Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.02.2006

LSG Berlin und Brandenburg: arbeitslosenhilfe, fahrtkosten, verkehrsmittel, datenbank, verordnung, zahl, rechtseinheit, fahrkosten, zustellung, verfahrensmangel

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 23.02.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 60 AL 6286/03
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 6 AL 213/05 NZB
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Mai
2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Die vom Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobene Klage betrifft eine Geldleistung, die den Wert von 500
Euro nicht übersteigt. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 28. September
2003 für den neuen Bewilligungsabschnitt von maximal einem Jahr (28. September 2003 bis 27. September 2004)
erreicht nicht den von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geforderten Berufungswert von 500 Euro.
Denn nach der vom Kläger begehrten Berücksichtigung der BVG-Monatsmarke bei den vom Einkommen der Ehefrau
abzusetzenden Fahrkosten ergäbe sich nur ein Alhi-Anspruch von cirka 2,73 Euro wöchentlich (cirka 141,96 Euro
jährlich). Daher bedurfte die Berufung der Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Das SG Berlin hat indes
keinerlei Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung getroffen.
Die nach richterlichem Hinweis erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht
erhoben worden. Das Urteil des SG Berlin ist mit einer (falschen) Rechtmittelbelehrung (Berufung statt
Nichtzulassungsbeschwerde) versehen, so dass die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 66 Abs. 2 SGG innerhalb
eines Jahres seit Zustellung eingelegt werden kann. Die bei Gericht am 25. Mai 2005 eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 26. Mai 2004 zugestellte Urteil ist daher als fristgerecht erhoben
anzusehen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht begründet, weil ein Berufungszulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2
SGG nicht vorliegt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) noch weicht das
Urteil des SG von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) , des Bundessozialgerichts (BSG) oder des
Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 144 Abs. 2 Nr.
2 SGG), noch wird ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht, der
vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und –fähige
Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die
Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitnerer, SGG, 8. Auflage § 144
Rdnr. 28). Vorliegend ist der Kläger der Auffassung, dass die in § 3 Abs. 3 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV)
enthaltene Pauschbetragsregelung für vom Einkommen abzusetzende Fahrtkosten (Höhe des als
Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes) verfassungswidrig sei, da die
tatsächlich entstandenen Kosten für die Verkehrsmittel über dem Pauschbetrag liegen würden. Außerdem sei zu
fragen, ob die Bestimmung in § 3 Abs. 3 AlhiV von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei.
Diese vom Kläger aufgeworfenen Fragen begründen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht, weil ihre
Klärung der Fragen nicht mehr im allgemeinen Interesse liegt. Die fragliche Bestimmung ist durch Art. 57a des
Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 aufgehoben werden. An der
Klärung auslaufenden Rechts besteht jedenfalls sofern – wie hier – nicht noch eine nennenswerte Zahl von
vergleichbaren Fällen zu entscheiden ist, kein allgemeines Interesse im Sinne von § 144 SGG (vgl. zuletzt BSG,
Beschluss vom 29. April 2005 B 11a/11 AL 283/04 B, zit. nach Juris-Datenbank).
Weitere Zulassungsgründe trägt der Kläger nicht vor und sind auch nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Das Urteil des SG vom 6. Mai 2004 ist damit rechtskräftig.