Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.01.2006

LSG Berlin und Brandenburg: ddr, udssr, radio und fernsehen, besondere härte, sozialversicherungsabkommen, verordnung, vertrauensschutz, anerkennung, beendigung, daten

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 27.01.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 12 RA 16/01
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 4 RA 51/03
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Berücksichtigung von in der UdSSR und die Bewertung von in der DDR zurückgelegten Zeiten.
Der 1941 in T/G geborene Kläger besaß zunächst die sowjetische Staatsbürgerschaft. Er legte in G 1958 das Abitur
ab und absolvierte anschließend bis 1963 ein Studium mit Abschluss als Diplom-Philologe; anschließend übte der
Kläger verschiedene Tätigkeiten für Radio und Fernsehen, für die staatliche Universität T und für das staatliche
pädagogische P-Institut aus; nebenher promovierte er in den Jahren 1973 bis 1977. Am 7. August 1980 übersiedelte
der Kläger in die DDR, wo er vom 1. April 1981 bis zum 31. März 1984 eine planmäßige Aspirantur (Habilitation) an
der H-Universität in B durchführte und im Übrigen bis zur Wiedervereinigung und danach weiterhin erwerbstätig war.
Am 9. Januar 1989 wurde der Kläger eingebürgert.
Am 30. November 1999 stellte der Kläger einen Antrag auf Kontenklärung und legte mit Schreiben vom 23. Dezember
1999 "Widerspruch" gegen einen Versicherungsverlauf vom
24. November 1999 ein. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass erst die verbindliche Feststellung nach § 149
Abs. 5 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) angefochten werden könne. In der Folgezeit stellte die Beklagte mit Bescheid
vom 12. Juli 2000 die bisher feststehenden Versicherungszeiten des Klägers fest und lehnte hierbei unter anderem die
Anerkennung der Zeit vom 11. Mai 1963 bis 5. August 1980 in der UdSSR als Beitragszeit ab, weil die persönlichen
Voraussetzungen des § 1 Fremdrentengesetz (FRG) nicht vorlägen. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein mit
der Begründung, er könne sich nicht damit einverstanden erklären, dass seine 17-jährige Berufstätigkeit in T nicht
anerkannt werde; er sei wegen Eheschließung in die DDR übergesiedelt und habe sich vorher vergewissert, dass die
DDR diese Arbeitszeiten bei der Rentenberechnung berücksichtige; hieran sei die Bundesrepublik durch die
Wiedervereinigung gebunden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2000 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück: Das Sozialversicherungsabkommen zwischen der DDR und der UdSSR sei auf erstmalige Rentenansprüche
nach dem 31. Dezember 1995 nicht mehr anzuwenden.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Januar 2001 Klage erhoben. Mit Bescheid vom 12. Juli 2002 hat die Beklagte einen
weiteren Vormerkungsbescheid erlassen, in dem die Zeiten bis zum
31. Dezember 1995 verbindlich festgestellt und hierbei Arbeitszeiten in der UdSSR erneut nicht anerkannt worden
sind. Der Kläger hat auch diesen Bescheid angegriffen und weiterhin begehrt, die Zeit vom 11. Mai 1963 bis zum 5.
August 1980 als Beitragszeit festzustellen.
Mit Urteil vom 18. März 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine
Anerkennung der streitigen Beitragszeiten nach den Vorschriften des FRG komme nicht in Betracht, da der Kläger
nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehöre. Die in der UdSSR zurückgelegten Zeiten seien auch nicht aufgrund
bilateraler Abkommen zu berücksichtigen. Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der UdSSR hätten nicht bestanden. Auf den Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit
auf dem Gebiet des Sozialwesens (Sozialversicherungsabkommen – SozAbkDDR-UdSSR – vom 24. Mai 1960 GBl. I
Nr. 46 Seite 454) könne sich der Kläger nicht mehr berufen. Dieses Abkommen sei nicht Bestandteil des
Bundesrechts geworden. Eine Fortgeltung des Abkommens zwischen der DDR und der UdSSR lasse sich nicht
begründen, denn mit dem Erlöschen der Staatsbürgerschaft der DDR sei die Anwendbarkeit des Abkommens entfallen
(Urteil des BSG vom 29. September 1998 - B 4 RA 4/98 R -). Auch aufgrund der von der Bundesrepublik Deutschland
geschaffenen Vorschriften zur vorübergehenden Fortführung der Sozialversicherungsabkommen der DDR ergebe sich
kein Anspruch auf Anerkennung der sowjetischen Beitragszeiten. Aufgrund der Verordnung über die vorübergehende
weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3. April
1991 (BGBl. 1991 II Seite 614) – Abk – AnwendungsVO – habe das Abkommen zunächst fortgegolten. Diese
Verordnung sei durch die Anwendungs-Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. 1992 II Seite 1231)
präzisiert worden und habe in Abs. 2 des Artikel 7 (vorher Artikel 4) bestimmt, dass die Verordnung mit Ablauf des 31.
Dezember 1992 außer Kraft trete. Nach Artikel 7 Abs. 4 der Abkommens-AnwendungsVO habe der Vertrag darüber
hinaus noch auf vor dem 1. Januar 1996 entstehende Ansprüche für Personen wirksam sein sollen, die sich entweder
am 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet gewöhnlich aufgehalten hätten oder bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 in das
Beitrittsgebiet eingereist gewesen seien, wenn sie sich dort seither unbefristet rechtmäßig aufhielten. Mit Artikel 1
Nr.5 b der Anwendungs- ÄnderungsVO vom 18. Dezember 1992 sei die Abkommens-Anwendungsverordnung zum 31.
Dezember 1992 außer Kraft gesetzt und zugleich eine Vertrauen schützende Regelung zu Gunsten von Rentnern und
Personen anwartschaftsberechtigter rentennaher Jahrgänge geschaffen worden (BSG Urteil vom 29. September 1998
- B 4 RA 34/98 R - ). Ein Rentenanspruch des Klägers sei vor dem 1. Januar 1996 zweifellos nicht entstanden. Der
Kläger könne sich darüber hinaus nicht auf eine besondere Härte berufen und auch nicht auf die geringe Rentenhöhe
in G. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei hierin nicht zu erkennen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil
die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen grundsätzlich nicht
vorsehen, dass Leistungen aus den im jeweils anderen Land zurückgelegten Beitragszeiten gewährt werden.
Gegen dieses ihm am 25. Juni 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 18. Juli 2003. Es sei
absurd, ihm zwölf Jahre nach seiner 17-jährigen beitragspflichtigen Beschäftigung in der UdSSR zu sagen, dass diese
Zeit gänzlich unberücksichtigt bleibe. Diese Beschäftigungszeiten seien zumindest wie die in der DDR zurückgelegten
Zeiten zu berücksichtigen. Im Übrigen wende er sich gegen die Systementscheidung des Rentenüberleitungsgesetzes
(RÜG), die eine Liquidierung seiner künftig zu erwartenden lebensstandardwahrenden Vollversorgung bewirke. Ihm sei
ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren. Im Einzelnen wird
auf die Ausführungen insbesondere in den Schriftsätzen vom 22. Dezember 2003 (Bl. 79 f GA) und vom 14.
November 2005 (Bl.
87 f GA) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 14. November 2005 hat der Kläger folgende Anträge wörtlich formuliert:
"1. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm ein höheres Alterseinkommen in Aussicht zu stellen und
die Feststellungen zu seinen Anwartschaften entsprechend zu verändern. Dazu ist das Urteil des Sozialgerichts Berlin
vom 18.03.2003 sowie die Bescheide vom 24.11.1999 und 13.12.2000 (richtig: 12.07.00) in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13.12.2000 in der Fassung des Bescheides vom 12.02.2002 und die Entscheidungen
über die Rentenanpassungen ab dem 01.07.2000 (fiktiv) abzuändern.
Die Ansprüche und Anwartschaften, die der Kläger in der Zeit von 1963 bis 1980 in der ehemaligen UdSSR aufgrund
des Gesetzes über den Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des
Sozialwesens vom 12.08.1960 i.V.m. den einigungsvertraglichen Regelungen rechtmäßig erworben hat, sind mittels
verfassungskonformer Auslegung nach dem SGB VI als Beitragszeiten anzuerkennen und die Ansprüche und
Anwartschaften des Klägers auf Renten aus der SV und dem zusätzlichen Versorgungssystem, dem er angehörte,
sind ohne die Kürzung in der Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im
Beitrittsgebiet anzupassen, in der er die Anwartschaften auf Altersversorgung in der DDR rechtmäßig erworben hat.
Ihm sind der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter
Vertrauensschutz zu gewähren. Im Einzelnen geht es um Folgendes:
1.1. Die Beklagte hat die Anwartschaften auf Ansprüche auf Rente aus der SV und auf zusätzliche Rente/Versorgung
in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31.12.1991 erhöht um 6,84 % und ab 01.07.1990
(zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn
nach den gleichen Konditionen in Aussicht zu stellen, wie sie bis zum 30.06.1995 vom EV für Bestandsrentner
vorgesehen bzw. erste Zugangsrentner und vom BVerfG (BVerfGE 100, 1 ff.) bestätigt wurden.
1.2. Die Versicherungsrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze und nicht
abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI), also
auch nicht nach dem ebenfalls verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost (vgl. Anlage) zu
berechnen, und die Zusatzrentenansprüche aus dem Versorgungssystem sind anzuerkennen. Die Versichertenrente
ist damit in Richtung einer lebensstandardwahrenden Vollversorgung aufzustocken.
1.3. Eine Vergleichsberechnung hat ausgehend vom Einkommen der letzten 20 Tätigkeitsjahre in der DDR nach den
Vorgaben des BVerfG wie für Bestandsrentner von dem Gesamteinkommen des Klägers gemäß § 307b SGB VI i. d.
F. des 2. AAÜG-ÄndG zu erfolgen.
1.4. Die Anpassungen der Rente und die Rentenangleichung Ost an West haben zum 01.07.2000 (fiktiv) und danach
nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GGG zu erfolgen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch
auf die "Anpassung Ost" nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.04.1999 unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE
100, 1 (44, 54)).
1.5. Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu
vergleichen; der höchste Betrag ist als Rente, gegebenenfalls im Rahmen einer Entscheidung über die Zuerkennung
eines besonderen Härtefalls, in Aussicht zu stellen.
2. Der Kläger beantragt hilfsweise, Beweis über die wertmäßigen Auswirkungen der Systementscheidung des RÜG
auf die Bemessung seiner Rente zu erheben. Damit ist die unverhältnismäßige Schlechterstellung des Klägers
gegenüber Bürgern mit vergleichbarem Beruf und vergleichbarer Lebensleistung sowie mit vergleichbaren, auf
Beitragsleistungen beruhenden versicherungsrechtlichen Ansprüchen bzw. Anwartschaften festzustellen, die ihre
Alterssicherungsansprüche in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland erworben haben. Damit ist auch die
Benachteiligung über die mit der Beseitigung der Vollversorgung und die Kürzung auf eine Versichertenrente
verbundene Diskriminierung aufzudecken, die den Gleichheitssatz verletzt und gegen den Verfassungsauftrag (Art. 72
GG) und den Auftrag des EV zur schrittweisen Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse Ost an West
verstößt. Der Kläger wird eine Konkretisierung der Vorschläge zur Beweiserhebung vorlegen, sobald die erkennende
Kammer festlegt, diesen Antrag im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht zu prüfen.
3. Der Kläger regt hilfsweise an, einen Beschluss gem. Art. 100 GG zu fassen und dem BVerfG die Fragen zur
Entscheidung vorzulegen,
ob die Überführung der Versichertenrentenansprüche aus der SV in die Pflicht-
versicherung in der Bundesrepublik Deutschland (SGB VI) dazu führen darf, dass für die künftigen
Versichertenrentenansprüche aus der GRV eine diskriminierend niedrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost
bestimmt wird, dass die für alle nach dem SGB VI Versicherten vorgesehene allgemeine Beitragsbemessungsgrenze
nur für Versicherte angewandt wird, die ihre Ansprüche in den alten Ländern erworben haben, und dass der
Versorgungsgrad für die Versicherten, die aus der DDR gekommen sind, unverhältnismäßig abgesenkt wird, sowie
ob diese Verfahrensweisen ein von den allgemeinen Regelungen des SGB VI und den zu überführenden Ansprüchen
abweichendes nachteiliges und verfassungswidriges Sonderrecht für die Angehörigen der Bevölkerungsgruppe
begründet, die ihre Rechte in der DDR erworben haben, und gegen den Schutz des Eigentums (Art. 14 GG), gegen
den Gleichheitssatz und den Schutz vor Diskriminierung (Art. 3 GG) sowie gegen das Gebot der schrittweisen
Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse Ost an West (Art. 72 GG) verstoßen,
ob die zeitliche Begrenzung der Weiteranwendung des zwischen der DDR und der UdSSR geschlossenen
Sozialversicherungsabkommens vom 12.08.1960 bis zum 31.12.1995 mit dem GG übereinstimmt.
4. Die Kosten des Verfahrens sind der Beklagten aufzuerlegen."
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, aus dem Vorbringen des Klägers ergäben
sich keine Gesichtspunkte, die geeignet wären, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide wirksam in Frage
zu stellen. Dies gelte sowohl bezüglich der Vormerkung der Zeiten in der DDR als auch bezüglich der Ablehnung der
Vormerkung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die in der UdSSR zurückgelegt worden seien. Nicht
nachvollziehbar seien die Ausführungen, die sich auf die Berechnung von (fiktiven) Renten und die zurückliegenden
Rentenanpassungen bezögen.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherungsnummer 25 211041 C 018), die Gegenstand der
Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs.
2 SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist nicht der "Bescheid" vom 24. November 1999, denn unter dem genannten Datum
wurde lediglich ein Versicherungsverlauf erstellt, der aber noch keine für den Kläger verbindlichen Feststellungen
enthielt. Der Kläger hat im Übrigen einen solchen "Bescheid" ebenso wenig zum Gegenstand des erstinstanzlichen
Verfahrens gemacht wie fiktive Rentenanpassungsbescheide ab dem 1. Juli 2000, die ebenfalls nicht Gegenstand des
Verfahrens sind. Solche Bescheide sind bisher nicht ergangen, da der Kläger noch keine Rente bezieht. Gegenstand
des Verfahrens ist jedoch der Bescheid vom 12. Juli 2002, der den angefochtenen Bescheid vom 12. Juli 2000
ergänzt bzw. ersetzt hat und somit nach § 96 SGG in das Klageverfahren einzubeziehen war, wie im vorliegenden Fall
geschehen.
Hinsichtlich der nicht Verfahrensgegenstand gewordenen "Bescheide" ist die Berufung unzulässig, denn insoweit ist
der Kläger weder durch die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts noch überhaupt durch entsprechende
Bescheide beschwert.
Auch im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg.
Die von dem Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), die darauf gerichtet
ist, die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, die Zeit vom 11. Mai 1963 bis zum 5.
August 1980 als Beitragszeit festzustellen, ist zulässig, jedoch nicht begründet, wie das Sozialgericht zutreffend
festgestellt hat. Die Berufung ist deshalb insoweit ebenfalls nicht begründet. Der Senat nimmt hierzu nach eigener
Überprüfung in vollem Umfang Bezug auf das erstinstanzliche Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Hintergrund der rechtlichen Entwicklung zitiert der Senat ergänzend lediglich aus einer Antwort der
Bundesregierung auf eine kleine parlamentarische Anfrage (BTDrs. 13/9361 vom 3. Dezember 1997): "Die
Änderungsverordnung (vom 18. Dezember 1992) ist Ergebnis der von der Bundesregierung geführten Konsultationen
über die weitere Anwendung der von der DDR mit der UdSSR und anderen osteuropäischen Staaten im Bereich der
Sozialen Sicherheit geschlossenen Verträge. Dabei war zu berücksichtigen, dass es im Zuge der
Rechtsvereinheitlichung dauerhaft nicht vertretbar ist, Personen, die in den neuen Ländern leben, und Personen, die in
den alten Ländern leben, rechtlich unterschiedlich zu behandeln. Das in den Verträgen der DDR vorgesehene
Eingliederungsprinzip widerspricht auch dem in den Sozialversicherungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland
niedergelegten Prinzip des Leistungsexports, nach dem jeder Staat eine Rente entsprechend den in seinem
Rentensystem zurückgelegten Versicherungszeiten zahlt. Eine Fortdauer der Verträge wäre im Übrigen wegen der
hierin geregelten Übernahme der ausländischen Versicherungszeiten durch den Wohnstaat (Eingliederungsprinzip) mit
zusätzlichen finanziellen Belastungen für die deutsche Rentenversicherung verbunden gewesen. Die weitere
Anwendung der Verträge wurde daher grundsätzlich zum 31. Dezember 1992 beendet. Die Verträge selbst sehen für
den Fall der Beendigung für Rentenanwartschaften keinen Vertrauensschutz vor. Dennoch wurden bei der Beendigung
der Verträge Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt, und zwar mit einer Übergangsregelung für Personen, die
sich bei Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 bereits im Beitrittsgebiet aufhielten und deren
Rentenanwartschaft sich im Zeitpunkt der Beendigung der weiteren Anwendung der Verträge zu einer in naher Zukunft
zu realisierenden Rentenanwartschaft verdichtete. Diese Voraussetzung wurde bei denjenigen als erfüllt angesehen,
deren Ansprüche innerhalb eines Fünfjahreszeitraums nach der Wiedervereinigung entstehen. ( ) Konsultationen
(hierüber) mit der russischen Regierung wurden im Mai und August 1992 geführt. ( ) In der deutschen
Rentenversicherung werden grundsätzlich weder aufgrund innerstaatlichen noch aufgrund zwischenstaatlichen Rechts
ausländische Versicherungszeiten rentenerhöhend berücksichtigt. Insoweit werden alle Personen mit ausländischen
Versicherungszeiten gleichbehandelt. Die Altersversorgung ist von dem Rentenversicherungsträger des Staates
sicherzustellen, an den die Beiträge entrichtet worden sind. Nur für Deutsche, die infolge von Kriegs- und
Nachkriegsereignissen, Flucht und Vertreibung ihre Rentenansprüche gegen den Leistungsträger im Herkunftsgebiet
verloren haben, macht das Fremdrentengesetz eine Ausnahme. Hiermit wird dem besonderen Vertreibungsschicksal
Rechnung getragen, da in den Heimatgebieten der Spätaussiedler deutsche Volkszugehörige bis in die jüngste
Vergangenheit hinein erhebliche Nachteile aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit erleiden mussten." Dem ist nichts
hinzuzufügen.
Soweit der Kläger nunmehr erstmals im Berufungsverfahren geltend macht, dass seine Ansprüche auf Renten aus der
Sozialversicherung und aus dem zusätzlichen Versorgungssystem in der Höhe bei der Rentengewährung zu
berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen seien, fehlt es an einem
Rechtsschutzbedürfnis für ein solches Verpflichtungsbegehren. Die hierauf gerichtete Berufung ist daher insoweit
unzulässig. Entscheidend hierfür ist, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahren so genannte
Vormerkungsbescheide der Beklagten, nicht aber Rentenbescheide sind. Vormerkungsbescheide sind in § 149 SGB
VI geregelt.
Nach § 149 Abs. 1 SGG führt der Träger der Rentenversicherung für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das
nach der Versicherungsnummer geordnet ist (Satz 1). In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die
Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der
Rentenauskunft erforderlich sind, zu speichern (Satz 2). Gemäß Abs. 5 dieser Vorschrift stellt der
Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als
sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest, wenn das Versicherungskonto geklärt ist oder der Versicherte
innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht
widersprochen hat (Satz 1). Bei Änderungen der zugrunde liegenden Vorschriften ist der Feststellungsbescheid durch
einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben (Satz 2
erster Halbsatz). Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei
Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 3).
Der Vormerkungsbescheid ist damit ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der auf der Grundlage des bei seinem
Erlass geltenden Rechts Feststellungen über Tatbestände einer rentenversicherungsrechtlich relevanten Vorleistung
trifft, die grundsätzlich in den späteren Rentenbescheid und damit in den Rentenwert eingehen. Verbindlich festgestellt
wird im Vormerkungsbescheid sowohl der Rechtscharakter der rentenrechtlichen Zeit als auch deren zeitlicher Umfang
und damit, ob ein behaupteter Tatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nach dem zum
Zeitpunkt des Erlasses des Vormerkungsbescheides geltenden materiellen Recht erfüllt ist, so dass die Möglichkeit
besteht, dass er rentenrechtlich relevant werden kann. Nicht hingegen ist Gegenstand eines Vormerkungsbescheides
die abschließende Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung dieser Zeiten (vgl. BSG Urteil vom
30. März 2004 - B 4 RA 36/02 R - SozR 4-2600 § 149 Rnr. 10 f m. w. N., BSG Urteil vom 21. März 1991 - 4/1 RA
35/90 - SozR 3-2200 § 1325 Nr. 3 Seite 6). Gerade hierum geht es aber dem Kläger, wenn er die Berücksichtigung der
in der DDR erworbenen Rentenansprüche bei der Rentengewährung und die Anpassung dieser Rente an die Lohn- und
Einkommensentwicklung begehrt.
Die in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit auch für die Vormerkung geltende Beitragsbemessungsgrenze
(§§ 157, 159, 260 SGBVI) ist entgegen der Auffassung des Klägers verfassungsgemäß (vgl. BSG SozR 4 – 2600 §
260 Nr. 1). Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet zum 01. Januar
1992, die dazu geführt hat, dass erstmals Rentenberechtigte auf Grund dieser Überleitung gleichgestellte
Rangstellenwerte auf Grund von Tätigkeiten im Beitrittsgebiet erhalten haben. Durch die Überleitung des SGB VI auf
das Beitrittsgebiet (Art. 8, 30 Abs. 5 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 – Einigungsvertrag – in
Verbindung mit Art. 1 RÜG vom 25. Juli 1991) sind am 01. Januar 1992 an die Stelle des Rentenrechts des
Beitrittsgebietes die Vorschriften des SGB VI und der entsprechenden Nebengesetze getreten und die nach
Beitrittsgebietsrecht erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Sozialversicherung und FZR sowie die zum 31.
Dezember 1991 überführten Ansprüche und Anwartschaften aus Versorgungssystemen (§§ 2, 4 Abs. 1 bis § 5 AAÜG)
durch die entsprechenden Ansprüche und Anwartschaften aus dem SGB VI ersetzt worden. Damit können
zukunftsgerichtet Rechte und Ansprüche nur in diesem Rentenversicherungssystem und unter Berücksichtigung der
allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze entstehen. Die auf der Beitragsbemessungsgrenze beruhenden Regelungen
der §§ 256a und 259b SGB VI i.V.m. § 260 Satz 2 SGB VI verstoßen auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, denn der
Schutz des Artikel 14 Abs. 1 GG erstreckt sich allein auf die nach Maßgabe des Einigungsvertrages ausgestalteten
und als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus der
Sozialversicherung, der FZR und den Zusatzversorgungssystemen (vgl. das Leiturteil des BVerfG vom 28. April 1999,
1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95); dies gilt auch für die nach dem AAÜG anerkannten Arbeitsentgelte oder
Arbeitseinkommen. Die Begrenzung auf die allgemeine Obergrenze der in der Sozialversicherung
berücksichtigungsfähigen Verdienste ergibt sich aus
§ 6 Abs. 1 AAÜG. Die danach bzw. nach der Anlage 3 zum AAÜG anzurechnenden Höchstbeträge des
Arbeitsentgelts bzw. – einkommens bei der Überführung ergeben, vervielfältigt mit den Faktoren der Anlage 10 zum
SGB VI, die in der Anlage 2 des SGB VI genannte Beitragsbemessungsgrenze für das jeweilige Kalenderjahr. Die in
der DDR erworbenen subjektiven Rechte sind, soweit sie durch den Einigungsvertrag nicht anerkannt worden sind, mit
dem Untergang der DDR erloschen, was auch das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) ausdrücklich gebilligt hat. Es
liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Bundesverfassungsgericht inzwischen eine andere Auffassung vertritt,
denn für die in der FZR versicherten Verdienste hat das Bundesverfassungsgericht mit Nichtannahmebeschluss vom
06. August 2002 (1 BvR 586/98) ausdrücklich bestätigt, dass die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze auch
auf diese Verdienste verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Für eine Beweiserhebung - einen den Vorgaben des § 118 Abs.1 SGG i.V.m. § 359 ZPO genügenden Beweisantrag
hat der Kläger ohnehin nicht gestellt -, ein Ruhen oder eine Aussetzung des Verfahrens (§ 114 SGG) besteht nach
alledem kein Anlass, da die entscheidungserheblichen Fragen höchstrichterlich geklärt sind. Vor diesem Hintergrund
sieht der Senat sich auch nicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG gedrängt, denn die
höchstrichterliche Rechtssprechung ist überzeugend und lässt keinen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der
einschlägigen Normen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.