Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.05.2006

LSG Berlin-Brandenburg: unterkunftskosten, kaution, zusicherung, rate, beendigung, vermieter, quelle, sammlung, kauf, link

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 10 B 488/06 AS ER
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 22 Abs 1 S 2 SGB 2, § 22 Abs
3 S 1 SGB 2
Arbeitslosengeld II - doppelte Unterkunftskosten - Mietkaution -
Fehlen der vorherigen Zusicherung - drohende Kündigung
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 wird
zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden auch für das Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
Die erstrebte Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
(SGG) kann das Gericht erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Anordnungsanspruch – die Rechtsposition,
deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der
Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind
glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 4 SGG iVm § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt
der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz – im Beschwerdeverfahren
kommt es demnach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an.
Die Antragstellerin hat weder für den von ihr im Wege einer einstweiligen Anordnung
erstrebte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten für ihre alte
Unterkunft für April 2006 (Anspruch zu 1) noch für den von ihr auf gleiche Weise
begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin der Übernahme der Kaution für ihre neue
Unterkunft (Anspruch zu 2), einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Anspruch zu 1 scheitert daran, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 Zweites Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) Unterkunftskosten grundsätzlich immer nur für eine einzige
Unterkunft anzuerkennen sind, auch wenn der Hilfebedürftige mehrere Unterkünfte
angemietet hat und rechtlich nutzen kann. Entscheidend ist dann die (vorrangig)
tatsächlich genutzte Unterkunft (vgl Berlit in Rothkegel, Sozialhilferecht, Seite 261). Da
die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 05. Mai 2006 Unterkunftskosten in Höhe von
358,00 EUR bewilligt hat, die den Kosten für April 2006 für die neue Unterkunft
entsprechen, und die Kosten dieser Unterkunft höher sind als die für die alte Unterkunft,
kann offen bleiben, ob die Antragstellerin im April 2006 noch in ihrer alten Unterkunft
oder schon in der neuen Unterkunft gewohnt hat.
Es liegt ersichtlich auch kein Sachverhalt vor, der eine Ausnahme von dem geschilderten
Grundsatz gebietet. Ein solcher Ausnahmefall ist nur anzuerkennen, wenn bei einem
notwendigen Wohnungswechsel die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfristen oder
notwendiger Renovierungsarbeiten nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden
können, so dass doppelte Mietaufwendungen (so genannte Überschneidungskosten)
nicht zumutbar abgewendet werden können (vgl Berlit aaO). Eine solche Konstellation
liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der Umzug mit Rücksicht auf die Laufzeit des
Vertrages für die alte Unterkunft bis zum 30. April 2006 zum Zeitpunkt der Anmietung
der neuen Wohnung nicht notwendig war.
Der Anspruch zu 2 scheitert bereits daran, dass § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II die Übernahme
einer Mietkaution im Gegensatz zur Übernahme der Unterkunftskosten an die vorherige
Zusicherung durch die Antragsgegnerin knüpft. Eine solche Zusicherung liegt unstreitig
nicht vor. Ob über den eindeutigen Wortlaut hinaus Ausnahmen vom vorherigen
Zustimmungserfordernis gemacht werden können, etwa dann, wenn eine fristgerecht
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Zustimmungserfordernis gemacht werden können, etwa dann, wenn eine fristgerecht
mögliche Entscheidung treuwidrig vereitelt worden ist (vgl hierzu Berlit aaO Seite 276)
oder aber aus anderen Gründen (beispielsweise Verhinderung durch Krankheit) eine
solche fristgerecht nicht eingeholt werden konnte, bedarf hier keiner Entscheidung, da
eine solche Ausnahmekonstellation offensichtlich nicht vorlag. Dass der Antragstellerin,
sollte sie die vereinbarte Kaution iHv 690 EUR (vgl § 19 des Mietvertrages vom 14. April
2006) nicht zahlen können, unter Umständen die Kündigung droht, ist die vom
Gesetzgeber des SGB II in Kauf genommene Folge und rechtfertigt keine abweichende
Beurteilung. Überdies bestehen erhebliche Zahlungserleichterungen, so dass der
Vortrag der Antragstellerin nicht ausreicht, zu verdeutlichen, dass sie unmittelbar von
der Beendigung des Mietverhältnisses bedroht ist. Sie ist nach der gesetzlichen
Regelung (§ 551 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch ) berechtigt, die Kaution in drei
gleichen Raten zu zahlen, wobei die erste Rate zu Beginn des Mietverhältnisses, also
zum vertraglich vereinbarten Überlassungstermin, fällig ist (§ 271 BGB), und der
Vermieter kann die gesamte Kaution erst verlangen, wenn die ersten drei Mietmonate
ohne Zahlung verstrichen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht
anfechtbar (§ 177 SGG).
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