Urteil des LSG Bayern vom 29.07.2008
LSG Bayern: beteiligter, verordnung, klagerücknahme, bestrafung, zivilprozessordnung, form, ergänzung, akte, freibetrag
Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 29.07.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 4 AS 445/06
Bayerisches Landessozialgericht L 11 B 528/08 AS PKH
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.05.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Streitig war die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II –Alg II-) nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006, insbesondere die Höhe des zu
berücksichtigenden Einkommens. Der Kläger lebt in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und der 2002
geborenen Tochter. Seit 01.01.2005 bezieht er Alg II. Ab 02.05.2006 bezog er zudem Übergangsgeld von der
Deutschen Rentenversicherung Oberfranken und Mittelfranken. Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 05.12.2005 hin
bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.12.2005 in der Fassung des Bescheides vom 14.12.2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2006 sowie in der Fassung des zum Gegenstand des Verfahrens
gewordenen Bescheides vom 24.05.2006 Alg II für die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 unter Anrechnung von
Kindergeld als Einkommen der Tochter, ohne dass hiervon der Freibetrag nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II i.V.m. § 3 Abs
1 Nr 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und
Vermögen beim Alg II / Sozialgeld (Alg II/Sozialgeld-Verordnung - ALG II-V -) in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung
abgezogen wurde. Unberücksichtigt blieben auch bis 30.04.2006 die Aufwendungen für die KfzHaftpflichtversicherung
in Höhe von 37,68 EUR monatlich. Dagegen hat der Kläger am 24.05.2006 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG)
erhoben und am 09.01.2007 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Der Kläger hat nach Hinweis
des SG auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – am
27.03.2008 die Klage zurückgenommen. Mit Beschluss vom 09.05.2008 hat das SG die Bewilligung von PKH
mangels hinreichender Erfolgsaussichten unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG abgelehnt. Dagegen hat der
Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Bei rechtzeitiger Entscheidung über den Antrag auf
Bewilligung von PKH hätte die Entscheidung des BSG nicht vorgelegen, eine hinreichende Erfolgsaussicht also noch
bestanden. Im Übrigen habe das BSG eine Übergangsfrist bis 30.06.2007 gewährt. Er habe in der Sache nicht Recht
bekommen und werde mit der Ablehnung der Bewilligung von PKH erneut bestraft.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogen Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen. II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173
Sozialgerichtsgesetz –SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. PKH für das erstinstanzliche Verfahren ist dem
Kläger nicht zu bewilligen. Nach § 73a Abs 1 SGG i.V.m. § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein
Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht
besteht hier nicht. Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sind die Verhältnisse und der Kenntnisstand
des Senates im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Philippi in Zöller, ZPO, 26.Aufl 2007, § 119 Rdnr 44 mwN).
Es besteht in aller Regel keine Veranlassung, die Erfolgsaussichten eines PKH-Bewilligungsantrages losgelöst vom –
hier durch Klagerücknahme - abgeschlossenen Hauptsacheverfahren erneut zu prüfen (vgl. Reichold in
Thomas/Putzo, ZPO, 28.Aufl 2007, § 127 Rdnr 5 mwN). Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Entscheidung
über die Bewilligung von PKH durch das Gericht pflichtwidrig verzögert wurde (vgl. Philippi aaO § 119 Rdnr 47 mwN).
Hier hätte das SG bereits am 09.01.2007 über den Antrag auf Bewilligung von PKH entscheiden können. Zu einem
früheren Zeitpunkt war eine Entscheidung hierüber mangels entsprechenden Antrages auf Bewilligung von PKH nicht
möglich. Am 09.01.2007 allerdings war die Rechtsprechung des BSG zur Anrechnung von Kindergeld bei
minderjährigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft bereits ergangen, es bestand somit auch zu diesem Zeitpunkt
keine hinreichende Erfolgsaussicht mehr. Die vom Kläger angesprochene, vom BSG gewährte Übergangsfrist hat für
die vorliegende Entscheidung keine Bedeutung. Bei dieser Übergangsfrist geht es lediglich um die Einbeziehung
bisher nicht Beteiligter in ein Klageverfahren. Die Ablehnung der Bewilligung von PKH stellt auch keine Bestrafung
des Klägers dar, sie ist vielmehr zwangsläufige Folge fehlender Erfolgsaussicht zum Zeitpunkt der frühest möglichen
Entscheidung.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG)