Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.06.2001

LSG Berlin-Brandenburg: vergütung, verfügung, gsg, prävention, gestaltungsspielraum, form, quelle, steigerung, sammlung, link

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 7.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 7 KA 48/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 85 Abs 3a S 7 SGB 5, § 85 Abs
4a S 3 SGB 5
Praxisbudgets - Kassenärztliche Vereinigung - Honorarverteilung
- Gestaltungsfreiheit - Bewertungsmaßstab - kinderärztliche
Präventions- und Schutzimpfleistungen
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juni 2001
wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben der Beklagten auch deren Kosten des Berufungsverfahrens zu
erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe vertragsärztlichen Honorars in den Quartalen
III/1997 bis II/1998; in der Sache betrifft der Rechtsstreit die Frage, in welcher Weise im
streitbefangenen Zeitraum kinderärztliche Präventions- und Schutzimpfungsleistungen
zu vergüten sind.
Die Klägerinnen zu 1) und zu 2) sowie der Kläger zu 3) betreiben eine kinderärztliche
Gemeinschaftspraxis und waren jedenfalls im streitbefangenen Zeitraum zur
vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz in Berlin zugelassen.
Diese Präventions- und Schutzimpfungsleistungen wurden nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des
Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten in der bis Ende 1996 geltenden
Fassung (KV – Blt. 12/95 S. 50 ff.) aus einem fachübergreifenden Teilbudget
(„Prävention/Schutzimpfungen“) honoriert. Hierzu stand nach § 10 Abs. 5 Satz 1 dieses
HVM das Honorarvolumen zur Verfügung, das von den Krankenkassen im
Vorjahresquartal gezahlt wurde. Zu zahlende Steigerungsbeträge waren zu
berücksichtigen (§ 10 Abs. 5 Satz 2 HVM). Die Vertreterversammlung der Beklagten
beschloss am 28. November 1996 (KV-Blt. 1/97 S. A 63 ff.) mit Wirkung zum 01. Januar
1997 insoweit eine Änderung. Danach erfolgte die Vergütung der streitbefangenen
Leistungen aus dem Subbudget A des Teilbudgets der Fachgruppe der Ärzte für
Kinderheilkunde (§ 10 Abs. 3 a HVM). Aus diesem Subbudget wurden die Leistungen
honoriert, die nach den ab 1. Juli 1997 gültigen Allgemeinen Bestimmungen A I. B. 5 des
Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) von der Anrechung auf die Praxisbudgets
ausgenommen waren, wie u. a. die Präventionsleistungen.
Nachdem die beklagte kassenärztliche Vereinigung für die streitbefangenen Quartale
jeweils als sachlich-rechnerische Richtigstellungen bezeichnete Honorarabsetzungen
vorgenommen hatte und die Kläger gegen die jeweiligen Honorarbescheide Widerspruch
eingelegt hatten, erteilte die Beklagte am 31. Mai 1999 zunächst einen
Widerspruchsbescheid bezogen auf die Honorarbescheide für die Quartale III/1997 bis
I/1998. Darin gab sie den Widersprüchen statt, soweit die Honorarbescheide einzelnen
Abrechnungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärzte (EBM-Ä) jeweils von
den Honoraranforderungen der Kläger abgesetzt hatten. Auf die ebenfalls mit den
Widersprüchen der Kläger gerügte Höhe der Vergütung kinderärztlicher Präventions- und
Schutzimpfungsleistungen ging der den Klägern am 3. August 1999 zugestellte
Widerspruchsbescheid nicht ausdrücklich ein, wies jedoch den Widerspruch „hinsichtlich
der übrigen Widerspruchspunkte“ zurück.
Am 26. August 1999 haben die Kläger gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid
vom 31. Mai 1999 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Am 17. April 2000 hat die
Beklagte einen weiteren Widerspruchsbescheid erteilt und darin die Widersprüche gegen
die Honorarbescheide der Quartale III/1997 bis II/1998 zurückgewiesen: Die Vergütungen
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die Honorarbescheide der Quartale III/1997 bis II/1998 zurückgewiesen: Die Vergütungen
für die kinderärztlichen Präventions- und Schutzimpfungsleistungen seien zutreffend
bemessen worden und entsprächen sowohl den Bestimmungen des EBM-Ä als auch den
Festsetzungen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM). Die Kläger haben daraufhin ihre
Klage ausdrücklich allein auf die Honorarbescheide in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. April 2000 bezogen.
Durch Urteil vom 13. Juni 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Sowohl die
Bestimmungen des EBM-Ä als auch die des HVM seien im Hinblick auf die
kinderärztlichen Präventions- und Schutzimpfungsleistungen im streitbefangenen
Zeitraum mit höherrangigem Recht vereinbar gewesen und von der Beklagten auch
zutreffend angewandt worden. Eine Verpflichtung der Beklagten, gesonderte
Fachgruppen- oder Subbudgets für die Vergütung dieser Leistungen vorzuhalten, habe
in diesem Zeitraum nicht bestanden. Sie folge auch weder aus dem Gebot der
Honorarverteilungsgerechtigkeit noch aus sonstigen Vorgaben höherrangigen Rechts.
Gegen dieses ihnen am 17. Juli 2001 zugestellte Urteil haben die Kläger am 09. August
2001 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt: Zu Unrecht habe die Beklagte die auf
Präventionsleistungen entfallenden Vergütungsanteile nicht zweckgebunden nur für
Präventionsleistungen zur Verfügung gestellt, sondern im Fachgruppentopf der
Kinderärzte zur Vergütung allgemeiner pädiatrischer Leistungen verwendet, obwohl der
damalige Bundesminister für Gesundheit in einem Schreiben vom 13. Mai 1998 an einen
Kinderarzt verbindlich vorgegeben habe, die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten
dafür Sorge zu tragen, dass die bis zum Jahre 1995 speziell für Vorsorgeleistungen
vorgesehenen Geldmittel auch weiterhin zugunsten dieser Leistungen eingesetzt und
nicht entgegen der Absicht des Gesetzgebers in andere Leistungsbereiche umgelenkt
würden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juni 2001 aufzuheben sowie die Beklagte
unter Änderung ihrer Honorarbescheide für die Quartale III/1997 bis II/1998 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2000 zu verpflichten, die Kläger unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen
auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie die
Verwaltungsakten der Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen
haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger war zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen, denn die Honorarbescheide für die Quartale III/1997 bis II/1998 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2000 sind, rechtmäßig, den Klägern
steht kein Anspruch auf höheres Honorar für die Präventions- und
Schutzimpfungsleistungen zu.
Die Beklagte hat bei der Honorarabrechnung des Klägers für diese Quartale die mit
Wirkung zum 01. Januar 1997 eingeführte und im vorliegenden Verfahren im Kern
streitbefangene Regelung des § 10 Abs. 1 und Abs. 3 des HVM der Beklagten in den hier
maßgeblichen Fassungen der Beschlüsse ihrer Vertreterversammlung vom 06. März
1997, 29. Mai 1997, 12. Juni 1997 und 01. Januar 1998 angewandt. Diese Regelung steht
mit höherrangigem Recht in Einklang.
Nach § 85 Abs. 3 a Satz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), eingefügt mit
Wirkung vom 01. Januar 1993 durch Art. 1 Nr. 43 Buchst. f des
Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG), war der Teil der Gesamtvergütung, der auf die
ärztlichen Leistungen nach den §§ 25 und 26 SGB V, die ärztlichen Leistungen der
Schwangerschafts- und Mutterschaftsvorsorge im Rahmen des § 196 Abs. 1 der
Reichsversicherungsordnung sowie die ärztlichen Leistungen im Rahmen der von den
Krankenkassen satzungsgemäß übernommenen Schutzimpfungen entfällt, zusätzlich zu
den in § 85 Abs. 3 a Satz 1 SGB V festgelegten Veränderungen in den Jahren 1993, 1994
und 1995 um jeweils 6 v. H. zu erhöhen. Gemäß § 85 Abs. 4 a Satz 3 2.Halbsatz SGB V
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und 1995 um jeweils 6 v. H. zu erhöhen. Gemäß § 85 Abs. 4 a Satz 3 2.Halbsatz SGB V
in der Fassung des GSG war der nach § 85 Abs. 3 a Satz 7 zusätzlich zu entrichtende
Vergütungsanteil nur zur Vergütung der Leistungen nach § 85 Abs. 3 a Satz 7 zu
verwenden. Diese Regelungen bezweckten, die genannten Präventionsleistungen aus
der strikten Anbindung an den Anstieg der Gesamtvergütung herauszunehmen und
sicherzustellen, dass die zusätzlichen Vergütungsanteile für die Prävention bei der
Honorarverteilung nur diesen Leistungen zugute kommt. Diese Bestimmungen erfassen
die hier streitbefangenen Quartale III und IV/1998 nicht, weil sie – ebenso wie die anderen
Regelungen des § 85 Abs. 3 a SGB V - nur den Zeitraum der vom Gesetz verpflichtend
vorgegebenen Begrenzung des Anstiegs der vertraglich zu vereinbarenden
Gesamtvergütung auf die Steigerung der Grundlohnsumme, also die Jahre 1993 bis
1995, betreffen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 08. März 2000, Az.: B 6
KA 7/99 R, SozR 3–2500 § 87 Nr. 23, m. w. Nachw., sowie bereits der Senat als 7. Senat
des LSG Berlin mit Urteil vom 16. Februar 2005, Az.: L 7 KA 257/02 für die
entsprechende Regelung in § 85 Abs. 3 a Satz 6 hinsichtlich des Bereiches der
ambulanten Operationen).
Das BSG hat außerdem bereits entschieden, dass die Beklagte zur Umsetzung der
Verpflichtung aus § 85 Abs. 3 a Satz 7 SGB V in Verbindung mit § 85 Abs. 4 a Satz 3
SGB V ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung stand, der es ausschloss, sie zu einer
bestimmten Form der Honorierung zu verpflichten. Danach war lediglich sicherzustellen,
dass die gesetzlich festgelegten Zuschläge zur Gesamtvergütung ausschließlich für die
Verbesserung der Honorierung der in § 85 Abs. 3 a Satz 7 SGB V verrechneten
Leistungen verwendet wurden (BSG, a.a.O.). Hierbei konnte die Beklagte entweder ein
separates Teilbudget für die zu fördernden Leistungen bilden und diesem die Zuschläge
hinzufügen, sie durfte auch die Leistungen mit demselben Punktwert wie die übrigen
Leistungen vergüten und zusätzlich Zuschläge aus einem gesonderten Honorartopf
gewähren oder einen besonderen Honorartopf mit festem bzw. gestütztem Punktwert
bilden ( Urteil des BSG vom 3. März 1999, Az. B 6 KA 51/97 R, zitiert nach Juris). Vor
diesem Hintergrund war die Beklagte selbst in der Budgetierungsphase nicht
verpflichtet, wie von dem Kläger nach Ende dieser Phase gefordert, für die
streitbefangenen Leistungen Teilbudgets zu bilden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 01.
Januar 2002 geltenden Fassung.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr.
1 und Nr. 2 SGG hierfür nicht vorliegen.
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