztgenannte Beschluss ist bislang
nicht mit einer Beschwerde angegriffen.
Im weiteren Beschluss vom 30. November 2006 hat das SG der Antragsgegnerin ein
Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € für den Fall angedroht, dass sie der Verpflichtung aus
dem Feststellungsbeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. September 2006 nicht bis
zum 6. Dezember 2006 nachkomme. Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde
eingelegt (Aktenzeichen des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg L 1 B 158/07 KR).
Die Antragsgegnerin trägt zur Begründung der hier zu entscheidenden Beschwerde vor,
sie habe nur den Sachleistungsanspruch des Antragstellers anerkannt („… die
Antragsgegnerin im Wege der Einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem
Antragsteller in der Zeit ab Zustellung der beantragten gerichtlichen Entscheidung an
die Antragsgegnerin bis zum 15. Dezember 2006 häusliche Krankenpflege in Form der
Medikamentengabe (zweimal täglich) und in Form der Insulininjektion (zweimal täglich)
und in Form der Versorgung der PEG-Sonde (zweimal wöchentlich) sowie in Form der
Blutzuckermessung (viermal täglich) … […] zu gewähren“).
Das Anerkenntnis entspreche ihrer Verpflichtung. Mehr als die Sachleistung könne nicht
zugesprochen werden. Selbst wenn sich das Anerkenntnis auf den gesamten Antrag in
der Antragsschrift bezogen habe, sei der Beschluss rechtswidrig. Für ihn habe es
nämlich aufgrund des Anerkenntnisses keinen Raum mehr gegeben. Dieser könne nicht
eine Leistung zubilligen, die dem Pflegedienst nicht zustehe und/oder dem Antragsteller
etwas zubilligen, was dieser schon durch das Anerkenntnis habe. Wolle der Antragsteller
einen Vollstreckungstitel erlangen, könne dies nicht in der Form des getroffenen
Beschlusses erfolgen. Eigentlich gehe es um den Pflegedienst, der sein Geld haben
wolle.
Auf Frage des Senates, ob eingewendet werde, die Antragsgegnerin habe ihre
Verpflichtung aus dem Anerkenntnis erfüllt, hat die Antragsgegnerin nochmals
klargestellt, nur den Sachleistungsanspruch anerkannt zu haben, nicht hingegen eine
Leistung durch einen bestimmten Pflegedienst.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Auf die Ausführungen im angegriffenen
Beschluss des SG wird zunächst gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
verwiesen.
Das SG hat zutreffend festgestellt, dass die Antragsgegnerin im tenorierten Umfang
verpflichtet ist. Hinsichtlich des Umfanges der Verpflichtung wird lediglich vorsorglich
klargestellt, dass es sich nur um eine einstweilig anordnende Verpflichtung handelt. Mehr
war nicht beantragt.
Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es sich um eine Feststellung nach § 102 Satz 3
SGG entsprechend handelt (so das SG mit Bezug auf Bundessozialgericht SozR-1500 §
101 Nr. 6) oder ob es sich um ein Anerkenntnis-Beschluss analog einem
Anerkenntnisurteil handelt (so Meyer-Ladewig /Keller/Leitherer SGG 8. Auflage 2005 §
101 Rdnr. 23).
Die Antragsgegnerin hat sich im Wege der Einstweiligen Anordnung verpflichtet, die
spezifische Krankenpflege speziell durch den Pflegedienst V zu leisten. Der Antrag vom
13. Juni 2006 endet nicht bereits vor der Nennung des Pflegedienstes. Dies ergibt sich
neben dem Wortlaut, dem Schriftbild (erst auf Seite 2 des Antragsschriftsatzes folgt das
Wort Begründung) auch aus der rechtlichen Begründung. Das Eilverfahren ist erhoben
worden, weil der Antragsteller sein ihm aus seiner Sicht zustehendes Recht auf Pflege
gerade durch die Pflegeeinrichtung V durchsetzen will.
Die Antragsgegnerin hat ihr Anerkenntnis nicht beschränkt. Es bezieht sich deshalb auf
den gesamten Antrag. Sie kann sich nun einstweilen nicht mehr darauf berufen, vom
Sachleistungsanspruch des Antragstellers als Versicherter sei das Recht auf einen
bestimmten Pflegedienst nicht mit umfasst.
Es bestand und besteht ein Rechtschutzbedürfnis für den feststellenden Beschluss, weil
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Es bestand und besteht ein Rechtschutzbedürfnis für den feststellenden Beschluss, weil
die Antragsgegnerin zu Unrecht meint, sich nicht zu einer Pflege durch V verpflichtet zu
haben.
In diesem Verfahren braucht nicht entschieden zu werden, ob der Antragsteller aus dem
angenommenen Anerkenntnis (noch) vollstrecken kann. Die Klärung dieser Frage ist
(teilweise) dem Beschwerdeverfahren L 1 B 158/07 KR gegen den Beschluss vom
30.11.2006 des SG vorbehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).
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