Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.02.2003

LSG Berlin und Brandenburg: eintritt des versicherungsfalles, berufliche ausbildung, beitragspflichtige beschäftigung, glaubhaftmachung, anerkennung, lehrling, gerichtsakte, versicherungspflicht

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 14.02.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 19 RA 6363/94
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 5 RA 2/00
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Beschäftigung in der Zeit von Januar 1934 bis August 1939 in Polen
als Beitragszeit im Sinne des Fremdrentengesetzes (FRG).
Die Klägerin ist die Witwe des am 20. Oktober 1920 in Warschau geborenen Nachman Grosbard (im Folgenden: der
Versicherte), der von April 1948 bis zu seinem Tode am 18. Januar 2001 in Israel lebte. Der Versicherte besaß
ursprünglich die polnische und seit Mai 1948 die israelische Staatsangehörigkeit. Er war als Verfolgter im Sinne von §
1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt und erhielt Entschädigung für Schaden an Freiheit von
Dezember 1939 bis Januar 1945 (Vergleich mit dem Bezirksamt für Wiedergutmachung Koblenz vom 15. Juni 1961).
In dem Entschädigungsverfahren hatte der Versicherte in einer eidesstattlichen Erklärung vom 29. Juni 1958 unter
anderem angegeben, vor Beginn der Judenverfolgung in Warschau in der Pavia-Straße gewohnt zu haben; die Zeugen
H und H hatten in ihren Erklärungen vom 29. Juni 1958 bzw. 1. Mai 1960 gegenüber der Entschädigungsbehörde unter
anderem bekundet, den Versicherte im Herbst 1939 in Warschau kennen gelernt und von da an sein
Verfolgungsschicksal geteilt zu haben. Wegen des Wortlauts der genannten Erklärungen wird auf Bl. 2 bis 4 der heute
bei dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg geführten Entschädigungsakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 24. Juni 1991 gewährte die Beklagte dem Versicherten auf dessen Antrag vom 13. Juni 1983 ab
dem 1. Februar 1986 Altersruhegeld, das vollständig auf der freiwilligen Nachentrichtung von Beiträgen für den
Zeitraum 1. Januar 1956 bis 30. Juni 1980 beruhte. Im Antrag vom 13. Juni 1983 hatte der Versicherte betont, dass
keine Fremdbeitragszeiten nach § 20 WGSVG anzuerkennen seien und eine Rente allein aus nachentrichteten
Beiträgen und Ausfallzeiten zu berechnen sei.
Mit Antrag vom 8. Juni 1992 machte der Versicherte gegenüber der Beklagten die Anerkennung rentenrechtlicher
Zeiten von Oktober 1933 bis August 1939 geltend. In einer eidesstattlichen Versicherung vom 8. Juni 1992 erklärte er
unter anderem, von Oktober 1933 bis September 1939 in Cziechanow bei dem Malermeister Dbeschäftigt gewesen zu
sein; soweit er damals gewusst habe, seien die erforderlichen Sozialabgaben laufend entrichtet worden. Zur
Bestätigung seiner Angaben legte der Versicherte Zeugenerklärungen des S, geb. 22. Dezember 1917, sowie des L,
geb. 14. Februar 1919, vor. Wegen des Inhalts der eidesstattlichen Versicherung des Versicherten und der genannten
Zeugenerklärungen wird auf Bl. 108 bis 112 der Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.
Im Zuge der von der Beklagten hierauf veranlassten Ermittlungen konnte der polnische Versicherungsträger die
behaupteten Versicherungszeiten nicht bestätigen. Die Handwerksinnung Ciechanow erklärte in einer Stellungnahme
vom 31. August 1993, nicht im Besitz weiterführender Unterlagen zu sein. Die von der Handwerksinnung als
Auskunftspersonen benannten N, geb. 17. August 1924, und K, geb. 2. Februar 1921, gaben daraufhin am 6.
September 1993 Zeugenerklärungen ab, wonach es in der Vorkriegszeit einen Malermeister D in Ciechanow gegeben
habe. Der Versicherte sei ihnen jedoch nicht bekannt. Wegen der Einzelheiten dieser Zeugenerklärungen wird auf Bl.
151 bis 154 der Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 3. November 1993 lehnte die Beklagte die Anerkennung der behaupteten Beschäftigung als
rentenrechtliche Zeit ab. Die Zeit vom 1. Oktober 1933 bis 31. Dezember 1933 könne nicht anerkannt werden, weil sie
vor Vollendung des 16. Lebensjahres liegeDie Zeit vom 1. Januar 1934 bis 31. August 1939 könne nicht als Beitrags-
bzw. Beschäftigungszeit anerkannt werden, weil diese Zeit weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht
sei. Den hiergegen vom Versicherten ohne weitere Begründung erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit
Bescheid vom 4. Oktober 1994, zur Post gegeben am 20. Oktober 1994, zurück.
Hiergegen hat der Versicherte am 8. November 1994 mit dem Ziel Klage erhoben, die Zeit vom 1. Januar 1934 bis 31.
August 1939 als Fremdbeitragszeit anerkennen zu lassen. Seine Beschäftigung bei dem Malermeister D habe seit
dem 1. Januar 1934 der Versicherungspflicht in der polnischen Rentenversicherung unterlegen; ab diesem Zeitpunkt
seien Beiträge an den zuständigen Versicherungsträger abgeführt worden. Die schriftlichen Bekundungen der Zeugen
S und Lseien von der Beklagten nicht zutreffend gewürdigt worden.
Das Sozialgericht hat die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz zu dem Rechtsstreit beigeladen und die
Entschädigungsakte von dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg beigezogen. Die vom Sozialgericht
beschlossene Vernehmung der Zeugen S und Ldurch das ersuchte Gericht in Israel hat sich aus gesundheitlichen
bzw. altersbedingten Gründen nicht verwirklichen lassen. Dagegen ist der ebenfalls vom Versicherte benannte Zeuge
L, geb. 18. Oktober 1919, am 5. November 1998 im Rahmen der Rechtshilfe durch das zuständige Gericht in Israel zu
der Beschäftigung des Versicherten im Zeitraum Oktober 1933 bis September 1939 vernommen worden. Wegen der
Beweisfragen und des Ergebnisses der Zeugenbefragung (Übersetzung) wird auf Bl. 59 und 76 bis 79 der Gerichtsakte
Bezug genommen.
Zu dem Widerspruch, im Entschädigungsverfahren Warschau als Wohnsitz bei Verfolgungsbeginn angegeben, im
Rentenverfahren aber Ciechanow als letzten Wohnsitz benannt zu haben, hat der Versicherte mit Schriftsatz vom 11.
August 1999 erklärt, etwa einen Monat vor Kriegsausbruch besuchshalber bei Verwandten in Warschau gewesen, dort
vom Krieg überrascht worden und nicht mehr nach Ciechanow zurückgekehrt zu sein. Gegebenenfalls möge der
Zeuge Lergänzend dazu vernommen werden, wann und unter welchen Umständen der Versicherte von Ciechanow
nach Warschau geflohen sei.
Mit Urteil vom 25. Oktober 1999 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung, wegen deren
Einzelheiten auf die Gerichtsakte, Bl. 106 bis 110, Bezug genommen wird, im Wesentlichen ausgeführt: Der
Versicherte habe eine beitragspflichtige Beschäftigung im Zeitraum 1. Januar 1934 bis 31. August 1939 nicht
glaubhaft gemacht. Im Entschädigungsverfahren habe er angegeben, bei Verfolgungsbeginn in Warschau gewohnt zu
haben. Im Rentenverfahren behaupte er nun, bis zum Einmarsch der Deutschen in Ciechanow tätig gewesen zu sein.
Dieser Widerspruch spreche gegen die behauptete Beschäftigung und werde auch nicht durch das Vorbringen im
Klageverfahren behoben, im August 1939 zu Verwandten nach Warschau gegangen zu sein, denn dies stehe
wiederum in Widerspruch zu der vorangegangenen Erklärung, noch in Ciechanow von den Deutschen zur
Zwangsarbeit herangezogen worden zu sein. Auffällig sei auch, dass der Versicherte niemals genaue Einzelheiten
seines behaupteten Beschäftigungsverhältnisses vorgetragen habe. Die Aussage des Zeugen Lsei unergiebig und
auch teilweise unglaubhaft. Sei schon das Beschäftigungsverhältnis zweifelhaft, gelte dies erst recht für die
behauptete Beitragsabführung. Dem hilfsweise formulierten Beweisantrag zur weiteren Vernehmung des Zeugen
Lhabe nicht entsprochen werden müssen, weil der unter Beweis gestellt Sachverhalt der Übersiedlung nach Warschau
schon im August 1939 als wahr unterstellt werden könne. Den zu keiner Zeit befriedigend aufgelösten Widerspruch im
eigenen Vortrag des Versicherten werte das Gericht im Rahmen der Glaubhaftmachung zu ungunsten des
Versicherten.
Gegen das ihm am 16. Dezember 1999 zugestellte Urteil hat der Versicherte am 4. Januar 2000 Berufung eingelegt.
Die angeblichen Widersprüche seien leicht aufklärbar. Er habe sich generell in Ciechanow aufgehalten und sei etwa
einen Monat vor Kriegsausbruch zu seinen Verwandten nach Warschau gereist. Im Entschädigungsverfahren habe
keine Veranlassung bestanden, seinen Aufenthalt bei Kriegsausbruch genau darzustellen. Auf seine Arbeit als Maler
sei seine in armen Verhältnissen lebende Familie angewiesen gewesen. Seinen Wohnsitz in Ciechanow beweise seine
Mitgliedschaft in der Vereinigung der ehemaligen Bewohner von Ciechanow. Einen an ihn adressierten Briefumschlag
der „Ciechanow House Wohltatskasse“ (Übersetzung) hat er zu den Akten gereicht.
Nach dem Tode des Versicherten am 18. Januar 2001 hat seine Witwe Silvia Grosbard das Verfahren fortgeführt. Sie
erhält auf der Grundlage eines Bescheides der Beklagten vom 9. Januar 2002 große Witwenrente seit dem 1. Februar
2001.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 1993 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
Fremdbeitragszeiten vom 1. Januar 1934 bis 31. August 1939 anzuerkennen und gegebenenfalls nach erfolgter
Nachentrichtung eine Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die vom Sozialgericht vorgenommene Beweiswürdigung für zutreffend. Jedenfalls die Abführung von
Beiträgen zur Sozialversicherung sei nicht glaubhaft gemacht worden.
Die Beigeladenen hat sich im Verlaufe des Berufungsverfahrens nicht weiter geäußert.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
Rentenakte der Beklagten und der Entschädigungsakte des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg Bezug
genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und der
Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) FRG in der hier anwendbaren, bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung
findet § 15 FRG auch auf Personen Anwendung, die – wie hier der Versicherte – nicht zu dem Personenkreis des § 1
Buchst. a bis d FRG gehören, wenn die Beiträge an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
entrichtet sind und ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen sie bei Eintritt des
Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln
hatte. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG, ebenfalls in der bis zum 31. Dezember 1991 gültigen Fassung, stehen
Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den
nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Als gesetzliche Rentenversicherung in diesem Sinne ist
jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch
öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der
Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig
wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Für die Feststellung der nach diesen Regelungen erheblichen
Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FRG).
Der Versicherte hatte hieran gemessen – wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – keinen Anspruch
auf Anerkennung einer Beitragszeit für den Zeitraum Januar 1934 bis August 1939, denn wenn schon das Vorliegen
einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zweifelhaft geblieben ist, so ist auch nach Auffassung des Senats
jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass während dieser Zeit tatsächlich Beiträge an den zuständigen
Rentenversicherungsträger entrichtet worden sind.
Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG.
Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die
an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit; es genügt die „gute Möglichkeit“, dass der entscheidungserhebliche
Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel sind unbeachtlich.
Gleichzeitig muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Ist weder das Vorliegen noch das
Nichtvorliegen einer Tatsache überwiegend wahrscheinlich, ist nicht etwa zugunsten des Anspruchstellers zu
entscheiden; ein solcher Grundsatz wäre dem Sozialversicherungsrecht fremd (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1980,
12 RK 42/80, SozR 5070 § 3 Nr. 1; Beschluss vom 4. Juni 1975,11 BA 4/75, BSGE 40, 40 [42]).
Für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses spricht zunächst das Vorbringen des Versicherten in seiner
eidesstattlichen Erklärung vom 8. Juni 1992, wonach er ab dem Oktober 1933 bei dem Malermeister D in Ciechanow
tätig gewesen sei. Unabhängig hiervon hatte der Versicherte gegenüber der Beklagten schon im Antrag vom 24.
Oktober 1988 angegeben, das Malerhandwerk erlernt zu haben. Das Vorbringen des Versicherten wird bestätigt durch
die schriftlichen Erklärungen der Zeugen S und L vom 8. Juni 1992, wonach der Versicherte ab Oktober 1933 den
Malerberuf aufgenommen habe, wobei der Zeuge L sogar den Meister Dbenennen konnte. Ebenso verhält es sich mit
der Aussage des Zeugen L. Auch dieser hat bekundet, dass der Versicherte nach der Schule bei dem Malermeister D
eine Arbeit aufgenommen habe. Dass der Versicherte in dessen Handwerksgeschäft tätig gewesen sein könnte, ergibt
sich außerdem aus den Bekundungen der in Ciechanow ansässigen Zeugen N und K, die zwar den Kläger nicht
kennen, jedoch bestätigt haben, dass es im fraglichen Zeitraum einen Malermeister D in der vom Versicherten
benannten Straße gegeben habe. Bei isolierter Wertung dieser Umstände erscheint eine Beschäftigung des
Versicherten in dem genannten Handwerksbetrieb als möglich.
Wenig Gewicht misst der Senat den insoweit nach wie vor widersprüchlichen Erklärungen des Versicherten
hinsichtlich seines Aufenthalts vor und bei Kriegsbeginn bei. Im Entschädigungsverfahren hatte er insoweit lediglich
vorgebracht, bei Beginn der Verfolgung in Warschau ansässig gewesen zu sein. Im Widerspruch zueinander stehen
aber die Schilderungen des Versicherten zum Zeitpunkt seines Weggangs aus Ciechanow. Während er in der
Erklärung vom 8. Juni 1992 angab, noch nach dem Einmarsch der Deutschen in Ciechanow zur Zwangsarbeit
angehalten worden und von dort in die Wälder geflüchtet zu sein, wobei Warschau als Fluchtziel unerwähnt blieb, hat
er im Verlaufe des Klageverfahrens angegeben, schon im August 1939 nach Warschau gegangen zu sein. Diese
Unstimmigkeit, die durchaus Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherten aufkommen lassen kann, betrifft jedoch
nur das Ende der behaupteten versicherungspflichtigen Beschäftigung und kann deshalb vernachlässigt werden,
selbst wenn nach dem eigenen Vorbringen des Versicherten eine Beschäftigung jedenfalls im August 1939
ausgeschlossen erscheint.
Die entscheidenden Zweifel des Senats gründen sich auf folgende Erwägungen: Selbst wenn man das Vorliegen einer
Beschäftigung unterstellt, ist doch nicht klar, ob bzw. seit wann sie nach dem damaligen polnischen
Sozialversicherungsrecht rentenversicherungspflichtig war. Am 1. Januar 1934 trat in Polen das
Sozialversicherungsgesetz vom 28. März 1933 in Kraft. Dieses sah zwar in Art. 2 Abs. 1 die altersunabhängige
Versicherungspflicht aller in einem Lohnarbeits- oder Dienstverhältnis stehenden Personen vor. Von der
Invalidenversicherung waren nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 3 jedoch Lehrlinge befreit, die auf Grund eines schriftlichen,
gemäß den Anforderungen der Gewerbeordnung eingetragenen Vertrages eine berufliche Ausbildung genossen (vgl.
Mitteilungen der LVA Berlin, Amtliches Veröffentlichungsblatt, Heft März 1997, S. 66). Der Versicherte hat nicht weiter
vorgetragen – und auch die Zeugen S und L haben hierzu nichts bekundet – ob er in einem Ausbildungsverhältnis als
Lehrling stand. Lediglich der Zeuge Lhat ausgesagt, dass der Versicherte im ersten halben Jahr seiner Arbeit als
Lehrling beschäftigt gewesen sei. Angesichts seines damaligen Alters von 13 bis 18 Jahren wäre es auch nicht
unwahrscheinlich, dass er als Lehrling im Sinne der genannten, die Versicherungspflicht ausschließenden
Bestimmung angestellt war. Die Unklarheit in diesem Punkte geht zu Lasten des Versicherten. Zudem ist das
gesamte Vorbringen des Versicherten zu Inhalt und Verlauf seines Beschäftigungsverhältnisses überaus konturlos
geblieben. Es ist – wie erörtert – nicht einmal klar, ob er als Lehrling oder anderweitig tätig gewesen sein will. Damit
wirkt sein Vorbringen ausschließlich zielgerichtet, es fehlt das Beiwerk, das den behaupteten Sachverhalt mit Leben
erfüllen könnte. Zu Ungunsten des Versicherten muss sich zur Überzeugung des Senats in diesem Zusammenhang
auch auswirken, dass er noch im Juli 1983 ausdrücklich erklären ließ, Fremdbeitragszeiten kämen nicht in Betracht,
sich aber neun Jahre später offenbar eines anderen besann und den Versuch der Anerkennung von
Fremdbeitragszeiten unternahm. Dieser Ablauf lässt die Richtigkeit der – wenigen – vom Versicherten gemachten
Angaben nicht wahrscheinlicher werden.
Im Ergebnis mag man daher bei wohlwollender Betrachtung dazu gelangen, dass hinsichtlich des Vorliegens eines
beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses genau so viel für wie gegen das Vorliegen der vom Versicherte
behaupteten Tatsachen spricht, was – wie oben dargestellt – für eine Glaubhaftmachung im Sinne von § 4 Abs. 1
Satz 1 FRG nicht ausreicht.
Erst recht hat der Versicherte nicht glaubhaft gemacht, dass während der behaupteten Beschäftigungszeit tatsächlich
Beiträge an den zuständigen Rentenversicherungsträger entrichtet worden sind. Sein Vorbringen erschöpft sich in der
Behauptung in der Erklärung vom 8. Juni 1992: „Soweit ich damals wusste, pflegte er alle erforderlichen
Sozialabgaben laufend zu zahlen.“ Die Aussagen der Zeugen Sund L enthalten hierzu keine Angabe. Der Zeuge
Lbehauptet zwar, sich sicher zu sein, dass für den Versicherten Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden seien.
Worauf diese Sicherheit beruht, wird aber nicht nachvollziehbar. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Behauptung
auf einer Vermutung beruht, denn eingangs hatte der Zeuge erklärt, dass alle Arbeitgeber bei Strafandrohung zur
Beitragsentrichtung verpflichtet gewesen seien.
Andere Mittel der Glaubhaftmachung sind insoweit nicht erkennbar. Die eigene authentische Quelle, das Vorbringen
des Versicherten, erschöpft sich auch nur in einem „soweit ich damals wusste“, eine Aussage nicht sonderlich
sicheren Grades. Alles in allem ist damit der Grad der Glaubhaftmachung im Sinne der „guten Möglichkeit“ nicht
erreicht, zumal es keine gesicherte Vermutung dafür gibt, dass ein kleiner Handwerksbetrieb, bestehend im
wesentlichen aus dem Meister, einem Heranwachsenden und zeitweilig nach Bedarf weiteren Mitarbeitern, sich
beitragstreu verhalten hat.
Der Berufung war damit der Erfolg versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht gegeben sind.