Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.09.2008

LSG Berlin und Brandenburg: eintritt des versicherungsfalls, gerichtshof für menschenrechte, ddr, europäisches recht, altersrente, republik, erstreckung, versorgung, sozialversicherung, zugehörigkeit

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 18.09.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 11 R 4067/07
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 3 R 363/08
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. Januar 2007 wird
zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer höheren Regelaltersrente.
Der Kläger legte den überwiegenden Teil seiner Erwerbsbiographie im Beitrittsgebiet zurück. Er war Mitglied in
verschiedenen Systemen der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung (zuletzt in der AVIwiss).
Aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 17. Dezember 1997 wird ihm seit dem 01. April 1998 eine
Regelaltersrente gewährt. Der monatliche Zahlbetrag belief sich im April 1998 auf 2.630,38 DM. Der
Rentenberechnung waren 70,2341 persönliche Entgeltpunkte (Ost) – EP - zugrunde gelegt worden. Außerdem waren
Zeiten der Zugehörigkeit zu Zusatzversorgungssystemen vom 01. Dezember 1955 bis zum 30. Juni 1990
berücksichtigt worden. Für die Jahre 1980 sowie 1983 bis 1989 war eine Begrenzung der Entgelte nach Anlage 5 zum
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) erfolgt (Daten aus dem Überführungsbescheid der Partei
des Demokratischen Sozialismus (PDS) – Zusatzversorgungsträger – vom 28. Februar 1997). Gegen den
Rentenbescheid und den Überführungsbescheid legte der Kläger Widerspruch ein.
Nachdem mit Bescheid des Versorgungsträgers vom 05. Juli 2005 die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem neu festgestellt worden und insbesondere die Voraussetzungen für die Anwendung einer
Entgeltbegrenzung nach der Anlage 5 zum AAÜG entfallen waren, stellte die Beklagte die Regelaltersrente mit
Bescheid vom 31. Oktober 2005 von Anfang an neu fest und gewährt seither fortlaufend Altersrente nach EP i. H. v.
78,0400. Dies ergab zum 01. Dezember 2005 einen monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 1.622,29 Euro. Die
Nachzahlung für den Zeitraum vom 01. April 1998 bis zum 30. November 2005 belief sich auf 16.695,01 Euro und
wurde an den Kläger ausgekehrt.
Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, in dem er sich gegen die Anwendung der
Beitragsbemessungsgrenze (BBG) nach § 6 Abs. 1 AAÜG wandte. Die Verwendung der in § 6 Abs. 1 AAÜG
genannten Anlage 3 zum AAÜG führe dazu, dass für die Jahre ab 1977 bis 1999 pro Jahr höchstens 1,8 EP in die
Berechnung einbezogen worden seien, obwohl die tatsächlichen Verdienste für die einzelnen Arbeitsjahre weit über
den Werten der BBG gelegen hätten. Am 30. Juni 1990 habe sich sein monatliches Gehalt auf das 2,7fache des
Durchschnittsentgelts der DDR belaufen. Diese Herabsetzung seines Einkommensniveaus vom 2,7fachen auf das
1,8fache des allgemeinen Durchschnitts stehe im Widerspruch zu einem grundlegenden Charakteristikum der
Rentenversicherung. Nach dem Bundesverfassungsgericht – BVerfG - (Entscheidung vom 28. April 1999 – 1 BvL
32/95 –) müsse nämlich gewährleistet sein, dass die durch die Lebensleistung erreichte relative Position innerhalb der
jeweiligen Rentnergeneration nach Eintritt des Versicherungsfalls erhalten bleibe. In der DDR sei in der
Zusatzversorgung keine BBG zur Anwendung gekommen. Der Rentenbescheid verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 und
Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Entgegen der von vielen amtlichen Stellen geäußerten Meinung habe das BVerfG die
so genannte Systementscheidung und die Anwendung der BBG bei Versicherten mit Ansprüchen aus den
Zusatzversorgungssystemen der DDR nicht uneingeschränkt bestätigt. Vielmehr habe das BVerfG in seiner
Entscheidung vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 – lediglich ausgeführt, dass es "grundsätzlich" keine
verfassungsrechtlichen Bedenken habe. Damit habe das Gericht aber deutlich gemacht, dass es auch Ausnahmen
geben könne. Die Verwendung des Begriffs "verfassungsrechtlich" schließe im Übrigen nicht aus, dass die Kappung
der anrechenbaren Verdienste durch die BBG gegen das Völkerrecht, nämlich gegen den Einigungsvertrag (EV),
verstoße.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03. Mai 2007 wies
die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 31. Oktober 2005 abgeholfen worden sei,
zurück. Mit dem Widerspruch werde noch eine Berücksichtigung von Entgeltteilen oberhalb der BBG begehrt. Dem
Begehren könne nicht entsprochen werden. Die Vorschriften zur Berechnung von Renten sähen die Berücksichtigung
von Entgelten im Beitrittsgebiet höchstens bis zur jeweils in den alten Bundesländern geltenden BBG vor (§ 260
Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Dies gelte auch für die nach dem AAÜG anerkannten Arbeitsentgelte
oder -einkommen. Die Begrenzung dieser Einkommen auf die allgemeine Obergrenze der in der Sozialversicherung
berücksichtigungsfähigen Verdienste ergebe sich nicht nur aus § 260 SGB VI, sondern direkt aus § 6 Abs. 1 AAÜG.
Vom Gesetzgeber seien in § 6 Abs. 1 AAÜG bzw. der Anlage 3 zum AAÜG die anzurechnenden Höchstbeträge des
Arbeitsentgelts bzw. –einkommens bei der Überführung bezeichnet worden. Würden diese Höchstbeträge mit den
Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI vervielfältigt, ergebe sich die in der Anlage 2 des SGB VI genannte BBG, wie
sie in der Bundesrepublik Deutschland für das jeweilige Kalenderjahr gegolten habe. Das BVerfG habe sich in seinem
Leiturteil vom 28. April 1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) umfassend mit der Problematik der BBG befasst. Nach
den Ausführungen des BVerfG begegne es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der bundesdeutsche
Gesetzgeber die in der ehemaligen DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch eine einheitliche,
ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Rentenleistung unter Verzicht auf
Zusatzleistungen, die der betrieblichen Altersversorgung oder der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in den
alten Bundesländern glichen, ersetzt habe (so genannte Systementscheidung). Dasselbe gelte für die weitere
Absenkung des Sicherungsniveaus dadurch, dass die versicherten Arbeitsentgelte und –einkommen nach
Hochwertung mit den Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI und damit auf "West-Niveau" nur bis zur BBG
berücksichtigt würden. Beide Schritte wahrten den Bezug zur persönlichen Arbeitsleistung und erhielten den Renten
grundsätzliche ihre existenzsichernde Funktion. Die Erstreckung der BBG auf die überführten Leistungen sei durch die
Entscheidung zugunsten der verfassungsrechtlich zulässigen Eingliederung in die Rentenversicherung der
Bundesrepublik Deutschland vorgeprägt und habe nicht entfallen können, ohne dass das Rentensystem gesprengt
würde. Im Hinblick auf die genannte Entscheidung sei die Annahme einer weiteren Verfassungsbeschwerde (1 BvR
2216/96) zur Anwendung des § 6 Abs. 1 AAÜG (und damit der BBG) vom BVerfG abgelehnt worden. Für die in der
Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) versicherten Verdienste habe das BVerfG mit Nichtannahmebeschluss
vom 06. August 2002 nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die Anwendung der BBG auch auf diese Verdienste
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger sein Begehren aus dem
Verwaltungsverfahren fortgeführt. Ergänzend hat er vorgetragen, die versicherten Arbeitseinkommen und –entgelte
seien keiner Hochwertung auf West-Niveau unterzogen worden. Denn bei einer Multiplizierung beider Komponenten
der Divisionsrechnung zu den EP (Zähler und Nenner) mit ein- und demselben Faktor komme das gleiche Ergebnis
heraus wie ohne die so genannte Hochwertung. Außerdem hat er darauf hingewiesen, dass seine monatliche
Altersversorgung ab dem 01. Juli 2007 1.625,35 Euro netto betrage. Das Ruhegehalt im öffentlichen Dienst in
Deutschland habe sich im Januar 2004 jedoch durchschnittlich auf 2.445 Euro belaufen. Dies demonstriere die aus
der Kappung der Ansprüche aus der Altersversorgung der Intelligenz der DDR resultierenden Nachteile.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18. Januar 2007 (tatsächliches Entscheidungsdatum 18. Januar
2008; im Folgenden durchgängig bezeichnet als 18. Januar 2007) abgewiesen. Zur Begründung hat es zunächst auf
die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen. Es hat außerdem die Auffassung vertreten, § 260
Satz 2 SGB VI bzw. § 6 Abs. 1 AAÜG i. V. m. Anlage 3 zum AAÜG verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Mit
der Frage, ob die Anwendung der BBG gegen Art. 14 GG verstoße, habe sich das BVerfG bei der Beurteilung der
Überführung von in der DDR gewährten Versorgungen in SGB VI-Renten bereits ausführlich auseinander gesetzt. In
seinem Urteil vom 28. April 1999 habe es in Bezug auf Art. 14 GG ausgeführt, auch in der DDR erworbene
Anwartschaften auf Altersversorgung stellten ein durch diese Norm geschütztes Eigentum dar. Inhalt und Schranken
des Eigentums würden gemäß Art. 14 Abs. 2 GG vom Gesetzgeber bestimmt, der dabei die Sozialpflichtigkeit des
Eigentums zu beachten habe. Diese Befugnis schließe auch die Änderungen erworbener Rechtspositionen ein. Art. 14
Abs. 2 GG schließe nur aus, dass die Umstellung mit Einbußen einhergehe, die dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit widersprächen und Eigentumspositionen in unzumutbarer Weise schmälerten. Eine Absenkung
des Sicherungsniveaus dadurch, dass die versicherten Arbeitsentgelte oder –einkommen nur bis zur BBG
berücksichtigt würden, sei grundsätzlich zulässig und im Regelfall verhältnismäßig. Die Erstreckung der BBG auf die
nach dem AAÜG überführten Leistungen sei durch die Entscheidung zugunsten der verfassungsrechtlich zulässigen
Eingliederung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik vorgeprägt und könne nicht entfallen, ohne dass das
Rentensystem gesprengt werde. Sofern der Kläger vortrage, es finde entgegen den Ausführungen der Beklagten keine
Hochwertung der Entgelte auf West-Niveau statt, verkenne er den Zweck der Anwendung der Faktoren der Anlage 10
zum SGB VI. Das vom ihm geschilderte Ergebnis, wonach sowohl derjenige genau einen Entgeltpunkt erhalte, der im
Beitrittsgebiet genau das Durchschnittsentgelt erzielt habe, als auch derjenige, der in den alten Bundesländern in
einem Jahr das dortige Durchschnittsentgelt erzielt habe, sei genau die Absicht des Gesetzgebers. Denn ohne die
Vorschriften über die so genannte Hochwertung wären die in der DDR erzielten Entgelte nach dem SGB VI zur
Ermittlung der EP durch das Durchschnittsentgelt in der Bundesrepublik im jeweiligen Jahr zu teilen, was zu deutlich
niedrigeren EP führen würde.
Gegen den am 30. Januar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt. In seiner
Begründung weist er – unter Fortführung seines bisherigen Vortrags – insbesondere darauf hin, dass nach seinen
Berechnungen ohne die Anwendung der BBG seiner Altersrentenberechnung 122,0675 EP zugrunde zu legen wären,
was einen monatlichen Differenzbetrag von rund 1.000 Euro ergebe. Hieraus lasse sich schon die
Unverhältnismäßigkeit der Schmälerung seiner Eigentumsposition ersehen. Außerdem seien die Ausführungen des
SG zur Frage der Hochwertung nach seiner Berechnung fehlerhaft. Er legt hierzu eigene Berechnungen vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung
des Bescheides vom 31. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Mai 2007 zu verurteilen,
ihm eine höhere Regelaltersrente unter zusätzlicher Berücksichtigung der über der Beitragsbemessungsgrenze
liegenden Entgelte zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente
unter Berücksichtigung der über der BBG liegenden Entgelte.
Der angefochtene Altersrentenbescheid vom 31. Oktober 2005, der den vorangegangenen Rentenbescheid vom 17.
Dezember 1997 vollständig ersetzt hat, ist rechtmäßig. Die Beklagte hat in diesem Bescheid zutreffend den Wert der
monatlichen Altersrente des Klägers festgesetzt.
Für das Begehren des Klägers, das dieser unter Außerachtlassung der Gedanken der Sozialpflichtigkeit des
Eigentums, der Finanzierbarkeit der Rentensysteme und der Solidarität seit Jahren verfolgt, existiert keine
Rechtsgrundlage.
Für den Kläger ist – genauso wie für die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Beschäftigten in den
Altbundesländern – die "allgemeine" BBG anzuwenden. Dies stellt einen Grundpfeiler der gesetzlichen
Rentenversicherung der Bundesrepublik dar. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (- 1 BvL
32/95 - und - 1 BvR 2105/95 -, in SozR 3-8570 § 10 Nr. 3) – bestätigt durch die Nichtannahmebeschlüsse vom 09.
März 2000 (- 1 BvR 2216/96 -, in SozR 3-8570 § 8 Nr. 5) und 06. August 2002 (- 1 BvR 586/98 -, in NZS 2003, 87-89)
- ausdrücklich und unmissverständlich festgestellt, dass die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus
Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik in die gesetzliche
Rentenversicherung und die Berücksichtigung der dort versicherten Arbeitsentgelte lediglich bis zur
Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in Verbindung mit der Anlage 3 bei verfassungskonformer
Auslegung des Einigungsvertrages mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Anwendung der BBG folgt
systemimmanent – worauf sowohl das BVerfG als auch die Beklagte und die erste Instanz hingewiesen haben - aus
der Zulässigkeit der so genannten Systementscheidung, d. h. der Überführung sämtlicher Ansprüche aus den Zusatz-
und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung. Eine Nichtanwendung der BBG stünde nicht
nur im Widerspruch zur gesamten Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern würde der gesetzlichen
Rentenversicherung den finanziellen Boden entziehen und somit die Rentenansprüche und –anwartschaften
entwerten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger und die anderen Zusatz- bzw. Sonderversorgten –
wie alle Bürger der DDR – bis zur Wiedervereinigung nichts in die bundesdeutschen Rentenkassen eingezahlt haben,
ihre Renten jedoch von den heute einzahlenden Arbeitnehmern finanziert werden müssen ohne die Möglichkeit eines
Rückgriffs auf in der DDR "angesparte" Sozialversicherungsbeiträge.
Die in der ehemaligen DDR erworbenen Rentenansprüche und -anwartschaften genießen zwar den Schutz des Art. 14
Abs. 1 GG; jedoch kommt der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz diesen Rentenansprüchen und -
anwartschaften nur in der Form zu, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrages erhalten haben. Art. 14
Abs. 1 Satz 2 GG verleiht dem Gesetzgeber dabei die Befugnis, Rentenansprüche und -anwartschaften
einzuschränken, sofern dies einem Gemeinwohlzweck und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dient. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum – ähnlich wie nach dem Zusammenbruch des
Deutschen Reiches – auch bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und der
Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften besonders weit ist (vgl. BVerfG vom
28. April 1999 a. a. O.). Gemessen daran ist die (einheitliche) Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus
Zusatz- und Sonderversorgungssystemen - und der FZR - in die gesetzliche Rentenversicherung nicht
verfassungswidrig, denn der Bezug zur persönlichen Arbeitsleistung und die existenzsichernde Funktion der
Altersrente bleiben erhalten (vgl. BVerfG vom 28. April 1999 a. a. O.). Außerdem dient die Überführung einem
wichtigen Gemeinwohlbelang, weil mit der Rechtsangleichung im Rentenrecht zugleich die Finanzierbarkeit der
Sozialversicherung insgesamt erhalten bleibt (vgl. BVerfG vom 28. April 1999 a. a. O.). Eine Verletzung des Art. 14
GG scheidet im Übrigen auch deswegen aus, weil die von der Beklagten bei der Rentenwertfestsetzung zugrunde
gelegten Arbeitsverdienste nicht das reale Einkommen des Klägers widerspiegeln. Zu beachten ist nämlich, dass der
in der DDR erzielte Arbeitsverdienst zunächst – in begünstigender Weise von den Bestimmungen des
Einigungsvertrages abweichend – im Verhältnis 1: 1 auf DM angehoben und dann nach Multiplikation mit dem
Umrechnungsfaktor der Anlage 10 zum SGB VI auf das Lohnniveau in den alten Bundesländern angehoben wurde.
Insoweit wurde ein tatsächlich nie erzielter, fiktiver Arbeitsverdienst durch mehrere rechnerische Zwischenschritte
ermittelt und der Rentenberechnung zugrunde gelegt. Außerdem sind von diesem fiktiven Arbeitsverdienst niemals
Beiträge zu einem bundesrepublikanischen Rentenversicherungsträger abgeführt worden.
Die so genannte Systementscheidung und damit die Anwendung der "allgemeinen" BBG ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG
vereinbar (vgl. u. a. BVerfG vom 28. April 1999 a. a. O.). Denn die Benachteiligung von höher verdienenden
Versicherten der Versorgungssysteme gegenüber Angehörigen entsprechender Berufsgruppen in den alten
Bundesländern, die außer oder statt Ansprüchen oder Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Ansprüche und Anwartschaften aus anderen Alterssicherungssystemen haben und deshalb im Alter auf einem
höheren Niveau abgesichert sind, sowie gegenüber Berechtigten aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, deren
Einkünfte unterhalb oder an der Beitragsbemessungsgrenze lagen und daher bei der Neuberechnung der Rente nach
den Vorschriften des SGB VI voll berücksichtigt werden, ist im Wesentlichen durch gewichtige Gründe gerechtfertigt.
Die Berufsgruppen, die in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und der Deutschen Demokratischen Republik
andererseits Ansprüche auf eine Versorgung haben, die über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgeht, sind
nicht deckungsgleich. Sie unterscheiden sich nicht nur nach Arbeitsgebieten, Umfang und Qualifikation. Vielmehr fällt
auch ins Gewicht, dass die westdeutschen Berechtigten in der Regel erheblich höhere Beitragsleistungen für ihre über
die Rente hinausgehende Versorgung geleistet haben. Das steht einer Pflicht, höher verdienende Versicherte aus
Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik rückwirkend und kostenfrei so zu
stellen, als hätten sie die Voraussetzungen erfüllt, von denen die Zusatzversorgung in Westdeutschland abhing,
entgegen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass auch in der Bundesrepublik Deutschland die als "zweite Säule" der
Alterssicherung bezeichnete Zusatzversorgung in der Vergangenheit nicht jedermann zugänglich war (vgl. BVerfG
vom 28. April 1999, a. a. O.).
Die so genannte Systementscheidung und die daraus resultierende Anwendung der BBG verstoßen auch nicht gegen
europäisches Recht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner Entscheidung vom 25.
September 2007 zum Aktenzeichen 12923/03 (veröffentlicht in juris) einen Verstoß gegen die in Artikel 1 des
Protokolls Nr. 1 garantierten Eigentumsrechte sowie gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 14 der
Menschenrechtskonvention in Verbindung mit Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 ausdrücklich verneint.
Soweit der Kläger bemängelt, die Anwendung der Anlage 10 führe zu keiner Hochwertung, und eigene Berechnungen
vorlegt, sind diese Berechnungen nicht nachvollziehbar. Es ist auf den zutreffenden Hinweis des SG in seiner
Begründung Bezug zu nehmen, wonach der Kläger vergisst, dass ohne die Anlage 10 seine Entgelte einfach durch
das Durchschnittsentgelt der BRD zu dividieren wären.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich für alle Versicherten in der gesetzlichen
Rentenversicherung eine maximal mögliche EP-Zahl pro Jahr gibt. Diese findet sich in der Anlage 2b zum SGB VI.
Soweit er sich außerdem mit Pensionsempfängern vergleicht, hinkt sein finanzieller Vergleich schon deshalb, weil die
Pensionen voll zu versteuern sind, während seine eigene Rente grundsätzlich nur mit dem kleinen so genannten
Ertragsanteil zu versteuern ist. Außerdem müssen Empfänger von Ruhegehältern bzw. Pensionen hiervon noch
Versicherungsbeiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zahlen.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.