Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 05.10.2007

LSG Berlin und Brandenburg: ddr, forschung, industrie, ausarbeitung, verordnung, festschrift, ingenieur, auflage, zugehörigkeit, berufungsschrift

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 05.10.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 17 R 474/05
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 16 R 539/07
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten der Klägerin vom
15. November 1977 bis 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz
(AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Die 1953 geborene Klägerin erwarb nach einem Studium an der H W in der früheren Deutschen Demokratischen
Republik (DDR) das Recht, die Berufsbezeichnung "Diplomingenieur" zu führen (Urkunde vom 21. Oktober 1977). Ab
15. November 1977 war die Klägerin bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) BM beschäftigt, zuletzt ab 01. Januar 1983
bei dem Betrieb F, P, T - Betriebsteil S - des VEB als Ingenieur für Statik. Dieser Kombinatsbetrieb wurde nach
Maßgabe der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in
Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl. I Nr. 14, S. 107; Umwandlungs-VO) in neun Gesellschaften mit
beschränkter Haftung (GmbH) umgewandelt, darunter die I GmbH, bei der die Klägerin ab 01. Juli 1990 beschäftigt
war und die am 23. Oktober 1990 in das Handelsregister beim Amtsgericht Potsdam eingetragen wurde. Der
freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) war die Klägerin in der DDR nicht beigetreten. Eine Versorgungszusage
hatte sie nicht erhalten.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2005 lehnte die
Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der
Anlage 1 zum AAÜG ab mit der Begründung, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung in einem
volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne der einschlägigen Versorgungsordnung
und auch nicht in einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt habe. Das AAÜG sei daher auf die
Klägerin nicht anwendbar.
Mit der Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, Zugehörigkeitszeiten zur AVTI vom 15.
November 1977 bis 30. Juni 1990 sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Die
Beklagte und die Klägerin haben zu dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin umfangreiche Betriebs- und
Registerunterlagen in das Verfahren eingeführt; hierauf wird Bezug genommen. Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat
mit Urteil vom 22. Februar 2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet.
Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vormerkung der im Klageantrag bezeichneten Daten. Das
AAÜG sei auf die Klägerin nach § 1 Abs. 1 AAÜG nicht anwendbar. Die Klägerin habe weder Ansprüche noch
Anwartschaften in einem Zusatzversorgungssystem zurückgelegt bzw. erworben. Sie gehöre auch nicht zu den
obligatorisch Versorgungsberechtigten, denn sie sei am Stichtag (30. Juni 1990) nicht in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb tätig
gewesen. Der VEB B, Betrieb Forschung, Projektierung, Technologie sei kein volkseigener Produktionsbetrieb und
auch kein gleichgestellter Betrieb i. S. der Zusatzversorgungsordnung gewesen. Es habe sich auch nicht um ein
Konstruktionsbüro gehandelt (Bezugnahme auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2006 - L 22 R
380/05 – veröffentlicht in juris).
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG und der
Beklagten habe es sich bei ihrem Beschäftigungsbetrieb am Stichtag um ein Konstruktionsbüro und damit einen
gleichgestellten Betrieb nach Maßgabe der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai
1951 (GBl. Nr. 62 S. 487; 2. DB) gehandelt. Der VEB B, Betrieb Forschung, Projektierung, Technologie sei ein
Projektierungsbetrieb des Bauwesens gewesen, in dem sie gemäß Arbeitsvertrag als Ingenieur für Statik und
Konstruktion tätig gewesen sei. In der DDR habe eine klare Trennung von Projektierungs- und Konstruktionsleistungen
bestanden. Die meisten Beschäftigten in ihrem Beschäftigungsbetrieb, etwa 55 Prozent, seien am Stichtag mit der
Erarbeitung von Entwurfs- und Ausführungsdokumentationen, also Konstruktionsaufgaben und statischen
Berechnungen, betraut gewesen. Diese Aufgaben hätten deshalb auch dem Betrieb das Gepräge gegeben und seinen
Hauptzweck bestimmt. Dies lasse sich auch der in das Verfahren eingeführten Festschrift zum 20. Jahr des
Bestehens ihres Beschäftigungsbetriebes entnehmen; auf die Berufungsschrift vom 27. April 2007 wird wegen der
Einzelheiten Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2004
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die
Beschäftigungszeiten vom 15. November 1977 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen
Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
Die Zusatzversorgungsakte der Beklagte und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung
gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können,
weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten
hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre erstinstanzlich erhobenen und statthaften Anfechtungs- und
Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs. 1 SGG) weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen mit den
genannten Klagen durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Absatz 1 AAÜG auf Feststellung von
Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie ggfs. der
entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 15. November 1977 bis 30. Juni 1990.
Das AAÜG ist auf die Klägerin schon deshalb nicht anwendbar, weil sie am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des In-
Kraft-Tretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der
Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Die Klägerin war aber
auch am 01. August 1991 nicht Inhaberin einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Denn sie hatte - unstreitig - bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihr war auch
nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat zudem in den
angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich
einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni
1990 gegebenen Sachlage am 01. August 1991 einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage
gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R = SozR 3-
8570 § 1 Nr. 2 und - B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie - B 4 RA 18/01 R - veröffentlicht in juris). Ein derartiger
fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit
ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden
Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4
RA 18/03 R - veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 R - veröffentlicht in juris). Allein
maßgebend sind insoweit die Texte der Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten
Betrieben (AVTI-VO) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844) und § 1 Abs. 1 der 2. DB, soweit diese am 03. Oktober 1990
zu sekundärem Bundesrecht geworden sind. Die genannten Vorschriften der DDR sind unabhängig von deren
Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1
Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen
ausgehend liegt ein fingierter Anspruch im Bereich der AVTI nur vor, wenn die Betreffende zum Stichtag am 30. Juni
1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Sie muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung
zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung
verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen
verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb
ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung; vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3). Die
Klägerin war zwar am 30. Juni 1990 berechtigt, die ihr durch staatlichen Zuerkennungsakt verliehene
Berufsbezeichnung "Diplomingenieur" zu führen. Sie war auch dieser Berufsbezeichnung entsprechend als Ingenieur
für Statik beschäftigt. Die betriebliche Voraussetzung ist indes nicht erfüllt. Denn die Klägerin war am Stichtag weder
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) noch in einem
gleichgestellten Betrieb (§ 1 Abs. 2 der 2. DB) beschäftigt.
Ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer am maßgeblichen Stichtag Arbeitgeber im
rechtlichen Sinne war (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R = SozR 4-8570 § 5 Nr. 3).
Maßgebend hierfür sind die tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990. Arbeitgeber der Klägerin im vorgenannten
Sinne war am Stichtag der VEB B, Betrieb Projektierung, Forschung und Technologie; der nachfolgende
Beschäftigungsbetrieb der Klägerin, die I GmbH, wurde nach Maßgabe der Umwandlungs-VO erst am 23. Oktober
1990 in das Handelsregister eingetragen. Maßgebend für die Prüfung der betrieblichen Voraussetzungen ist dabei nur
der genannte Beschäftigungsbetrieb der Klägerin, nicht das Kombinat als Ganzes und auch nicht andere zum
Kombinat gehörende VEB (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 2/06 R -). Bei dem VEB B, Betrieb
Forschung, Projektierung, Technologie handelte es sich - was zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich unstreitig ist
- nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (hier des Bauwesens). Denn der Hauptzweck des
Beschäftigungsbetriebs der Klägerin, auf den abzustellen ist, bestand nicht in der Massenproduktion von
Bauleistungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3) im Sinne eines
Massenausstoßes standardisierter Produkte, sondern in der Erbringung von Projektierungsleistungen.
Die Klägerin war aber auch nicht in einem Konstruktionsbüro beschäftigt, das gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB einem
volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellt wurde. Um das Analogieverbot nicht
zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts strikt am Wortlaut
zu orientieren (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - veröffentlicht in juris). Nach dem
Sprachverständnis der DDR war zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros entsprechend deren
unterschiedlichen Aufgabenbereichen zu unterscheiden. Ausgangspunkt für die Feststellung des am 30. Juni 1990
maßgeblichen Sprachverständnisses der DDR ist der "Beschluss über die Errichtung eines technischen
Projektierungs- und Konstruktionsbüros der Energiewirtschaft" vom 29. Juni 1949 (ZVOBl 1949 Teil 1 Nr. 59 S. 1).
Danach wurde für die Aufgabenbereiche der Projektierung und Konstruktion zwar nur ein Büro errichtet, dennoch
deutlich zwischen den beiden Funktionen unterschieden. Die Projektierungsaufgabe bestand darin, in allen
Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und Anlagen zu "bearbeiten", also die "Projektierung der Verteilung, der
Erweiterung und der Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge" vorzunehmen. Dagegen betraf die
Konstruktion "die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und Anlagen". Schon hieraus erhellt, dass
Konstruktionsarbeiten Fragen der technischen Herstellung (Produktion) von Einzelteilen oder auch ganzer Anlagen
und ihres betrieblichen Einsatzes zu beantworten hatten; die Projektierung befasste sich dagegen nicht mit der
Lösung derartiger Probleme, sondern setzte sie voraus, um ein technisches Gesamtkonzept zu erstellen. Diese im
Vergleich zur Konstruktion übergeordnete Funktion der Projektierung ergibt sich auch aus der Begriffsbestimmung der
Projektierungsleistung in der "Verordnung über das Projektierungswesen – Projektierungsverordnung -" vom 20.
November 1964 (GBl. Teil 2 Nr. 115 S. 909). Danach gehörten zu den Projektierungsleistungen u. a. die Ausarbeitung
von Aufgabenstellungen, von Projekten, Teilprojekten und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten
Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen. Auch die "Anordnung über die
Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens" vom 10.
Dezember 1974 (GBl. 1975 Teil 1 Nr. 1 S. 1), die am 30. Juni 1990 maßgeblich war, unterschied zwischen
Konstruktion und Projektierung. An die genannten abstrakt-generellen Regelungen der DDR knüpfen auch die
Definitionen im "Ökonomischen Lexikon" der DDR (3. Auflage 1979) an. Danach waren Gegenstand von
Konstruktionsarbeiten die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung
von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses.
Projektierungen im weiteren Sinn waren danach alle Leistungen, die von Projektierungseinrichtungen, insbesondere für
die Lösung von Investitionsaufgaben, erbracht wurden. Sie umfassten im Wesentlichen die Mitwirkung an
"grundfondswirtschaftlichen" Untersuchungen, Aufgabenstellungen für die Vorbereitung von Investitionen, die
Ausarbeitung von Dokumentationen zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen, die Erarbeitung der
Ausführungsprojekte, die Lösung von Aufgaben des "Planes Wissenschaft und Technik", die Vorbereitung von
Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn wurde unter
Projektierung die Ausarbeitung des Investitionsprojekts (Ausführungsobjekts) verstanden. Beide Definitionen zeigen
somit deutlich die abgegrenzten Funktionsbereiche auf (vgl. BSG aaO).
Unter Zugrundelegung der aufgezeigten Differenzkriterien steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur
Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin am Stichtag nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem
Projektierungsbetrieb beschäftigt war. Wie sich insbesondere der von der Klägerin eingeführten Festschrift zum 20-
jährigen Bestehen des B, Betrieb Forschung, Projektierung, Technologie - Betriebsteil B S- aus dem Jahr 1989
anschaulich entnehmen lässt, bestand der Hauptzweck des Betriebes, der sich nach Angaben der Klägerin bis zum
Stichtag nicht geändert hat, in der Projektierung von Bauvorhaben des Industrie- und Gesellschaftsbaus in Gestalt der
Ausarbeitung des konkreten Investitionsobjekts (vgl. die Auflistung der Projekte in der Festschrift). Diese
"Industriebauprojektierung" (so wörtlich die Bezeichnung des Betriebsgegenstandes in der genannten Festschrift)
umfasste naturgemäß zwar auch Konstruktionsaufgaben, diese jedoch nur als Teil einer darüber hinausgehenden
Vorbereitung und Umsetzung im Rahmen eines weitergehenden Gesamtkonzepts, das die Ausarbeitung des
gesamten Investitionsprojekts umfasste. Hierauf hat letztlich die Klägerin auch zutreffend mit ihrer Berufungsschrift
vom 27. April 2007 hingewiesen, wenn sie vorträgt, "dass die Projektierung mit der zunehmenden Industrialisierung
des Bauwesens und der damit einhergehenden organisatorischen und strukturellen Verflechtung der mit dem Bauen
verbundenen Prozesse als ein die damit verbundene Komplexität umfassender und besser ausdrückender Begriff mit
der Zeit an Bedeutung gewann". Die Konstruktionsaufgaben seien "vielmehr unmittelbarer Bestandteil der
umfassenderen Projektierungsprozesse" gewesen. Dem ist von Seiten des Senats nichts hinzuzufügen. Entgegen der
Auffassung der Klägerin kann daraus jedoch nicht gefolgert werden, dass eine strikte Differenzierung zwischen
Projektierungs- und Konstruktionsarbeiten nicht bestanden hatte und die Begriffe in der früheren DDR ohne feste
Regel verwandt worden waren. Vielmehr ergibt sich aus den bereits dargelegten abstrakt-generellen Regelungen der
DDR, dass Konstruktions- und Projektierungsarbeiten deutlich voneinander abgegrenzte Funktionsbereiche hatten.
Nach Maßgabe dieser unterschiedlichen Funktionsbereiche handelte es sich aber auch nach dem Vorbringen der
Klägerin bei dem VEB B, Betrieb Forschung, Projektierung, Technologie um einen Projektierungsbetrieb und eben
nicht um ein Konstruktionsbüro. Denn die von ihr benannte Beschäftigtenzahl in der Konstruktion war, wie die Klägerin
selbst vorträgt, auch mit Planungsaufgaben und daher mit typischen Projektierungsleistungen betraut, und zwar in
Übereinstimmung mit der von der Klägerin zitierten Definition des Begriffes "Projektierung" im BI Universallexikon (1.
Auflage 1987). Gegenstand der Projektierung war danach die Erarbeitung von funktionellen, konstruktiven,
gestalterischen, bautechnologischen und ökonomischen Unterlagen für Gebäude und bauliche Anlagen zur
Vorbereitung und Durchführung von Investitionen mit den dort genannten unterschiedlichen Ausführungsphasen.
Derartige Leistungen haben dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin am Stichtag das Gepräge gegeben. Dies steht im
Übrigen auch im Einklang damit, dass nach Maßgabe des "Ökonomischen Lexikons" der DDR (3. Auflage 1979)
Konstruktionsbüros als Abteilung oder Einrichtung eines Betriebs oder Kombinats beschrieben werden, während es
Projektierungsbüros demgegenüber nicht nur als unselbständige Abteilungen volkseigener Produktionsbetriebe,
genossenschaftlicher Betriebe, staatlicher oder wirtschaftsleitender Organe oder Einrichtungen gab, sondern – wie hier
- auch als selbständige volkseigene Projektierungsbetriebe im Bauwesen und Anlagenbau (vgl. BSG aaO).
Schließlich spricht auch die Auflistung des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin in der "Systematik der
Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik" (Ausgabe 1985) unter der Wirtschaftsgruppe 63350
(Bautechnische Projektierungsbetriebe) dafür, dass es sich bei dem VEB B , Betrieb Projektierung, Forschung und
Technologie, nicht um ein Konstruktionsbüro handelte. Konstruktionsbüros werden in dieser Systematik überhaupt
nicht genannt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat insoweit bereits darauf hingewiesen, dass es zweifelhaft sei, ob
am vorliegend maßgeblichen Stichtag überhaupt noch Konstruktionsbüros in der DDR als selbständige Betriebe
existierten (vgl. BSG aaO; vgl. auch BSG, Urteil vom 07. September 2006 - B 4 RA 41/05 R = SozR 4-8570 § 1 Nr.
11). Da Projektierungsbüros bzw. -betriebe nicht in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgeführt werden, sind sie
versorgungsrechtlich nicht als gleichgestellte Betriebe anzusehen.
Eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs. 1 AAÜG angelegte Modifikation hinaus ist nicht erlaubt, so dass ein
Analogieverbot besteht (vgl. BSG aaO). Diese verfassungsrechtliche Wertung des BSG, die der Senat seiner
Entscheidung zu Grunde legt, hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt (vgl. z. B. Beschluss vom 04. August
2004 - 1 BvR 1557/01 = SozR 4-8570 § 5 Nr. 4; Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 = SozR 4-8560 §
22 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.