Urteil des LSG Bayern vom 27.03.2009
LSG Bayern: aufschiebende wirkung, überwiegendes öffentliches interesse, vollziehung, besondere härte, stadt, strafverfahren, strafgericht, vollstreckung, arbeitsentgelt, aussetzung
Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 27.03.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 14 R 8010/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 5 B 309/08 R ER
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Z. wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 14. März 2008 wird
zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.135,18 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Der Antragsteller (Ast) begehrt die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen einen Beitragsforderungsbescheid
der Antragsgegnerin (Ag) herzustellen.
Der 1966 geborene Ast betrieb im hier streitigen Zeitraum sechs verschiedene Restaurants beziehungsweise Pizza-
Heimservice-Firmen. Im Rahmen von Ermittlungen des Hauptzollamts B-Stadt wurde bei der Überprüfung der Betriebe
des Ast festgestellt, dass im Zeitraum von Dezember 2002 bis Dezember 2006 Unstimmigkeiten in der Abführung von
Sozialversicherungsbeiträgen bezüglich der Höhe der zu Grunde gelegten Einkünfte und des Zeitraums der
Beschäftigung bestanden. Das Amtsgericht A-Stadt erließ daraufhin am 15. Oktober 2006 einen Strafbefehl gemäß §
266a StGB, worin gegen den Ast eine Freiheitsstrafe von acht Monaten wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens
von Arbeitsentgelt in 16 Fällen festgesetzt und diese zur Bewährung ausgesetzt wurde. Aufgrund des Einspruchs des
Antragstellers gegen den Strafbefehl kam es vor dem Amtsgericht A-Stadt am 4. Juli 2007 zur mündlichen
Verhandlung. Dort wurden zahlreiche Zeugen einvernommen, wobei sich nach Auffassung des Gerichts ergab, dass
der Schaden geringer sein könnte als ursprünglich angenommen. Der Ast räumte darauf hin in der mündlichen
Verhandlung vom 04.07.2007 vor dem Amtsgericht A-Stadt ein, dass die Taten sich so zugetragen hätten wie es der
Richter geschildert habe. Daraufhin erging nach Absprache zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und dem
Ast. das Urteil vom 04.07.2007, worin der Ast wegen des schuldhaften Vorenthaltens und Veruntreuens von
Arbeitsentgelt in 16 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt wurde. Sowohl die
Staatsanwaltschaft als auch der Ast verzichteten noch in der mündlichen Verhandlung auf Rechtsmittel gegen das
Urteil.
Die Ag hatte aufgrund der Betriebsprüfung vom 29.06.2007 mit Bescheid vom 04.07.2007 Beiträge für die namentlich
genannten Arbeitnehmer in Höhe von 21.924,56 Euro nachgefordert, wobei in der Nachforderung Säumniszuschläge in
Höhe von 5.273,85 Euro enthalten waren. Die Ag legte unter namentlicher Nennung der Arbeitnehmer im Bescheid
dar, in welchem Umfang sie von einem durch die Aufzeichnungen nicht ausreichend dokumentierten
Beschäftigungsverhältnis der Arbeitnehmer ausgehe und in welchem Umfang für den einzelnen Arbeitnehmer Beiträge
nachzuberechnen seien.
Im Hinblick auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren führte die Ag weitere Ermittlungen durch
und setzte aufgrund neuer Erkenntnisse im Bescheid vom 31. Oktober 2007 den Nachforderungsbetrag auf 8.123,08
Euro herab, wobei in diesem Betrag noch Säumniszuschläge in Höhe von 1.717,55 Euro enthalten sind. In diesem
Bescheid, der Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens wurde, setzte die Ag die Vollstreckung bis zum
Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus. Der Bevollmächtigte des Ast erklärte sich auch mit dem
Abänderungsbescheid nicht einverstanden. Er erklärte außerdem, dass dem Ast derzeit wegen nicht unerheblicher
anderer Schulden eine Begleichung der Beitragsforderung nicht möglich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.
Januar 2008 wies die Ag den Widerspruch zurück mit der Begründung, die berichtigte Beitragsforderung entspreche
dem Ergebnis des Strafverfahrens und der daraufhin durchgeführten weiteren Ermittlungen. Dem Ergebnis dieser
Ermittlungen sei Rechnung getragen worden, indem für mehrere Personen die Sozialversicherungsbeiträge aus einem
niedrigeren Arbeitsentgelt berechnet wurden und bei zwei Arbeitnehmern von einer Beitragsnachforderung gänzlich
abgesehen wurde. Im Übrigen sei aber zu berücksichtigen, dass der Ast die Taten eingeräumt habe. Soweit er jetzt
behaupte, dies sei nur wegen der drohenden Freiheitsstrafe erfolgt und entspreche nicht der Wahrheit, handle es sich
um eine Schutzbehauptung.
Dagegen richten sich die zum Sozialgericht Regensburg eingelegte Klage sowie der Antrag, die aufschiebende
Wirkung der Klage anzuordnen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ast habe in weitaus geringerem Umfang
Arbeitnehmer beschäftigt, als dies im Ausgangsbescheid festgestellt wurde, insbesondere seien einige dieser
Arbeitnehmer nur zur Probe beschäftigt gewesen, so dass ein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis in dieser Zeit nicht , zumindest aber nicht in dem zu Grunde gelegten Umfang bestanden
habe. Im Übrigen habe der Ast nur wegen der drohenden Freiheitsstrafe den vom Gericht vorgeschlagenen Umfang
eingeräumt. Diese Angaben entsprächen aber nicht dem tatsächlichen Umfang der Beschäftigungen und seien vom
Strafgericht nur geschätzt worden. Deshalb hätte die Ag die Zeugen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens noch mal
hören und den Sachverhalt im Wege der Amtsermittlung aufklären müssen. Die Feststellungen in einem
rechtskräftigen Strafurteil würden die Ag nicht von weiteren Ermittlungen entbinden, wenn sich hinsichtlich ihrer
Richtigkeit Zweifel ergäben oder von einem Beteiligten substantiierte Einwände dagegen erhoben würden.
Da an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts erhebliche Zweifel bestünden und im Übrigen die Vollziehung für den
Ast eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz darstelle, müsse nach § 86a Absatz 3 Satz 2 SGG die
Aussetzung der Vollziehung erfolgen, da diese Vollziehung für den Ast eine nicht durch das überwiegend öffentliche
Interesse gedeckte besondere Härte darstelle.
Die Ag wies hingegen darauf hin, dass das Vorbringen des Ast keine neuen Gesichtspunkte enthalte, die die
angefochtene Entscheidung infrage stellen könnten. Einer nochmaligen Einvernahme der Zeugen durch die Ag habe
es nicht bedurft, da diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht A-Stadt vernommen worden und deren
Aussagen im ergangenen Urteil berücksichtigt seien. Da ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
Verwaltungsakts nicht bestünden und eine unbillige Härte nicht erkennbar sei, überwiege das Interesse der
Versichertengemeinschaft an der Zahlung der fälligen Beiträge.
Mit Beschluss vom 14.03.2008 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab.
Zur Begründung verwies das Sozialgericht darauf, dass keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsakts, so wie er durch den Abhilfebescheid vom 31. Oktober 2007 ausgestaltet sei,
bestehen. Das Sozialgericht wies besonders daraufhin, dass es ausschließlich auf die fehlenden beziehungsweise
ungenauen Aufzeichnungen des Ast zurückzuführen sei, dass der zeitliche Umfang und die Dauer der
Beschäftigungsverhältnisse nicht ausreichend dokumentiert seien. Es sei außerdem fraglich, ob eine erneute
Einvernahme der Zeugen erforderlich sei, da Unterlagen des Hauptzollamts bereits vorlägen. Auf die vom Ast zu
tragende Beweislast wies das Sozialgericht ebenfalls hin. Es konnte auch keine unbillige Härte für den Ast erkennen,
die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertige. Der Hinweis auf eine mögliche Existenzgefährdung sei angesichts
der fünf Betriebe des Ast nicht überzeugend dargetan, andererseits aber Betriebsprüfungen immanent. Dem Ast wurde
vielmehr geraten mit den zuständigen Einzugsstellen gegebenenfalls Stundungsmöglichkeiten auszuhandeln. Zum
Streitwert führte das Sozialgericht in der Begründung aus, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein
Drittel der Hauptforderung als Streitwert, also eine Summe von 2.135,18 Euro angemessen sei. Nach § 197a SGG in
Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO habe der Ast die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Dagegen richtet sich die zum Bayer. Landessozialgericht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht
abgeholfen hat und die mit dem bisherigen Vorbringen begründet wurde. Dabei wurde besonders auf den
Untersuchungsgrundsatz und die Pflicht zur Durchführung der Amtsermittlung durch die Beklagte hingewiesen und
gerügt, dass das Sozialgericht hier in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung vorweggenommen habe. Vielmehr
seien die Ermittlungen des Hauptzollamts gerade durch das Ergebnis der Hauptverhandlung im Strafverfahren
widerlegt. Im Übrigen trage nicht der Ast, sondern die Ag die objektive Beweislast für die Höhe der nachgeforderten
Beiträge. Das Sozialgericht gehe auch fehl, wenn es ausführe, dass eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz
des Ast nicht erkennbar sei, denn es treffe nicht mehr zu, dass der Ast fünf Betriebe führe, vielmehr sei er aufgrund
seiner wirtschaftlichen Situation gezwungen gewesen, sich radikal zu verkleinern und betreibe aktuell nur noch die
Gaststätte A ... Aber auch hier laufe der Pachtvertrag in zwei Monaten aus und werde wegen fehlender Rentabilität
vom Beschwerdeführer nicht verlängert werden. Zur Begründung seiner wirtschaftlichen Situation werde eine Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Bilanzen der Jahre 2006 und 2007 vorgelegt, aus
denen sich ein Verlust für das Jahr 2006 ergebe. Der Ast sei im Übrigen auch für eine Frau und zwei minderjährige
Kinder unterhaltspflichtig und deshalb nicht in der Lage die Beitragsschuld zu begleichen. Der Ast betreibe
zwischenzeitlich überhaupt kein Gaststättengewerbe mehr und erziele auch keine Mieteinnahmen. Das beantragte
Arbeitslosengeld II wurde während des Verfahrens bewilligt. Die unbillige Härte sei nicht durch ein überwiegendes
öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gedeckt. Für das Beschwerdeverfahren beantrage er, ihm
Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Z. beizuordnen. Zur weiteren Begründung ließ der Ast vortragen,
dass die Ag im vorliegenden Fall keine Schätzung der Beitragspflicht vornehmen hätte dürfen. Seiner
Aufzeichnungspflicht sei der Ast nur teilweise nicht nachgekommen, wobei durch die Hauptverhandlung erwiesen sei,
dass dies in wesentlich geringerem Umfang zutreffe, da ein Teil der von den Zeugen gemachten Angaben sich als
unwahr herausgestellt habe. Im Übrigen sei eine Schätzung der Arbeitsentgelte nur dann zulässig, soweit die
Feststellung mit einem unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand einhergehen. Sofern die Ag die Zeugen
nochmals vernommen hätte, wäre die tatsächliche Arbeitszeit aufklärbar. Die Ag hätte sich auch nicht auf die
Schätzung durch das Strafgericht berufen dürfen, denn die Schätzung nach § 28 f Abs. 2 SGB IV sei ausschließlich
dem prüfenden Rentenversicherungsträger vorbehalten.
Die Ag verwies darauf, dass aufgrund der nicht praktizierten gesetzlichen Aufzeichnungspflichten durch den Ast die
Unterlagen des Hauptzollamts B-Stadt ausgewertet wurden. Die im Rahmen der Ermittlungen gehörten Zeugen
machten gegenüber dem Strafgericht abweichende Angaben, so dass deshalb das Strafgericht zur Überzeugung kam,
der Schaden könne geringer sein als angenommen. Unabhängig davon verbleibe es bei dem Verstoß gegen die
Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers. Im Übrigen bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts A-Stadt. Der Ast müsse sich die in diesem Verfahren erfolgte
Beitragschätzung zurechnen lassen.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 14.03.2008 aufzuheben und die
aufschiebende Wirkung der Klage vom 03.03.2008 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 04.07.2007 und
31.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2008 anzuordnen, ihm für das Verfahren
Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Z. beizuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Regensburg und des
Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG), erweist sich
jedoch als unbegründet.
Nach § 86a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Ziff.1 SGG entfällt die grundsätzliche aufschiebende Wirkung einer Klage bei
Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen
und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. In diesen Fällen kann die
Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, beziehungsweise nach § 86 Abs. 1 Ziffer 2 das Gericht der Hauptsache
auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die
aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Aussetzung der Vollziehung soll dann erfolgen, wenn
ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für
den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte
zur Folge hätte (§ 86a Abs. 3 Satz 2 SGG). Diesen vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren steht somit im Ermessen
des Gerichts und erfordert eine Interessenabwägung der relevanten öffentlichen und privaten Belange sowie eine
Abschätzung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen
Vollziehung wäre zum Beispiel anzunehmen, wenn sich ohne Weiteres und in jeder vernünftigen Zweifel
ausschließenden Weise erkennen ließe, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung
keinen Erfolg verspricht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist dabei vom Gericht die Sachlage nicht wie
in einem Hauptsacheverfahren von Amts wegen eingehend zu prüfen, sondern lediglich einer summarischen
Überprüfung zu unterziehen.
In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass der Bescheid der Ag in der Fassung, die er durch den
Abhilfebescheid vom 31.10.2007 gefunden hat, materiell und formell keinen Bedenken begegnet. Dabei ist besonders
darauf hinzuweisen, dass dieser Bescheid den Angaben entspricht, die sich aufgrund der Hauptsacheverhandlung vor
dem Amtsgericht A-Stadt im Strafverfahren ergeben haben, wobei die dort gemachten Zeugenaussagen zu Grunde
gelegt wurden, deren Richtigkeit vom Ast durch sein Einge- ständnis der Straftat bestätigt wurden. Der Ast kann
insbesondere nicht damit gehört werden, sein Geständnis im Strafverfahren entspreche nicht der Wahrheit und müsse
nun im Beitragsverfahren vollständig neu geprüft werden. Vielmehr erfolgte sein Geständnis aufgrund der
protokollierten Ausführungen des Strafrichters als Ergebnis der Beweisaufnahme und dabei besonders der Aussagen
aller gehörten Zeugen, die zwar die ursprünglichen Tatvorwürfe nicht in vollem Umfange bestätigt haben, der
Tatvorwurf jedoch in geringerem Umfang durch diese Aussagen nachgewiesen wurde. Es ist nicht glaubhaft wenn der
Ast jetzt vorträgt, der von ihm im Strafverfahren eingeräumte Umfang der vorenthaltenen Arbeitsentgelte orientiere
sich nicht an dem durch die Zeugenaussagen bestätigten Arbeitsumfang, sondern sei eine willkürliche Schätzung. Es
entspricht schlicht nicht der Lebenserfahrung, dass ein Angeklagter einen Tatvorwurf in höherem Umfang zugesteht,
als es dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme entspricht. Sicherlich ist nachvollziehbar, dass der Kläger
in Hinblick auf eine drohende Freiheitsstrafe mit einer einvernehmlichen Festlegung des strafbaren Sachverhalts
einverstanden war. Es kann daraus aber nicht abgeleitet werden, dass dieser sich nicht am tatsächlichen Ergebnis
der Beweisaufnahme orientiert hat. Zumindest im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes kann deshalb aus diesem
Grund eine Rechtswidrigkeit der Beitragsnachforderung nicht erkannt werden. Dabei ist zu betonen, dass Ursache für
die fehlenden exakten Berechnungsunterlagen die dem Ast zuzurechnende lückenhafte beziehungsweise fehlende
Aufzeichnungspflicht ist. Insoweit wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts im Beschluss vom 14.03.2008 zur
Aufzeichnungs- und Nachweispflicht (§ 28f SGB IV, §§ 8, 9 Beitragsverfahrensordnung - BVV, beziehungsweise im
streitigen Zeitraum §§ 2 und 3 Beitragsüberwachungsverordnung - BÜVO) Bezug genommen (§ 142 Abs.2 Satz 3
SGG). Soweit der Antragsteller eine fehlerhafte Schätzung der Beiträge nach § 28f SGB IV rügt, verkennt er zum
einen die Ursächlichkeit der fehlerhaften oder mangelhaften Aufzeichnungen durch den Ast selbst, zum anderen sind -
wie die dem Abänderungsbescheid beigefügten Berechnungen deutlich zeigen - die Beiträge eindeutig den jeweiligen
Arbeitnehmern zugeordnet, so wie sich deren Arbeitsumfang aus den Ermittlungsunterlagen und den Zeugenaussagen
ergeben haben. Eine Schätzung nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV im engeren Sinn ist somit von der Ag nicht
vorgenommen worden.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit seinem Einwand, einige der namentlich benannten und als
Zeugen gehörten Arbeitnehmer hätten zur Probe für ein zukünftiges Arbeitsverhältnis gearbeitet und seien damit nicht
sozialversicherungspflichtig gewesen, nicht gehört werden kann, da dafür gezahltes Arbeitsentgelt der
Sozialversicherungspflicht unterlegt, beziehungsweise nicht davon ausgegangen werden kann, dass während einer
Probezeit ohne Entgelt gearbeitet wird, so dass sich auch hier der Tatbestand vorenthaltenden Arbeitslohns
verwirklicht. Es sind somit keine Umstände erkennbar, dass der Umfang und die Berechnung der nachgeforderten
Beiträge rechtswidrig sind.
Soweit der Antragsteller das Vorliegen einer unbillige Härte für sich beansprucht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt
werden, denn soweit die momentane Einkommenssituation des Ast eine Vollstreckung nicht erlaubt, ist er durch die
Beachtung der Pfändungsfreigrenzen geschützt. Das Vorliegen einer unbilligen Härte ist dadurch gekennzeichnet,
dass dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und
nicht oder nur schwer wieder gutgemacht werden können. Dazu muss der Ast konkrete Angaben machen. Solche
Nachteile sind allein durch die Vollstreckung von Beitragszahlungen in Höhe von 8.000 Euro nicht erkennbar, zumal
der Verlauf auch ohne die Vollstreckung zeigt, dass die wirtschaftliche Existenz des Ast im Bezug auf die von ihm
betriebenen Gastronomiebetriebe nicht durch die Forderung der Beklagten, sondern durch andere Umstände bedroht
war. Im Interesse der Solidargemeinschaft hat es bei der Vollstreckbarkeit zu verbleiben, um sicherzustellen, dass
diese Ansprüche nicht gegenüber anderweitigen Schuldverpflichtungen des Ast schlechter gestellt werden. Nicht
wieder gutzumachende Nachteile sind im Übrigen nicht erkennbar.
III.
Soweit der Antragsteller für das Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung von
Rechtsanwalt Z. begehrt, ist der Antrag zwar zulässig, bleibt jedoch ebenfalls ohne Erfolg. Gemäß § 73a Abs. 1 SGG
i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten
der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die
beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese
Voraussetzungen liegen für das Beschwerdeverfahren aus den oben genannten Gründen nicht vor. Da bereits zum
Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Erfolgsaussicht des
Beschwerdeantrags feststellbar war, kann auch die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Ast keine
abweichende Entscheidung im Rahmen der Prozesskostenhilfe begründen. Weiter konnte aus diesen Gründen
dahingestellt bleiben, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht, so wie das in der Erklärung über die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 03.04.2008 angegeben wurde oder ob eine solche Versicherung nicht besteht,
wie der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 31.03.2008 zu entnehmen ist.
IV.
Die Kostenentscheidung entspricht §§ 197a SGG, 154 Abs. 2 VwGO und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens
im einstweiligen Rechtsschutz.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 1 Nr. 4, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG und ist gemäß § 47 Abs. 2 GKG auf den im
ersten Rechtszug festgesetzten Streitwert zu begrenzen. Der Tenor des Beschlusses des Sozialgerichts Regensburg
enthält einen offensichtlichen Schreibfehler, da sich aus den Gründen zur Streitwertfestsetzung eindeutig ergibt, dass
das Sozialgericht den Streitwert aus der korrigierten Gesamtforderung abzüglich der Säumniszuschläge berechnet
hat, und davon ein Drittel in Hinblick auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als angemessen angesehen
hat, somit ergibt sich ein Streitwert von 6.405,53 Euro und davon ein Drittel, was 2.135,18 Euro entspricht. Aus
diesen Gründen ergibt sich somit unzweideutig, dass das Sozialgericht als Streitwert ein Drittel von 6.405,53 Euro
nämlich 2.135,18 Euro festsetzen wollte und im Tenor nur versehentlich die Summe von 6.405,53 Euro genannt
wurde.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet (§ 177 SGG).