Urteil des LSG Bayern vom 17.03.2009

LSG Bayern: aufschiebende wirkung, verrechnung, altersrente, verwaltungsakt, ergänzung, interessenabwägung, miete, anhörung, form, ausführung

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 17.03.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 17 R 4085/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 19 B 406/08 R ER
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.04.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Verrechnung einer Forderung wegen ausstehender Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt
9.349,77 EUR der S. Betriebskrankenkasse (S.) mit der von der Antragstellerin (ASt) bezogenen Altersrente.
Die S. ersuchte die Antragsgegnerin (Ag) mit Schreiben vom 20.02.2007 um Verrechnung. Nach Anhörung
verrechnete die Ag einen Betrag in Höhe von 320,00 EUR monatlich mit der laufend gezahlten Altersrente in Höhe von
645,51 EUR ab 01.05.2007 (Bescheid vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2007).
Mit Bescheid vom 01.06.2007 zahlte die Ag Altersrente in Höhe von netto 588,30 EUR monatlich ab 01.07.2007 und
mit Bescheid vom 21.02.2008 in Höhe von 587,32 EUR monatlich ab 01.04.2008 aus. Dabei nahm sie zuletzt eine
Verrechnung in Höhe von 261,81 EUR vor, an die Ast wurden daher ab 01.04.2008 325,51 EUR ausbezahlt.
Gegen den Bescheid vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2007 hat die ASt Klage
zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Zudem hat sie beim SG beantragt, die Verrechnung einstweilen
einzustellen. Es würden lediglich 294,00 EUR an Rentenleistungen ausgezahlt werden, sodass sie davon nicht einmal
die seit 01.05.2007 an ihren Sohn zu zahlende Miete in Höhe von 395,00 EUR warm bezahlen könne. Einen Antrag
beim Sozialamt habe sie nicht gestellt.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 04.04.2008 abgelehnt. Die ASt habe trotz
mehrfacher Aufforderung keine Unterlagen zu ihren Vermögensverhältnissen und zur tatsächlichen Mietzahlung
vorgelegt. Sie habe lediglich angegeben, zusätzlich eine Betriebsrente in Höhe von 148,26 EUR zu beziehen. Sei die
Verrechnung als Verwaltungsakt zu qualifizieren, so habe der Widerspruch bzw. die Klage hiergegen keine
aufschiebende Wirkung. Zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei eine Interessenabwägung vorzunehmen,
wobei den Erfolgsaussichten besonderes Gewicht zukomme. Mangels ausreichendem Nachweis der ASt, durch die
Verrechnung sozialhilfebedürftig zu werden, und mangels Nachweis der tatsächlichen Mietzahlung sowie wegen
eventueller Unangemessenheit der Miethöhe bestünden keine Erfolgsaussichten. Einwände gegen die Forderung der
S. und die Ermessensausübung der Ag seien nicht erhoben worden. Soweit eine Verrechnung nicht als
Verwaltungsakt zu qualifizieren sei, komme der Erlass einer einstweiligen Anordnung zwar in Betracht, hierfür fehle es
jedoch bereits am Vorliegen eines Anordnungsanspruches.
Dagegen hat die ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat trotz Hinweises und
Aufforderung des Senates lediglich angegeben, sie habe nach Durchführung der Verrechnung 442,00 EUR zur
Verfügung, wovon die - angemessene - Miete zu zahlen sei. Ausführungen zur Eilbedürftigkeit hat sie nicht gemacht,
Nachweise zur tatsächlichen Mietzahlung hat sie nicht vorlegt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz und die Akten des SG zum Verfahren S 17 R 4287/07, S 17 R 4469/07 und S 17 R 4494/07 beigezogen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber
nicht begründet.
Es ist weder - soweit eine Verrechnung durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat -die aufschiebende Wirkung der Klage
gegen den Bescheid vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2007 anzuordnen (§ 86b
Abs 1 Nr 2 SGG iVm § 86a Abs 2 Nr 3 SGG, noch ist - soweit die Verrechnung nicht durch Verwaltungsakt zu
erfolgen hat - eine einstweilige Anordnung iS des § 86b Abs 2 SGG zu erlassen.
Zur Begründung wird gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Im Rahmen der Prüfung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist bei der vorzunehmenden Interessenabwägung
u.a. auch auf die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens abzustellen. Solche Erfolgsaussichten sind jedoch
hier nicht gegeben, nachdem die Ag mit nicht mehr als der Hälfte der laufenden Altersrente aufgerechnet hat (§§ 52,
51 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -) und die ASt trotz mehrfacher Aufforderung auch nicht
nachgewiesen hat - die Nachweispflicht trifft sie gemäß § 51 Abs 2 Halbsatz 2 SGB I -, dass sie durch die
Verrechnung hilfebedürftig iS des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch werde.
Hinsichtlich des Erlasses einer einstweiligen Anordnung ist in Ergänzung der Ausführung des SG darauf hinzuweisen,
dass auch ein Anordnungsgrund von der ASt nicht glaubhaft gemacht worden ist. Nachweise oder Belege zur Prüfung
der Eilbedürftigkeit hat sie trotz Aufforderung des Senates nicht vorgelegt.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( §177 SGG).