Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2003

LSG Berlin und Brandenburg: culpa in contrahendo, vertrag zugunsten dritter, werkvertrag, ärztliche verordnung, öffentlich, vergütung, fahren, beförderung, verfügung, berechtigung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 09.12.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 7 KR 55/99
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 4 KR 17/00
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. März 2000 geändert. Die Klage
wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten die
Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Anrufung des Landgerichts Potsdam entstandenen Kosten zu
erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen entgangener Einnahmen und nicht erforderlicher Ausgaben aus einer
Vereinbarung zur Durchführung von Dialysefahrten in Anspruch.
Der Kläger betreibt einen Taxi- und Kleinbusbetrieb. Nachdem ihn die Beklagte Ende 1996 - neben zahlreichen
anderen Personentransportunternehmen - aufgefordert hatte, ein konkretes Angebot für Dialysefahrten einzureichen,
das auch den dahinterstehenden Kalkulationsansatz erkennen ließe, wurden zwischen den Beteiligten seit August
1997 Verhandlungen zum Abschluss einer Vereinbarung geführt. Am 24. September 1997 wurde eine Vereinbarung für
Krankenfahrten zur Dialysestation Strausberg getroffen und am 03. Dezember 1997 eine gleichlautende Vereinbarung
für Krankenfahrten zur Dialysestation F. (O.). Letztere enthielt zwei Anlagen, von denen die erste folgenden Wortlaut
hatte:
Anlage
Einzeltransporte: S. K.
H. W.
C. L.
O. B.
Sammeltransporte: z. Z. nicht möglich
Die Dialyseeinrichtung erstellt eine monatliche Bedarfsauflistung, die der Rechnung beizufügen ist.
Werden Fahrten abweichend von dieser Auflistung aus medizinischen Gründen vorgenommen, sind diese vom Arzt zu
bestätigen.
Die Zusammenstellung der Sammeltransporte wird mit Absprache des Arztes durch die AOK geändert, wenn
- medizinische Gründe vorliegen,
- ein Wohnortwechsel des Patienten stattfindet,
- der Patient stirbt.
Unsere Versicherten, der Leistungserbringer und die Dialysepraxis erhalten darüber von der AOK Kenntnis.
Die zweite Anlage hatte folgenden Inhalt:
Anlage
Vergütungssätze
Krankenfahrten besetzt bis 100 km 1,20 DM/km
Bei der Beförderung von mehr als einem Patienten
(Sammeltransport) für den 2. und jeden weiteren
Patienten zusätzlich 0,25 DM/km
Leerfahrten 0,50 DM/km
An- und Abfahrtspauschale 10,00 DM
Im weiteren Verlauf des Dezember 1997 korrespondierten die Beteiligten mehrfach im Hinblick auf den Transport der
in der ersten Anlage zum Vertrag (Anlage 1) namentlich benannten Personen. Insoweit seien Zweifel aufgetaucht, ob
sich diese Personen durch den Betrieb des Klägers transportieren lassen wollten. Der Kläger hat sich unter dem 27.
Dezember 1997noch einmal an die Beklagte gewandt und darauf hingewiesen hatte, dass er für den regelmäßigen
Transport von vier Dialysepatienten ab 01. Januar 1998 zwei langzeitarbeitslose Arbeitnehmer eingestellt und speziell
für diesen Zweck zwei Personenkraftwagen angeschafft habe und weise darauf hin, bei Nichteinhaltung des Vertrages
alle zu Gebote stehenden Rechtsmittel ausschöpfen zu wollen.
In der Folge übersandte der Kläger der Beklagten monatliche Rechnungen über Verluste aus der Vertragsvereinbarung
vom 03. Dezember 1997, so für Januar 1998 in Höhe von 6 907,03 DM; für Februar 1998 in Höhe von 8 936,20 DM;
für März 1998 in Höhe von 7 624,07 DM; für April 1998 in Höhe von 7 624,07 DM; für Mai 1998 in Höhe von 7 624,07
DM; für Juni 1998 in Höhe von 7 624,07 DM; für Juli 1998 in Höhe von 7 850,86 DM; für August 1998 in Höhe von 7
624,07 DM und für Oktober 1998 in Höhe von 7 983,74 DM.
Am 15. Juli 1998 hat der Kläger beim Landgericht Potsdam Klage erhoben und beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46 339,51 DM nebst 5 % Zinsen zu zahlen, und zwar für den Betrag in
Höhe von 23 467,30 DM ab dem 08. April1998, für den Betrag in Höhe von 7 624.07 DM ab dem 01. Mai 1998, für den
Betrag in Höhe von 7 624,07 DM ab dem 01. Juni 1998, für den Betrag in Höhe von 7 624,07 DM ab dem 01. Juli
1998. 2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Unter dem 03. Dezember 1997 sei zwischen den Parteien eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach der Kläger gemäß
§ 3 Abs. 2 letzter Satz Einzeltransporte für vier Patienten der Beklagten, welche ihm in der Anlage zur Vereinbarung
benannt wurden, durchzuführen habe. Die Beklagte habe es versäumt, den Vertrag termingerecht zu realisieren.
Wegen Nichteinhaltung ihrer vertraglichen Verpflichtungen müsse die Beklagte den entstandenen Schaden ersetzen.
Dieser setze sich aus den Verlusten für die Zeit von Januar bis Juni 1998 zusammen.
Mit Beschluss vom 07. April 1999 hat das Landgericht den Rechtsstreit an das Sozialgericht Potsdam verwiesen.
Gegenüber dem Sozialgericht hat der Kläger vorgetragen, es sei seitens der Beklagten gegenüber dem Kläger zu
keiner Zeit auch nur mit einem Wort erwähnt worden, dass ein - wie auch immer - vorhandener entgegenstehender
Wille der Versicherten der Beklagten Berücksichtigung finden müsse. Die Beklagte habe dem Kläger niemals die
Rechtslage mitgeteilt, sondern es sei ihm mehrfach mündlich übermittelt worden, dass für den Zeitraum von zwei
Jahren hinsichtlich der vier Dialysepatienten ein festes Vertragsverhältnis bestehen werde. Genau dies sei dann auch
in der Vereinbarung vom 03. Dezember 1997 dokumentiert worden. Dementsprechend seien in der Anlage der
Vereinbarung als Einzeltransporte die vier Versicherten namentlich benannt worden. Um absolute Rechtssicherheit zu
schaffen, heiße es dort weiter: "Unsere Versicherten, der Leistungserbringer und die Dialysepraxis erhalten darüber
von der AOK Kenntnis.". Der Kläger habe im Vertrauen auf die Durchführung des Vertrages nicht nur zwei
Arbeitnehmer eingestellt, sondern auch zwei Fahrzeuge erworben; er habe folglich nicht nur einen erheblichen
wirtschaftlichen Schaden erlitten, sondern auch einen entsprechenden Gewinn nicht erzielen können.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Vergütung nur bestehe, wenn die
Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Voraussetzung für die Durchführung von Krankentransporten sei eine
ärztliche Verordnung, auf deren Grundlage die Versicherten gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch
(SGB V) Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten hätten. Dieser Anspruch beschränke sich auf die von ihr mit den
Leistungserbringern gemäß § 133 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 SGB V berechnungsfähigen Betrag. Sie habe sich
an die in der Anlage genannten Versicherten gewandt und diese vorrangig an das Unternehmen des Klägers
verwiesen. Sie habe somit ihre Einwirkungsmöglichkeiten wahrgenommen, die zu einer Inanspruchnahme der
Fahrzeuge des Klägers hätten führen können. Weitere Maßnahmen zur Erreichung des Transports durch den Kläger
hätten ihr nicht zur Verfügung gestanden.
Mit Schriftsatz vom 29. März 2000 hat der Kläger die Klage erweitert. Für die Zeit bis September 1999 sei ein weiterer
Gewinn in Höhe von 114 948,30 DM entgangen.
Der Kläger hat beim Sozialgericht beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Klägerin-Vertreter DM 207 259,26 nebst 4 % seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Mit Urteil vom 30. März 200 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 19 051,30 DM nebst 4 % seit
dem 15. Juli 1998 zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe dem Kläger ein Drittel der
notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten handele es
sich um einen Beschaffungsvertrag, speziell um einen Werkvertrag (Hinweis auf Palandt, BGB-Kommentar, 59.
Auflage, Einführung vor § 631 Rdnr. 9), es handele sich entsprechend dem Vertragsgegenstand um Verträge
öffentlich-rechtlicher Natur. Einen Schadensersatzanspruch könne die Kläger daher allein aus den §§ 631 ff.,
insbesondere § 635 BGB, herleiten. Nach den gesamten vorliegenden vorvertraglichen Verhandlungen sei es für die
Kammer nicht nachvollziehbar, dass am 03. Dezember 1997 von der Beklagten diese Vereinbarung mit der Klägerin
abgeschlossen worden sei. Bereits zu dieser Zeit sei für die Beklagte ersichtlich gewesen, dass eine Durchführung
des Vertrages ab 01. Januar 1998 nicht gewährleistet werden könne, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die
Versicherten, die im Vertrag benannt worden seien, angeschrieben gewesen seien. Die Beklagte trage nämlich zu
Recht vor, dass die Versicherten sehr wohl unter Tragung der Mehrkosten die Möglichkeit gehabt hätten, weiterhin ein
anderes Transportunternehmen für ihre monatlichen Dialysefahrten zu benutzen. Dennoch habe sie die Vereinbarung
für die Zeit ab 01. Januar 1998 für die Dauer von zwei Jahren abgeschlossen und als Anlage zu diesem Vertrag
"namentlich vier Versicherte aufgeführt, die der Kläger ab dem 01. Januar 1998 transportieren sollte".
Dementsprechend war dem Begehren der Klägerin auf Schadensersatz in der Höhe von 19 051,30 DM für die Zeit
vom 01. Januar 1998 bis 31. März 1998 stattzugeben, wobei der geltend gemachte Schadensersatz um die
berechneten Standzeiten zu kürzen war, da eine Vergütung für diese laut der Vereinbarung ausgeschlossen gewesen
sei. Für die Zeit ab 01. April 1998 sei ein Schadensersatz nicht mehr gerechtfertigt. Spätestens nach dem Schreiben
der Beklagten vom 20. März 1998, mit dem mitgeteilt worden sei, dass nur ein Patient sich bereiterklärt habe, mit ihm
zu fahren, habe es der Klägerin oblegen, den Schaden weitestgehend zu minimieren, von diesem Zeitpunkt habe sie
in grob fahrlässiger Weise ihre Schadensminderungspflichten verletzt.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. Mai 2000 und der Beklagten am 18. Mai 2000
zugestellte Urteil richten sich die am 06. Juni 2000 eingegangene Berufung des Klägers sowie die am 19. Juni 2000 -
Montag - eingelegte Berufung der Beklagten.
Der Kläger trägt vor, das Sozialgericht gehe zutreffend davon aus, dass zwischen den Beteiligten ein Werkvertrag
geschlossen worden sei, mit welchem der Kläger sich zur Beförderung von Dialysepatienten verpflichtete. Dieser
"privatvertraglichen Vereinbarung" habe eine gemäß § 133 Abs. 1 SGB V zulässige Abrede zugrunde gelegen. Der
Werkvertrag sei als Dauerschuldverhältnis für zunächst zwei Jahre angelegt gewesen. Dem Kläger stehe daher
entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts der für die gesamte Vertragsdauer entgangene Gewinn als
Schadensersatz zu. Entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts seien auch Standzeiten zu vergüten. Indem das
Sozialgericht den Kläger für verpflichtet hielt, den Schaden zu minimieren, verletze es "die elementaren Grundzüge
des zivilprozessualen Vertragsrechts". Ihm stehe der entgangene Gewinn als Vertrauensschaden zu. Diesen habe die
Beklagte zu ersetzen, für den hier zur Überprüfung anstehenden Vertrag könne nichts anderes gelten, als für andere
Vereinbarungen im Zivilrecht. Eine Kündigung des Vertrages sei nicht erfolgt, diese sei auch nicht möglich gewesen.
Es sei "schlichtweg nicht das Problem des Klägers, wenn die Beklagte sich aufgrund außervertraglicher Erwägungen
und Kontakten zu Dritten nicht in der Lage sah, den Vertrag zu erfüllen". Hätte sich der umgekehrte Fall ergeben und
der Kläger wäre es gewesen, der die Dialysepatienten aus eigenem Verschulden nicht hätte fahren können, hätte ihn
die Beklagte ebenfalls mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zum Schadensersatz herangezogen.
Der Kläger beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. März 2000 zu
ändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 188 207,96 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. März 2000 zu ändern
und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei weder dem Grunde nach noch in der Höhe gegeben.
Zwischen den Beteiligten sei keine werkvertragliche Regelung geschlossen worden. Es habe sich um eine
Berechtigung des Klägers zum Transport der aufgeführten Versicherten gehandelt, nicht um eine Verpflichtung. Im
vom Kläger genannten umgekehrten Fall hätte sie dementsprechend ebenfalls keine Schadensersatzansprüche
geltend machen können, weil eine Verpflichtung des Klägers zum Transport gerade nicht vorgelegen habe.
Das Sozialgericht sei davon ausgegangen, dass sich die Beklagte verpflichtet habe, die vier in einer Anlage zu der
Vereinbarung aufgeführten Versicherten dem Kläger für Transporte zur Verfügung zu stellen, es sei jedoch nicht
ausgeführt, mit welcher Regelung der Vereinbarung die Beklagte die Transporte vertraglich zugesichert habe. Die
Vereinbarung vom 03. Dezember 1997 verweise nur für die Frage der Sammeltransporte auf diese Anlage (§ 3 Abs. 2
der Vereinbarung). Insoweit enthalte die Anlage lediglich die Aussage "Sammeltransporte: z. Z. nicht möglich".
Weitere Verweise befänden sich nicht in der Vereinbarung. Auch die Anlage selbst, die zudem nicht näher bezeichnet
werde, stelle keinen Bezug zur Vereinbarung her. Insbesondere fände sich in der Vereinbarung keine Regelung,
wonach die Anlage "Bestandteil des Vertrages" sei. Die Anlage benenne lediglich vier Versicherte unverbindlich, die
für einen Transport zur Dialysestation in Frankfurt (Oder) in Frage kämen, der Kläger sei zudem darauf hingewiesen
worden, dass nicht gewährleistet werden könne, dass alle in Frage kommenden Versicherten zu einem neuen
Unternehmen wechseln würden. Durch die namentliche Aufführung der Versicherten sollte verdeutlicht werden, über
welche Versicherten mit der Dialysepraxis in Frankfurt (Oder) Gespräche geführt werden sollten und welche
Versicherten von der Beklagten gezielt für einen Wechsel angeschrieben würden. Einen vom Sozialgericht
angenommenen "Beschaffungsvertrag" hätte die Beklagte auch nicht abgeschlossen, da allen Beteiligten bekannt
gewesen sei, dass sie ihre Versicherten zu einem Wechsel des Transportunternehmens nicht zwingen könne.
Selbstverständlich hätte der Kläger auch Versicherte transportieren dürfen, die nicht in der Anlage aufgeführt gewesen
seien. § 1 der Vereinbarung berechtige allgemein, Fahrten "für Versicherte der AOK" durchzuführen. Bei der
Vereinbarung vom 03. Dezember 1997 handele es sich um eine reine Vergütungsvereinbarung, ein Werkvertrag in
Form eines Beschaffungsvertrages sei nicht abgeschlossen, die Regelungen der §§ 631 ff. BGB fänden keine
Anwendung. Selbst wenn aber eine vertragliche Verpflichtung bestanden hätte, sei davon auszugehen, dass der
Kläger seine Fahrzeuge anderweitig eingesetzt habe. Ein Schadensersatzanspruch wäre entsprechend der daraus
erzielten Vorteile zu kürzen. Hätte der Kläger seine Fahrzeuge nicht anderweitig eingesetzt, hätte er jedenfalls seine
Schadensminderungspflicht derart gröblich verletzt, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht
gerechtfertigt wäre.
Der Kläger erwidert zur Berufung der Beklagten. bei der "Vereinbarung zur Durchführung von Dialysefahrten" habe es
sich um einen Werkvertrag gehandelt. Die Beklagte habe sich darin wirksam verpflichtet, die vier in der Anlage
aufgeführten Versicherten vom Kläger zu Dialysebehandlungen fahren zu lassen, wofür dieser das vereinbarte Entgelt
habe erhalten sollen. Dass es sich nicht lediglich um eine Preisabrede gehandelt habe, ergebe sich schon aus dem
Wortlaut, in dem die Bezeichnung "Preisvereinbarung" nicht auftauche. Darüber hinaus bestimme § 1 den Gegenstand
der Vereinbarung, wobei darin eine Vergütungsregelung nicht einmal erwähnt werde. Gegenstand sei vielmehr, die
Durchführung von Patientenfahrten umfassend zu regeln. Der Hinweis der Beklagten, aus der Vereinbarung ergebe
sich lediglich eine Berechtigung des Klägers zur Durchführung von Fahrten zu den in der Preisvereinbarung genannten
Bedingungen, entbehre jeder Grundlage. Die Vereinbarung lege Tarife fest, sie sei nach ihrem Zweck dahin
auszulegen, dass der Kläger verpflichtet sein sollte, die in der Anlage genannten Personen zu befördern, wobei die
Beklagte berechtigt sein sollte, hierfür eine unter dem amtlichen Taxitarif liegende Vergütung zu zahlen. Wenn es sich
um eine reine Vergütungsvereinbarung gehandelt habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Preise dann in einer
Anlage zu dieser Vereinbarung geregelt worden seien. Im Übrigen habe die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass
sie nicht habe gewährleisten können, dass alle in Frage kommenden Versicherten zu einem neuen Unternehmen
wechselten.
Der Senat hat (vorsorglich) den Kläger aufgefordert, seinen Vortrag, er habe zum Transport von Versicherten der
Beklagte Fahrzeuge angeschafft und Arbeitnehmer eingestellt, zu belegen. Der Kläger hat hierzu verschiedene
Unterlagen vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und wegen der weiteren Einzelheiten auf
den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen. Die auf das streitige
Vertragsverhältnis bezogenen Unterlagen der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig. Die Berufung des Klägers ist
zurückzuweisen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts zu ändern und die Klage in vollem
Umfang abzuweisen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus
einer Vertragsverletzung der Beklagten noch nach anderen Rechtsgrundsätzen.
Ein Anspruch aus Vertragsverletzung ergibt sich für den Kläger weder aus der Vereinbarung vom 03. Dezember 1997,
denn der Vertrag enthält keinerlei Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Versicherte zur Beförderung zur Verfügung
zu stellen, noch eine Verpflichtung, die in der Anlage benannten Versicherten befördern zu lasen. Ebenso enthält die
Vereinbarung vom 03. Dezember 1997 keine Verpflichtung des Klägers, die in der Anlage benannten Versicherten zu
transportieren. In Ermangelung entsprechender gegenseitiger Verpflichtungen ist eine zum Schadensersatz führende
Pflichtverletzung seitens der Beklagten nicht gegeben.
Der Vertrag vom 03. Dezember 1997 berechtigt seinem Inhalt nach allein dazu, Versicherte zu transportieren (§ 1). An
keiner Stelle ist ausdrücklich eine Verpflichtung niedergelegt, dass die Beklagte Versicherte transportieren lassen
muss. Allein aus der namentlichen Benennung von Versicherten in der Anlage zu dem Vertrag lässt sich eine
derartige Verpflichtung nicht entnehmen. Soweit der Kläger meint, die Vereinbarung vom 03. Dezember 1997 ziele
konkret auf die Beförderung dieser namentlich genannten Versicherten, stellt sich die Frage, welchen Inhalt dann die
gleichlautende Vereinbarung zur Durchführung von Fahrten zur Dialysestation Strausberg vom 24. September 1997
haben soll, in deren Anlage keine Versicherten benannt sind.
In der Anlage zum Vertrag vom 03. Dezember 1997 werden ohne nähere Erläuterung als "Einzeltransporte" vier
Versicherte namentlich aufgeführt. Von daher ist der Ausgangspunkt des Sozialgerichts, dass der Kläger diese
Versicherten ab 01. Januar 1998 transportieren "sollte", eine Unterstellung. Es steht jedenfalls nirgends, was die
Aufzählung dieser vier Versicherten in der Anlage bedeuten soll. Im Vertrag selbst wird auf die Anlagen zum Vertrag
nur im Hinblick auf "Sammeltransporte" (§ 3 Abs. 2) und im Hinblick auf die "Vergütungsregelung" (§ 5) Bezug
genommen. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob - ohne dass der Vertrag auf die in einer Anlage genannten Versicherten
verweist - die darin genannten Versicherten überhaupt vom Vertrag berührt werden. Jedenfalls lässt sich ein
Austauschverhältnis aus einem gegenseitigen Vertrag in Bezug auf diese Versicherten nicht erkennen. Weder ist eine
Verpflichtung des Klägers festgelegt, diese Versicherten zu transportieren, noch eine dementsprechende
Verpflichtung der Beklagten, diese Versicherten transportieren zu lassen. Mangels insoweit vertraglich festgelegter
Pflichten ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte einen vom Sozialgericht angenommenen Werkvertrag
(Beschaffungsvertrag) mit der Folge eines Schadensersatzanspruches aus § 635 BGB verletzt haben könnte.
Vorliegend ist - wie es einleitend in dem Vertrag heißt - eine Vereinbarung zur Durchführung von Dialysefahrten "auf
der Grundlage des § 133 SGB V" zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift "schließen die Krankenkassen ... Verträge
über die Vergütung dieser Leistungen ... mit dafür geeigneten ... Unternehmen". Derartige Vereinbarungen sind
grundsätzlich reine Vergütungsvereinbarungen, denn sie sind allein darauf zu richten, Versicherte von den Fahrtkosten
nach § 60 SGB V freizustellen. Derartige Fahrten sind regelmäßig ärztlich zu verordnen, ihre Notwendigkeit ist im
Einzelfall festzustellen, wobei den Versicherten die Wahl unter den Leistungsanbietern freisteht (vgl. zum Ganzen:
Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, § 133 Rdnrn. 7 und 8). Die Verträge, die die Beklagte als
Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Versorgung ihrer Versicherten mit Leistungen abschließt, können zwar
öffentlich-rechtliche Verträge sein, wenn sie unmittelbar zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe
beziehungsweise zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflichten der Beklagten abgeschlossen werden (Jens Meyer-
Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 7. Auflage, § 51 SGG Rdnrn. 56 und 58). Der vorliegend "auf der
Grundlage des § 133 SGB V" geschlossene Vertrag dient allerdings nur mittelbar der Versorgung, denn er betrifft
lediglich die Vergütung in Bezug auf Leistungen, die innerhalb eines gesonderten Vertragsverhältnisses zwischen
Versicherten und Leistungserbringer erbracht worden sind beziehungsweise erbracht werden. Es handelt sich
dementsprechend um einen nach den - gemäß Art. 229 § 5 EGBGB hier noch maßgeblichen - Vorschriften des BGB
in der Fassung vor dem 01. Januar 2002 zu beurteilenden privatrechtlichen Vertrag ( Peters, Handbuch der
Sozialversicherung, SGB V, § 127 Rdnr. 2 unter Hinweis auf § 125 Rdnr. 8 ). Würde es sich um einen öffentlich-
rechtlichen Vertrag handeln, wären daraus resultierende Schadensersatzansprüche über § 61 Satz 2 SGB X ebenfalls
den Vorschriften des BGB zu entnehmen. Auch sonst macht die rechtliche Einstufung als öffentlich-rechtlicher oder
privatrechtlicher Vertrag keinen entscheidenden Unterschied.
Gemäß § 56 SGB X bedarf ein öffentlich-rechtlicher Vertrag der Schriftform. Vorliegend haben die Beteiligten die
Schriftform gewählt (§ 127 BGB). In beiden Fällen ist für den Vertragsinhalt also das maßgeblich, was schriftlich
niedergelegt ist. Wie ausgeführt, ist eine Verpflichtung der Beklagten, bestimmte Versicherte transportieren zu lassen,
ausdrücklich nicht schriftlich niedergelegt, es sind lediglich auf einer Anlage zur Vereinbarung vier Namen von
Versicherten verzeichnet.
Der Vortrag des Kläger geht dahin, die Beklagte habe ihm den Transport dieser Versicherten zugesichert. Im Hinblick
auf die Schriftlichkeit des Vertrages dürfte eine derartige Zusicherung als Hauptpflicht aus dem Vertrag ausdrücklich
niederzulegen sein. Dem Vertragstext ist eine derartige Hauptpflicht nicht zu entnehmen. Die in der Anlage
vorgenommene Nennung der vier Namen lässt insoweit verschiedene Deutungen zu.
Selbst wenn aber eine Deutung im Sinne des Klägers vorzunehmen wäre, bliebe zu beachten, dass die Versicherten
die freie Wahl unter den Transportunternehmen haben, also betroffen wären, wenn eine Verpflichtung bestünde, sich
vom Kläger transportieren zu lassen. Derartiges lässt der Vertragsinhalt an keiner Stelle erkennen. Ersichtlich geht es
vielmehr darum, (insbesondere) die genannten Versicherten zu begünstigen, ihnen also eine für sie kostenfreie
Beförderung zu ermöglichen. Insoweit handelt es sich um einen Vertrag, der einen Anderen von durch ihn eigentlich
dem Gläubiger geschuldeten Kosten freistellt, also um einen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB). Für einen
derartigen Vertrag sieht § 333 BGB die Möglichkeit der Zurückweisung der Begünstigung durch den Dritten vor. Auch
von daher erscheint die Annahme einer grundsätzlich überhaupt nicht möglichen Verpflichtung eines Dritten, sich
transportieren zu lassen, als abwegig. Dementsprechend könnte nur auf Grund - nicht ersichtlicher - besonderer
Umstände dem Vertrag eine Verpflichten der Beteiligten entnommen werden, die Genannten transportieren zu lassen
oder zu transportieren. Ebenso wie die Beklagte konnte auch der Kläger eine mögliche Pflicht zum Transport nicht
erfüllen, wenn einer der Genannten sich weigerte, mit ihm zu fahren.
Soweit der Kläger vorträgt, dass die Annahme, die Vereinbarung würde lediglich die Berechtigung zum Transport von
Versicherten durch den Kläger regeln, "jeglicher Grundlage" entbehre, ist auf § 1 Satz 2 der Vereinbarung zu
verweisen, der gerade dies wörtlich aussagt. Soweit das Sozialgericht darin einen "Beschaffungsvertrag" für
Personenbeförderungs-leistungen und damit letztlich einen Werkvertrag gesehen hat (§ 631 BGB), könnte das nur der
Fall sein, wenn die Beklagte tatsächlich die Verpflichtung übernommen hätte, bestimmte Personen transportieren zu
lassen und entsprechend der Kläger die Verpflichtung, diese Personen zu transportieren. Ebenso wenig, wie eine
Verpflichtung der Beklagten niedergelegt ist, Versicherte transportieren zu lassen, enthält die Vereinbarung vom 03.
Dezember 1997 eine Verpflichtung des Klägers, entsprechende Transporte durchzuführen. Vielmehr ist ausschließlich
von der Berechtigung des Klägers zur Durchführung von Transporten die Rede. In Ermangelung entsprechender
Verpflichtungen in den schriftlichen Vereinbarungen kann somit von einem Werkvertrag nicht gesprochen werden.
Die "auf der Grundlage des § 133 SGB V" geschlossene Vereinbarung vom 03. Dezember 1997 kann damit trotz der
beigefügten Namen von vier Versicherten nur als das angesehen werden, was in § 133 SGB V vorgegeben ist,
nämlich als Vertrag über die Vergütung von Krankentransportleistungen. Dabei ergibt sich die Verpflichtung der
Beklagten aus § 2 des Vertrages, wonach sie Kosten für Krankenfahrten übernimmt, wenn sie im Zusammenhang mit
einer Leistung der Krankenkasse notwendig sind beziehungsweise in den in § 60 Abs. 2 Satz 2 SGB V genannten
Fällen. Demgegenüber ist der Kläger berechtigt, derartige Fahrten für Versicherte der AOK durchzuführen. Dabei weist
bereits die Formulierung "für Versicherte der AOK" darauf hin, dass Vertragspartner nicht unmittelbar die AOK - die
Beklagte - ist, sondern der Versicherte, während die AOK lediglich die entsprechenden Kosten übernimmt.
Da eine Vertragsverletzung der Beklagten nicht vorliegt, kann sich ein Anspruch der Klägerin allenfalls aus
vorvertraglichen Verpflichtungen, insbesondere culpa in contrahendo (c. i. c.), ergeben (hierzu Palandt, 60. Aufl.,
BGB, § 276 a. F. Rdnrn. 65 ff.), wobei hier insbesondere ein von der Beklagten verschuldetes Wirksamkeitshindernis
(Palandt, a. a. O., Rdnr. 77) in Betracht käme. Die Beklagte hat jedoch die Weigerung der Versicherten, sich durch
den Kläger transportieren zu lassen, nicht (schuldhaft) herbeigeführt. Auch ein schuldhaftes Verschweigen des
Wirksamkeitserfordernisses der Zustimmung der Versicherten ist nicht ersichtlich. Der Kläger konnte jedenfalls kaum
ernsthaft annehmen, dass die Beklagte ihre Versicherten verpflichten kann, mit ihm zu fahren.
Der Kläger ist insgesamt lediglich in seinen Hoffnungen enttäuscht worden. Hierfür kann er jedoch von der Beklagten
keinen Schadensersatz verlangen. Dies umso mehr, als ein Verschulden der Beklagten für das offensichtliche
Missverständnis des Klägers nicht ersichtlich ist. Es hätte dem Kläger jedenfalls freigestanden, wenn er den Vertrag
so verstehen wollte, wie er es jetzt sieht, dass also eine Verpflichtung der Beklagten zum Transport der genannten
Versicherten übernommen werden soll, auf einer konkreten vertraglichen Regelung in diesem Sinne zu bestehen.
Insoweit trifft ein Verschulden an der ihn jetzt benachteiligenden Vertragslage auch ihn selbst. Es liegt insgesamt eher
ein Dissens vor, mit der Folge, dass eine Vereinbarung mit dem vom Kläger gewünschten Ergebnis nicht zustande
gekommen ist (§ 155 BGB).
Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, wen eine Beweislast für anlässlich der Vertragsverhandlungen
geführte Gespräche träfe (Palandt, a. a. O., vor § 249 Rdnr. 162).
Die Berufung des Klägers ist danach zurückzuweisen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des
Sozialgerichts zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Wenn ein Ersatzanspruch bereits dem Grunde
nach nicht besteht, kommt es auf dessen mögliche Höhe nicht mehr an.
Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Er trägt auch die Kosten, die durch die
fehlerhafte Anrufung des Landgerichts entstanden sind. Es handelt sich vorliegend um eine Streitigkeit im Sinne von §
116 Abs. 2 Nr. 1 Bundesrechtsanwalts-gebührenordnung (BRAGO), also gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG um
eine Angelegenheit aufgrund von Verträgen der Krankenkassen. Wegen der Klageerhebung vor dem 02. Januar 2002
sind entsprechend Art. 17 Abs. 1 des 6. SGG-Änderungsgesetzes insoweit die bis dahin geltenden Vorschriften des §
116 Abs. 2 BRAGO beziehungsweise § 51 Abs. 2 SGG maßgeblich. Deshalb sind auch die Kosten der Beklagten
gemäß § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG a. F. erstattungsfähig und - da der Kläger im Rechtsstreit unterlegen ist - von ihm
zu erstatten.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.