Urteil des LSG Bayern vom 21.07.2010

LSG Bayern: reaktive depression, stationäre behandlung, vorzeitige erfüllung, medizinische rehabilitation, zumutbare tätigkeit, wartezeit, erwerbsfähigkeit, behinderung, berufsunfähigkeit, abschiebung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.07.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 7 R 483/07 A
Bayerisches Landessozialgericht L 13 R 199/09
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1950 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Serbien. Er legte in der Bundesrepublik Deutschland im
Zeitraum vom 6. Juni 1973 bis 27. August 1995 Pflichtbeitragszeiten zurück; in seiner Heimat liegen keine
rentenrechtlichen Zeiten vor. Nach eigenen Angaben lernte er den Beruf des Schlossers in seiner Heimat und übte
diesen auch in Deutschland aus. Nach einer Haftstrafe von 39 Monaten wurde er 1998 aus der Bundesrepublik
ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 25.10.2002, eingegangen bei der Beklagten am 04.11.2002, erkundigte sich der Kläger nach
seinem "Invalidenrentenantrag" aus den Jahren 1994/1995. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bayern Süd B-
Stadt teilte der Beklagten auf Anfrage mit, dass kein Rentenantrag aus diesem Zeitraum existiere; es sei lediglich ein
Antrag auf medizinische Rehabilitation abgelehnt worden. Die Beklagte übersandte dem Kläger den Formblattantrag.
Diesen schickte er trotz mehrfacher Aufforderung nicht zurück. Am 29.03.2004 teilte der serbische
Sozialversicherträger mit, dass die Gewährung von Invalidenrente mit Bescheid vom 31.01.2003 abgelehnt worden
sei, weil die medizinische Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, der Kläger sei auf eine stationäre Behandlung
verwiesen worden. Da der Kläger auch den Aufforderungen des serbischen Sozialversicherungsträgers nicht
nachkam, den Formblattantrag einzureichen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2006 nach erfolgtem
Hinweis den Antrag vom 04.11.2002 wegen fehlender Mitwirkung ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und
reichte am 13.11.2006 den ausgefüllten Formblattantrag ein sowie ein neuropsychiatrisches Gutachten vom
05.10.2006, erstellt durch die Invalidenkommission des serbischen Sozialversicherungsträgers. In diesem wird
festgestellt, dass der Kläger seit 14.08.2006 voll erwerbsgemindert ist. Beigefügt waren zudem ärztlich Unterlagen,
zwei ärztliche Befundberichte der fachärztliche Poliklinik der militärmedizinischen Akademie aus dem Jahr 2006, drei
fachärztliche Berichte vom 10.04.1995, 07.08.1999 und 20.12.1998 sowie Berichte neuropsychiatrischer Ambulanzen
vom 05.11.1998, 25.11.2003, 07.04.2004, 14.08.2005, 13.02.2006 und 27.07.2006. Die Beklagte lehnte Rentenantrag
mit Bescheid vom 21.12.2006 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen
Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, insbesondere seien von den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung nicht
mindestens drei Jahre mit Beitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Der maßgebende
Zeitraum rechne vom 14.08.2001 bis 13.08.2006. In diesem Zeitraum seien keine Pflichtbeitragszeiten für eine
versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, dass seine
Arbeitsunfähigkeit bereits im Jahr 1995 eingetreten sei und sein Gesundheitszustand sich ständig verschlechtert
habe. Er sei während seiner Haft zur Arbeit eingesetzt worden und nach seiner Abschiebung beim Arbeitsamt
gemeldet gewesen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2007 als unbegründet zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 17.04.2007 (Az. S 7 R 483/07 A) und erneut am 15.05.2007 (S 7
R 619/07 A) durch zwei verschiedene Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben. Er
hat medizinische Unterlagen, und zwar ein nervenärztliches Attest vom 21.04.1994 von Dr. V., einen HNO-ärztlichen
Befundbericht vom 03.02.1993, einen augenärztlichen Befundbericht vom 28.04.1994, Röntgen/CT-Befunde vom
07.07.1992, 21.05.1993 und 25.06.1993, einen Bescheid des Versorgungsamtes B-Stadt vom 27.06.1995 über einen
Grad der Behinderung von 20 vom Hundert sowie Bescheinigungen über die Durchführung von stationären
Maßnahmen aus den Jahren 1991 und 1995, übersandt. Das SG hat die beiden Verfahren durch Beschluss vom
06.12.2007 gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
verbunden und unter dem Az. S 7 R 483/07 A fortgeführt. Es hat im vorbereitenden Verfahren den Reha-
Entlassungsbericht der Fachklinik L. vom 21.06.1995, die Unterlagen der Justizvollzugsanstalt (JVA) sowie die
Schwerbehindertenakte beigezogen. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
letztmalig im August 1997 vorgelegen haben. Dr. R. ist mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage auf
internistischem Fachgebiet beauftragt worden. Er hat in seinem Gutachten vom 04.02.2008 ausgeführt, dass der
Kläger an einer depressiven Psychose, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Verschleißbeschwerden in
beiden Kniegelenken und im rechten Sprunggelenk leide. Im Vordergrund stünden die depressiven Verstimmungen,
die einen periodischen Verlauf zeigten. So hätten beim Reha-Aufenthalt im Jahr 1995 die Persönlichkeitsstörungen
noch keine Auswirkung auf die berufliche Verwendbarkeit gehabt; ein schwerer Schub sei 1998 nach Haftentlassung
und Abschiebung aufgetreten, jedoch sei im Dezember 1998 wieder eine Besserung dokumentiert, so dass im August
1997 noch keine gravierende Dauerleistungsminderung vorgelegen habe. Eine wesentliche Verschlimmerung mit der
Annahme einer vollen Erwerbsminderung ergebe sich erst aus dem Befund im Juli 2006. Die orthopädischen
Verschleißschäden würden noch keine größere Funktionseinschränkung verursachen, wobei die aus der Depression
resultierende Somatisation eine verstärkende Rolle spiele. Er ist zusammengefasst zu dem Ergebnis gekommen,
dass der Kläger seit August 2006 nur noch unter drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne; im August 1997 sei
dies noch nicht der Fall gewesen. Auch in den Folgejahren sei noch eine leichte, ruhige Tätigkeit ohne Wirbel- und
Gehbelastungen möglich gewesen. Der Einsatz als Schlosser sei seit 1998 nicht mehr möglich.
Mit Urteil vom 29.01.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und sich in erster Linie auf das Ergebnis des eingeholten
Gutachtens von Dr. R. gestützt, der eine zeitliche Leistungsminderung im August 1997 ausgeschlossen hat.
Dagegen hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Telefax vom 12.03.2009 Berufung eingelegt. Er hat den Bescheid
der Renten- und Invalidenversicherung der Republik Serbien vom 31.10.2006 über die Ablehnung seines
Rentenantrags aufgrund fehlender Rentendienstzeiten bei vollständiger Aufhebung der Arbeitsfähigkeit eingereicht.
Der Senat hat die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens nach
Aktenlage beauftragt. Sie ist in ihrem Gutachten vom 18.02.2010 übereinstimmend mit Dr. R. zu dem Ergebnis
gekommen, dass der Kläger seit 2006 nur noch weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne. In den
Befunden vor 2006 werde eine relative soziale Remission beschrieben. Eine Tätigkeit als Schlosser sei nicht mehr
möglich.
Der Senat hat erfolglos versucht, eine Arbeitgeberauskunft über die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit des
Klägers in den Jahren 1980 bis 1991 sowie Auskünfte über seine Tätigkeit in der JVA einzuholen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2010 die noch am SG anhängige
Klage mit dem Az. S 7 R 619/07 A zurückgenommen.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. Januar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember
2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
dem Kläger ab 1. November 2002 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsakten der Beklagten, sowie die Klageakten beider Rechtszüge
vor. Auf deren Inhalt, insbesondere auf die vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten wird zur
Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
16.02.2007, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger auf dessen Antrag vom 04.11.2002 Rente wegen
Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 29.01.2009 die hiergegen erhobene Klage
abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zwar liegen bei ihm die gesundheitlichen
Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vor, allerdings nicht zu einem
Zeitpunkt, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch gegeben waren. Ein Anspruch auf eine Rente
wegen Erwerbsminderung setzt voraus, dass aus gesundheitlichen Gründen eine Erwerbsminderung gegeben ist, in
den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit vorliegen (sog. Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit
erfüllt ist (§ 43 Abs. 1, 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -). Zwar erfüllt der Kläger die allgemeine
Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), denn er hat in der Bundesrepublik Deutschland vom
06.06.1973 bis 27.08.1995 insgesamt 245 Monate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Es liegen aber keine
ausreichenden Hinweise vor, die die Annahme einer rentenrelevanten Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt
rechtfertigen, als die versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung noch gegeben war. Aufgrund
der bis August 1995 geleisteten Pflichtbeiträge waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuletzt bei einem Leistungsfall im August 1997 erfüllt.
Den vorhandenen medizinischen Unterlagen lassen sich nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte
entnehmen, dass bereits im August 1997 eine rentenberechtigende Einschränkung des beruflichen
Leistungsvermögens bestanden hätte. Lediglich der behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie bescheinigte in
einem Attest vom 21.04.1994 eine schwere reaktive Depression. Gegen eine quantitative Leistungseinschränkung aus
nervenärztlichen Diagnosen spricht jedoch der Entlassungsbericht der Reha-Klinik L. vom 21.05.1995, der lediglich
von einer pathologischen Persönlichkeitsstruktur des Klägers spricht und einen vergnügten Eindruck beim
Eisstockschießen und abendlichen Ausgehen beschreibt. Auch wurde der Kläger dort als arbeitsfähig für die Tätigkeit
als Maschinenschlosser entlassen und es wurden aufgrund der Arbeitslosigkeit Wiedereingliederungsmaßnahmen
empfohlen. Dieses Leistungsbild manifestiert sich durch den Bescheid des Versorgungsamtes vom 27.06.1995, mit
dem lediglich ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 vom Hundert festgestellt wurde mit den Diagnosen
Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Magenschleimhautentzündung und seelische Störung. Weitere
Untersuchungsbefunde bis August 1997 liegen nicht vor, insbesondere nicht während des Aufenthalts in der JVA von
Juli 1995 bis September 1998. Bescheinigt wird nach den vorliegenden Unterlagen vielmehr, dass der Kläger dort
noch im September 1998 145 Stunden an 20 Tagen gearbeitet hat, was auch mit seinen Angaben im
Widerspruchsverfahren übereinstimmt und einer Vollbeschäftigung entspricht. Somit können die Einschätzungen der
Sachverständigen Dr. R. und Dr. C., die eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens bis August 1997
ausschließen, nicht beanstandet werden. Nach Entlassung aus der JVA und anschließenden Abschiebung kam es im
November 1998, wie der Befundbericht vom 5.11.1998 zeigt, zu einer vorübergehenden Verschlechterung der
psychiatrischen Situation, die sich jedoch nach dem Befundbericht vom 20.12.1998 wieder besserte. Erst im Jahr
2006 anlässlich der Untersuchung durch die Invalidenkommission kann eine dauerhafte quantitative
Leistungseinschränkung festgestellt werden, was auch durch die jetzt höher dosierte antidepressive Therapie
dokumentiert wird.
Somit kann der Kläger bei Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen nicht nachweisen, dass er bereits im August
1997 in einem Maße gesundheitlich beeinträchtigt war, welches zu einer Einschränkung des quantitativen
Leistungsvermögens führen könnte. Eine volle Erwerbsminderung, wie die Beklagte dies aufgrund der Begutachtung
ab August 2006 zu Grunde legt, kann einen entsprechenden Anspruch auf eine Rente nicht begründen, denn die
Erwerbsminderung ist nicht, wie § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI dies voraussetzt, nahe zu einer Zeit eingetreten, in der
noch Pflichtbeiträge geleistet wurden.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften des SGB VI.
Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr.
2 SGB VI ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, mit dem die
allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (§ 43 Abs. 5 SGB VI). Gründe hierfür, insbesondere für eine vorzeitige
Erfüllung der Wartezeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (§ 53 Abs. 1, 2 SGB VI), scheiden
hier aus. Auch die Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI liegen nicht vor. Danach sind Pflichtbeiträge für eine
versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich, wenn Versicherte vor
dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum
Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Solche
Anwartschaftserhaltungszeiten liegen im März 1993 und ab September 1995 nicht vor. Diese Zeiträume können auch
nicht durch die Zahlung freiwilliger Beiträge voll ausgefüllt werden, denn die Zahlung freiwilliger Beiträge ist nur
wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197
Abs. 2 SGB VI).
Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Hiernach sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen
Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden
Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden
gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von
Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die
jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit muss ebenso wie für
einen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung die besondere versicherungsrechtliche
Voraussetzung der oben genannten Drei-Fünftel-Belegung erfüllt sein. Anhaltspunkte, dass der Kläger bereits im
August 1997 seinen Beruf als Schlosser nicht mehr ausüben konnte, finden sich in den Unterlagen nicht. Nach dem
Reha-Entlassungsbericht vom 21.06.1995 wurde der Kläger als arbeitsfähig für seinen Beruf als Schlosser entlassen.
Medizinische Unterlagen, die dieses Leistungsvermögen bis August 1997 revidieren bzw. eine Verschlechterung
dokumentieren, befinden sich nicht in den Akten, weder nervenärztliche noch orthopädische. Somit kann offen
bleiben, ob der Kläger überhaupt Berufsschutz für sich beanspruchen kann, d.h. in welche Stufe nach dem vom
Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschema er einzustufen wäre. Zu beachten wäre, dass der Kläger weder
einen Facharbeiterbrief vorgelegt hat, noch eine Arbeitgeberauskunft für das Jahr 1991 eingeholt werden konnte, da
die Akten durch einen Wasserschaden vernichtet wurden. Damit ergibt sich für den Senat, dass trotz
Amtsermittlungsgrundsatzes auch der Eintritt des Leistungsfalles einer etwaigen teilweisen Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit im Jahre 1997 nicht nachgewiesen ist. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren trägt derjenige die
objektive Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Der Grundsatz der
objektiven Beweislast kommt immer dann zum Tragen, wenn trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung der
Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklärbar ist. Dies ist hier der Fall (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage
2008 § 118 RdNr. 5 ff).
Zusammengefasst steht für den Senat fest, dass der Eintritt der Erwerbsminderung beim Kläger erst im Jahr 2006 mit
der notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann. Zu diesem Zeitpunkt sind beim Kläger allerdings die besonderen
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, nämlich drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt
der Erwerbsminderung, nicht mehr erfüllt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. Januar 2009 war somit
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Klage auch im
Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.