Urteil des LSG Bayern vom 16.02.2009
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Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 16.02.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 6 AS 1317/07
Bayerisches Landessozialgericht L 7 AS 160/08
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Übernahme zusätzlicher Heizkosten und die Zahlung eines Heizkostenvorschusses
streitig. Der 1951 geborene Kläger bezog für die Zeit vom 15.06.2005 bis August 2006 und erneut ab 07.11.2006
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von
Arbeitslosengeld (Alg) II. Die Beklagte bewilligte ihm, nachdem er mehrere Belege über die Beschaffung von
Heizmaterial eingereicht hatte, mit Bescheid vom12.12.2007 156,60 EUR. Am 27.12.2007 hat der Kläger beim
Sozialgericht Augsburg (SG) beantragt, die Beklagte zu verpflichten, weitere mit Schreiben vom 17.12.2007
nachgewiesene Heizkosten sowie einen Heizkostenvorschuss durch Überweisung auf das Konto seines Sohnes zu
erstatten. Das SG hat mit Urteil vom 26.02.2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die
Entscheidungsgründe in den Urteilen vom selben Tag in den Sachen S 6 AS 53/07 und S 6 AS 1314/07 verwiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 19.01.2009 darauf
hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, die Berufung gemäß § 158 Abs.2 SGG durch Beschluss aus den
in mehreren Beschlüssen, z.B. Beschluss vom 24.10.2008 - S 7 B 254/08 AS ER - dargelegten Gründen als
unzulässig zu verwerfen; es werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom
22.01.2009 auf seine Schilderung vom 12.09.2008 im Rahmen des Verfahrens L 7 B 427/08 AS ER sowie seinen am
18.09.2008 per Fax eingereichten Schriftsatz Bezug genommen. Weiterhin hat er hingewiesen auf eine
"Generalanzeige" des Diebstahls der Reisegewerbekarte seiner Frau durch Staatsbeamte aus dem damaligen Haus in
Jahren 1999/2000 und die Nichtaufklärung dieses "Staatverbrechens". Das unberechtigte Eindringen in den ihm zur
Verfügung stehenden Wohnwagen und in das Fahrzeug seiner Tochter und das Verschwinden von Unterlagen halte
bis in die Gegenwart an.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom
26.02.2008 und unter Abänderung des Bescheides vom 12.12.2007 zu verurteilen, höhere Heizkosten zu übernehmen,
einen Heizkostenvorschuss zu zahlen und die entsprechenden Überweisungen auf das Konto seines Sohnes zu
tätigen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf
den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie der Verfahren L 7
B 254/08 AS ER und L 7 B 427/08 AS ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht zulässig. Ebenso wie für die Erhebung der Klage ist für die Einlegung der Berufung die Angabe
der Anschrift des Klägers erforderlich. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-1500 § 90 Nr. 1), des BVerwG
(NJW 99, 2608) erfordert ein zulässiges Rechtsschutzbegehren grundsätzlich die Angabe der Wohnanschrift des
Rechtssuchenden erfordert. Eine sogenannte Postfachadresse genügt hierfür grundsätzlich nicht. Hierauf ist der
Kläger bereits in zahlreichen Beschlüssen des Senats, z.B. Beschluss vom 24.10.2008, L 7 B 254/08 AS ER,
hingewiesen worden. Zwar beruft sich der Kläger in einem seiner zahlreichen, in anderen Verfahren ergangenen
Schreiben auf den Beschluss des VGH München vom 01.06.1992, 12 CE 92.1201, BayVBl 1992 S. 594, wonach im
Falle einer Obdachlosigkeit das Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift nicht gelte. Jedoch hat er nicht dargetan,
dass diese Voraussetzungen bei ihm gegeben sind. Im Rahmen des Verfahrens L 7 B 427/08 AS ER hat er
vorgetragen, er lebe in einem Wohnwagen, den er an verschiedenen Orten im örtlichen Zuständigkeitsbereich der
Beklagten unterschiedlich lange auf Privatgrundstücken abstelle. Damit liegt eine Obdachlosigkeit im eigentlichen
Sinne nicht vor, vielmehr existiert jeweils ein bestimmter Aufenthaltsort, den mitzuteilen der Kläger jedoch ablehnt. Er
erklärt, immer erst nach einen Wechsel des Standortes bereit zu sein, mitzuteilen, wo er sich in der Vergangenheit
aufgehalten habe, nicht jedoch seinen aktuellen Aufenthaltsort. Damit ist er aber nicht aktuell erreichbar z. B. für die
Zustellung von Kostennoten, wie sie in der zitierten Rechtsprechung des BSG usw. gefordert wird. Weiterhin hat der
Kläger nicht dargetan, dass bei ihm ein anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse bezüglich seines aktuellen
Aufenthaltsortes besteht. Er macht geltend, dass seine persönliche Sicherheit und die Sicherheit seines Eigentums
es erforderlich machen würden, seinen aktuellen Aufenthaltsort geheim zu halten. Jedoch hat er zum einen nicht
nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, dass ein solches besonderes Geheimhaltungsinteresse wegen Gefährdung
dieser Rechtsgüter besteht, zum andern ist nicht erkennbar, dass die Angabe der Anschrift bei Gericht bzw. die
Nennung des aktuellen Aufenthaltsortes eine Publizität zur Folge hätten, die eine akute Gefährdung seiner Person
oder seiner materiellen Rechtsgüter bedeuten würden. Soweit der Kläger in seiner Stellungnahme vom 22.01.2009 auf
ein von ihm in den Verfahren L 7 B 427/08 AS ER eingereichten Schriftsatz vom 15.09.2008 verweist, ergeben sich
hieraus ebenfalls keine Anhaltspunkte für die Anerkennung einer Geheimhaltung im oben dargestellten Sinne.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage ist die Feststellung der örtlichen Zuständigkeit, die vom Aufenthaltsort
des Klägers abhängt. Auch dies ist im Falle des Klägers nicht gesichert. Immerhin hat er im Verfahren L 7 B 427/08
AS ER Unterlagen vorgelegt, wonach er bei der Arge SGB II Landkreis W. Antrag auf Alg II gestellt und mit Bescheid
vom 10.06.2008 sogar Leistungen bewilligt erhalten hat. Weiterhin hat er angegeben, für die Zeit ab 01.09.2008 Antrag
auf Alg II bei der Arge G. gestellt zu haben. Auch wenn es sich hierbei um Umstände handelt, die nach
Klageerhebung eingetreten sind, so zeigen diese Vorgänge doch, dass nicht ohne weiteres von der örtlichen
Zuständigkeit des SG nach § 57 SGG ausgegangen werden kann. Somit ist die Berufung gegen das Urteil des
Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.2008 als unzulässig zu verwerfen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.