Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 31.03.2008

LSG Berlin-Brandenburg: zivilrechtliche verpflichtung, freiheit der person, leistungsklage, wirtschaftliches interesse, wohnung, verwaltungsakt, drittschuldner, sozialhilfe, öffentlich

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
15. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 15 SO 113/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 17 Abs 1 S 2 SGB 12, § 29
SGB 12, § 54 Abs 4 SGG, § 54
Abs 5 SGG, § 82 ZPO
Statthaftigkeit einer unechten Leistungsklage zur Übernahme
von Renovierungskosten
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31.
März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.472,77 Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin als Vermieterin begehrt vom Beklagten (als Drittschuldner) die Zahlung
eines Kostenvorschusses für eine (künftige) Teilrenovierung der an die Beigeladene
vermieteten Wohnung.
Die 1915 geborene pflegebedürftige Beigeladene erhält vom Beklagten ergänzende
Leistungen der Grundsicherung im Alter. Sie wohnt als Mieterin in einer Wohnung der
Klägerin.
Die Klägerin erwirkte gegen die Beigeladene, die eine Wohnungsrenovierung alters- und
gesundheitsbedingt ablehnt, ein Urteil des Landgerichts B vom 23. März 2006, mit dem
die Beigeladene verurteilt worden ist, an die Klägerin 5.987,54 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 237 des
Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – seit dem 06. Juni 2005 zu zahlen. Dieser Betrag
ergab sich aus einem Kostenangebot zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in
der von der Beigeladenen gemieteten Wohnung mit Ausnahme des Zimmers, in
welchem sich die bettlägerige Beigeladene überwiegend aufhält. Die Klägerin erwirkte
außerdem einen dem Beklagten am 09. Oktober 2006 zugestellten Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss vom 12. Juni 2006, mit dem der (angebliche) Anspruch der
Beigeladenen gegen den Beklagten auf Gewährung eines
Renovierungskostenvorschusses gepfändet wurde. Der Beklagte lehnte mit Schreiben
vom 16. Oktober 2006 eine Zahlung ab, er sei nicht Drittschuldner, und Leistungen nach
dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII – seien grundsätzlich nicht pfändbar.
Mit der am 14. Dezember 2006 zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen Klage hat die
Klägerin die Zahlung eines Betrages von 6.330,43 Euro (Hauptforderung 5.987,54 Euro
zuzüglich Zinsen bis einschließlich 02. Mai 2006) nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03. Mai 2006 aus 5.987,54
Euro von dem Beklagten beansprucht. Sie meint, die Beigeladene habe einen Anspruch
gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen. Diesen
Anspruch der Beigeladenen habe sie zulässigerweise gepfändet. Der einer Renovierung
entgegenstehende Wille der Beigeladenen sei durch das Urteil des Landgerichts Berlin
ersetzt worden, sodass es keines Antrages der Beigeladenen beim Beklagten auf
Kostenübernahme mehr bedürfe.
Nachdem sich durch Aufrechnung nach Kostenausgleich die ursprüngliche Urteilssumme
zuzüglich Zinsen auf 4.472,77 Euro reduziert hat, hat die Klägerin nur noch diesen
Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen
Basiszinssatz seit dem 09. Februar 2007 beansprucht.
Der Beklagte ist dem Zahlungsbegehren entgegengetreten. Ein etwaiger Anspruch auf
Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen würde allein der Beigeladenen
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Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen würde allein der Beigeladenen
zustehen. Er sei höchstpersönlich und könne weder übertragen noch gepfändet werden.
Darüber hinaus wolle die Beigeladene die von der Klägerin begehrte Leistung nicht, so
dass das für eine Leistungsbewilligung erforderliche Verwaltungsverfahren bisher nicht
durchgeführt worden sei.
Sodann hat das SG nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid
vom 31. März 2008 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei bereits unzulässig. Zwar fehle der als allgemeine (echte) Leistungsklage
nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobenen Klage nicht bereits das
erforderliche Rechtschutzbedürfnis, weil die Klägerin aus dem vor dem Zivilgericht
erstrittenen rechtskräftigen Urteil vollstrecken könne. Denn ein unterstellter Anspruch
der Beigeladenen gegen den Beklagten auf Leistungen der Grundsicherung in Höhe der
notwendigen Aufwendungen für Schönheitsreparaturen sei – selbst wenn ein solcher
Anspruch als bestehend unterstellt würde – nicht pfändbar wegen der
höchstpersönlichen Natur der Sozialhilfeansprüche (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII; Hinweis
auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Dezember 1975, Aktenzeichen V C 79/94
in BVerwGE 50, 60 bis 64). Die Leistungsklage sei jedoch deshalb unstatthaft, weil hier –
anders als in § 54 Abs. 5 SGG vorausgesetzt werde - ein Verwaltungsakt zur Regelung
eines Rechtsanspruchs der Klägerin respektive der Beigeladenen zu ergehen hätte. Ein
solcher sei jedoch, was zwischen den Beteiligten unstreitig sei, nicht ergangen. Weder
habe der Beklagte der Klägerin eine Kostenzusage auf Übernahme der
Renovierungskosten erteilt, noch der Beigeladenen die von der Klägerin geforderte
Leistung bewilligt. Insbesondere folge ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den
Beklagten nicht aus dem zwischen der Klägerin und der Beigeladenen ergangenen Urteil
des Landgerichts B. Denn dieses habe keine Bindungswirkung gegenüber dem
Beklagten. Der Beklagte sei auch nicht als Drittschuldner zur Zahlung an die Klägerin
verpflichtet. Eine pfändbare Forderung der Beigeladenen gegen den Beklagten auf
Zahlung eines Renovierungskostenvorschusses in der von der Klägerin geltend
gemachten Höhe bestehe gegenwärtig nicht. Denn ungeachtet der fehlenden
Pfändbarkeit eines solchen Anspruchs ergebe sich dieser weder unmittelbar aus dem
Gesetz noch aus einem die Beigeladene begünstigenden Leistungsbescheid. Dass hier
ein Zahlungsanspruch zuvor eine begünstigende Verwaltungsentscheidung des
Beklagten voraussetze, folge daraus, dass die Beteiligten vorliegend nicht im
Gleichordnungsverhältnis zueinander stünden, welches eine einseitige hoheitliche
Regelung durch Verwaltungsakt ausschlösse. Vielmehr stünden die Beteiligten in dem
das öffentlich-rechtliche Leistungsrecht grundsätzlich kennzeichnenden Über- und
Unterordnungsverhältnis zueinander, in welchem der Rechtsanspruch des Bürgers auf
eine Leistung der Behörde nach Durchführung des Verwaltungsverfahrens im Einzelfall
durch Verwaltungsakt individuell zu regeln sei. Aus diesem Grunde sei die Klage auch
nicht als unechte Leistungsklage im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und
Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Denn es fehle an einer anfechtbaren,
die Leistung ablehnenden Verwaltungsentscheidung des Beklagten, die jedoch insofern
Voraussetzung wäre.
Selbst wenn die Klage trotz anwaltlicher Vertretung dahingehend ausgelegt würde, dass
mit ihr zumindest hilfsweise die Feststellung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG begehrt
werde, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Beigeladenen Grundsicherungsleistungen
in Höhe der geltend gemachten Kosten für Schönheitsreparaturen zu gewähren, sei sie
unzulässig. Zwar stehe dem so verstandenen Begehren nicht entgegen, dass die
Klägerin damit auf die Feststellung von Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und
der grundsicherungsberechtigten Beigeladenen abziele und nicht die Feststellung
eigener Rechtsbeziehungen zum Beklagten begehre. Dieses Begehren sei jedoch als
berechtigt im Sinne der Norm anzuerkennen, weil die Klägerin unverändert ein
wirtschaftliches Interesse daran habe, ihre privatrechtliche Forderung aus dem
Mietvertrag gegen die Beigeladene erfüllt zu erhalten. Die Feststellungsklage sei jedoch
mangels Feststellungsinteresses gleichwohl unzulässig, weil eine solche Feststellung ins
Leere ginge und der Klägerin daher trotz obiger Ausführungen das berechtigte Interesse
an einer gerichtlichen Feststellung fehle (Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 17. Mai 1972, Az. V C 43/72). Denn selbst wenn die ergänzend
grundsicherungsberechtigte Beigeladene dem Grunde nach einen Anspruch auf
Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Schönheitsreparaturen in der von ihr
seit Jahrzehnten bewohnten Wohnung gemäß § 42 Nr. 2 i. V. m. § 29 SGB XII haben
sollte, könne ihr eine solche Leistung nicht aufgedrängt werden, wenn sie selbst die
Hilfeleistung ablehne. Dies sei hier, wie sich zuletzt aus dem Schriftsatz des Betreuers
der Beigeladenen vom 23. November 2007 ergebe, der Fall. Der dahingehende Wille
könne durch eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Leistung, hier zur Zahlung eines
Renovierungskostenvorschusses zwecks Durchführung der Schönheitsreparaturen im
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Renovierungskostenvorschusses zwecks Durchführung der Schönheitsreparaturen im
Wege der Ersatzvornahme, nicht ersetzt werden. Vielmehr könne auch einem objektiv
Bedürftigen gegen seinen Willen Sozialhilfe nicht aufgezwungen werden, weil dies mit der
Freiheit der Person unvereinbar wäre. Insoweit sei er gegenüber einem Dritten, dessen
Anliegen naturgemäß nicht sozialhilferechtliche Belange des potentiellen
Hilfeempfängers, mithin seines Schuldners betreffe, sondern ausschließlich die eigenen,
insbesondere wirtschaftlichen Interessen als Gläubiger verfolge, schutzwürdig. Jener sei
folglich auf den Rechtsschutz beschränkt, der ihm durch den Zivilprozess ermöglicht
werde. Habe er, wie hier die Klägerin mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
geschehen, nur eine „angebliche“ Forderung gepfändet und ergebe sich, dass die
Forderung nicht bestehe oder, im Falle ihres Bestehens, unpfändbar wäre, gehe der
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ins Leere.
Gegen den ihr am 03. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 28.
April 2008 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und
zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen vertiefend wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2008 aufzuheben und
den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 4.472,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09. Februar 2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Klägerin stehe der begehrte
Zahlungsanspruch nicht zu.
Der Betreuer der Beigeladenen hat mitgeteilt, dass die Beigeladene bettlägerig sei und
zu einer Verhandlung nicht erscheinen könne. Sie wolle niemanden in ihrer Wohnung
haben, der etwas mache, was sie nicht kontrollieren könne. Sie lehne deshalb eine
Renovierung ab. Hinzu komme, dass sie einer solchen Renovierung gesundheitlich nicht
gewachsen sei, was der Klägerin wohl bekannt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte sowie Bd. VII der
über die Beigeladene geführten Sozialhilfeakten, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die auf Zahlung eines Kostenvorschusses für
die Teilrenovierung der an die Beigeladene vermieteten Wohnung gerichtete Klage kann
keinen Erfolg haben, wie das SG richtig entschieden hat.
Das Begehren der anwaltlich vertretenen Klägerin stellt nach dem sowohl im Klage- als
auch im Berufungsverfahren formulierten Antrag auf Zahlung eine echte Leistungsklage
gem. § 54 Abs. 5 SGG dar. Sie hat ihren Anwendungsbereich im
Gleichordnungsverhältnis der Beteiligten, während die unechte Leistungsklage des § 54
Abs. 4 SGG ihn im Über- und Unterordnungsverhältnis hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig
u. a., SGG, 9. Auflage, Rdnr. 37 zu § 54).
Die Klägerin macht jedoch keinen eigenen Zahlungsanspruch aus einem
Rechtsverhältnis geltend, in dem sie gleichgeordnet zum Beklagten ist. Vielmehr
beansprucht sie die Zahlung aufgrund eines der Beigeladenen auf öffentlich-rechtlicher
Grundlage, also im Über- und Unterordnungsverhältnis, zustehenden
Leistungsanspruchs – hier (gegenüber den Leistungen der Sozialhilfe nach dem Dritten
Kapitel des SGB XII gemäß § 19 Abs. 3 vorrangige) Leistungen der Grundsicherung gem.
§§ 41, 29 SGB XII -, der auf Antrag (§ 41 Abs. 1 SGB XII) und durch Bescheid dem
Leistungsberechtigten zugesprochen wird. Insofern ließe sich daran denken (§ 123 SGG),
das Begehren der Klägerin als unechte Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG zu
verstehen. Einer solchen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage mangelt es
jedoch ebenso wie der zuvor angesprochenen echten Leistungsklage an der
Zulässigkeit. Denn es fehlt bereits an einem anfechtbaren Verwaltungsakt.
Der Beklagte hat über die Kosten einer Renovierung weder eine positive noch eine
negative Entscheidung getroffen. Auch wenn der Beklagte gehalten ist, über einen
möglichen Bedarf nicht nur auf ausdrücklichen förmlichen Antrag des Betreffenden zu
entscheiden, sondern jedes als Leistungsbegehren zu verstehende Vorbringen in
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entscheiden, sondern jedes als Leistungsbegehren zu verstehende Vorbringen in
gleicher Weise zu behandeln, so ist es einem Sozialhilfe- bzw. Leistungsträger
andererseits verwehrt, Leistungsansprüche zuzuerkennen, die der Betroffene
ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen will. Selbst einem objektiv Bedürftigen kann
gegen seinen Willen Sozialhilfe nicht aufgezwungen werden, weil er sonst zum bloßen
Objekt behördlichen Handelns würde und dies den Grundsätzen des Artikels 2 Abs. 1
Grundgesetz zuwider liefe (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Dezember 1975 –
Aktenzeichen V C 79/74 – in BVerwGE 50, 60). Deshalb kann auch der dahin gehende
Wille nicht durch eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Leistung, hier zur Zahlung eines
Renovierungskostenzuschusses zwecks Durchführung der Schönheitsreparaturen im
Wege der Ersatzvornahme, ersetzt werden. Das erstrittene Urteil des Landgerichts Berlin
vom 23. März 2006 kann daher Rechtswirkungen nur im zivilrechtlichen Mietverhältnis
zwischen Klägerin und Beigeladener nach den dort geltenden Regelungen entfalten,
nicht aber gleichzeitig das öffentlich– rechtlich bestimmte Verhältnis der Beigeladenen
zum Beklagten gestaltend regeln. Das erstrittene zivilrechtliche Urteil kann nicht das für
eine Entscheidung des Beklagten erforderliche Leistungsbegehren der Beigeladenen
ersetzen. Ersetzen kann es nur die im zivilrechtlichen Rechtskreis ggf. erforderlichen
Erklärungen, wie sie durch das zwischen der Klägerin und der Beigeladenen
geschlossene Mietverhältnis vorgesehen sind. Es hat deshalb auch nur auf der
Grundlage einer mietrechtlichen Verpflichtung zur Ausführung von
Schönheitsreparaturen einen Zahlungsanspruch zuerkannt.
Auch der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bewirkt entgegen der Auffassung der
Klägerin keine rechtsgestaltende Wirkung im Verhältnis der Beigeladenen zum
Beklagten.
Soweit die Klägerin dazu auf § 836 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO – verweist, ergibt
sich daraus keine andere Beurteilung. Diese Vorschrift regelt lediglich, dass die
Überweisung die förmlichen Erklärungen des Schuldners (hier der Beigeladenen) ersetzt,
von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur
Einziehung der Forderung abhängig ist. Schon aus dem Wortlaut wird damit deutlich,
dass damit nur die Ebene der Vollstreckung, nicht aber die Grundlage des (behaupteten)
Forderungsbestandes angesprochen ist (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 27. Auflage, Rdnr. 4
zu § 829).
Mit diesem Beschluss wird daher nicht das Entstehen eines Anspruchs in einem anderen
Rechtsverhältnis des Schuldners – hier der Beigeladenen – bestimmt, sondern es wird
lediglich die Vollstreckung in einen nach Darlegung des Gläubigers vermeintlich
bestehenden Anspruch gegen einen Dritten angeordnet.
Die Klägerin verweist zwar zutreffend darauf, dass der Beschluss mangels Anfechtung
wirksam ist. Denn auch wenn er die Unpfändbarkeit des Leistungsanspruchs der
Beigeladenen gegen den Beklagten gemäß § 17 SGB XII missachtet, so ist in einem
solchen Fall ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht nichtig, sondern nur
anfechtbar (Stöber aaO, Rdnr. 4, 22 ff zu § 829). Doch auch ein danach wirksamer
Beschluss geht ins Leere, wenn die vom Gläubiger behauptete Forderung tatsächlich
nicht besteht, denn das Vollstreckungsgericht hat, wie bereits ausgeführt, nur die
Voraussetzungen einer Pfändung, nicht aber das Bestehen der zu pfändenden
Forderung zu prüfen (vgl. Stöber, aaO, Rdnr. 4). Darauf hat bereits das SG richtig
hingewiesen. Der Pfändungsbeschluss erlangt daher nur dann Wirkung, wenn die
Forderung des Schuldners an den Drittschuldner besteht; dies wird als Streit über den
materiellen Anspruch im Prozessverfahren geprüft (Stöber aaO). Mithin ist im
vorliegenden Rechtsstreit auch zutreffend zu prüfen, ob überhaupt der gepfändete
Anspruch der Beigeladenen gegen den Beschluss besteht.
Daran mangelt es jedoch, da der Beklagte wegen Fehlens eines entsprechenden
Leistungsbegehrens gehindert ist, eine derartige Entscheidung zu treffen.
Ob die vom SG erwogene Auslegung des klägerischen Vorbringens im Sinne einer
Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht bereits eine Überdehnung des
klägerischen Vorbringens darstellt, kann dahinstehen, da auch eine solche Klage
unzulässig wäre. Einer solchen Klage, die darauf gerichtet wäre, festzustellen, dass der
Beklagte verpflichtet sei, der Beigeladenen Grundsicherungsleistungen in Höhe der
geltend gemachten Kosten für Schönheitsreparaturen zu gewähren, mag es zwar im
Hinblick auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin nicht von vornherein an jeglichem
Rechtsschutzbedürfnis mangeln, auch wenn eine solche Feststellung nicht das eigene,
sondern das Rechtsverhältnis der Beigeladenen zum Beklagten betrifft. Jedenfalls fehlt
es aber aus den vorangehenden Erwägungen an dem für die Zulässigkeit einer solchen
Klage erforderlichen Feststellungsinteresse. Denn eine solche Feststellung hätte keine
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Klage erforderlichen Feststellungsinteresse. Denn eine solche Feststellung hätte keine
rechtliche Relevanz für die Durchsetzung des eigentlichen gegen die Beigeladene
gerichteten Zahlungsanspruchs für die vorgesehene Renovierung. Die Beigeladene ist
nämlich, wie bereits ausgeführt, nicht gehalten, entsprechende Leistungsansprüche bei
dem Beklagten geltend zu machen. Ohne eine solche Bereitschaft der Beigeladenen ist
der Beklagte damit jedoch gehindert, eine entsprechende zusprechende Bewilligung
auszusprechen, die dann im Ergebnis der Klägerin zugute käme.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision liegen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
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