Urteil des LSG Bayern vom 25.09.2001

LSG Bayern: eheähnliche gemeinschaft, gemeinsamer haushalt, wohnung, eheähnliche lebensgemeinschaft, grobe fahrlässigkeit, gemeinsames konto, möbliertes zimmer, geschiedene frau, wohnrecht, umzug

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 25.09.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 15 AL 984/98
Bayerisches Landessozialgericht L 10 AL 346/99
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.07.1999 und der
entgegenstehenden Bescheide der Beklagten verurteilt, der Klägerin ab dem 18.08.1997 Alhi ohne Anrechnung von
Leistungen und Vermögen des Zeugen S. zu gewähren. II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der
Klägerin beider Rechtszüge. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten noch die Höhe der der Klägerin ab 18.08.1997 zu gewährenden Arbeitslosenhilfe
(Alhi), insbesondere die Anrechnung von Einkommen und Vermögen des Zeugen S. aus einer eventuell eheähnlichen
Gemeinschaft.
Die am 1953 geborene Klägerin beantragte nach Erschöpfung ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 30.04.1997
bei der Beklagten die Gewährung von Alhi. Im Antrag gab sie an, mit Herrn F. S. (geb. 1935) seit 1991 als Partner in
einer Haushaltsgemeinschaft zu leben, zwar über kein gemeinsames Konto zu verfügen, sich jedoch gegenseitig
finanziell zu unterstützen. Herr S. erhielt ab dem 01.03.1997 eine Altersrente in Höhe von monatlich netto 2.419,55
DM, ab dem 01.07.1997 in Höhe von monatlich 2.466,12 DM.
Mit Bescheid vom 07.05.1997 gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 05.05.1997 unter Berücksichtigung eines
Anrechnungsbetrages von 55,80 DM Alhi in Höhe von 234,60 DM wöchentlich.
Mit Bescheid vom 11.07.1997 hob die Beklagte unter Anrechnung der Altersrente von Herrn S. nach § 138
Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Bewilligung von Alhi an die Klägerin für den Zeitraum vom 05.05. bis 03.07.1997
teilweise in Höhe von 1.793,40 DM auf.
Mit weiterem Bescheid vom 11.07.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 04.07.1997 Alhi in Höhe von 267,48
DM wöchentlich.
Im Schreiben vom 01.08.1997 teilte die Klägerin der Beklagten ihre Abmeldung aus der Wohnung in Nürnberg, K. Str
117, mit. Ihr erster Wohnsitz sei nun die A.Str 1 in Allersberg.
Am 04.08.1997 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 11.07.1997 Widerspruch ein, da eine eheähnliche
Gemeinschaft sowie ein gemeinsamer Haushalt zwischen ihr und Herrn S. nicht bestehe. Dieser habe ein notarielles
Wohnrecht in ihrem Haus in der A.Str 1 in Allersberg und wohne auch dort im 1.Stock des Anwesens. Sie habe in der
K. Straße in Nürnberg lediglich ein möbliertes Zimmer, absperrbar und separat bewohnbar, bei Herrn S. gemietet
gehabt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1998 als unbegründet zurück. Zwischen der
Klägerin und Herrn S. bestehe eine eheähnliche Gemeinschaft und ein gemeinsamer Haushalt bereits seit 1991. Die
Klägerin habe den Anrechnungsbescheid vom 07.05.1997 nicht angefochten. Die Bewilligung der Alhi an sie ab dem
05.05.1997 sei teilweise rechtswidrig gewesen, da ein höheres Einkommen ihres Partners anzurechnen gewesen sei.
Dagegen hat die Klägerin am 16.10.1998 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 13.07.1999 hat sie angegeben, nach ihrem zweiten Schlaganfall dem
Zeugen S. ein Wohnrecht im Haus in Allersberg eingeräumt zu haben. Dieser hole für sie bei Bedarf den Arzt, erledige
Einkäufe und begleite sie auch bei Spaziergängen. Das Haus beinhalte zwei getrennte 3-Zimmer-Wohnungen mit
jeweils abgeschlossenen Einheiten und separaten Wohnungstüren. In der Wohnung in Nürnberg habe sie sich bis zum
31.07.1997 täglich aufgehalten, ein Zimmer zur Untermiete bewohnt und Küche und Bad gemeinsam mit Herrn S.
genutzt. Ab wann sie von der Rente des Zeugen gewusst habe, könne sie nicht mehr aussagen.
Der als Zeuge gehörte F. S. hat angegeben, mit der Klägerin keine sexuelle oder sonstwie geartete Beziehung gehabt
zu haben. Er hätte sie bei Spaziergängen gelegentlich begleitet, mit ihr eingekauft, sie zum Arzt gebracht und sie im
Garten in Allersberg getroffen. In Nürnberg sei dies ähnlich gewesen. Dort habe man sich öfters auf dem Balkon zum
Rauchen getroffen, da in der Wohnung nicht geraucht werden durfte. Von seinem Rentenbezug ab März 1997 habe er
der Klägerin erzählt, nicht jedoch über die Höhe seiner Rente mit ihr gesprochen. Er habe ihr ferner ein Darlehen
wegen eines Erbschaftsprozesses gewährt, den sie nicht selbst finanzieren konnte. Das Darlehen habe sie
zwischenzeitlich zurückgezahlt.
Das SG hat mit Urteil vom 13.07.1999 die Bescheide der Beklagten vom 11.07.1997 bezüglich der Rückforderung von
1.793,40 DM überzahlter Alhi für die Zeit vom 05.05.1997 bis 03.07.1997 aufgehoben. Die Klägerin sei zwar in Bezug
auf die Mitteilung der Höhe der Altersrente des Zeugen S. ihrer Mitteilungspflicht nach § 60 Abs 1 Nr 2
Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) nicht nachgekommen. Eine Rücknahme der Alhi-Bewilligung für die
Vergangenheit gemäß § 45 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sei jedoch ausgeschlossen, da die
Klägerin ihre Sorgfaltspflicht nicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt habe. Von der genauen Rentenhöhe des
Zeugen S. habe sie keine Kenntnis gehabt, so dass bei ihr eine grobe Fahrlässigkeit auch unter Berücksichtigung der
individuellen Einsichtsfähigkeit nach zwei erlittenen Schlaganfällen nicht ausgegangen werden könne.
Im übrigen hat das SG die Klage bezüglich der Höhe der der Klägerin ab dem 04.07.1997 zu gewährenden Alhi
abgewiesen, da eine Bedürftigkeit gemäß § 137 Abs 1 AFG bei der Klägerin insoweit nicht vorliege, als Einkommen
einer Person, mit der sie in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, nach § 137 Abs 2a AFG anzurechnen sei. Die Klägerin
hätte bereits im Formularantrag die Frage nach einem Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaft mit dem Zeugen S.
und eine gegenseitige finanzielle Unterstüzung bejaht. Sie habe mit ihm bis Ende Juli 1997 überwiegend in der
Wohnung in Nürnberg gelebt, Küche und Bad mit ihm gemeinsam benutzt. Der Zeuge S. hätte sie auch bei
Arztbesuchen, Einkäufen und Spaziergängen begleitet. Für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft spreche
insbesondere die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 20.000,00 DM und die Tatsache, dass die Klägerin die
Alhi-Bewilligung, bei der wegen des damals noch niedrigeren Einkommens des Zeugen S. nur ein Betrag von DM
55,80 angerechnet worden war, nicht angefochten habe. Die Klägerin und der Zeuge hätten sich danach wechselseitig
so nahe gestanden, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, die auch nach Aufgabe der
Nürnberger Wohnung nicht aufgekündigt, sondern in Allersberg in gleicher Weise fortgesetzt worden sei.
Gegen das ihr am 04.08.1999 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 06.09.1999 beim Bayer.
Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Zwischen ihr und dem Zeugen S. habe lediglich eine freundschaftliche Beziehung bestanden, die von Hilfeleistung
geprägt gewesen sei, nicht jedoch eine Wirtschaftsgemeinschaft und schon gar nicht eine Geschlechtsgemeinschaft
mit dem verrenteten Zeugen. Dieser habe der Klägerin aufgrund ihrer Krankheit immer wieder zur Seite gestanden, sie
zum Arzt gefahren und auf Spaziergängen begleitet sowie zusammen mit ihr eingekauft. Abgesehen von dem
geleisteten Darlehen habe die Klägerin vom Zeugen S. zu keiner Zeit finanzielle Unterstützungen erhalten. Es sei
auch nicht aus einem Topf gewirtschaftet worden. Dem Zeugen sei eine Unterstützung finanzieller Art schon deshalb
nicht möglich gewesen, weil er noch eine geschiedene Frau zu unterhalten hatte.
In den im Verlaufe des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassenen Alhi-Bewilligungsbescheiden vom
18.02.2000 und 10.03.2000 hat die Beklagte die der Klägerin gewährte Alhi weiterin ab dem 18.08.1997 unter
Berücksichtigung der Rente des Zeugen S. festgestellt. Mit Bescheid vom 31.03.2000 wurde der Alhi-Anspruch ab
dem 20.01.2000 versagt, da die Klägerin den Rentenbescheid des Zeugen S. trotz Belehrung über die Rechtsfolgen
nicht vorgelegt habe.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 25.09.2001 hat die Klägerin die Berufung auf den Zeitraum ab
dem 01.08.1997 (Umzug nach Allersberg) beschränkt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des SG Nürnberg vom 13.07.1999 und der Bescheide der Beklagten vom
18.02.2000, 10.03.2000 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 31.03.2000 zu verurteilen, der Klägerin ab dem
18.08.1997 Alhi ohne Anrechnung von Leistungen des Zeugen S. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 13.07.1999 zurückzuweisen und die Klage gegen
die Bescheide vom 18.02.2000, 10.03.2000 und 31.03.2000 abzuweisen.
Die Tatsache, dass sich die Klägerin und der Zeuge S. jeweils am selben ihrer jeweils zwei Wohnsitze aufgehalten
hätten, belege das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft mit typischer gemeinsamer Zeitplanung und Nutzung
der Wohnungen. Dafür spreche auch das notariell eingeräumte lebenslange Wohnrecht des Zeugen S. im Hause der
Klägerin. Eine solche Haushaltsgemeinschaft habe die Klägerin selbst im Antrag vom 30.04.1997 bejaht.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 25.09.2001 hat die Klägerin ergänzend erklärt, dass sie im
Oktober 1989 zum Zeugen S. gezogen sei, weil sie sich in Nürnberg bessere Chancen ausgerechnet hätte, einen
Arbeitsplatz zu finden, als an ihrem damaligen Wohnort in Allersberg. Nach dem Tod einer Tante ihres früheren
Lebensgefährten im Jahr 1996, der ein Nießbrauchrecht an der oberen Wohnung im Haus Allersberg eingeräumt war,
sei sie wieder nach Allersberg gezogen, weil sie in Nürnberg keine Arbeit gefunden habe. Nach dem zweiten dort
erlittenen Schlaganfall sei der Zeuge S. ebenfalls nach Allersberg gezogen, weil sie sich alleine nicht mehr zurecht
gefunden hätte. Diesem habe sie dort an der oberen Wohnung, die getrennt von der unteren gewesen sei, ein
Wohnrecht eingeräumt, nachdem er sich verpflichtet hatte, das Haus und den Garten zu versorgen und instand zu
halten. Der Zeuge habe in dem ca 700 m² großen Garten alle gärtnerischen Arbeiten verrichtet, zB den Gartenzaun
und den Balkon gestrichen. Er habe für sie auch eingekauft, wenn es ihr gesundheitlich nicht gut ging und sie auch
zum Arzt gefahren. In Allersberg hätte jeder von ihnen in seiner Wohnung eine eigene Waschmaschine und eine
eigene Küche gehabt und sich selbst versorgt. Zu finanziellen Zuwendungen des Zeugen S. sei es nicht gekommen,
gemeinsame Mahlzeiten habe man nicht eingenommen und auch nicht gemeinsam Fernsehen geschaut. Ferner sei
es nicht zu sexuellen Kontakten mit dem Zeugen S. gekommen. Sie selber habe ihr Einkommen nach dem Umzug
nach Allersberg von der Sozialhilfe bestritten. Das Sozialamt in Allersberg gehe nicht vom Bestehen einer
eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen ihr und dem Zeugen S. aus, obwohl die Verhältnisse vor Ort überprüft
worden seien.
Der vom Senat ergänzend gehörte Zeuge S. hat angegeben, dass er, nachdem er seine Ex-Frau und ihre
wechselnden Begleiter nicht mehr in Nürnberg habe sehen wollen, das Haus in Allersberg renoviert habe und dorthin
gezogen sei. Die Einräumung eines Wohnrechts sei eine Art Belohnung für seine Renovierungsarbeiten gewesen. Er
sei ferner verpflichtet, alle Arbeiten im Garten und alle anfallenden Reparaturen im Haus auszuführen. Er selbst wohne
im ersten Stock des Hauses, das zwei getrennte Wohnungen beinhalte. Jeder verfüge in seiner Wohnung über eine
Waschmaschine und es werde auch nicht gemeinsam gekocht. Die Heizungskosten für das gesamte Haus zahle er,
die Wasserkosten für das gesamte Haus sowie die Kosten für Müllabfuhr und Grundsteuer die Klägerin. Er bestätigte
ferner, dass es intime Beziehungen zwischen ihm und der Klägerin nicht gegeben habe.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und des SG Nürnberg wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist auch im Übrigen zulässig
(§ 144 SGG). Insbesondere hält der Senat die vorgenommene beschränkende Berufung auf die Zeit ab dem
18.08.1997 für sachdienlich iS des § 99 Abs 1 SGG.
Das so beschränkte Rechtsmittel erweist sich auch als begründet, da das Einkommen und Vermögen des Zeugen S.
bei der Berechnung der der Klägerin zu gewährenden Alhi nicht gemäß § 137 Abs 2a AFG zu berücksichtigen ist.
Nach § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG hat Anspruch auf Alhi, wer - neben Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen -
bedürftig ist.
Bedürftig ist eine Arbeitslose iS des § 134 Abs 1 Nr 3 AFG, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht auf andere Weise
als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die
Alhi nach § 136 nicht erreicht (§ 137 Abs 1 AFG).
Einkommen und Vermögen einer Person, die mit der Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, sind wie das
Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen (§ 137 Abs 2a AFG).
Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht zwischen der Klägerin und Herrn F. S. keine eheähnliche
Gemeinschaft.
Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist im Gesetz nicht definiert. Eine eheähnliche Gemeinschaft iS des § 137
Abs 2a AFG bzw des § 193 Abs 2 Sozialgestzbuch Drittes Buch (SGB III) ist eine auf Dauer angelegte
Lebensgemeinschaft zwischen zwei miteinander nicht verheirateten Personen, zwischen denen die Ehe rechtlich
möglich wäre, die wie ein nicht getrennt lebendes Ehepaar in gemeinsamer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft
leben, also einen gemeinsamen Haushalt so führen, wie es für zusammenlebende Ehegatten typisch ist. Für eine
solche Gemeinschaft ist typisch, dass sie so eng ist, als sie von den Partnern ein gegenseitiges Einstehen im
Bedarfsfall erwarten lässt (Verantwortungseinstehungsgemeinschaft; vgl BSG vom 14.07.1988 - L/7 RAr 53/87 in
SozR 4100 § 138 Nr 20; BSG vom 24.03.1988 - 7 RAr 81/86 in SozR 4100 § 138 Nr 17). Es kommt stets auf die
Umstände des Einzelfalls an, wobei es ausreichend ist, wenn im Einzelfall genügend Anhaltspunkte vorhanden und
festgestellt sind, die trotz Fehlens anderer Merkmale den Schluss auf das Bestehen einer ehetypischen
gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung rechtfertigen (vgl auch BVerfGE 52, 11, insbes S 14, 15).
Solche ausreichenden Anhaltspunkte liegen jedoch nach Auffassung des Senats für den noch streitrelevanten
Zeitraum ab dem 18.08.1997, also nach dem Umzug der Klägerin und des Zeugen S. nach Allersberg, nicht vor. Zum
einen fehlt es hier bereits an der vom BSG in ständiger Rechtsprechung geforderten gemeinsamen Wohn- und
Wirtschaftsgemeinschaft. Die Klägerin und der Zeuge S. wohnten in Allersberg in zwei räumlich getrennten und
abgeschlossenen Wohnungen. Jeder von ihnen verfügte über eine eigene Küche und sorgte für die Wäsche selbst, so
dass keine gemeinsame Haushaltsführung, wie es für zusammenlebende Ehegatten typisch ist, vorlag.
Ebenso wenig bestand zwischen der Klägerin und dem Zeugen S. eine Wirtschaftsgemeinschaft. Die Tatsache, dass
die Klägerin diesem ein Wohnrecht in dem Haus in Allersberg eingeräumt hatte, stellte eine Art Entlohnung für die von
ihm dort getätigten Renovierungsarbeiten dar, die notwendig waren, um das Anwesen überhaupt in einen bewohnbaren
Zustand zurückzuführen. Darüber hinaus erbringt der Zeuge S. gärtnerische Leistungen in dem Anwesen. Die Kosten
für Heizung, Strom und Wasser sowie für Grundsteuer und Müllabfuhr tragen die Klägerin und der Zeuge S. zu
ungefähr gleichen Teilen nach der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung, da der Einbau von Verbrauchszählern für
eine getrennte Berechnung aus finanziellen Gründen nicht möglich war. Gegen ein gemeinsames tägliches
Wirtschaften "aus einem Topf" spricht ferner, dass jeder der beiden die Kosten für tägliche Einkäufe selbst trägt. Die
Klägerin ist auch nicht befugt, über Einkommen und Vermögensgegenstände des Zeugen S. zu verfügen. Die
Begleitung der Klägerin zu Besuchen auf dem Friedhof bzw beim Arzt stellt darüber hinaus kein Indiz dafür dar, dass
die Klägerin mit dem Zeugen S. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft lebt, wie es für zusammenlebende
Ehegatten typisch ist. Gegenseitige Hilfe in der geschilderten Art ist auch in einem gutnachbarschaftlichen Verhältnis
üblich und spricht nicht typischerweise für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft.
Mangels Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft iS des § 137 Abs 2a AFG bzw § 193 Abs 2 SGB III war die Alhi
der Klägerin ab dem 18.08.1997 deshalb ohne Anrechnung von Einkommen oder Vermögen des Zeugen S. zu
berechnen. Die Bescheide der Beklagten vom 18.02.2000 und 10.03.2000 sind demnach ebenso wie das Urteil des
SG Nürnberg vom 13.07.1999 abzuändern und der Bescheid vom 31.03.2000 aufzuheben, da mangels Vorliegens
einer eheähnlichen Gemeinschaft für die Klägerin auch keine Verpflichtung gemäß § 60 Abs 1 SGB I bestand, den
Rentenbescheid des Zeugen S. vorzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).