Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.09.2006

LSG Berlin und Brandenburg: hauptsache, wohnung, minderung, erlass

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 11.09.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 107 AS 6577/06 ER
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 19 B 698/06 AS ER
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. August 2006 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - wegen des Fehlens eines
Anordnungsgrundes abgelehnt.
Eine besondere Eilbedürftigkeit, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte, weil der Antragstellerin
anderenfalls erhebliche und durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht wiedergutzumachende Nachteile
entstünden, ist nicht ersichtlich. Der Antragsgegner gewährt der Antragstellerin seit dem 1. August 2006 neben den
Kosten der Unterkunft anstelle der bis dahin gezahlten Regelleistung in Höhe von 345,- Euro wegen einer
angenommenen Bedarfsgemeinschaft mit P G nur 311,- Euro monatlich. Auch wenn die Antragstellerin geltend macht,
es handele sich dabei um einen "gewaltigen Unterschied" rechtfertigt ein Betrag von 34,- Euro monatlich nicht die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass jedenfalls dann, wenn nicht
unerhebliche Zweifel daran bestehen, dass der geltend gemachte Anspruch voraussichtlich auch im
Hauptsachverfahren bestätigt wird, vorläufige Leistungen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf das
unabdingbar notwendige Maß zu beschränken sind. Ein Maßstab dafür kann aus § 31 Abs. 3 Satz 3
Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - gewonnen werden, wonach nach einer Kürzung des Regelsatzes um mehr
als 30 % ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erwägen sind. Hier beträgt die angefochtene
Minderung des Regelsatzes jedoch nur circa 10 %. Es bestehen zudem erhebliche Zweifel an den Erfolgsaussichten
in einem Hauptsacheverfahren, denn bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage weist nichts auf das
Bestehen eines Anordnungsanspruchs - im Sinne eines materiellen Anspruchs auf die begehrte Mehrleistung - hin.
Die Antragstellerin wohnt seit 1989 mit P G in einer Wohnung mit weniger als 48 m². Bei einer lebensnahen
Betrachtung ist es wenig glaubhaft, dass unter diesen Wohnverhältnissen und über einen derart langen Zeitraum
lediglich eine reine Zweckgemeinschaft besteht. Vielmehr spricht schon die Dauer des Zusammenlebens (vgl. auch §
7 Abs. 3 a SGB II in der seit 1. August 2006 geltenden Fassung) dafür, dass bei verständiger Würdigung der
wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Daran ändert
auch die anders lautende Erklärung des P G nichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).